Autor Thema: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis  (Gelesen 10599 mal)

Nevym

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #15 am: 07 Okt 2015, 15:14:09 »
1) Phantastischer Realismus: Das Denken und Leben soll ausreichend genau an den aktuelle Forschungsstand über das Leben und Denken im Mittelalter orientiert sein, nur mit Magie und Drachen.

Das scheitert ja eigentlich schon daran, dass moderne Settings für den Massenmarkt (und somit auch Lorakis) eigentlich immer versuchen, politisch korrekt zu sein. Gleichberechtigung, Chancengleichheit, Ablehnung von Rassismus in den meisten nicht-bösen Kulturen, Freizügigkeit, Gedankenfreiheit, rationaler Umgang mit Krankheit und Behinderung u.v.a.m. wären dem durchschnittlichen Bewohner des mittelalterlichen Europas höchst seltsam vorgekommen. Und umgekehrt sind Menschen, die im Geist der Aufklärung aufgewachsen sind, meist außerstande, sich überhaupt in eine Welt hineinzudenken, in der all diese Punkte keine Selbstverständlichkeit sind.
In Runden, in denen die ersten beiden Konzepte ausgeblendet werden, mag ich gewiss nicht mitspielen. (Das Dritte kann ich notfalls ignorieren, mit ihm fuehle ich mich aber wohler.)

Geht es noch mehr Leuten so?
oder relativiert:
Wieviel "modernes" Denken darf es sein?

Meine Antwort nach einer Nacht nachdenken und SR spielen lautet:
Keines! Keine "modernes Denken" sondern eine eigenständige, klare, deutliche vielschichtige Darstellung der Möglichkeiten einer eigenständigen Welt. Vor allem aber kein "Weichgespültes Idealbild" der nicht vorhandene Real-Idealen, aufgeblasen auf ganze Reiche und Gesellschaften, jedoch null, null konsequent und bei schon oberflächlicher Betrachtung selbst mit Magie und Götterwirken nicht aufrecht zu erhalten.
Oder anders, jede Spielwelt darf wie ein realer Spiegel der Welt sein, transformierend die negativen Zustände, aber mir der Möglichkeit diese im Kleinsten und kleinen zu verbessern und sogar Großes zu leisten - im Gegensatz zum realen leben, wo bestenfalls Kleinigkeiten veränderbar sind und kaum einer auch nur Alltagsheld ist/sein kann/darf.

Die Pseudo-Modernen Konstrukte sind es die mir schon nicht passen, da stellen sich mir alle Nackenhaar auf. Logik und Verstand schreien TILT usw..
Ein Land in dem es eine Nicht-Basis-Demokratisches Rechts- und Staatssystem gibt kann nun mal keine
[...]Gleichberechtigung, Menschenrechte, [..., moderne] Rechtsauffassung, ...
geben. "FEudalsystem beinhaltet nun mal ein Hierarchisches, ungerechtes ungleiches Konstrukt. Und ich sehe derzeit KEINE EINZIGE Gegend auf Lorakis in der die moderen (Gedanken-)Ideale auch so beschrieben sind...

Schon "Patriotismus" (Nationalgefühl/-stolz?, Vaterlandsliebe?, Nationalismus?) von "väterlicher Abstammung, Familie" herkommt (lt. Wiktionary) und schon wieder bewirkt das "keine Gleichberechtigung".

Was ich also will ist eine Weltbeschreibung die abgekoppelt ist von realen, grad (tag-)aktuellen Mode-Erscheinungen eines Pseudo-Humanismus oder sonst was und völlig überhöhtem Idealismus sogenannter (gleichmacherischer) "Werte"/"Wertvorsellung".
Leute das sind Idealbilder, das ist ein Traum von ganz ganz wenigen, die das nicht mal selbst auf die Reihe kriegen, aber es eben nicht mal als (machbares) Ziel sehen. Und solches irrationles Gedankengut - so toll es auch "Schöne Neue Welt" beschreibt soll die Basis für Phantastische Welten sein ? Wie soll das gehen?

