Autor Thema: Philosophische Diskussionsrunde - Veränderungen am Körper und am Geist  (Gelesen 9060 mal)

SeldomFound

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Es gibt da folgendes Thema, über das ich gerne zum Nachdenken anregen möchte:


Wobei ich von der Differenz der Wertung sehr überrascht bin.
Bei der Änderung der psychologischen und physiologischen Komponente der sexuellen Identität hätte ich erwartet, dass bei unterschiedlicher Wertung die Wertungen dennoch nahe bei einander liegen, dass es, wenn es bei Komponente X o.k. ist, bei Komponente Y dann suboptimal ist, oder dass es, wenn es bei Komponente X schlimm ist, bei Komponente Y sehr schlimm ist. Dass es aber bei Komponente X - in dem Fall der physiologischen Komponente - o.k. bis lustig ist, aber bei Komponente Y - in dem Fall der psychologischen Komponente - sehr schlimm, irritiert mich, da ich bisher beides für gleichwertige Komponenten der sexuellen Identität gehalten habe. Oder liegt es an der Richtung, in der die psychologische Komponente der sexuellen Identität geändert würde?

Ich persönlich finde unfreiwillig beides gleich schlimm. In Körper und Geist sollte man bei niemandem gegen dessen Willen eingreifen. Aber ich habe bei Fantasy immer den Eindruck, dass Eingriffe in den Geist (von Leibestränken bis Herrschaftszaubern) prinzipiell als weniger schlimm eingestuft werden als Eingriffe in den Körper (beispielsweise auch in Form von Waffengewalt in Kämpfen). Daher bin ich beim scheinbaren herunterspielen von Eingriffen in den Geist immer gleich auf 180. ^^

Das liegt vermutlich an die Einflüsse von Philosophien wie Platons Ideenlehre in unserem europäischen Kulturraum: Die Vorstellung, dass die ewige Essenz des Geistes heilig und unantastbar ist, im Gegensatz zu der wandelbaren Existenz der Körper prägte nicht nur die religiöse Vorstellung der Seele in Europa, sondern auch Ideologien wie den Rationalismus.

Der Körper wird an sich als unstetig und formbar wahrgenommen: Deshalb sind im Fantasy-Bereich Verwandlung in Tiere oder im Science-Fiction-Bereich der Umbau in einen Cyborg kein moralisches Problem, solange eben nur der "unreine" Körper betroffen ist.

Doch sobald man anfängt etwas an dem heiligen Geist zu verändern, wird es automatisch unheimlich: Deshalb sind Werwölfe cool, solange man in Kontrolle bleiben kann, doch unheimlich, sobald die Verwandlung droht jemanden den Verstand zu nehmen.

Man sagt auch, dass es insgesamt 5 Urängste gibt:

1. Die Angst vor dem Ende seiner Existenz
2. Die Angst vor Verstümmlung
3. Die Angst vor Hilflosigkeit/Verlust von Kontrolle
4. Die Angst vor der Einsamkeit
5. Die Angst vor dem Verlust der Integrität seiner eigenen Identität

(Quelle: https://www.psychologytoday.com/blog/brainsnacks/201203/the-only-5-fears-we-all-share)

Die Verwandlung des eigenen Körpers löst eigentlich nur Furcht aus, wenn:

1. Man dabei aufhören würde zu existieren (Verwandlung in einen Zombie)
2. Man dabei verkrüppelt wird (Siehe "I don't have a mouth and want to scream!")
3. Man dadurch hilflos gegenüber einer fremden Macht wird (zum Beispiel als Steinstatue)
4. Man dadurch aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird (Mit Hässlichkeit geschlagen)
5. Man dadurch seine Identität verlieren würde (Verwandlung in ein herzloses Monster, Verlust der Gefühle für Liebe, etc.)


Ein Verwandlung des Geistes löst aber fast immer direkt eine dieser fünf Ängste meiner Meinung nach aus, nämlich mindestens den Verlust seiner eigenen Identität.

Selbst wenn sagen wir mal, ein Bösewicht in einen guten Mensch verwandelt wird, es würde bei mir einen schlechten Nachgeschmack hinterlassen, wenn dies gegen seinen Willen, dass heißt ohne einen eigenen Antrieb geschehen würde.

