Autor Thema: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)  (Gelesen 20817 mal)

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #45 am: 28 Jun 2025, 20:27:38 »
Wenn Kinderstimmen ausbleiben (Spoiler für das gleichnamige halboffizielle Abenteuer)
Atasato und Umgebung, Kintai (Akira, Hao, Takur)

Auch wenn es noch einige Monate bis zum Start der „Seidenen Stadt“ waren, der alle fünf Jahre in Richtung der Hauptstadt Senrai startenden Tribut- und Handelskarawane, spürte man in Atasato bereits die damit verbundene Anspannung. Die „Seidene Stadt“ würde nicht nur aus Kintarai bestehen, sondern auch Händler aus Zhoujiang und anderen Ländern umfassen. Das stieß jedoch nicht bei allen Kintarai auf Zustimmung.
Etliche der Helden wollten sich dem Zug anschließen. Ren und Luo waren hingegen vor allem damit beschäftigt, Prinzessin Hui Amui auf dem politischen Pflaster Atasatos zu unterstützen. Hao hatte hingegen erst einmal genug von der Bürgerkriegspolitik Zhoujiangs. Die Prinzessin ging nach Haos Meinung zu große Risiken ein. Die „Seidene Stadt“ und die den Handelszug umgebenden Geschichten erschienen Hao weniger bedenklich. Akira erhoffte sich durch eine Teilnahme Ansehen für sich selbst und seine Familie – und war natürlich daran interessiert, die legendäre Hauptstadt seines Heimatlandes kennenzulernen.

Die „Seidene Stadt“ wurde immer von einem Mitglied des Suguri-Klans geführt, der die Seefahrt, den Handel und die Außenpolitik Kintais dominierte. Die Suguri stellten auch das Kommando des Begleitschutzes der „Seidenen Stadt“. Da dieser allerdings aus verschiedenen (teilweise verfeindeten) Klans kam, waren Spannungen üblich. Angeblich sollte in diesem Jahr eine neue „Stadtherrin“ den Zug anführen. Die „Seidene Stadt“ umfasste üblicherweise etwa 2.000 Personen, davon etwa 200 Wachleute plus den Begleitschutz der einzelnen Händler. Eine der wichtigsten Händlerinnen würde Kikisho Midori sein, eine silberhaarige albische Waffenhändlerin. Es war nicht billig, sich dem Zug anzuschließen. Falls die Helden sich nicht einkaufen wollten, würde das Anheuern bei den Wachtruppen oder die Aufnahme in das Gefolge eines der Teilnehmenden die beste Alternative sein. Akira versuchte zu diesem Zweck, Kontakt mit der Ritualwächterin der „Seidenen Stadt“ zu knüpfen. Allerdings war Uome Satomis Klan mit Klan Ranku (Akiras Lehensherren) verfeindet, was sie ihn deutlich spüren ließ. Bei dem Versuch, die Wogen zu glätten, machte der junge Krieger die Sache nur schlimmer und schaffte es, sich eine Feindin zu machen. Das würde es nicht erleichtern, einen Platz in der „Seidenen Stadt“ zu finden…
Da bereits eine Anzahl von Gefolgsleuten der verschiedenen Klans in Atasato eingetroffen war, kam es verstärkt zu Reibereien zwischen den verfeindeten Gruppen. Die Helden hielten sich heraus. Nur Akira versuchte, die Wogen zu glätten. Zum Glück war er dabei erfolgreicher als bei Uome Satomi.

Doch selbst der beherrschte junge Krieger verlor die Fassung, als eines der berühmt-berüchtigten Schildkrötenschiffe Kungaitans an Atasato vorbeifuhr und mit seinen Kanonen „Salut“ schoss. Nicht nur Akira hielt das für eine dreiste Provokation. Während Akira wütend dem Schiff hinterherfluchte, war Hao beunruhigt. Die zhoujiangische Affenpriesterin fragte sich, warum die Kungaiki Kintai so offen brüskierten. Sie fürchtete, die Spannungen zwischen Kintai und Kungaitan könnten ihrer durch den Bürgerkrieg gebeutelten Heimat schaden. Akira vermutete, dass die Aktion der Kungaiki eine Warnung an jene Kintarai war, die politische Interessen in Zhoujiang verfolgten. Allerdings konnte das leicht ins Auge gehen…

Einige Tage später lief ein übel zugerichtetes Transportschiff in Atasato ein. Angeblich hatten Harpyien das Schiff attackiert. Die Helden kannten zwei der Passagiere: Suguri Hanako und ihr Ehemann Kenji. Die Helden hatten die schwangere Kintarai-Botschafterin in Timog kennengelernt und ihr geholfen, einen wertvollen Mondstahl-Wurfspeer zu bergen. Dabei waren die Helden mit Harpyien aneinandergeraten – bestand da ein Zusammenhang? Zwar war das Ehepaar unverletzt, doch einer ihrer Leibwächter war tot, während der andere nach dem Zusammenstoß mit Harpyien gekündigt hatte.
Die hochschwangere Hanako fürchtete nun, dass die Harpyien sie erneut angreifen könnten. Eigentlich hatte sie vorgehabt, für ihre baldige Niederkunft zu dem Anwesen ihrer Familie weiterzureisen, doch das schien nun riskant. Die Helden erklärten sich bereit, ihrer Bekannten zu helfen.
Die Helden überlegten, wie sie sich am besten aus der Stadt schmuggeln konnten, falls die Harpyien das Umland durchstreiften. Sie kamen auf die Idee, sich nachts aus der Stadt zu schleichen und in den folgenden Tagen tagsüber in Deckung zu bleiben. So würden sie die tagaktiven Harpyien hoffentlich in die Irre führen.
Hao hatte bereits ein Reittier, Akira musste sich eines ausleihen. Leider kam er mit der Stute Inu (was in Kintial „Hund“ bedeutete) nicht gut zurande. Takur weigerte sich, auf ein Pferd zu steigen. Als ausdauernder Langstreckenläufer würde er auch zu Fuß mithalten können. Ansonsten bestand die Gruppe aus Hanako, ihrem Ehemann sowie ein paar Bediensteten.

Von Takur unterstützt, leitete Hao die Gruppe sicher und die Nachtmärsche verliefen ereignislos. Das Wetter war allerdings recht unfreundlich – immerhin war Winter. Hao als versierte Heilerin behielt ein wachsames Auge auf die hochschwangere Hanako, aber diese schien die Reise gut zu verkraften. Die Helden erfuhren von ihr über das Ziel der Reise dass Hanakos Familie bereits seit mehreren Generationen als Verwalter der kleinen Siedlung nahe dem Jadeband diente. Momentan lebten Hanakos Eltern und ihr Bruder Hasame dort, dessen Ehefrau ebenfalls kurz vor der Niederkunft stand. Allerdings war der Frieden brüchig, da eine auf dem Gebiet liegende Zollfeste die Begehrlichkeit von Gankoda Saburo geweckt hatte. Die Helden hatten schon das ein oder andere Mal mit den Gefolgsleuten des ambitionierten Daimyos zu tun gehabt.
Einige Tage vom Ziel entfernt, fanden die Helden eine verwundete Goldamsel. In Kintai waren die anmutigen und zierlichen Tiere als Jagdvögel beliebt. Hao konnte das Tier beruhigen und mit einem Zauber heilen. Dabei stellte sie fest, dass das Tier ein Band trug, welches mit dem Wappen der Gankoda geschmückt war. Die Helden nahmen das genesene Tier mit. Sie hofften, es bei Gelegenheit den Eigentümern zurückgeben zu können.