Vielleicht solltet ihr Euch einmal mit den Werken des Herrn Samjatin, insbesondere "Wir", beschäftigen und den Autoren, die ganz ähnliche Aspekte beschrieben - vor (fast) 50-100 Jahren.

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rettet den wald

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #16 am: 07 Okt 2015, 15:50:51 »
Die Pseudo-Modernen Konstrukte sind es die mir schon nicht passen, da stellen sich mir alle Nackenhaar auf. Logik und Verstand schreien TILT usw..
Ein Land in dem es eine Nicht-Basis-Demokratisches Rechts- und Staatssystem gibt kann nun mal keine
[...]Gleichberechtigung, Menschenrechte, [..., moderne] Rechtsauffassung, ...
geben. "FEudalsystem beinhaltet nun mal ein Hierarchisches, ungerechtes ungleiches Konstrukt. Und ich sehe derzeit KEINE EINZIGE Gegend auf Lorakis in der die moderen (Gedanken-)Ideale auch so beschrieben sind...

Hier würde ich dann wieder unterscheiden zwischen Charaktermeinung und Gesellschaftsmeinung. Nur weil man weiß, was das Wort "Gleichberechtigung" überhaupt bedeutet, heißt das nicht, dass es in der Gesellschaft verwirklicht sein muss, analog die ganzen anderen "modernen" Denkmuster, die hier genannt sind. Ich will in diesem Zusammenhang einfach nur nicht vom SL gesagt bekommen, dass mein Charakter da nie auf die Idee kommen könnte, dass es vielleicht gut wäre, wenn Leute gleichberechtigt wären.

Mein vorheriger Post bezieht sich darauf, dass Leute mit bestimmten mittelalterlichen Denkmustern laut moderner Auffassung ganz einfach böse Menschen sind, und ich daher keinen Charakter spielen will, der das irgendwie toleriert oder unterstützt. Ich meine, ich will mich im Rollenspiel schon irgendwie wie ein Held fühlen, und wenn mein Charakter da mit Leuten zusammenarbeitet, die ganz eindeutig böse sind, dann fällt dieses Feeling irgendwie flach...

Jetzt muss man aber unterscheiden:
-> Wenn jemand sagt "Wer sein Dorf verlässt muss hingerichtet werden!", dann ist dieser jemand böse, und daher im üblichen "Die SCs sind Helden!"-Spielstil ein Gegenspieler der Charaktere.
-> Wenn jemand sagt "Feudalherrschaft ist toll!", dann ist diese Ansicht nicht zwingendermaßen böse... Da macht es nämlich einen deutlichen Unterschied, ob man von der "idealisierten Fantasy Feudalherrschaft" redet, oder von der (in den Worten von TrollsTime) "Hardcore Feudalherrschaft".

...Auch ein Zwischending aus idealisiertem Feudalsystem und hardcore Feudalsystem muss nicht zwingend böse sein, das müsste man sich dann halt im Detail anschauen.



EDIT:
Ich verwende "böse" hier im Sinne von D&D "evil".
« Letzte Änderung: 07 Okt 2015, 15:55:57 von rettet den wald »
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Cifer

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #17 am: 07 Okt 2015, 16:16:24 »
Ich spiele da schon eher Charaktere, die weder automatisch aus der Meinung ihrer Gesellschaft herausragen noch sich als leuchtende Aufklärer der Moderne verstehen. In DSA kann ich wunderbar einen Praioten verkörpern, der auf der einen Seite ein absoluter Streiter für das Gute und den Schutz der Gesellschaft bis hinunter zum Schwächsten ist und andererseits ebenso selbstverständlich die Meinung vertritt, dass eben bestimmte Menschen zum Herrschen und Schützen geboren sind und andere nicht.
Das Hineindenken in "fremde" Wertesysteme macht für mich einen deutlichen Reiz beim Rollenspiel aus und ich hoffe, dass Lorakis hier nicht zu sehr auf "Hans-Peter mit dem Schwert in der Hand" abzielt.