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Skavoran

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Der Verlust eines Gliedmaßes ist in Lorakis nicht unüblich und lässt sich mittels Magie kompensieren.
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SeldomFound

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Das hast du jetzt so für dein Lorakis entschieden, wie das offiziell aussieht, wissen wir nicht.

Aber inwiefern ist das für diese Diskussion eigentlich relevant?
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Jeong Jeong

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Im meiner Wahrnehmung ist es so, dass Herrschaftszauber in Fantasy (sowohl in der Literatur, als auch in PnP-Runden) oft als gute Methode gesehen werden, um zum einen Probleme effektiv zu lösen und sie zum anderen ohne moralische Bedenken zu lösen. Ich habe bereits zahllose schöne ingame Diskussion dazu erlebt, ob man diesen oder jenen NSC jetzt töten sollte oder nicht, ob man einen Kampf bis zum letzten Blut führen sollte oder nicht etc. pp. Aber ob es jetzt moralisch richtig ist, einen Menschen mit Magie geistig zu manipulieren oder sogar zu einem willenlosen Werkzeug zu machen, darüber wurde nie kritisch diskutiert. Im Gegenteil wurde es meistens sogar als die humane Lösung im Gegensatz zu einer gewaltsamen gesehen.

Vielleicht liegt das einfach daran, dass wir in echt keine Zauber dieser Art haben und dass so etwas daher niemals in moralischen Debatten thematisiert wird. Aber ich persönlich sehe Herrschaftszauber eben als alles andere als human an. Für mich ist das ein mindestens genauso schlimmes Verbrechen wie Körperverletzung und in vielen Fällen sogar wie schwere Körperverletzung. Also etwas, dass man eigentlich genauso kritisch oder sogar noch kritischer diskutieren sollte als den Einsatz von Gewalt.

Tigerle

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Ich sehe das für das Rollenspiel grundsätzlich nicht so eng. Wir sollten einmal anfangen, nicht überall in jeder Region unsere westliche Moralvorstellungen einzupflegen.
Es ist auch eine denkbare Moralvorstellung, dass die unfreiwillige Umwandlung eines Bösen in einen guten Menschen oder gar in eine willenslose Kreatur gerechtfertigt ist. Was interessiert dem Foltermeister die Urängste seines Deliquenten, wenn dieser zuvor 200 Kinder abgeschlachtet hatte?
Für mehr Daily Soap im Rollenspiel!

Skavoran

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Das hast du jetzt so für dein Lorakis entschieden, wie das offiziell aussieht, wissen wir nicht.

Aber inwiefern ist das für diese Diskussion eigentlich relevant?

Gegenstand bewegen kann zumindest grobe Handarbeiten ersetzen. Die Angst vor dem Verlust eines Gliedmaßes besteht nicht nur aus Angst vor Schmerz sondern auch daraus gewisse Dinge nicht mehr tun zu können.
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Es ist auch eine denkbare Moralvorstellung, dass die unfreiwillige Umwandlung eines Bösen in einen guten Menschen oder gar in eine willenslose Kreatur gerechtfertigt ist. Was interessiert dem Foltermeister die Urängste seines Deliquenten, wenn dieser zuvor 200 Kinder abgeschlachtet hatte?

Den Foltermeister muss gar nichts interessieren. Der Foltermeister führt nur seine Befehle aus und ist dann am Abend zusammen mit seiner Familie ein ganz normaler Familienvater. Er erfüllt seinen Job und sieht seine "Patienten" wahrscheinlich nicht als Menschen an.

Ich persönlich bin, was meinen Moralvorstellungen angeht, von Terry Pratchett geprägt. In den Tiffany-Büchern lässt er seine Charakteren zu folgender Erkenntnis kommen: Die Wurzel des Bösen liegt darin, eine Person zu einer Sache zu machen.

Und das fängt schon damit an, dass ich versuche, eine Person eine feste Rolle zu zu ordnen, wie etwa "Du bist der Vater dieser Familie, du bist seine Tochter, ihr sollt euch lieben".

Ein Kritierium, dass in der Diskussion über Gut und Böse auch immer wieder auftaucht, ist die Frage des "freien Willens": Wer durch äußere Umstände zu einer bösen Tat gezwungen wird, ist dadurch mehr entschuldigt, als jemand, der sich aus "freien Willen" dazu entschieden hat.