Dazu erhielt Hao früher Gelegenheit als gedacht. Am übernächsten Tag hörten die Helden zu ihrer Überraschung Gewehrsalven. Takur entschloss sich kurzerhand, einen Spähgang zu wagen. Der Jaguarkrieger entdeckte mehrere hundert Bewaffnete, die bei einem kleinen Dorf ein Militärlager errichtet hatten und trainierten. Die meisten der Anwesenden waren Ashigaru, einfache Soldaten aus der (ländlichen) Unterschicht, die mit Spießen (Yari), Schwertlanzen (Naginata), Bögen oder Drachenrohren bewaffnet waren. Dazu kam eine Reihe schwertalbischer Unteroffiziere und Offiziere. Über dem Ganzen wehten die Banner des Daimyo Gankoda Saburo – obwohl das Dorf eigentlich zu dem Gebiet des Suguri-Klans gehörte.
Unentdeckt kehrte Takur zu seinen Gefährten zurück und erstattete Bericht. Suguri Hanako bestand darauf, in Erfahrung zu bringen, was diese Zusammenziehung militärischer Macht bedeutete, auch wenn weder Kenji noch Hao angesichts Hanakos fortgeschrittener Schwangerschaft davon begeistert waren.

Die Reisegesellschaft näherte sich offen dem Militärlager und wurde wachsam, aber nicht misstrauisch empfangen. Offenbar waren die Soldaten und Offiziere nicht der Meinung, etwas verbergen zu müssen. Die Gruppe fand mit einiger Mühe Quartier in dem Dorf, da aufgrund der Überfüllung die Preise hoch und der Platz knapp waren. Hao und Akira begannen, sich umzuhören. Haos Recherchen wurden dadurch erleichtert, dass sie Gankoda Keita, einem hochrangigen Offizier der Streitmacht, seine Goldamsel zurückgeben konnte, die ihm einige Tage zuvor abhandengekommen war. Keita belohnte die Finderin und Heilerin des Jagdvogels großzügig. Er und Hao fachsimpelten ein wenig über das Halten und das Abrichten von Vögeln.
Die Helden fanden heraus, dass die Truppe zwar von Gankoda-Offizieren ausgebildet und befehligt wurde, tatsächlich aber auch aus Rekruten anderer Daimyos bestand. Offenbar hatte Gankoda Saburo sich als Koordinator für all jene Adligen der Region etabliert, die an den Anfragen der Triaden nach Kintarai-Söldnern interessiert waren. Gankodas Idee war wohl, die Söldner als geschlossene Einheit einzusetzen und so bessere Bedingungen auszuhandeln. Bis zu 800 gut gedrillte und ausgerüstete Ashigaru (plus schwertalbische Offiziere, Unteroffiziere und Elitekrieger) würden die Sache der Triaden deutlich stärken – und Kintai (oder zumindest Gankoda Saburo) Einfluss im Südwesten Zhoujiangs sichern. Das von vielen Kintarai als Provokation empfundene Auftreten des ebenfalls mit den Triaden verhandelnden Kungaitan verlieh dem Projekt zusätzliches Gewicht, aber auch Brisanz.
Weder Suguri Hanako noch Hao waren sonderlich begeistert und auch Akira traute den Motiven der Gankodas nicht. Hanako befürchtete zudem, dass die starke Militärpräsenz ihren nur wenige Tage entfernt liegenden Wohnort bedrohen könnte. Aber die Helden wollten nichts Riskantes unternehmen, zumal ihre eigentliche Aufgabe die Eskorte Hanakos war. So ließen sie das Militärlager hinter sich zurück, wenn auch mit Bedenken…

Der Rest der Reise verlief ereignislos und schließlich erreichten die Helden ihr Ziel: Das kleine aber wohlhabend wirkende Dorf Shimura bestand aus etwa drei Dutzend Häusern und hatte ungefähr 200 Einwohner. Ihr Auskommen fanden die Bewohner vor allem in der Landwirtschaft sowie dem Fischfang. Eine Palisade schützte die Siedlung vor Banditen. Zusätzlichen Schutz bot das befestigte Anwesen des Dorfvorstehers – zurzeit Hanakos Bruder Hasame. Der malerische Anblick wurde durch zwei weiße Banner beeinträchtigt, die über dem Vorsteher-Anwesen wehten und von einem kürzlichen Todesfall kündigten. Und tatsächlich: Zwar wurde die Reisegruppe von Hanakos Eltern und ihrem Bruder begrüßt, doch lag ein düsterer Schatten über dem Willkommen. Hasames Ehefrau Yumiko war bei der Geburt ihres Kindes verstorben. Auch das Kind hatte nicht überlebt. Beide waren vor wenigen Tagen beerdigt worden. Während Hanakos und Hasames Eltern die Fassung wahrten, war Hasame begreiflicherweise am Boden zerstört und entfernte sich rasch.
Die Unterbringung der Helden übernahm Natsumi, eine junge Albin, die trotz ihrer Jugend und anscheinend niedrigen Herkunft bei der Familie eine sehr vertrauensvolle Stellung genoss.
Bevor sie der Familie offiziell ihre Aufwartung machten, erwies Akira den Toten seine Referenz. Bei der anschließenden Teezeremonie hatte er allerdings kein Glück: Während selbst der Jaguarkrieger Takur sich perfekt an die Gebräuche anpassen konnte, entglitt Akira die Teeschale: ein böses Omen. Abgelenkt davon bemerkte er kaum, dass etwas an der Stimmung in der Familie…eigenartig schien. Trotz der traurigen Neuigkeiten bat Hanako die Helden zu bleiben. Gerade angesichts des tragischen Todes ihrer Schwägerin wollte sie eine versierte Heilerin wie Hao an ihrer Seite haben. Und eingedenk der nahen Gankoda-Militärpräsenz konnte es nicht schaden, ein paar zusätzliche Klingen zur Hand zu haben.

In den nächsten Tagen kümmerte sich Hao vor allem um Hanako, deren Niederkunft näher rückte. Dabei machte sie Bekanntschaft mit der Dorfheilerin, einer älteren, aber agilen Menschenfrau. Rasch bemerkte Hao, dass Hanako im Dorf wohlgelitten war, aber gegenüber dem Rest ihrer Familie Ressentiments zu bestehen schienen. Nach etwas Nachbohren erfuhr sie den Grund: Manche meinten, dass der Tod von Hasames Frau und Kind eine übernatürliche Ursache hatte. Hasames Vater hatte vor vielen Jahren die Mutter der derzeitigen Heilerin hingerichtet, weil ein Geschwisterkind von Hanako und Hasame bei der Geburt verstorben war. Die Dörfler fragten sich nun, was passieren würde, falls auch Hanako eine Fehlgeburt erlitt. Zusätzlich waren sie verunsichert durch die Gerüchte über die Gankoda-Truppen, zumal ihr Dorfvorsteher offensichtlich nicht in der Lage war, seinen Aufgaben nachzukommen.
Akira versuchte währenddessen vergeblich, seinen Fauxpas auszubügeln. Takur bekümmerte das alles wenig. Er erkundete lieber die Umgebung. Der Jaguarkrieger hielt die Augen nach Gankoda-Truppen und den Harpyien auf, die Hanako auf dem Jadeband angegriffen hatten. Da es für ihn und Akira nicht viel zu tun gab, waren beide gerne bereit, Natsumi auf eine Wildschweinjagd zu begleiten.