TrollsTime

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #18 am: 08 Okt 2015, 11:54:33 »
Ich bin sonne Art "Cifer rettet den Wald"-Hybrid und verorter mich in euer beider Meinungen.
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Nevym

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #19 am: 08 Okt 2015, 13:40:49 »
Ich spiele da schon eher Charaktere, die weder automatisch aus der Meinung ihrer Gesellschaft herausragen noch sich als leuchtende Aufklärer der Moderne verstehen. In DSA kann ich wunderbar einen Praioten verkörpern, der auf der einen Seite ein absoluter Streiter für das Gute und den Schutz der Gesellschaft bis hinunter zum Schwächsten ist und andererseits ebenso selbstverständlich die Meinung vertritt, dass eben bestimmte Menschen zum Herrschen und Schützen geboren sind und andere nicht.
Das Hineindenken in "fremde" Wertesysteme macht für mich einen deutlichen Reiz beim Rollenspiel aus und ich hoffe, dass Lorakis hier nicht zu sehr auf "Hans-Peter mit dem Schwert in der Hand" abzielt.
Unglaublich aber wahr, diesem Beitrag stimme ich mal voll zu.
Freu Dich kommt selten genug vor  ::)
Der letzte Absatz ist genau DAS was für mich "Rollenspiel" ausmacht, ganz wie "Schauspiel/Hörspiel" wo der Darsteller mit seinen Möglichkeiten und den "Regularien" des Mediums (Stimme, Mimik, Gestik, Bühne, Datei, Radio etc.) etwas transportiert und darstellt, was er nicht ist - z.B. den Bundeskanzler in einer Fernssehproduktion, Hittler im aktuell neuen (Kino-?)Film, Die Gegener von James Bond oder der Avengers usw.
Meistens sind es dann die Spieler, die Guilaume, General Patton, Q oder Captain America darstellen.

Und deshalb nehme ich nochmal "rettet den Wald" her um meine Position deutlicher zu machen.
[...]
Hier würde ich dann wieder unterscheiden zwischen Charaktermeinung und Gesellschaftsmeinung. Nur weil man weiß, was das Wort "Gleichberechtigung" überhaupt bedeutet, heißt das nicht, dass es in der Gesellschaft verwirklicht sein muss, analog die ganzen anderen "modernen" Denkmuster, die hier genannt sind. Ich will in diesem Zusammenhang einfach nur nicht vom SL gesagt bekommen, dass mein Charakter da nie auf die Idee kommen könnte, dass es vielleicht gut wäre, wenn Leute gleichberechtigt wären.
Ein SL der mir und meinem Char defacto "verbietet" bestimmte Gedanken zu haben, der ist kein (guter/vertretbarer) SL, aber er MUSS meinem Charakter die Konsequenzen aufzeigen die eine bestimmte Meinung, ein Gedankengut oder Tat nach sich zieht und ziehen kann. Sich darauf einzustellen und  den Charakter handeln zu lassen ist wieder Rollenspiel...

Mein vorheriger Post bezieht sich darauf, dass Leute mit bestimmten mittelalterlichen Denkmustern laut moderner Auffassung ganz einfach böse Menschen sind, und ich daher keinen Charakter spielen will, der das irgendwie toleriert oder unterstützt. Ich meine, ich will mich im Rollenspiel schon irgendwie wie ein Held fühlen, und wenn mein Charakter da mit Leuten zusammenarbeitet, die ganz eindeutig böse sind, dann fällt dieses Feeling irgendwie flach...
Damit komme ich irgendwie gar nicht zurecht. Klingt für mich wie Vermischung modernen Denkens (und seiner Auswüchse, aber das gehört jetzt nicht hier rein) mit der Betrachtungsebene RPG-Welt und dem Zeitrahmen "irdisches Mittelalter"... Das aber ist immer eine Frage des (eigenen) Standpunktes von dem aus man etwas betrachtet.
Denke das ließe sich am Beispiel der Strafen oder dem MAchtverhalten gut erklären. Würde aber auch ausarten. Mein Standpunkt dabei ist, eben keine Position einzunehmen, und nach "gut&böse" vorabe zu klassifizieren, sondern mir vorzustellen welche Denkweise eine bestimmte Situation in einer Spielwelt bei einem Bewohner dieser Spielwelt auslöst.
Das ist dann die Basis unter der mein Charakter aufgewachsen ist. Das ist was sein Denken bestimmt, nicht das heutige "gut&böse"-Schema, daß eben nicht so einfach, klar und "schwarz/weiß" ist, man betrachte nur die aktuellen Probleme und Konflikte.