Umgekehrt wird eine gute Tat auch für weniger wert gehalten, wenn sie nicht aus freiem Willen, sondern aus Zwang geschieht.

Und ihr sind Zauber, die den freien Willen beschneiden können, eben eine große Streitfrage.

In der Serie Dresden Files ist die Einstellung zu dieser Art von Zaubern übrigens recht deutlich: Den Geist eines denkenden Wesens zu manipulieren ist ein Verbrechen und wird dazu führen, dass man mehr und mehr korrumpiert wird.

Selbst wenn man damit die Drogensucht eines Freundes heilen will und überhaupt gar nicht weiß, dass es dieses Gesetz gibt, man macht sich dadurch automatisch strafbar und wird mit dem Tod bestraft, denn die Gefahr ist einfach zu groß, dass auch aus den unschuldigsten Motiven heraus, sich die Person mehr und mehr zu einem Schwarzmagier entwickelt, der schließlich den Geist von allen Menschen versklaven möchte, und sei es auch nur "zu ihrem Besten". Eine positive Anwendung von Herrschaftsmagie wird in dieser Serie durch die Natur der Magie selbst ausgeschlossen.

Da ist nun Splittermond wesentlich großzügiger...


Das hast du jetzt so für dein Lorakis entschieden, wie das offiziell aussieht, wissen wir nicht.

Aber inwiefern ist das für diese Diskussion eigentlich relevant?

Gegenstand bewegen kann zumindest grobe Handarbeiten ersetzen. Die Angst vor dem Verlust eines Gliedmaßes besteht nicht nur aus Angst vor Schmerz sondern auch daraus gewisse Dinge nicht mehr tun zu können.

Ja, genau das ist mit der Angst vor Verstümmlung auch gemeint!

Zitat
Mutilation—the fear of losing any part of our precious bodily structure; the thought of having our body's boundaries invaded, or of losing the integrity of any organ, body part, or natural function. Anxiety about animals, such as bugs, spiders, snakes, and other creepy things arises from fear of mutilation.

Aber wie gesagt, das hat mit dieser Diskussion eigentlich nichts zu tun.
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Jeong Jeong

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Ich sehe das für das Rollenspiel grundsätzlich nicht so eng. Wir sollten einmal anfangen, nicht überall in jeder Region unsere westliche Moralvorstellungen einzupflegen.

Wer sagt, dass das getan werden soll? Es geht mir nicht darum, Herrschaftsmagie zu verteufeln, sondern darum, dass man sich bewusst macht, was Herrschaftsmagie bedeutet. Wie jetzt der jeweils eigene Spielercharakter dazusteht, ist jedem Spieler selbst überlassen. Aber in einer Welt, in der es seit Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden Herrschaftsmagie, Liebestränke & Co. gibt, wird deren Einsatz auch diskutiert, interpretiert und in unzähligen moralischen Denkmodellen entweder befürwortet oder abgelehnt worden sein. Da trägt es dann einfach viel zu Atmosphäre und Darstellung der Welt bei, wenn sich auch Spieler mit ihren SCs ein paar Gedanken dazu machen, eine Position für ihren Charakter wählen und diese ingame vertreten. Da mag es bei einigen passen, dass sie es befürworten und bei anderen, dass sie es ablehnen. Sogar die meiner Einschätzung nach im Moment outgame-bedingt vorherrschende Neutralität mit leicht positiver Tendenz mag der eine oder andere präferieren, aber eben nicht jeder, denn es passt einfach auch nicht zu jedem Charakter.

Gonzo

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Philosophie nach der HappyHour immer cooles Thema. Hoffe ich schwalle jetzt nicht zuviel :D

Zitat
Man sagt auch, dass es insgesamt 5 Urängste gibt:
Das behauptet Doc Albrecht - Urängste postulierten glaube ich eher Leute ala Freud. ;)  Ängste passen sich evolutionär an und können somit nicht statisch sein. Siehe Angstüberwindung zwecks biologischer Entwicklung oder später Hegel "Angst als notwendigen Übergang auf dem Weg des Bewusstseins zum Selbstbewusstsein." Ängste stehen im kulturellen Kontext und werden durch soziales Lernen (Übernahme der sozialen Strategie der Gruppe) vermittelt. Heute betrachtet man neurobiologisch nach der genetischen Veranlagung (Noradrenalin-Andockstellen: http://www.pnas.org/content/106/45/19191.full) individuell die Verfestigung traumatischer Erlebnisse.  Dennoch vermutet man angeborene Angstreaktionen die aber genetisch unterschiedlich ausgeprägt sind (zB Fluchtreflex basierend  auf Abwehr-Schreckreaktion). 

