Ich spiele da schon eher Charaktere, die weder automatisch aus der Meinung ihrer Gesellschaft herausragen noch sich als leuchtende Aufklärer der Moderne verstehen. In DSA kann ich wunderbar einen Praioten verkörpern, der auf der einen Seite ein absoluter Streiter für das Gute und den Schutz der Gesellschaft bis hinunter zum Schwächsten ist und andererseits ebenso selbstverständlich die Meinung vertritt, dass eben bestimmte Menschen zum Herrschen und Schützen geboren sind und andere nicht.
Das Hineindenken in "fremde" Wertesysteme macht für mich einen deutlichen Reiz beim Rollenspiel aus und ich hoffe, dass Lorakis hier nicht zu sehr auf "Hans-Peter mit dem Schwert in der Hand" abzielt.
Unglaublich aber wahr, diesem Beitrag stimme ich mal voll zu.
Freu Dich kommt selten genug vor
Der letzte Absatz ist genau DAS was für mich "Rollenspiel" ausmacht, ganz wie "Schauspiel/Hörspiel" wo der Darsteller mit seinen Möglichkeiten und den "Regularien" des Mediums (Stimme, Mimik, Gestik, Bühne, Datei, Radio etc.) etwas transportiert und darstellt, was er nicht ist - z.B. den Bundeskanzler in einer Fernssehproduktion, Hittler im aktuell neuen (Kino-?)Film, Die Gegener von James Bond oder der Avengers usw.
Meistens sind es dann die Spieler, die Guilaume, General Patton, Q oder Captain America darstellen.
Und deshalb nehme ich nochmal "rettet den Wald" her um meine Position deutlicher zu machen.
[...]
Hier würde ich dann wieder unterscheiden zwischen Charaktermeinung und Gesellschaftsmeinung. Nur weil man weiß, was das Wort "Gleichberechtigung" überhaupt bedeutet, heißt das nicht, dass es in der Gesellschaft verwirklicht sein muss, analog die ganzen anderen "modernen" Denkmuster, die hier genannt sind. Ich will in diesem Zusammenhang einfach nur nicht vom SL gesagt bekommen, dass mein Charakter da nie auf die Idee kommen könnte, dass es vielleicht gut wäre, wenn Leute gleichberechtigt wären.
Ein SL der mir und meinem Char defacto "verbietet" bestimmte Gedanken zu haben, der ist kein (guter/vertretbarer) SL, aber er MUSS meinem Charakter die Konsequenzen aufzeigen die eine bestimmte Meinung, ein Gedankengut oder Tat nach sich zieht und ziehen kann. Sich darauf einzustellen und den Charakter handeln zu lassen ist wieder Rollenspiel...
Mein vorheriger Post bezieht sich darauf, dass Leute mit bestimmten mittelalterlichen Denkmustern laut moderner Auffassung ganz einfach böse Menschen sind, und ich daher keinen Charakter spielen will, der das irgendwie toleriert oder unterstützt. Ich meine, ich will mich im Rollenspiel schon irgendwie wie ein Held fühlen, und wenn mein Charakter da mit Leuten zusammenarbeitet, die ganz eindeutig böse sind, dann fällt dieses Feeling irgendwie flach...
Damit komme ich irgendwie gar nicht zurecht. Klingt für mich wie Vermischung modernen Denkens (und seiner Auswüchse, aber das gehört jetzt nicht hier rein) mit der Betrachtungsebene RPG-Welt und dem Zeitrahmen "irdisches Mittelalter"... Das aber ist immer eine Frage des (eigenen) Standpunktes von dem aus man etwas betrachtet.
Denke das ließe sich am Beispiel der Strafen oder dem MAchtverhalten gut erklären. Würde aber auch ausarten. Mein Standpunkt dabei ist, eben keine Position einzunehmen, und nach "gut&böse" vorabe zu klassifizieren, sondern mir vorzustellen welche Denkweise eine bestimmte Situation in einer Spielwelt bei einem Bewohner dieser Spielwelt auslöst.
Das ist dann die Basis unter der mein Charakter aufgewachsen ist. Das ist was sein Denken bestimmt, nicht das heutige "gut&böse"-Schema, daß eben nicht so einfach, klar und "schwarz/weiß" ist, man betrachte nur die aktuellen Probleme und Konflikte.
So und deshalb:
Jetzt muss man aber unterscheiden:
-> Wenn jemand sagt "Wer sein Dorf verlässt muss hingerichtet werden!", dann ist dieser jemand böse, und daher im üblichen "Die SCs sind Helden!"-Spielstil ein Gegenspieler der Charaktere.
-> Wenn jemand sagt "Feudalherrschaft ist toll!", dann ist diese Ansicht nicht zwingendermaßen böse... Da macht es nämlich einen deutlichen Unterschied, ob man von der "idealisierten Fantasy Feudalherrschaft" redet, oder von der (in den Worten von TrollsTime) "Hardcore Feudalherrschaft".
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Sieht mein Charakter den ersten Satz als vollkommen legitim an, weil es in der Welt in diesem Dorf so ist. Das ist dort gegeben! So was wie ein "Naturgesetz", sowas wie "Wasser fließt nicht den Berg hinauf". Der Potentat, der seinen Untergebenen das Verlassen des Dorfes verbietet ist erst mal die "Norm" der Situation, weder gut noch böse, sondern der (schematisierte) Standard. Da kann ich mir dann überlegen, wie meine Figur die ich spiele das sieht, damit umgeht usw.
Dagegen vorzugehen wäre dieser Betrachtung nach übrigens "böse"...