So und deshalb:
Jetzt muss man aber unterscheiden:
-> Wenn jemand sagt "Wer sein Dorf verlässt muss hingerichtet werden!", dann ist dieser jemand böse, und daher im üblichen "Die SCs sind Helden!"-Spielstil ein Gegenspieler der Charaktere.
-> Wenn jemand sagt "Feudalherrschaft ist toll!", dann ist diese Ansicht nicht zwingendermaßen böse... Da macht es nämlich einen deutlichen Unterschied, ob man von der "idealisierten Fantasy Feudalherrschaft" redet, oder von der (in den Worten von TrollsTime) "Hardcore Feudalherrschaft".
[...]
Sieht mein Charakter den ersten Satz als vollkommen legitim an, weil es in der Welt in diesem Dorf so ist. Das ist dort gegeben! So was wie ein "Naturgesetz", sowas wie "Wasser fließt nicht den Berg hinauf". Der Potentat, der seinen Untergebenen das Verlassen des Dorfes verbietet ist erst mal die "Norm" der Situation, weder gut noch böse, sondern der (schematisierte) Standard. Da kann ich mir dann überlegen, wie meine Figur die ich spiele das sieht, damit umgeht usw.
Dagegen vorzugehen wäre dieser Betrachtung nach übrigens "böse"...
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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #20 am: 08 Okt 2015, 14:22:24 »
Wenn ihr "Gut" und "Böse" unterschiedlich bzw aus unterschiedlichen Standpunkten aus definiert, macht es wenig Sinn, sich über "Gut" und "Böse" zu unterhalten.

Ich denke, "rettetdenwald"s Definition ist doch klar.
Warum benutzt man dann nicht erstmal seine?

Es gibt ja noch andere Begrifflichkeiten wie "legal/illegal", "üblich/unüblich", die man ergänzend verwenden könnte, anstatt die gleichen Begriffe "anders" zu verwenden.
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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #21 am: 08 Okt 2015, 14:26:29 »
Ich persönlich will (zumindest standardmäßig) keinen Charakter spielen, den ich als Spieler (inklusive meiner "modernen" Spielerauffassung) als böse ansehen würde. Ich will schon irgendwo einen von "den Guten" spielen, und zwar nicht nach mittelalterlicher Auffassung, sondern nach meiner eigenen Auffassung.

Jetzt kann man natürlich sagen, dass es eine ziemlich interessante rollenspielerische Herausfoderung wäre, einen Charakter mit mittelalterlicher Denkweise zu spielen, der laut eigener Auffassung zu "den Guten" gehört, aber laut meiner eigenen Auffassung als Spieler unglaublich böse ist... Und das mag auch sein, aber im Normalfall bin ich daran ganz einfach nicht interessiert.

Anmerkung, bevor hier jemand aus meiner Runde postet: Mein aktuell meistgespielter Splittermond-Charakter gehört nicht wirklich zu "den Guten", das ist bei mir aber eher die Ausnahme... Und auch diesem Charakter kann man ganz sicher nicht vorwerfen, eine mittelalterliche Denkweise zu haben.