Zitat
...nämlich mindestens den Verlust seiner eigenen Identität.
Nirwana? Ist glaube ich das höchste Ziel von 500 Millionen Menschen dieses Planeten ;)

Zitat
Deshalb sind im Fantasy-Bereich Verwandlung in Tiere oder im Science-Fiction-Bereich der Umbau in einen Cyborg kein moralisches Problem...
Rick Deckard, Robocop, Terminator, Lord Vader? In Rollenspielen wird zumindest der Verflechtung Mensch-Maschine Rechnung getragen zB bei Shadowrun dort mit Essenzverlusten dargestellt, was nicht nur regeltechnische Grenze der Aufrüstung setzen soll - sondern sich auch in die Darstellung wiederspiegeln sollte.

Zitat
Vielleicht liegt das einfach daran, dass wir in echt keine Zauber dieser Art haben und dass so etwas daher niemals in moralischen Debatten thematisiert wird.
Zitat
Wir sollten einmal anfangen, nicht überall in jeder Region unsere westliche Moralvorstellungen einzupflegen.
Zitat
Da trägt es dann einfach viel zu Atmosphäre und Darstellung der Welt bei, wenn sich auch Spieler mit ihren SCs ein paar Gedanken dazu machen, eine Position für ihren Charakter wählen und diese ingame vertreten.
Word, wobei es aber immer schwierig ist aus den eigenen Denkmustern auszubrechen und es schwierig sein dürfte ein SPIEL derart zu unterfüttern das man Aspekte deren Wirkung man nicht reell einschätzen kann global verarbeiten könnte. Das  kann man individuell am Spieltisch mit den Spielern die sich dazu Gedanken machen für die Gruppe lösen wobei ich mich als SL immer nach dem Wert für die Story frage, philosophische Elemente werten eine Geschichte auf dürfen mE aber nicht überfrachtet werden um den Charakter des Spiels nicht zu verfremden. Aber das ist persönliches Gusto.

Zitat
Ich sehe das für das Rollenspiel grundsätzlich nicht so eng.
Geht mir genauso - daher beleuchte ich persönlich keine Elemente denen ich nicht nachkommen kann bzw. will und setze den Fokus auf Storyline und bediene mich bewährter Muster um bei den Adressaten passende Immersion zu schaffen.
« Letzte Änderung: 06 Jul 2015, 23:26:46 von Gonzo »

flippah

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ich würde bei Beherrschungsmagie und dergleichen zwischen zweierlei unterscheiden:

1. kurzfristige, eng umgrenzte Eingriffe: die sind kein Problem und tatsächlich eine elegante Lösung
2. langfristige bzw. permanente Eingriffe: gehen garnicht, außer der Betroffene will das explizit

Das ist auch der Grund, warum bei Dresden Files das so anders aussieht als anderswo: dort gibt es Variante 1 explizit nicht. Es läuft immer auf Variante 2 hinaus.
"In allen anderen Fällen gehen Sie so schnell wie möglich in See und, ohne sich auf eine Schlacht einzulassen, sofern dies möglich ist, nach Wladiwostok" (Jewgeni Iwanowitsch Alexejew)

Jeong Jeong

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Zitat
Deshalb sind im Fantasy-Bereich Verwandlung in Tiere oder im Science-Fiction-Bereich der Umbau in einen Cyborg kein moralisches Problem...
Rick Deckard, Robocop, Terminator, Lord Vader? In Rollenspielen wird zumindest der Verflechtung Mensch-Maschine Rechnung getragen zB bei Shadowrun dort mit Essenzverlusten dargestellt, was nicht nur regeltechnische Grenze der Aufrüstung setzen soll - sondern sich auch in die Darstellung wiederspiegeln sollte.