In der Nacht vor der Jagd wurde Akira davon wach, dass irgendjemand im Dunkeln ein verwehtes Wiegenlied zu singen schien. Er sah sich um, konnte aber abgesehen von einer huschenden Bewegung nichts entdecken. Etwas beunruhigt legte er sich wieder schlafen.
Am nächsten Morgen brachen Akira und Takur zusammen mit Natsumi zur Jagd auf. Hao blieb im Dorf zurück, um Hanako im Auge zu behalten. Rasch fand die Jagdgruppe die Spuren einer Wildschweinrotte, darunter ein kapitaler Keiler. Die Helden konnten sich unbemerkt anschleichen, doch lief bei ihrem Angriff einiges schief: Die Schüsse von Natsumi und Takur gingen fehl, wobei letzterer seine Speerschleuder beschädigte. Zum Glück konnte Akira den Keiler in einen Nahkampf verwickeln und dem wütenden Tier mehrere Treffer verpassen, bevor Natsumi und Takur dem Keiler den Rest gaben.

Ironischerweise erlebte Hao gleichzeitig eine ebenso dramatische Situation: Mit Hanako im Dorf unterwegs, wurden die beiden Frauen durch einen Alarmgong alarmiert, der vor dem Anrücken einer Kolonne gepanzerter Reiter warnte. Über den Köpfen des Trupps wehten die Banner der Gankodas. Hao schaffte es, das Dorftor zu schließen, doch war das eher eine symbolische Geste: Zwar waren die Bauern Teil des örtlichen Aufgebotes, doch hätten sie gegen einen entschlossenen Angriff erfahrener Krieger kaum eine Chance gehabt – zumal der gramerfüllte Hasame unfähig war, die Situation zu kontrollieren. So war es vor allem an Hanako, ihrem Mann Kenji und Hao, mit den Fremden zu verhandeln. Diese behaupteten, sich davon überzeugen zu wollen, ob Suguri Hasame angesichts der kürzlichen Schicksalsschläge noch in der Lage sei, seine Pflichten wahrzunehmen – gerade auch bezüglich der umstrittenen Zollfeste. Falls nicht, würde Klan Gankoda ihm gerne die Last abnehmen…
Das war eine unverhohlene Drohung, die entschlossen von sich zu weisen Hasame leider ebenfalls nicht fähig schien. Hanako hielt die Gankoda-Truppe hin und verwies mit Hao auf die Anwesenheit der Helden, die bereits mit Piraten und anderen Gefahren fertig geworden waren. Dennoch kündigte der Anführer der Gankoda-Patrouille eine baldige „Inspektion“ der Zollfeste an. Hao befürchtete einen direkten Angriff, aber in dieser Hinsicht schien Hanako weniger besorgt. Sie vermutete, dass die Gankodas eher auf Druck setzen würden. Falls man demonstrieren könne, dass das Dorf und die Zollfeste sicher seien, würden die Fremden hoffentlich keinen direkten Konflikt riskieren.

Die Helden waren gerne bereit, Hanako zu unterstützen. Akira half, die verängstigten Dörfler zu beruhigen und war in den nächsten Tagen am Drillen des örtlichen Aufgebots beteiligt. Um die umstrittene Zollstation zu verstärken und auf Vordermann zu bringen, wurden Natsumi und Takur dorthin entsandt. Die mit einem knappen halben Dutzend Wachleuten besetzte Station war in einem guten Zustand.
Trotzdem genug zu tun war, hatte Akira nicht das unheimliche Wiegenlied vergessen, dass er vor einigen Nächten gehört hatte. Er erzählte Hao von seiner Beobachtung. Beide hielten nachts auf dem Anwesen Ausschau, konnten aber nichts entdecken.

Dass ihre Besorgnis berechtigt war, mussten die Abenteurer am nächsten Morgen erfahren, als sie Schreie aus dem Dorf allarmierten. Eine ganze Familie war tot aufgefunden worden. Die Helden taten ihr Bestes, die Dörfler zu beruhigen, zumal Dorfvorsteher Hasame angesichts der toten Kinder völlig paralysiert schien.
Beim Durchsuchen der Hütte stellte sich Akira sehr ungeschickt an und so konnten keine Spuren gefunden werden. Haos Untersuchung der Toten brachte mehr Erkenntnisse: keine der Leichen wies Verletzungen auf. Ebenso fehlten Anzeichen auf Gift, Krankheit oder Ersticken. Das legte eine übernatürliche Todesursache nahe. Haos dahingehende Untersuchung ergab Hinweise auf hochrangige Todesmagie. Akira, dem schon die ganze Zeit eine Vermutung im Kopf herumgespukt hatte, kam zu dem Schluss, dass eine Gamji die Familie auf dem Gewissen haben musste. Diese mächtigen Geister, die ihr fürchterliches Antlitz hinter einer Maske verbargen, waren in ganz Takasadu gefürchtet. Sie nährten sich von der Lebenskraft Sterblicher und löschten nicht selten ganze Familien und Blutlinien aus. Besonders wurden sie von neugeborenen Kindern angezogen. Den Sagen nach waren die Gamji sehr heimlich, schwer aufzustöbern und schwer zu besiegen. Angeblich handelte es sich bei diesen Ungeheuern um die Geister von Ammen, denen keine eigenen Kinder vergönnt gewesen waren, oder um die Seelen von Müttern, die im Kindbett gestorben waren oder die ihr Kind bei der Geburt verloren hatten.
Akira äußerte gegenüber seinen Gefährten den Verdacht, dass es sich bei der Gamji um Yumiko oder – weniger wahrscheinlich – den Geist der hingerichteten Hebamme handelte. Allerdings würden Hasame und seine Familie es wohl kaum erlauben, die Leiche Yumikos zu exhumieren.
Hao versuchte mit mäßigem Erfolg, die verunsicherten Dörfler zu beruhigen. Währenddessen informierte Akira die Suguri über die Schlussfolgerungen der Helden. Seinen Verdacht bezüglich des Ursprungs der Gamji erwähnte er erst einmal nicht. Begreiflicherweise war vor allem die hochschwangere Hanako beunruhigt. Sie und ihr Kind waren ein naheliegendes Ziel für den Geist.
Hao wollte die Dörfler über die drohende Gefahr informieren, auch um Gefährdete besser schützen zu können. Nach kurzem Überlegen stimmten die anderen Helden und die Suguri zu. Allerdings erwies es sich als schwierig, die verängstigten Dörfler zu kontrollieren. Akira tat sich schwer, die richtigen Worte zu finden. Mit Haos Hilfe konnten aber die am meisten gefährdeten Personen – Kleinkinder, Schwangere und Verwandte der getöteten Familie – in einer gemeinsamen Unterkunft untergebracht und Panikreaktionen der Bauern verhindert werden.

Akira beschloss, in den verbleibenden Taglichtstunden Tarasu aufsuchen, einen außerhalb des Dorfes lebenden „Weisen Mann“, der einen etwas zwiespältigen Ruf hatte.
Der „Weise“ wirkte sich in der Tat recht merkwürdig und verbarg sein Gesicht hinter einer langnasigen Maske. Akira vermutete, dass es sich bei Tarasu möglicherweise um eines der rätselhaften Tengu-Rabenwesen handelte. Dennoch gab Tarasu dem jungen Adligen einige wertvolle Informationen zu den Stärken und Schwächen der Gamji sowie zwei Schriftrollen, die die Helden vor der schreckenserregenden Wirkung des Geistes schützen sollten. Auf dem Rückweg machte Akira einen Abstecher zu der Zollfeste und rekrutierte Natsumi als Unterstützung für die Nachtwache. Takur blieb im Zollturm, um dort alles im Auge zu behalten. Der Jaguarkrieger hatte kein Verlangen, sich mit einem Geisterwesen anzulegen.