@Cifer:

Ob ich einen Praioten in DSA als böse ansehen würde, hängt sehr stark davon ab, von wem er gespielt/geschrieben wird. Einfach nur "Bestimmte Menschen sind zum Herrschen geboren, andere nicht." ist noch nicht böse. Andere Sachen halt schon... Hier könnte ich jetzt einen ziemlich langen Rant über dieses Thema schreiben, aber ich werde mich mal auf folgendes beschränken: Ich bin froh, dass ich jetzt in einem anderen Setting Zuhause bin.



@Nevym:

Mir ist schon klar, dass mein Charakter wenn er zum Beispiel in Midstad unterwegs ist besser aufpassen sollte, was er sagt... Und je nachdem, wie radikal das ist, was er sagt, muss er wahrscheinlich auch so gut wie überall sonst aufpassen. Das ist ja nicht das Problem.

Die eigentliche Frage ist die: Ist es in Selenia, Wintholt, Zwinggard, etc. so, dass man als Bauer hingerichtet wird, wenn man sein Dorf verlässt? Meine Vermutung: Nein, ist es nicht. Wird man hingerichtet, weil man sich nicht so verhält, wie es für sein Geschlecht oder seinen Stand angemessen ist? Vermutung: Nein, wird man nicht (Amtsanmaßung oder die Frage, ob man dadurch an Ansehen verliert, ist wieder was ganz anderes). Wird man für "mangelnde Sexualmoral" hingerichtet? Vermutung: Nein, wird man nicht.

So habe ich mir das das Spieler immer vorgestellt, und so habe ich das als SL immer dargestellt. Wenn diese Vermutungen falsch sein sollten, dann würde Lorakis plötzlich deutlich, *deutlich* näher an Dark Fantasy liegen, als mir lieb ist.
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sindar

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #22 am: 08 Okt 2015, 15:09:47 »
Ich sehe schon, hier prallen wieder mal sehr unterschiedliche Spielvorlieben aufeinander. Daher ist es ganz gut, dass Lorakis in dem Punkt eher schwach definiert ist. So kann sich jeder sein Lorakis so vorstellen, wie es ihm / ihr passt. Daher also mein Apell: Lasst es dabei! Und ja, ich weiss, dass man auch gegen offizielle Setzungen spielen kann, aber es gibt nun mal Leute wie mich, denen das schwer faellt.
Bewunderer von Athavar Friedenslied
Yinan schrieb: Die Regeln von Splittermond versuchen nicht, realistisch zu sein.
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Cifer

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #23 am: 08 Okt 2015, 15:13:25 »
Zitat
Die eigentliche Frage ist die: Ist es in Selenia, Wintholt, Zwinggard, etc. so, dass man als Bauer hingerichtet wird, wenn man sein Dorf verlässt? Meine Vermutung: Nein, ist es nicht. Wird man hingerichtet, weil man sich nicht so verhält, wie es für sein Geschlecht oder seinen Stand angemessen ist? Vermutung: Nein, wird man nicht (Amtsanmaßung oder die Frage, ob man dadurch an Ansehen verliert, ist wieder was ganz anderes). Wird man für "mangelnde Sexualmoral" hingerichtet? Vermutung: Nein, wird man nicht.
Gerüchten zufolge gibt es ja noch ein gewisses Spektrum zwischen "wird von der Gesellschaft akzeptiert" und "wird mit Hinrichtung bestraft", in dem sich sowas wie "wird allgemein missbilligt", "ist ein Privileg bestimmter Gesellschaftsgruppen", "führt zu sozialer Ausgrenzung" oder "wird mit XY bestraft, wobei XY ungleich Hinrichtung ist" findet.