Es ist übrigens extrem spannend zu sehen, wie sich bei Shadowrun die Definition der Essenz im Laufe der Editionen verändert hat. Im Grundregelwerk von Shadowrun 3 heißt es zur Essenz:

Zitat
Essenz ist ein Maß für die Lebenskraft, die Ganzheit des Körpers. Sie repräsentiert die Gesamtheit des Körpers und seine holistische Stärke. Dinge, die dem Körper fremd sind, wie zum Beispiel Cyberware, reduzieren die Essenz. Wenn ein Charakter seinen Körper über lange Zeit wiederholt mit Chemikalien, Toxinen oder einfach nur Nachlässigkeit quält, so kann das die Essenz ebenfalls reduzieren. Langzeit-Drogenabhängige und Chipheads, die ihrem Körpersystem permanent Schaden zugefügt haben, haben Essenz verloren. Wenn das Essenzattribut sinkt, sinkt das Magieattribut im selben Maße."

Bei Shadowrun 3 war die Essenz also einfach nur ein Wert, der die Ganzheit des Körpers repräsentiert, während sie bei Shadowrun 5 aktuell als "Metamenschlickeit in Zahlen gegossen" definiert wird. Die Essenz wurde damit zur Seele und Menschlichkeit einer Person. Es gab bei Shadowrun also einen Wechsel, weg von einer physischen Definition der Essenz und hin zu einer psychischen.

Das zeigt sich auch in den Regeln: Im Grundregelwerk von Shadowrun 3 ist nicht-menschliches Verhalten als Auswirkung niedrige Essenz nur ein Rollenspielvorschlag und konkrete Regeln gibt es nur für die sozialen Auswirkungen von sichtbarer Cyberware. Im Gegensatz dazu fließt die Essenz bei Shadowrun 5 in das Soziale Limit ein und beeinflusst damit grundsätzlich alle soziale Interaktionen negativ.

Aber das alles nur als kurzer Exkurs zu einer wie ich finde sehr interessanten Entwicklung. :)

SeldomFound

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Man sagt auch, dass es insgesamt 5 Urängste gibt:
Das behauptet Doc Albrecht - Urängste postulierten glaube ich eher Leute ala Freud. ;)  Ängste passen sich evolutionär an und können somit nicht statisch sein. Siehe Angstüberwindung zwecks biologischer Entwicklung oder später Hegel "Angst als notwendigen Übergang auf dem Weg des Bewusstseins zum Selbstbewusstsein." Ängste stehen im kulturellen Kontext und werden durch soziales Lernen (Übernahme der sozialen Strategie der Gruppe) vermittelt. Heute betrachtet man neurobiologisch nach der genetischen Veranlagung (Noradrenalin-Andockstellen: http://www.pnas.org/content/106/45/19191.full) individuell die Verfestigung traumatischer Erlebnisse.  Dennoch vermutet man angeborene Angstreaktionen die aber genetisch unterschiedlich ausgeprägt sind (zB Fluchtreflex basierend  auf Abwehr-Schreckreaktion).  [/quote]

Natürlich kann man hier aus Sicht der Evolution gut argumentieren, dass alle Ängste letztendlich dazu dienen, unsere Chancen zum Überleben zu verbessern.

Doch ich glaube persönlich schon, dass Dr. Albrecht da eine ganz gute Faustregel genannt hat und benutze sie deswegen als Grundlage für diese Diskussion. Solange du nicht eine andere brauchbare Grundlage vorschlägst, sind die Einwände natürlich gut, doch eben für die Diskussion an sich nicht hilfreich.

Zitat
Zitat
...nämlich mindestens den Verlust seiner eigenen Identität.
Nirwana? Ist glaube ich das höchste Ziel von 500 Millionen Menschen dieses Planeten ;)

Erstmal, es geht nicht per se um den Verlust von Identität, es geht um den Verlust der Integrität dieser, der Erkenntnis, nicht der zu sein, für den man sich hält. Der Buddhismus stellt die Integrität der Identität selbst nicht in Frage. Doch wenn ich mich dann als "Buddhist" identifiziere, werde ich den Anweisungen meiner Religion auch aus Angst folgen, diese Identität dann zu verlieren!