Hao hatte inzwischen mit den verängstigten Dörflern zu tun, die begreiflicherweise die nahende Nacht fürchteten. Verkompliziert wurde die Situation dadurch, dass bei Hanako verfrühte Wehen einsetzten. Gemeinsam mit der örtlichen Hebamme konnte Hao aber auch diese Krise meistern.
Allerdings verkomplizierte dies die Situation, würden doch Mutter und Neugeborenes für die Gamji ein besonders verlockendes Ziel sein. Andererseits verbot es sich aus Standesgründen, adlige und bäuerliche „Ziele“ der Gamji in einem Gebäude unterzubringen. Die Helden beschlossen, sich auf dem Wachturm des Gutshofs zu postieren. So würden sie in der Nähe Hanakos bleiben, konnten aber gleichzeitig das Dorf im Auge behalten und (hoffentlich) schnell zu Hilfe eilen, egal wo die Gamji zuschlagen mochte.
Die Helden richteten sich auf eine lange Nachtwache ein. Das nächtliche Dorf bot einen ungewöhnlichen Anblick: manche Hütten waren hell erleuchtet, um die Gamji so vielleicht abzuschrecken. Andere Bauern hatten alle Lichter gelöscht, in der Hoffnung, der Geist möge sie nicht beachten und sich ein anderes Opfer suchen.

Ob es die scharfen Sinne der Helden oder pures Glück war: fast gleichzeitig bemerkten Hao und Akira eine durchscheinende Gestalt, welche sich dem Dorf lautlos vom Friedhof näherte. Zuerst hielt die schweigend dahingleitende Gestalt auf das Anwesen des Dorfvorstehers zu, schwenkte dann aber in Richtung der Bauernkaten um. Wieder konnten die Helden die verwehten Fetzen des Wiegenliedes hören, welches Akira vor einigen Nächten aufgeschreckt hatte. So leise wie möglich verließen die Helden den Wachturm und nahmen die Verfolgung auf.
Allerdings missglückte die Überraschung – plötzlich tauchte die maskierte Gestalt vor ihnen auf. Sie schien jedoch überrascht, auf eine ganze Gruppe zu stoßen und so konnte Akira den Kampf eröffnen. Sein ebenso wuchtiger wie präziser Hieb traf die Maske des Wesens und spaltete diese in zwei Teile. Darunter schimmerte ein fahles, grauenerregend verzerrtes Gesicht: teilweise kindhaft, teilweise der verstorbenen Suguri Yumiko ähnelnd. Trotz des furchteinflößenden Anblicks setzten die Helden ihren Angriff fort: ein Pfeil Nezumis traf das Wesen und es wandte sich zur Flucht in Richtung Friedhof. Die Helden setzten nach. Nur wenige Schritte von dem Grabmal Yumikos entfernt, traf Akiras Klinge den Geist erneut. Nur das zerfetzte Gewand und die gesprungene Maske blieben zurück.
Erleichtert, aber noch ein wenig unsicher informierten die Helden die Verwalterfamilie. Allerdings behielten sie für sich, dass es sich bei der Gamji offenbar tatsächlich um Hasames verstorbene Ehefrau gehandelt hatte. Der Dorfvorsteher ahnte allerdings offenbar ohnehin die Wahrheit, denn am nächsten Morgen verkündete er, sein Amt niederlegen zu wollen. Vorläufig übernahm seine Schwester Hanako und deren Mann die Verwaltung des Dorfes. Eine mögliche längerfristige Lösung tat sich auf, als die Helden erfuhren, warum Nezumi trotz ihrer einfachen Herkunft eine so vertrauensvolle Rolle spielte: die junge Albin war die Bastardtochter eines hochrangigen Mitglieds des Suguri-Klans, die in das Dorf „abgeschoben“ worden war, um in gesicherten Verhältnissen aber fern der höheren Gesellschaft aufzuwachsen. Besonders Akira setzte sich dafür ein, dass Nezumi das Amt der Dorfverwalterin übernehmen sollte.
Ein aktuelleres Problem waren die Ambitionen des Klans Gankoda, dessen Streifschar wenige Tage später erneut in dem Dorf auftauchten. Allerdings konnten die Suguri und die Helden überzeugend demonstrieren, dass sie die Situation unter Kontrolle hatten und so zogen die Gankodas ab – vorerst. Wenige Tage später war es dann für die Helden Zeit, gen Atasato aufzubrechen. Mit einer ansehnlichen Belohnung – und vor allem Empfehlungsschreiben für die „Seidene Stadt“ – machten sich die Helden auf den Weg.   

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #46 am: 26 Jul 2025, 10:21:09 »
Der Sammler
Atasato und Umgebung, Kintai (Akira, Luo, Ren, Takur)

Die Helden suchten immer noch nach Artefakten, um den Gedankenkristall beim Zirkel der Zinne auslösen konnte, den Takur zurückzuholen vor Jahren aus dem Jaguardschungel aufgebrochen war. Dabei stießen sie auf Gerüchte über einen örtlichen Privatsammler von Drachlingsartefakten, aber die Nachforschungen gestalteten sich schwierig. Schließlich konnten Ren und Luo ermitteln, dass der Sammler Zakur Saburo zwar zu einem der großen Klans Kintais gehörte, sich aber mit seiner Familie zerstritten hatte und vor etwa zehn Jahren verschollen war. Vor seinem Verschwinden war er immer paranoider geworden. Sein Anwesen in Atasato stand leer und galt als verflucht. Die Helden durchsuchten das Haus und stießen auf Blutspuren, die jüngeren Datums zu sein schienen. Außerdem fanden sie einige alte Dokumente, die allerdings teilweise verschlüsselt oder in einer unbekannten Sprache verfasst waren.
Auf Rens Vorschlag warteten die Helden bis zum Anbruch der Dunkelheit, damit die Magierin eventuell in dem Anwesen spukende Geister herbeirufen konnte, auch wenn weder Akira noch Takur von der Idee begeistert waren. Tatsächlich zeigte sich ein Geist. Ren konnte die unheimliche Phantomfrau, deren Gesicht vollkommen unter ihren Haaren verborgen blieb, zur Kooperation bewegen – obwohl diese offenbar wiederholt „unbefugte“ Eindringlinge angegriffen oder gar getötet hatte. Vermutlich stammten die von den Helden gefundenen Blutspuren von einem Obdachlosen, der den Zorn der Geisterfrau geweckt hatte. Widerwillig gab sie den Helden Auskunft: Saburo hatte seine Schätze irgendwann an einen „sicheren“ Ort gebracht, bevor er verschwunden sei. Die Geisterfrau wusste nicht, wo das Versteck Saburos lag, wies die Helden aber auf eine verborgene Karte hin.
Die von den Helden gefundenen Schriftstücke bestätigten die Geschichte des Geistes teilweise, auch wenn die Helden nicht alle Dokumente entschlüsseln oder übersetzen konnten. Beunruhigend waren die Hinweise auf Fallen und einen Golem, den Saburo zur Bewachung seiner Schätze nutzen wollte. Bei diesem handelte es sich wohl um ein drachlingisches Artefakt. Derart vorgewarnt besorgten sich die Helden eine Schriftrolle, mit der sie (hoffentlich) auf dem Golem liegende Aktivierungszauber würden neutralisieren können.

