Die Auflistung der Funktionen oben fand ich hilfreich. Daraus kann erwachsen, was für eine Rolle das spielt. Daran würde ich mich orientieren, wenn ich eine Meta-Landschaft als Figur haben will.
Generell halte ich wenig vom "Geist des Landes"-Konzept, wenn es als "Seele des Landes" ausgeführt wird, aus einem einfachen Grund: es vereinfacht und verflacht damit enorm. Das als Hinweis, die Idee kann dennoch Spaß machen, unbenommen, von daher hängt das stark vom Weltverständnis der Gruppe sowie der einbettenden Geschichte ab.
Beispiel Selenia: da werden einige Eigenschaften herausgegriffen (weise, stark, kriegerisch, streng, gerecht), die dann für ein riesiges Reich gelten sollen. Die Seele des Landes war auch immer so und soll es auch immer bleiben? Ist sie dann teleologisch, weil sich erst jetzt diese Verkörperung im Staatswesen und seinen Bewohner*innen findet?
Zufällig besitzt dieses Reich nur positive Zuschreibungen. Denn der expansive Drang, sich alles einzuverleiben, dabei auch die Auslöschung der benachbarten Herrscherfamilie zu dulden, sowie die Midstader Misere erst durch überzogene Tributforderungen zu eskalieren, geht dabei vollkommen unter.
Und dass dieses Reich, wie oben sehr gut angemerkt, nach sowohl historischen wie geologischen Maßstäben erst (extrem) kurz existiert, macht die Begründung, so man denn eine will, noch komplizierter.
Das Eingangsbeispiel von "Germania" verdeutlicht auch die große Problematik solcher Figuren: ein einziges Symbol schafft sofort Exklusivität, im Sinne von Ausschluss. Stadtgötter besitzen eine ähnliche Funktion, oder in der irdischen Historie Stadtteilheilige oder Vereinsheilige in Italien. Wer nicht zu Symbol X passt, gehört nicht dazu. Die Germania ist halt weiß, weiblich (romantisch/fühlend, nicht verstandesgelenkt), bedroht und schlank-wehrhaft.
Zur Gefahr der Langeweile wird das für mich, wenn es dann noch wie bei Tolkien verwendet wird: der Grenzfluss zum Elbenreich wird im Buch ja nicht etwa beschworen, sondern wendet sich, nach dem üblichen überflüssigen Dialog, gegen die Ringgeister "weil sie nicht zum Land gehören". Dasselbe Motiv findet sich in der Abwehr durch die Ents wieder.
Und diese Form von biologistischer Exklusivität, wer gehört zum Land und wer nicht (oder mehr oder weniger), ist genau der Grund, warum solche Geschichten sehr langweilig werden können: es gibt keine Entscheidungen mehr, keinen (humanoiden) Einfluss.
Wenn jetzt der Geist Arwingens menschlich, männlich, kriegerisch, aufbrausend, mächtig ist, wie fühlt sich dann die kühl kalkulierende, gnomische Zauberin von Beherrschungs- und Heilmagie in Arwingen? Fehl am Platz?
Ein plastisches, schnell adaptierendes, "Seele des Landes" Bild, bei dem die Seele auch schlechte Eigenschaften haben kann, finde ich hingegen reizvoll. Das ist ein lohnenswerter Spiegel der Widerstände, die sich Veränderungen entgegenstellen, egal in welche Richtung, und kann die Rolle von Feenfürstinnen, Kami oder Totems aus diversen Mythologien für Splittermond sehr schön übernehmen.
Dementsprechend wäre die Seele der Blutgrasweite allerdings für die spielbaren familiae (der Begriff Rasse ist bemerkenswert schlicht gewählt für ein mit so viel Zeit und Herzblut gestaltetes System: was sich untereinander nicht fortpflanzen kann, sind keine Rassen; neben den ganzen schwachsinnige Assoziationen, die der Begriff in der deutschen Sprache darüber hinaus hat), außerordentlich verstörend und die Seele des Farnisch oder von humanoidleeren Landstrichen ebenso.
Wenn es also das Spiel bereichert, finde ich die Dimension sehr schön. Wenn allerdings ein weiteres Mal unterstrichen wird, dass das Land wie der (idealisierte) Herrscher ist, bringt das die Gefahr der Langeweile mit sich.