Zitat
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Deshalb sind im Fantasy-Bereich Verwandlung in Tiere oder im Science-Fiction-Bereich der Umbau in einen Cyborg kein moralisches Problem...
Rick Deckard, Robocop, Terminator, Lord Vader? In Rollenspielen wird zumindest der Verflechtung Mensch-Maschine Rechnung getragen zB bei Shadowrun dort mit Essenzverlusten dargestellt, was nicht nur regeltechnische Grenze der Aufrüstung setzen sollte sonder sich auch in die Darstellung wiederspiegeln sollte

Richtig, es gibt auch die materialistische Denktradition, die zum Beispiel von Friedrich Nietzsche beschrieben wird...

Doch ehrlich gesagt, sind deine Beispiele eher schlecht gewählt:

Beim Terminator und Rick Deckard sind ja komplett Maschinen, da ist keine Seele die am Anfang beschädigt werden konnte.

Robocop und Darth Vader wiederum haben zwar Körper mehr als Stahl als aus Fleisch, doch da ist kein Zweifel, dass sie noch eine Seele, eine Essenz haben. Denn nur so kann Vader noch die Macht einsetzen und Robocop sich seiner Progammierung wieder setzen.

Kurzrum, diese Figuren funktionieren nur mit einem dualistischen Ansatz, dass Leib und Seele zwei verschiedene Substanzen seien. Und dieser Ansatz scheint bei uns am Verbreitesten zu sein, nicht zuletzt durch die christliche Lehren.

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TrollsTime

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Soll ich euch was sagen:
"Ihr habt alle recht!" (sogar mit der Foltermeisterthese),
DENN
Ingame wird es sicher ebenso viel verschiedene Meinungen geben wie hier im Forum.

Klingt das abgeschmackt?
Vordergründig ja.
Tatsächlich aber küsst mich bei solchen Threads immer die Muse und mir macht es danach viel mehr Spaß einen -hier-zB Beherrscher zu spielen, der sicherlich sich mit solchen Argumenten auch auseinander gesetzt hat.

Ich für meinen Teil würde unabhängig vom gewählten Charakter (was fast unmöglich ist) von folgender Ansicht ausgehen:
1) Eine "Totalbeherrschung" kommt einem Angriff gleich und ist demütigend. Ebenso intensives Gedankenlesen.
2) Ein vorsichtiges "Anstupsen" bzw Verstärkung/Abmilderung ohnehin bereits vorhandener Emotionen ist sozial adäquat. Ebenso ein "vorsichtiges Einfühlen".
3) Die moralische Bewertung von 1) und 2) wird modifiziert durch den Zweck + der dem Opfer vermitteltem Zweck.
Wenn ich jemand durch eine Beherrschung das Leben rette, ist das sicher was anderes, als wenn ich ihn zu meinem willenlosen Gespiel mache.
Womit wir zu Liebeszaubern kämen.
4) Erzeuge ich das Gefühl komplett neu?
5) Erzeuge ich kein Gefühl, aber einen Zwang eine Handlung zu begehen?
6) Ist 4) verwerflicher als 5) oder umgekehrt?

7) Modifiziere ich lediglich ein Gefühl, wie ich es auch
a) bei einer Minne täte
b) bei hartnäckigem Flirten
c) Überreden unter Suff
8) Ist dies dem Gegenüber uU recht ("Ich will ja, aber ich trau mich nicht!" "Ich habe einen Zauber, der dir helfen kann!")
9) und was befähigt mich hier ein Urteil zu fällen, wenn mein Gegenüber seinen Wunsch nicht wörtlich äußert?
10) Ist es moralisch vertretbar zu diesem Zweck, die Gedanken und Gefühle mittels eines Zaubers zu erforschen?

Fragen, die nichts bringen?
Au contraire!
Je intensiver sich der Zauberer mit solchen Fragen auseinandergesetzt hat, desto eher ist er auf der moralisch vertretbareren Seite.

Aber Obacht:
Der Zauberer, den ich spiele, kann zu dem Thema eine komplett andere Meinung haben als ich als Spieler.
Und die Gesellschaft, in der er sich gerade befindet noch ein Mal eine andere.
In einigen Kulturen wird eine diesbezgl magiefeindliche Einstellung herrschen, die dann folglich selbst profanes Handeln oder Flirten fast unmöglich macht ("er hat mich verhext, sonst hätte ich das nie gemacht), hier uU unterschieden nach normaler und Priesterzauberei.
Das andere Extrem ist eine Kultur, die zwischen "Flirt und Handel" und "Geistesbeeinflussung mittels Zauber" nicht unterscheidet oder letzteres aus anderen Gründen gut heißt ("Magokratie" oder "geistiger Wettstreit")
Quendan zu TrollsTime: "Du musst nicht alle überzeugen!"