Die Reise zu Saburos Versteck würde mehrere Tage dauern. Trotz der Karte war es nicht einfach, den Weg zu finden. Aber es gelang Takur, die Helden sicher durch die Wildnis zu führen. Nach vier Tagen standen sie vor dem (vermutlichen) Ziel ihrer Suche. Offenbar war es Saburo bei der Anlage seines Domizils vor allem um Abgeschiedenheit gegangen: Das Haus war in die Flanke eines niedrigen Felsmassiv gebaut worden und vom Boden nur durch eine hölzerne Treppe zu erreichen, die inzwischen zerfallen war. Die Helden beschlossen, statt einen Aufstieg zu riskieren, lieber an einer gangbaren Stelle den Felshügel zu besteigen und sich zu Saburos Versteck abzuseilen. Vielleicht drohten auf diesem Weg auch weniger Fallen…

Der Aufstieg fiel besonders Ren schwer, weshalb die Helden das Abseilen zu Saburos Domizil auf den nächsten Tag verschoben. Eine vorbereitende Erkundung des Terrains enthüllte allerdings, dass die Felswand von zahlreichen Höhlen durchsetzt war, in denen aggressive Flugwesen (Flederwölfe?) hausten. Dennoch wagten die Helden am nächsten Tag den Abstieg. Wie befürchtet weckte der sich als erster abseilende Takur das Interesse zweier der Kreaturen. Doch die wütende Gegenwehr des Jaguarkriegers und die Pfeile und Brandzauber seiner Gefährten zwangen die Monster zum Rückzug. Takur erreichte das Dach – stellte allerdings fest, dass der paranoide Saburo dort Fallen installiert hatte. Zum Glück konnten die Helden diese umgehen. Nur Ren verletzte sich leicht.
Luo knackte das Schloss und die Helden spähten in das Innere des Hauses. Im Eingangsbereich erblickten die Helden den – momentan noch inaktiven – Golem. Sie beschlossen, kein Risiko einzugehen und Ren setzte die Spruchrolle ein, die hoffentlich eventuell auf dem Golem liegende Aktivierungszauber neutralisieren würde. Tatsächlich rührte sich das Konstrukt nicht, als die Helden ins Innere der Anlage vorstießen. Diesmal war es Akira, der einige im Fußboden installierte Fallen bemerkte. In dem kleinen Wohnbereich fanden die Helden die sterblichen Überreste Saburos, der schon einige Jahre tot sein musste. Eine Durchsuchung des Toten förderte einen Schlüssel zutage, der den Helden den Zugang zu Saburos Sammlung gewährte. Die Beute war beeindruckend: mehrere drachlingische Waffen und Panzerteile, etliche (vermutlich magische) Artefakte sowie zwei drachlingische Gedankenkristalle. Einige der Stücke in Saburos Sammlung waren freilich – wie der Golem – zu groß, um mitgenommen zu werden. Die Helden rafften zusammen, was sie tragen konnten, vergaßen aber auch nicht, alle Schriftstücke sowie Saburos sterbliche Überreste mitzunehmen. Der Rückweg nach Atasato verlief ereignislos.

Nun stellte sich die Frage, wie mit den Fundstücken verfahren werden sollte. Zuerst einmal wollten die Helden ihre Beute untersuchen, wobei sie mit den Gedankenkristallen begannen. Dass es sich bei dem ersten Gedankenkristall vor allem um „Erinnerungen“ an drachlingische Theaterstücke handelte, war eine kleine Enttäuschung. Ren bezweifelte, dass man mit diesem Artefakt den von Takur gesuchten Kristall würde auszulösen können. Bei dem zweiten Kristall war sie noch erfolgreicher und erhielt eine Fülle von Informationen zu dem Handel der Drachlinge mit dem legendären (aber inzwischen seit Jahrhunderten untergegangenen) Reich von Sangai sowie zu der gefährlichen Seeroute zu dem untergegangenen Reich. Die detaillierten Informationen wären eine wahre Fundgrube für all jene, die sich auf die Suche nach dem sagenumwobenen Inselreich machen würden. Takur war sehr beeindruckt. Er meinte, dass die beiden Kristalle womöglich schon genug seien, um ihm die Rückkehr in seine Heimatstadt zu ermöglichen.
Bei der Identifikation und Analyse der übrigen Fundstücke waren die Aufzeichnungen Zakur Saburos eine große Hilfe. Die Helden fanden heraus, dass die gefundenen Drachlingswaffen nicht magisch, sondern nur als Sammlerstücke interessant waren. Mehrere andere Fundstücke waren hingegen verzaubert:
-   Eine Flöte, die die Wirksamkeit von Aura-Zaubern verstärkte
-   Ein Gefäß, welches als Strukturgeber für den Zauber „Wahrer Blick“ funktionierte, wenn man es mit Wasser füllte
-   Ein Amulett, das den geistigen Widerstand stärkte
-   Ein weiteres Amulett, welches Kampfzauber verbesserte
-   vermutlich am wertvollsten war ein Armreif, mit welchem man aus einer Feenwelt zurück in die Realität reisen konnte.
Die Helden verkauften die Drachlingswaffen und das Kampfzauber-Amulett und teilten den Rest der Artefakte auf: Takur nahm die Flöte, Akira das Geiststärkungsamulett, Ren das magische Gefäß und Luo den Armreif. Alles in allem war die Expedition ein großer Erfolg gewesen.
Die sterblichen Überreste Zakur Saburos wurden seiner Familie übergegeben, die auch über die Geisterfrau und ihre Wacht über das Haus des Sammlers informiert wurde. Ren setzte zudem durch, dass die Helden Prinzessin Hui Amui von der Expedition in Kenntnis setzten. Die immer noch in dem Versteck Saburos befindlichen sperrigeren Relikte und der Golem würden hoffentlich der Sache der Kaiserlichen dienlich sein. Die Prinzessin dankte den Helden, auch wenn eine Bergung schwierig werden würde.

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #47 am: 23 Aug 2025, 12:52:22 »
Die weiße Frau (Teil 1)
Atasato (Hao, Ren und Luo)

Die Schatzsuche nach den Hinterlassenschaften des Sammlers Zakur Saburo und die Untersuchung der Beute hatten die Abenteuer beschäftigt gehalten. Dies galt besonders für Ren, die von Gedankenfetzen des dracurischen Seefahrers heimgesucht wurde, dessen Erinnerungen in einem der gefundenen Gedankenkristalle gespeichert gewesen waren. Sie tat ihr Bestes, die Informationen festzuhalten. Zudem bemerkte sie während der Arbeit mit den Aufzeichnungen von Zakur Saburo, dass sie ein Verständnis für die Sprache und Schrift der Drachlinge zu entwickeln begann.
Hao war unterdessen mit Heilung eines prachtvollen Zwerg-Simurghen beschäftigt, der die „Seidene Stadt“ auf ihrer Reise nach Senrai begleiten sollte. Trotz ihres Erfolgs vertrug der Vogel das feuchte Klima in Nordkintai nicht gut. Hao hoffte, die Reise in die Hauptstadt würde ihm helfen. Die Unggoy-Priesterin zögerte weiterhin, Rens Drängen nachzugeben und sich als Propagandistin für die Streitmacht von Prinzessin Hui Amui zu betätigen. Sie hatte in den letzten Tagen und Wochen gelegentlich von Xiao Houzi geträumt, ihrem seltsamen Priesterkollegen, dem sie schon zweimal begegnet war. In diesen Träumen hatten sie sich über ihre Abenteuer ausgetauscht und ein paar Partien Brettspiele gespielt. Sie war sich nicht ganz sicher, inwieweit das wirklich „nur“ Träume waren. Takur war sich noch immer über seine nächsten Schritte unsicher, und Akira konzentrierte sich auf die näher rückende Abreise der „Seidenen Stadt“.

