@ Noldorion: Das Problem ist, dass genau dieses Argument kaum jemand bringt - das wäre natürlich vollkommen legitim, aber eben als persönliches Tabu mit Bedeutung primär für die eigene Spielrunde. Denn dass der wesentliche Anteil der Spielerschaft bereits Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts oder gar ihrer sexuellen Ausrichtung ausgesetzt waren und darunter so sehr leiden, dass das für sie zum persönlichen Tabu wird, das halte ich einfach für eine stark überzeichnete Behauptung. Zumal, dem Geschlechterverhältnis der Rollenspieler entsprechend, ja auch deutlich mehr Männer als Frauen (behaupte ich jetzt einfach mal, wäre aufgrund der Geschlechterverteilung der Spielerschaft ja naheliegend) vehement gegen Diskriminierung im Rollenspiel eintreten.
Ich halte es z.B. für wesentlich wahrscheinlicher, dass die Mehrheit der Rollenspieler (Geschlecht und allgemeinen Coolnessfaktor von Nerds zu Jugendzeiten beachten) vermutlich deutlich häufiger schon Diskriminierungen aufgrund ihrer Kleiderwahl, Gewicht, Interessen etc. ausgesetzt waren als z.B. aufgrund ihrer sexuellen Orientierung - trotzdem tritt niemand dafür ein, dass künftig in Rollenspielpublikationen vor allem schlecht angezogene, übergewichtige Typen mit abwegigen Interessen präsentiert (oder Ausgrenzung genau wegen solcher Faktoren aus der Spielwelt verbannt) werden soll. Ja, das ist ein übles Klischee, aber ich stelle mich auch in die Ecke der Leute, denen das schon passiert ist.
Es geht aber eben in dieser und ähnlichen Diskussionen nicht um Diskriminierung allgemein, sondern fast ausschließlich um Geschlecht (und zwar ausschließlich weiblich, mit männerdiskriminierenden Amazonen hat keine Hintergrundwelt ein Problem), sexuelle Orientierung (warum ist die in einem abenteuerlichen Rollenspiel überhaupt thematisierenswert?) und/oder Rassismus.
Mein Problem mit dieser Argumentation ist, dass Diskriminierung geschlechtsspezifischer Art oder aufgrund der sexuellen Ausrichtung (Rassismus kann man aufgrund der deutschen Vergangenheit guten Gewissens aus dieser Diskussion rauslassen) als ein Sonderfall von Tabuthema behandelt wird, während anscheinend niemand ein Problem mit anderen Tabuthemen wie genannter Gewalt undsoweiter hat, obwohl die "Auswirkungen" derselben potentiell wesentlich schlimmere Folgen für die Betroffenen haben können. Wie gesagt, geschlechtliche Diskriminierung als persönliches Tabuthema ist für mich vollkommen nachvollziehbar, aber ich bin nicht der Ansicht, dass man diese bevorzugt im Rollenspiel nach aktueller politischer Korrektheit behandeln muss.
Denn das wirft die Folgefrage auf, inwiefern Rollenspiele eine pädagogische Funktion oder Fantasiewelten zwingend Vorbildcharakter haben müssen. Was auch spannend wäre, und vielleicht die eigentliche Frage ist, die zuvor gestellt werden sollte, bevor man über geschlechtliche Diskriminierung als Detailfall spricht.