Meine Vermutungen, was die drei Punkte angeht:
Bestrafung für das Verlassen des Dorfes? Sofern SpliMo das Konzept der Leibeigenschaft verwendet (gehe ich bei typischen Feudalgesellschaften wie Selenia und co von aus), gehört dazu natürlich auch das Konzept der bestrafungswürdigen Schollenflucht - ein Leibeigener, der sich aus meinem Herrschaftsbereich entfernen darf, wie es ihm passt, ist kein Leibeigener. Das gilt natürlich nicht für Freibauern.
Bestrafung wegen mangelnder Sexualmoral oder Geschlechterrolle? Vermutlich höchstens in vereinzelten Gebieten, die als entsprechend sittenstreng dargestellt werden sollen. Als allgemeine Richtlinie wäre das was, womit man böse Traumata insbesondere bei der LGBT-Spielerschaft wachruft.
Bestrafung für standesunangemessenes Verhalten? Anzunehmen - wer sich gemäß eines niedrigeren Standes verhält, wird vermutlich von seinen Standesgenossen weniger geschätzt; wer sich für einen höheren Stand ausgibt (und damit dessen Privilegien in Anspruch nimmt), wird tatsächlich bestraft - bei Hochstapelei in den Adel auch nicht zu knapp.

Ich sehe schon, hier prallen wieder mal sehr unterschiedliche Spielvorlieben aufeinander. Daher ist es ganz gut, dass Lorakis in dem Punkt eher schwach definiert ist. So kann sich jeder sein Lorakis so vorstellen, wie es ihm / ihr passt. Daher also mein Apell: Lasst es dabei! Und ja, ich weiss, dass man auch gegen offizielle Setzungen spielen kann, aber es gibt nun mal Leute wie mich, denen das schwer faellt.
Ich glaube nicht, dass das so kommen wird - schließlich rührt die schwache Definition erstmal vor allem daraus, dass wir bisher genau ein Bucht zur Weltbeschreibung haben, in dem erstmal andere Dinge wichtiger waren. Einen Regionalband ohne Beschreibung der typischen Mentalität (und dazu gehören auch gesellschaftliche Tabus) fände ich eher schwach.

Jeong Jeong

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #24 am: 08 Okt 2015, 16:16:54 »
Ich finde es sehr schön, wenn man versucht, mittelalterliche Vorstellungswelten mit dem eigenen Charakter in einem gewissen Rahmen darzustellen. Aber das ist meiner Meinung nach aus zwei Gründen auch eine riesige Herausforderung:

Zum einen erfordert das Hineindenken in historische Vorstellungswelten einfach enorm viel Wissen. Bei der Akzeptanz oder nicht-Akzeptanz von politischen Systemen oder Rechtssetzungen mag das noch relativ einfach sein, aber selbst da lauern Fallstricke, weil man meiner Erfahrung nach oft dazu tendiert, Dinge zu extrem zu sehen. Während der Ostsiedlungsphase im mittelalterlichen Europa wurde es in Deutschland beispielsweise kaum geahndet, wenn sich ein Bauer seinem Grundherrn entzog. Es gibt sogar eine Quelle in der ein geistlicher Grundherr seinen Bauern darum bittet, doch bitte nicht zu gehen, obwohl der Bauer rechtlich eigentlich gar nicht gehen durfte. :) Wenn man jetzt noch weitergeht und in mittelalterliche Weltbilder und Gesellschaftsrollen eintauchen will, reicht das Studium von Splittermond-Regionalbeschreibungen glaube ich wirklich nicht mehr aus. Dann braucht man wissenschaftliche Literatur und muss viele hundert Seiten lesen.

Zum anderen läuft man immer Gefahr, mit mittelalterlichen Denkansätzen seine Mitspieler vor den Kopf zu stoßen oder sogar zu Beleidigen (hier im Thread wurden ja bereits einige Beispiele dafür erwähnt). Im Geschichtsunterricht soll man daher nach historischen Rollenspielen immer eine Phase der Reflexion des Rollenspiels und der Distanzierung von den Rollen mit den Schülern machen. Das gleiche sollte denke ich auch für PnP-Runden gelten, außer man klammert entsprechende Denkansätze komplett aus, was die Hintergrundbeschreibungen in der Regel ja auch machen.