Luo und Ren hielten unterdes Kontakt zu Hui Amui. Die Prinzessin war damit beschäftigt, die Bergung und den Einsatz von Zakur Saburos Golem zu planen. Sie (und Ren und Luo) wussten, dass sie sich keine Freunde bei den in Atasato operierenden Triaden gemacht hatten und waren vor einer möglichen Vergeltung auf der Hut. Die Position der „13 Blätter“ war erschüttert worden. Möglicherweise auch deshalb kursierten nun Gerüchte, die Ren und Luo als Handlanger der Kintarai diffamierten.
Die Gerüchteküche brodelte weiterhin bezüglich der Ereignisse in Zhoujiang. Diesmal ging es um angebliche Eheprojekte General Wus. Es hieß, er habe um die Hand von Liu Luli angehalten, der Fürstin in der Kranichprovinz, oder wolle gar Prinzessin Hui Yi oder eine ihrer Angehörigen ehelichen, um den Bürgerkrieg zu beenden. Andere behaupteten, Wu wolle stattdessen seine eigene Dynastie begründen, indem er den in seiner Hand befindlichen Prinzen Hui Han oder Djian Tsao, seine getreue Militärmandarin, adoptierte und zu seinem Erben erklärte. Andere meinten, Wu wolle Djian Tsao heiraten. Dann wieder hieß es, der General habe vor, Prinz Hui Han wahlweise mit Fürstin Liu Luli, der designierten Fürstin Zo Zo von Palitan oder gar der Vorsteherin des Händlerrates My-Mei zu verkuppeln, um die Kranich- oder Spinnenprovinz zu gewinnen. Keiner der Abenteurer gab viel auf diese Geschichten.
Ernster erschienen die Gerüchte von zunehmenden Kampfhandlungen auf dem Maishi-See, von Kämpfen mit den Jogdaren, aber auch Unruhen in der zum Einflussbereich der Prinzessin gehörenden Phönix- oder Tigerprovinz. Ähnliches galt für die Schaffung einer neuen Reiterarmee durch General Wu, bestehend aus jagodischen, dalmarischen und farukanischen Söldnern. Diese einige hundert (glaubhaft) oder gar mehrere tausend Streiter starke (eher unwahrscheinlich) Formation wurde in Kintai als Armee der südlichen Barbaren oder Nanban-Armee bezeichnet, doch General Wu nannte sie die Tianma, die „himmlischen Pferde“.

Dass die Abenteurer sich inzwischen einen Namen gemacht hatten, bewies sich, als sie eine Einladung von Madame Jiao erhielten. Die bekannte Kurtisane war Palitanerin, weilte jedoch jedes Jahr für einige Monate in Atasato, wo sie einen erlesenen Kundenkreis aus Angehörigen der Handelselite und dem kintaraischen Adel hatte - darunter angeblich auch Generalin Ranku Kane. Dies war umso beeindruckender, als Jiao zwar Albin, aber eine Ausländerin war. Wenig überraschend hielten manche sie für eine Spionin Palitans oder glaubten, sie spioniere umgedreht IN Palitan für Kintai. In jedem Fall war sie in der High Society wie der Halbwelt beider Städte bestens vernetzt. Die Einladung galt für ein Treffen in der „Seidenfalterpagode“, einem Vergnügungspalast der besseren Sorte, an dem Jiao Anteile besaß. Es war eines der Häuser, wo die Bezahlung oft über „Geschenke“ geregelt wurde und die „geschäftlichen Arrangements“ teilweise über Monate oder länger Bestand hatten. Luo war etwas nervös wegen der starken Position der „13 Blätter“ im Vergnügungsviertel, doch natürlich würde er Hao und Ren begleiten.
Das mehrstöckige Gebäude lag am Rande des Vergnügungsviertels und verfügte über einen gepflegten Garten. Überall schwebten seidene Schmetterlinge, die an dünnen Bändern befestigt waren, im Wind tanzten und ein leises Rascheln erzeugten. Die Bediensteten – viele von ihnen zhoujiangischer Herkunft – waren zumeist sehr hübsch, unter dem Hilfspersonal waren auch viele Jungen und Mädchen.
Der Argwohn Luos wurde noch gesteigert, als man die Abenteurer aufforderte, ihre Waffen abzugeben. Allerdings wäre ein Anschlag in einem so bekannten Haus recht gewagt gewesen, und Hao und Ren waren dank ihrer Magie auch unbewaffnet nicht wehrlos. Aber die drei waren doch zurückhaltend, die angebotenen Erfrischungen anzunehmen, während sie warteten, zu Madame Jiao vorgelassen zu werden.   

Die Kurtisane empfing die Helden in einem Zimmer im dritten Stock, das einen guten Blick auf den Garten bot. Ihre kostbare Kleidung und ihre verschlungen Tätowierungen in Form von Drachen, Schlangen oder Fischen (?), die sich zu bewegen schienen, verliehen ihr eine beeindruckende, vielleicht auch ein klein wenig beunruhigende Aura. Nach kurzem Smalltalk, bei dem sie die Fähigkeiten der Abenteurer lobte, sich in besserer wie zwielichtiger Gesellschaft zu bewegen, kam sie zur Sache. Sie wünschte diskrete Hilfe: Bedauerlicherweise sei ein Geldgeber des Hauses vor einer Woche im Vergnügungsviertel ermordet worden. Es handelte sich um Shigamura Nobutaro, ein Mitglied der heimischen Händlerkaste. Er war weniger Selfmademan als Erbe des Vermögens seines Vater Shigamura Nabutada, der mit dem Sarnburg-Handel über die Seidenstraße reich geworden war. Nobutaro hatte das Vermögen investiert, unter anderem in mehrere Objekte im Vergnügungsviertel. Jiao wünschte eine Ermittlung, ohne dass ihr Name als Auftraggeberin genannt wurde. Die Abenteurer sagten zu, ohne um ihre Belohnung zu feilschen. Sie gingen davon aus, dass der Einfluss einer Frau wie Jiao nützlich sein konnte, und hatten auch nicht viel Vertrauen in die einheimischen Behörden.
Nobutaro hatte wegen seiner Verbindungen zum Vergnügungsviertel auch Kontakte mit den Triaden gehabt, namentlich zu den „13 Blättern“, obwohl er sie verachtete. Er war verheiratet und hatte zwei Kinder. Seine Ehefrau Eiko gehörte ebenfalls einer Händlerfamilie an. Jiao wusste sonst wenig über sein Privatleben, auch von Feinden war ihr nichts bekannt. Sie hatte den Tatort nicht gesehen und wusste auch keine Details – nur, dass es keine saubere Sache gewesen war. Die Helden fragten im Pavillon noch etwas über das Mordopfer herum. Nobutaro hatte das Haus gelegentlich besucht, um zu trinken, zu spielen (wobei er mehr verlor als gewann), und auch andere…Vergnügungen…in Anspruch zu nehmen. Allerdings hatte er unter den Angestellten einen schlechten Ruf. Sein Verhalten hatte Grenzen überschritten, für die man einem normalen Besucher die Tür gewiesen, und vermutlich auch langfristig die Rückkehr verwehrt hätte.