Gonzo

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Zitat
Aber das alles nur als kurzer Exkurs zu einer wie ich finde sehr interessanten Entwicklung.  :)

Spannender Exkurs, wusste nicht das diese Überlegungen nun doch in SR5 geflossen sind, der "Wechsel, weg von einer physischen Definition der Essenz und hin zu einer psychischen" ist ein erwachsener Schritt der für mich das System nochmals aufwertet.

Zitat
Natürlich kann man hier aus Sicht der Evolution gut argumentieren, dass alle Ängste letztendlich dazu dienen, unsere Chancen zum Überleben zu verbessern. Doch ich glaube persönlich schon, dass Dr. Albrecht da eine ganz gute Faustregel genannt hat und benutze sie deswegen als Grundlage für diese Diskussion. Solange du nicht eine andere brauchbare Grundlage vorschlägst, sind die Einwände natürlich gut, doch eben für die Diskussion an sich nicht hilfreich.

Ich denke die Einschränkung auf eine bestimmte Zahl sowie Festlegungen allgemein gültiger Phobien macht nach aktuellen Forschungsstand halt nur wenig Sinn. Je nach kulturellen Hintergrund (gerade in einer Fantasywelt) kommen einige von Dr. Albrecht genannten Ängste mE auch gar nicht zum tragen zB wurde direkt Bezug auf Lorakis die Verstümmelung in Frage gestellt, die in der Tat mit Magie kompensiert werden könnte. Eben aus dem Ansatz wie man die Spielwelt für sich auslegt -ich vermute das von offizieller Seite dort auch keine klare Definition erfolgen wird um Spielraum für unterschiedliche Auslegungen zu haben. 

Zitat
Erstmal, es geht nicht per se um den Verlust von Identität, es geht um den Verlust der Integrität dieser, der Erkenntnis, nicht der zu sein, für den man sich hält. Der Buddhismus stellt die Integrität der Identität selbst nicht in Frage. Doch wenn ich mich dann als "Buddhist" identifiziere, werde ich den Anweisungen meiner Religion auch aus Angst folgen, diese Identität dann zu verlieren!

Hatte den Bogen geschlagen, da in unserem abendländischen Ego gerde der Verlust des selbigen doch so anders wahrgenommen wird. Ein weiteres Problem findet sich eh in der europäischen Rezeption des Buddhismus, diese ist seit ihren Anfängen durch die kulturellen und ethischen Prägungen sowie religiösen Denkmuster ihrer Betrachter eh eine Herausforderung, von Verzerrungen und Herabwürdigungen einmal ganz abgesehen, da erlauben sich selbst einige große Denker schon derbe Schnitzer.

Zitat
Richtig, es gibt auch die materialistische Denktradition, die zum Beispiel von Friedrich Nietzsche beschrieben wird...  Doch ehrlich gesagt, sind deine Beispiele eher schlecht gewählt: Beim Terminator und Rick Deckard sind ja komplett Maschinen, da ist keine Seele die am Anfang beschädigt werden konnte. Robocop und Darth Vader wiederum haben zwar Körper mehr als Stahl als aus Fleisch, doch da ist kein Zweifel, dass sie noch eine Seele, eine Essenz haben. Denn nur so kann Vader noch die Macht einsetzen und Robocop sich seiner Progammierung wieder setzen.