Zuletzt kann ich aus meiner Erfahrung im Geschichtsstudium noch sagen, dass es eigentlich in jeder Zeit immer Personen gab, die die existierende Gesellschaftsordnung und die vorherrschenden Weltbilder hinterfragt und kritisiert haben. Selbst zurzeit des Dreieckshandels gab es beispielsweise energische Gegner der Sklaverei. Das ist nicht anachronistisch, sondern in einem gewissen Rahmen vollkommen normal. Und ich persönlich finde es auch nicht schlimm, wenn Abenteurer und Helden solche Personen sind, die aus der Masse nicht nur mit ihren Fähigkeiten, sondern auch mit ihren Weltanschauungen und ihren Moralvorstellungen herausstechen. :)

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #25 am: 08 Okt 2015, 16:43:42 »
Ich formuliere es mal so neutral, zeit- wie Hintergrund-unabhängig wie ich kann:
Widerstand gegen die Gesetzgebende, ausführende oder richtende Gewalt, die nach den geltenden Regeln ihrer Umgebung handelt führt zu Konflikten und idR zu Restriktionen.

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Jeong Jeong

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #26 am: 08 Okt 2015, 17:22:29 »
Ich formuliere es mal so neutral, zeit- wie Hintergrund-unabhängig wie ich kann:
Widerstand gegen die Gesetzgebende, ausführende oder richtende Gewalt, die nach den geltenden Regeln ihrer Umgebung handelt führt zu Konflikten und idR zu Restriktionen.

Ich bleibe mal bei meinen beiden Beispielen von weiter oben. Die unerlaubte Migration von deutschen Bauern während der Ostsiedlung war zwar an sich konflikthaft, aber es kam nie zu einem offenen oder gewalttätigem Konflikt, da den Grundherren dafür die nötigen Mittel fehlten. Dementsprechend kam es auch auch zu keinen Restriktionen für die Migranten, die im Gegenteil in den neuen Ostsiedlungsgebieten recht viele Freiheiten genossen, da die dortigen Grundherren ein erneutes Wegziehen ihrer Bauern befürchten mussten.

Bei den Kritikern an der Sklaverei während des Dreieckshandels war es ähnlich. Zwar war auch hier die Ausgangslage konflikthaft, aber auch hier kam es weder zu einem offenen Konflikt, noch zu Restriktionen gegenüber den Kritikern. Das ist auf zahllose Faktoren und die verschiedenen Argumentationsmuster zurückzuführen, die alle zu erörtern hier leider den Rahmen sprengen würde.

Grundsätzlich haben wir in keiner historischen Epoche jemals feste und komplett akzeptierte Weltanschauungen und Gesellschaftsordnungen. Beide müssen sich stets in verschiedenem Umfang gegenüber kritischen Stimmen rechtfertigen, was wiederum zu teils kleinen teils riesigen Wandlungsprozessen führt. Im gleichen Maße, wie wir uns bei der Betrachtung historischer Epochen vom Bild der pluralistischen, toleranten Demokratie trennen müssen, müssen wir uns dabei auch vom Bild moderner diktatorischer Systeme trennen, die durch Dinge wie Massenmobilisierung, moderne Kommunikationsmittel und Geheimdienste alternative Weltanschauungen im großen Maßstab unterdrücken wollen.
« Letzte Änderung: 08 Okt 2015, 17:24:07 von Jeong Jeong »

SeldomFound

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #27 am: 08 Okt 2015, 17:36:06 »
Desweiteren wäre es natürlich interessant, zu überlegen, inwiefern Magie hier einen Einfluss ausüben kann.

Durch Magie kann in einen bestimmten Rahmen fehlende Ressourcen ausgeglichen werden, was unter Umständen zum Beispiel eine "Great Divergence" entgegenwirken könnte.
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Chanil

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #28 am: 10 Okt 2015, 14:27:28 »
Mich würde auch einmal interessieren "Darf Lorakis überhaupt Mittelalterlich sein?"