Es war schon spät am Abend, doch die Abenteurer wollten sich noch den Tatort anschauen. Hao und Luo waren dank ihrer Magie in der Lage, auch im Dunkeln gut zu sehen. Geführt von Luo fanden sie schnell den Ort des Geschehens. Natürlich waren alle Spuren bereits kalt, und was sich an Fußabdrücken in der Seitengasse verewigt hatte, bot keinen hilfreichen Hinweis. Es war eine ziemlich trostlose Umgebung – eine schmale Gasse, auf der einen Seite ein Lagerhaus, auf der anderen die Rückseite einer Sakeschänke. Was hatte der Tote hier gemacht – war er vielleicht hergelockt worden? Trotzdem die Tat schon eine Woche zurücklag, fanden sich noch immer Blutspritzer. Offenkundig war der Angriff überaus brutal erfolgt, zunächst als das Opfer stand. Möglicherweise war schon dabei ein tödlicher Treffer erzielt worden, doch der Täter hatte nicht vom Opfer abgelassen, als es lag. Dies deutete auf persönlichen Hass hin – oder jemand wollte zumindest den Eindruck erwecken. Ren wob einen Zauber, um Geister aufzuspüren, doch es gab keine Anzeichen jenseitiger Wesen in der Nähe. Man würde auf klassische Art und Weise ermitteln müssen.

Dies geschah am nächsten Tag, wobei sich Luo mit seinen guten Straßenkontakten bewährte. Er erfuhr, dass Überfälle im Vergnügungsviertel eigentlich kein Problem waren. Gerade wohlhabende Kunden wie Nobutaro waren normalerweise sicher, da die Beute den potentiellen Ärger kaum wert war. Die Einheimischen schoben die grausame Tat auf eine Privatfehde oder geschäftliche Konflikte. Die Leiche war von einem Bettler gefunden worden, den die Behörden umgehend festgesetzt hatten – als Zeuge oder als potentiellen Verdächtigen/Sündenbock. Man trauerte dem Toten nicht nach, da er als gefährlich galt, besonders für junge Frauen. Es war bekannt, dass er mit den „13 Blättern“ Kontakte gehabt hatte. Allerdings herrschte Uneinigkeit, ob Nobutaro mit ihnen Geschäfte machte oder in Streit mit der Triade lag. Ein Name, der mehrfach auftauchte, war Maeda Nagato, der Betreiber des Spielhauses/Bordells, mit dem Luo einige Wochen zuvor eine unerfreuliche Begegnung gehabt hatte.

Die Abenteurer beschlossen, die Familie des Toten zu kontaktieren. Sie hofften, so neben Informationen einen „offiziellen“ Auftrag zu erhalten, hatte die Kurtisane sie doch um Verschwiegenheit gebeten. Nabutaro hatte in einem besseren Viertel Atasatos gelebt. Es kostete Hao und Ren etwas Mühe, ein Gespräch mit der Witwe zu arrangieren. Sie war mit Mitte Dreißig deutlich jünger als ihr zwanzig Jahre älterer Ehemann. Eiko war misstrauisch, doch gelang es Hao, sie zu überzeugen. Im Grunde hatte sie ähnliche Motive wie Jiao, da sie Schande und Schaden von ihrem Haus abhalten wollte. Sie hatte um die Ausflüge ihres Mannes in das Vergnügungsviertel gewusst. Die Beziehung der Eheleute schien nicht die engste gewesen zu sein. Von Feinden und Rivalen wusste Eiko nichts. Sie misstraute Nobutaros Kontakten zu den „13 Blättern“. Ihr Ehemann hatte Leibwächter beschäftigt, sie aber auf seinen Besuchen im Vergnügungsviertel nicht mitgenommen. Sie bestand darauf, dass Luo sich aus dem Zimmer entfernte, als sie mit Hao und Ren weitere Details besprach. Offenbar wusste sie um die zweifelhaften sexuellen Neigungen ihres Ehemanns und legte begreiflicherweise wenig Wert darauf, dass diese bekannt würden. Bei seinen Geschäften hatte er letztlich leine glückliche Hand gehabt. Sie gestatte den Abenteurern, sich im Arbeitszimmer des Toten umzusehen.

Luo fand dort eine gute versteckte Sammlung anrüchiger Zeichnungen, die mit Dingen wie Fesselungen und ähnlichen Vorlieben zu tun hatten. Die Abenteurer argwöhnten, dass der Tote noch düstere Geheimnisse verbarg. Luo beschloss die Bilder zu entfernen – einerseits war der Familie nicht gedient, wenn sie diese fanden, andererseits hoffte er, vielleicht den „Künstler“ oder Verkäufer ermitteln zu können. Hao ging mit Rens Hilfe die Geschäftspapiere durch. Offenbar war die Seidenfalterpagode nicht die einzige Investition Nabutaros im Vergnügungsviertel gewesen. Auch Maeda Nagatos Spielhaus/Bordel hatte dazu gehört, und die beiden hatten wohl auch illegale Geschäfte gemacht. Es lag nahe, dass der Tote auch in den Menschenhandel involviert gewesen war. Allerdings hatte Nagato ihn anscheinend übervorteilt oder die Geschäfte waren nicht gut gelaufen. Es fanden sich zudem Hinweise, dass Nobutaro mehrere Beamte in der Tasche gehabt hatte.
Auf Luos Anregung unterhielten sich die Abenteurer noch mit dem Leibwächter Nobutaros. Dieser, ein kräftiger Mensch namens Ito, hatte freilich wenig zu erzählen. Der Meister war in letzter Zeit etwas paranoid gewesen und hatte seinen zweiten Leibwächter entlassen, weil er ihm nicht mehr traute. Dass er sich dennoch hatte in die Falle locken lassen, war merkwürdig. Allem Anschein nach war es auch finanziell nicht mehr so gut gelaufen, auch wenn die Familie von Armut weit entfernt war. Über mögliche direkte Feinde wusste Ito nichts.

Am dritten Tag der Ermittlungen stand eine Kontaktaufnahme mit den Behörden auf dem Programm. Wie die Abenteurer dank Luos Kontakte erfuhren, verfügte das Vergnügungsviertel wie jeder Bezirk Atasatos über eine eigene Wachstube. Diese Stationen waren für die allgemeine Ruhe und Ordnung zuständig, gingen gemeldeten Unregelmäßigkeiten nach und fungierten als Überwacher für Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen. Sie waren jeweils mit einigen Wachleuten und ein oder zwei niederen Beamten besetzt. Schwerwiegende Vorfälle wurden nach oben weitergemeldet, woraufhin der fürstliche Hof einen höheren Beamten abstellen konnte.
Da anzunehmen war, dass die Sicherung des Tatorts in den Händen der örtlichen Station gelegen hatte, beschlossen die Abenteurer, diese zuerst zu kontaktieren. Es hieß freilich, dass die Männer und Frauen zusätzlichen „Anreizen“ nicht abgeneigt waren und Kontakte zum organisierten Verbrechen hatten. Leiter der Dienststelle war gegenwärtig ein Schwertalb namens Midori Kunji. Für die Ermittlungen hatte der Fürstenhof Watada Hideori abgestellt. Dieser galt als korrekter, vielleicht etwas steifer Beamter. Er hatte schon mehrere Fälle gelöst und besaß Kontakte bei Hofe wie bei den Handelsherren. Generell galt er als niemand, der nur nach einfachen Lösungen suchte.
Ren und Hao konnten ein Treffen mit Kunji arrangieren. Ebenso verabredeten sie sich mit Toba, einem menschlichen Wachmann, der beim Fund der Leiche zugegen gewesen war. Sie wollten sie außerhalb der Dienstzeiten in einem Restaurant bzw. einer Sakeschänke treffen, was natürlich bereits eine dezente Form der Bestechung darstellte.