Die Trennung macht Sinn, ich führe aber gerne aus warum ich auf diese Figuren verweise: Terminator und Deckard haben im klassischen Sinn keine Seele - deren KI scheint aber diese Funktionen zu erfüllen um so später das moralische Dilemma vollziehen zu können - bei Deckard stellt sich die Kernfrage was es bedeutet menschlich zu sein. Der T-800 entwickelt sich erst kommt aber schlussendlich wohl an einem ähnlichem Punkt an (T2 und mutmaßlich Terminator: Genesys - habe ihn bisher noch nicht gesehen). Die weiterführende Frage ist dann ob die Seele ein Konstrukt des Bewusstseins ist oder ob man dort esoterisch eben mehr verortet. Darth Vader wurde (wie viele andere die zuvor in den Fähigkeiten der Sith ausgebildet wurden) mE bewusst entmenschlicht damit er weiterhin einfacher von der Dunkle Seite korrumpiert werden konnte, zusammen mit dem Selbsthass bzgl. Padme welchen ihn Lord Sidious noch in der Frankenstein Szene verpasst. Doch gelingt "das Gute in ihm" durch die Rettung seine Sohnes ihn sein altes Ich wieder zu finden lassen, verdeutlich durch die Abnahme des Helmes um ihn mit "seinen eigenen Augen zu sehen". Robocop führt das moralische Dilemma der Umwandlung mE am klarsten vor Augen, die Umwandlung in einen seelenlosen Cyborg kann erst durch die Rückbesinnung Robocops auf seine vorherige Identität als Murphy ("Mein Name ist Murphy") aufgebrochen zu werden.

Zitat
Kurzrum, diese Figuren funktionieren nur mit einem dualistischen Ansatz, dass Leib und Seele zwei verschiedene Substanzen seien. Und dieser Ansatz scheint bei uns am Verbreitesten zu sein, nicht zuletzt durch die christliche Lehren.

Basierend auf Descartes mit seinen Substanz-Dualismus, folgend Platon und Aristoteles Wechselwirkung von Leib und Seele, kann ich den theologischen Ansatz nicht nachvollziehen und lande selber beim neurologischen Ansatz mit der Möglichkeit von Transhumanismus. Daher verorte ich die Seele auch im Materiellen. In einer Spielwelt kommen aber dann andere Aspekte hinzu (Existenz von Göttern, Magie….) deren Einfluss ich auf die Wahrnehmung nicht abschätzen kann zB wurde in einem anderen Thread gefragt wie es wohl um die Opferschalen von Göttern gestellt ist und logische profane Wege als Lösung genannt, durch die Fragestellung des Erstellers was dort passiert empfand ich den Ansatz ggf. von einer mystischen Lösung auszugehen auch interessant.

Zitat
Soll ich euch was sagen: "Ihr habt alle recht!" (sogar mit der Foltermeisterthese), DENN Ingame wird es sicher ebenso viel verschiedene Meinungen geben wie hier im Forum. […] Der Zauberer, den ich spiele, kann zu dem Thema eine komplett andere Meinung haben als ich als Spieler. Und die Gesellschaft, in der er sich gerade befindet noch ein Mal eine andere. In einigen Kulturen wird eine diesbezgl magiefeindliche Einstellung herrschen, die dann folglich selbst profanes Handeln oder Flirten fast unmöglich macht ("er hat mich verhext, sonst hätte ich das nie gemacht), hier uU unterschieden nach normaler und Priesterzauberei.

Ich denke auch das es keine Postion gibt deren Auslegung man als die Richtige erachten kann gerade die Facetten der unterschiedlichen Wahrnehmung machen das Thema so interessant. Spannend ist auch der Aspekt der Priesterzauberei, die durch einen Gott legitimiert ist und eine Wertung durch einen Menschen schwierig erscheinen lässt. Auch die Funktion Seele in Verbindung mit dem Befund von diversen Göttern stellt Probleme auf die wir mit dem Blickwinkel aus in einer Welt ohne Gott bzw. Götter vermutlich kaum nachfühlen können.
« Letzte Änderung: 07 Jul 2015, 09:59:34 von Gonzo »

Mr.Renfield

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zum eigentlichen diskussionsgegenstand habe ich zwar gerade wenig beizutragen, aber da hier viel anhand virtueller personen (aka filmcharakteren) argumentiert wird, mag ich allen, den meiner meinung nach zu unrecht verrissenen und viel zu selten gezeigten film https://de.wikipedia.org/wiki/Nirvana_%28Film%29 ans herz legen. einer der hauptcharaktere ist eine sich ihrer "natur" bewußt gewordene computerspielfigur, die ... nunja gerne ins nirvana möchte.

EDIT teppfihler
« Letzte Änderung: 07 Jul 2015, 11:23:34 von Mr.Renfield »
Nicht ich ignoriere Plots.
Viele Spielleiter wollen Plots erzwingen, die meinen Charakter ignorieren!