Was unser Mittelalter auszeichnet ist die Zentrierung allen Wissens auf die Kirche und alles Wissen, welches auf Grund seiner inhaltlichen Aussage oder seiner Herkunft als 'ketzerisch' galt wurde verboten!

Haben die Kirchen ein Monopol auf Wissen? Wird Wissen einer radikalen Zensur unterzogen? Oder ist mal so schlau wie die Römer es waren? Die haben alle Gelehrten aus den von ihnen eroberten Provinzen nach Rom geholt und dort Wissen und die damit verbundene Macht zu mehren. Daher gab es bei den Römern auch so einen hohen technologischen Fortschritt. Wie es im Ost-Asiatischen Raum aussah, mit der ganzen großen Wissenschaft und auch im arabischen Raum...

Ich denke eher, Lorakis darf gar nicht so mittelalterlich sein wie wir uns unser Mittelalter immer denken...
'Nomis' schrieb am 17 Juli 2012 - 11:26:

Anbei erwähnt, ist gesunder Menschenverstand, anders als viele annehmen, sehr variabel in seiner Ausprägung und keinesfalls eine feste Größe in Art, Umfang oder Funktion.

Jeong Jeong

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Re: Modernes Leben und Gedanken in Lorakis
« Antwort #29 am: 11 Okt 2015, 00:52:46 »
Mich würde auch einmal interessieren "Darf Lorakis überhaupt Mittelalterlich sein?"

Was unser Mittelalter auszeichnet ist die Zentrierung allen Wissens auf die Kirche und alles Wissen, welches auf Grund seiner inhaltlichen Aussage oder seiner Herkunft als 'ketzerisch' galt wurde verboten!

Haben die Kirchen ein Monopol auf Wissen? Wird Wissen einer radikalen Zensur unterzogen? Oder ist mal so schlau wie die Römer es waren? Die haben alle Gelehrten aus den von ihnen eroberten Provinzen nach Rom geholt und dort Wissen und die damit verbundene Macht zu mehren. Daher gab es bei den Römern auch so einen hohen technologischen Fortschritt. Wie es im Ost-Asiatischen Raum aussah, mit der ganzen großen Wissenschaft und auch im arabischen Raum...

Ich denke eher, Lorakis darf gar nicht so mittelalterlich sein wie wir uns unser Mittelalter immer denken...

Das Mittelalter war nicht so "mittelalterlich" wie du dir das vorstellst. :D Im Mittelalter war die Kirche der Hauptinitiator des Aufbaus von Universitäten und der Hauptförderer von diesen. Das Papsttum sorgte für eine Vernetzung der europäischen Wissenschaftswelt, wie sie vorher nie denkbar gewesen wäre. Die Universitätsgeschichte Europas beginnt nicht in der Antike, sondern im Mittelalter und es ist eine Geschichte des Wachsens in der Kirche und zum Ende des Mittelalters hin eine der Emanzipation von der Kirche. Letzteres ist auf zahllose Faktoren zurückzuführen, wie neue Berufszweige und politische Interessen weltlicher Fürsten. Die Angst vor Zensur spielte dabei hingegen bei weitem nicht so eine wichtige Rollen, wie oft geglaubt wird. :)

Das römische Reich ist gleichermaßen kein Hort großer technologischer Neuerungen. Es gibt ganze Bücher darüber, warum es im römischen Reich zu keiner industriellen Revolution kam und der Hauptgrund ist, dass deren ganzes System extrem innovationsfeindlich war. Anders übrigens als das Mittelalter. Man denkt sich immer, dass die Renaissance so fortschrittlich war mit Schiffen die über den Atlantik segelten und dem Buchdruck mit beweglichen Lettern etc. pp. Dabei vergisst man leider immer, dass alle diese tollen Technologien ihre direkten Vorläufer im Mittelalter hatten und dort begründet wurden. Und nicht etwas in der Antike, wie uns die Renaissance glauben machen wollte. :D


edit: Rechtschreibung
« Letzte Änderung: 11 Okt 2015, 01:13:22 von Jeong Jeong »