Bis zu den Treffen am späten Nachmittag war noch Zeit. Hao beschloss, bei Maeda Nagato vorbeizuschauen. Das Spielhaus/Bordell des Triadenkontakts des Mordopfers war deutlich „rustikaler“ als die Seidenfalterpagode: hier wurde viel offener getrunken (und andere Dinge konsumiert), gespielt und diversen Vergnügungen nachgegangen. Ren blieb dem Treffen fern, da sie annahm, sie und Luo hätten sich bei den „13 Blättern“ mit ihrem Vorgehen gegen den Menschenhandel unbeliebt gemacht. Leider machte dies keinen Unterschied. Hao eckte mit ihren Fragen sofort an. Sie wurde unsanft hinausgeworfen und dabei auch noch bestohlen. Hao konnte die Beschatter abschütteln, die man ihr hinterhergeschickt hatte, doch jede weitere Befragung war dadurch erst einmal unmöglich.
Das Treffen mit den Beamten lief besser. Die Abenteurer erfuhren, dass Nobutaro die Kehle durchgeschnitten und er zudem kastriert worden war. Offenbar hatte man auch all seine Habe und Kleider entwendet. Solche Gewalt war im Vergnügungsviertel extrem selten – zumindest gegen begüterte Kunden. Die Verstümmelung deutete auf starken Hass und auf eine Verbindung mit den „Vorlieben“ des Toten hin - oder jemand wollte diesen Eindruck erwecken. Die Leiche war von einem Säufer namens Ru gefunden worden, einem ehemaligen Seemann. Er war zutiefst erschüttert gewesen und hatte wirres Zeug von einem „Leichentuch“ gefaselt. Hideori hatte den Zeugen festgesetzt. Der Tote sei nicht beliebt gewesen, aber nicht so verhasst, dass seine Ermordung zu erwarten gewesen wäre.

Als die beiden Frauen nach den Gesprächen ihrem Quartier zustrebten – einem Gasthaus in einem Viertel mit hohem Anteil zhoujiangische Exilanten – meinte Hao, aus den Augenwinkeln einen Verfolger zu bemerken. Ren hatte zwar nichts gesehen, aber durch das vorherige Gespräch misstrauisch geworden, wirkte sie umgehend Magie. Ein Blick in die Geisterwelt ließ sie erkennen, dass ein Todeswesen nahe war. Sie versuchte es durch „Geisterhaftes Leuchtfeuer“ anzulocken, doch die Verbindung wurde unterbrochen. Sie nahm an, dass der Geist sich der Anziehung widersetzt, oder ein beschworenes Todeswesen sich ihr auf Befehl seines Meisters entzogen hatte.

Am nächsten Morgen bereiteten sich Ren und Hao auf das Gespräch mit Watada Hideori vor. Beide legten formelle Kleidung an, und dank des diplomatischen Geschicks der Unggoy-Priesterin gelang es ihnen, vorgelassen zu werden. Hideori war keine besonders auffällige Erscheinung. Er achtete auf ein gepflegtes, aber nicht extravagantes Auftreten. Das schmale Gesicht wies die klassischen Züge kintarischer Alben auf, nur seine Frisur war sehr kunstvoll. Er begegnete den Abenteurern misstrauisch und ließ seine Sekretärin überprüfen, ob sie wirklich einen Auftrag der Familie des Toten besaßen. Offenbar hatte er Zweifel, ob ihre Motive mit den seinen übereinstimmten. Doch schließlich kam man auch dank des guten Rufs der Abenteurer überein, zu kooperieren. Die Information der Abenteurer, dass ein Geist auf die eine oder andere Weise involviert war, schien ihn in jedem Fall zu überraschen, auch wenn er das gut verbarg. Hideori schien ein Skeptiker gegenüber dem Übernatürlichen zu sein. Er hatte gleichwohl Tatort und Leichnam auf Zauberei überprüfen lassen, und tatsächlich entsprechende Hinweise gefunden – leider zu schwach, um sie zuzuordnen. Dem Opfer war die Kehle von hinten mit einem einzigen Schnitt durchtrennt worden, wobei er keinerlei Abwehrversuche unternommen hatte. Die Wunde hatte ihn mit Sicherheit daran gehindert zu schreien, doch war erstaunlich, dass der Angreifer oder die Angreiferin so nahe hatte herankommen kommen können. Auffällig war, dass man neben der nackten, verstümmelten Leiche eine vertrocknete weiße Chrysantheme gefunden hatte, die der Beamte aufgehoben hatte. Es war vermutlich eine Botschaft. allerdings war die Chrysantheme eine vieldeutige Blume – sie fand bei Beerdigungen Anwendung, stand aber auch für den Adel oder die Wiedergeburt. Und schließlich – wie Hao später herausfand – gab es ein sehr teurer Getränkt, das im Vergnügungsviertel ausgeschenkt wurde und Chrysanthemen enthielt. Zudem gab es einige Kurtisanen, die sich nach den Blumen benannten – von einer „weißen Chrysantheme“ wusste allerding niemand etwa.

Hideori erlaubte den Abenteurern, mit Ru zu sprechen, den er in der Quarantänestation des Hafens untergebracht hatte. Auf dem Weg dorthin wurden sie von einer Frau beschattet, offenbar einem niedrigrangigen Mitglied der „13 Blätter“. Luo verscheuchte sie ohne größere Mühe, blieb aber wachsam.
Der Zeuge war auf der Quarantänestation offenbar alles andere als beliebt, da er nur Ärger machte. Ru war ein Zwerg, der nicht nur ziemlich verlebt wirkte, sondern auch unter erheblichen Stress, ja Angstzuständen litt. So ließ er mit dem ersten Anzeichen der Dunkelheit stets ein Licht in seinem Zimmer brennen. Es kostete Hao und Ren einige Mühe, ihn zum Reden zu bringen, und auch dann blieben seine Angaben wirr. Ru erzählte, er habe das Opfer die Gasse betreten sehen. Bei ihm sei jemand gewesen, und doch auch wieder nicht. Ru habe etwas gehört, und doch zugleich nichts gehört, und als er die Gasse betrat, war da ein Leichentuch über dem Toten, und doch zugleich nicht. Seitdem glaubte er sich aus den Schatten beobachtet, doch da sei niemand…
Ren besaß einige Kenntnisse über derlei Dinge. Was auch immer dem Seemann begegnet war, musste wahrhaft furchteinflößend gewesen sein. Das schreckliche Antlitz eines Gamji oder ein mächtiges Feenwesen mochte solche Auswirkungen haben. Mächtige Feenmagie oder Zauberei mochten zudem seine Sinnesverwirrung erklären.
Alles in allem vereinte das Verbrechen Elemente, die nicht recht zueinander zu passen schienen. Die magischen Elemente kontrastierten mit dem Diebstahl der Kleider und Besitztümer des Toten, und die meisten Geister töteten blutärmer und verstümmelten ihre Opfer nicht derart brutal.
Die Abenteurer stellten sich auf jeden Fall darauf ein, dass auch sie in Zukunft nicht nur von den „13 Blättern“ beschattet werden mochten. Sie überlegten, ob man bei den Hehlern Atasatos nach den Habseligkeiten des Toten suchen könnte, machten sich aber nicht zu viel Hoffnung. Luo regte an, Madame Jiao vom Stand der Ermittlungen zu informieren und suchte die Seidenfalterpagode auf, wobei er auf mögliche Verfolger achtete. Allerdings war die Auftraggeberin gerade abwesend.