Dass sehr viele Regelanwendungen, die wir als Crunsh in Erweiterungsbänden vorsehen, letzten Endes wirklich unkritisch sein dürften, haben ja schon einige hier geschrieben: Ein mögliches neues Kulturmodul funktioniert wie alle Kulturmodule - und ist rechnerisch deckungsgleich mit jeder Kultur aus freier Generierung oder dem GRW. Es als Crunsh in einem Band anzubieten, tut niemandem weh, es ist allenfalls eine Richtlinie für Spieler, die wissen möchten, wie wir uns gewisse Subkulturen autorenseitig vorstellen. Aber es ist nichts Neues, und es hat keine rechnerischen Vorteile gegenüber etwas, das Ihr Euch selbst überlegt oder das wir vorher im GRW veröffentlicht haben.
Regelerweiterungen über dieses Maß hinaus wurden hier teilweise als NO-GO bezeichnet, das strengstens zu vermeiden wäre. Umgekehrt gibt es bereits solche Elemente, die von Spielern explizit
gefordert werden: Das Mitwachsen von Ressourcen wie Kreatur oder Gefolge etwa. Erweiterte Möglichkeiten der Beschwörungsmagie. Nuumscher Golembau. Mehr Grad-0- und Grad-1-Zauber zur Auswahl. Das ist alles neuer Crunsh (der dennoch auf bekannten Grundmechanismen beruht). Auf der Heinz-Con hat sich ein Spieler im Gespräch mit mir sehnlichst eine neue Kampf-Meisterschaft gewünscht, und ich konnte sehr gut nachvollziehen, warum er das tat (nein, es war eben nicht, um 'besser' zu sein als jetzt).
Welche Gruppe Spieler ist jetzt der gern beanspruchte "Großteil der Spielerschaft", auf den wir hören sollen? Ist womöglich der Königsweg, wirklich optionale Regeln anzubieten, die die einen nutzen können und die anderen weiterhin nicht haben müssen, wenn sie bislang ohne auskamen? Dass man einerseits prüft, ob beabsichtigte Erweiterungen nicht auch mit bestehenden Elementen bereits abzubilden sind, dann aber im Gegenzug auch zulässt, dass sinnvolle Erweiterungen ermöglicht werden? Das ist meines Wissens genau der angestrebte Weg.
Zu Schlepperei und 'Kaufzwang' mal einfach als mögliche Gegenposition und Angebot einer anderen Perspektive:
Was absolut dämlich wäre, ist ein 150-Seiten Buch voller Hintergrundinfos nur wegen den 16 Seiten Regeln mitschleppen zu müssen, vor allem wenn man momentan eigentlich gar nicht in der entsprechenden Region spielt.
In der Tat wäre es "absolut dämlich", ein 150-Seiten Buch mitzuschleppen, wenn es ein Einzeiler auf meinem Charakterbogen oder ein Notizzettel allein schon täte. Denn ich brauche am Spieltisch für ein Abenteuer normalerweise nicht mehr die Auflistung neuer Kultur- und Abstammungsmodule oder Ressourcen-Beispiele, die im 16-seitigen Regelteil vielleicht allein schon 8 Seiten ausmachen, sondern eher die
eine konkrete neue Meisterschaft, einen Zauber oder eine regionale Waffe, die ein Abenteurer oder NSC bekanntermaßen besitzt oder erklärtermaßen jetzt erwerben will, und die letztlich aus
einem Absatz Text im Band besteht. Wenn ein Spieler in der Runde eine Meisterschaft X aus einem Regionalband beherrscht und an einem Ort spielt, an dem das entsprechende Buch nicht ohnehin in Reichweite ist (bei Freunden, auf Cons), reicht ein mitbegrachter Notizzettel vollkommen aus - warum sollte es denn um Himmels Willen das ganze Buch sein, wenn es sonst eben nicht gebraucht wird? Das gehört für mich in den Komplex: Kenne die Regeln, die dich betreffen (und sei in der Lage, sie dem Spielleiter kurz und bündig zugänglich zu machen).
Und die Notwendigkeit,
auf Verdacht ein Dutzend Regionalbände mitschleppen zu müssen, wie hier befürchtet wird, wird doch in der Praxis kaum existieren, solange wir nicht anfangen, Abenteuer zu schreiben, die plötzlich nur noch aus Kombinationen von Erweiterungs-Zaubern und Meisterschaften aus diesem Dutzend Bücher zu lösen sind und dabei möglichst nichteinmal in den entsprechenden Regionen spielen. Und ich bin wirklich sehr, sehr zuversichtlich, dass der erste Autor, der so ein Abenteuer einreicht, von Uli öffentlich auf einer Con gepaddelt wird, sofern es nicht mal ein wirklich abseitiges Wettbewerbsthema oder dergleichen ist, das hier bewusst und als Satire mit unserem sonstigen Abenteuerdesign brechen soll.
Zur Notwendigkeit, sich einen 150-Seiten-Band
kaufen zu "müssen", "nur" um mit evt. darin enthaltenen Meisterschaften und Zaubern spielen zu können: Wenn in einem Band ein (!) Zauber enthalten ist, den ich potenziell cool finde, mich der Rest des Bandes aber wirklich und wahrhaftig
nicht die Bohne interessiert, dann ist das Opfer, den Band nicht zu besitzen, doch vergleichsweise gering. Dann gibt es den Zauber eben
weiterhin nicht für mich ODER ich bin weiterhin in der Lage, mir einen solchen Zauber analog zu den bestehenden selbst als Hausregel auszudenken und mit meiner Gruppe abzustimmen. Es ändert sich für mein Spiel nichts im Vergleich zur Ausgangslage. Wenn mir hingegen auffällt, dass ich die 16 Seiten neue Meisterschaften, Zauber, Abstammungen, Ausrüstungsgegenstände und Kulturmodule (
wenn es denn mal soviele sind) aus einem Regionalband
insgesamt saucool finde und eigentlich wirklich gern in meinem Spiel haben will - ja, dann sollte ich mich der Möglichkeit stellen, dass der Erwerb des komletten 150-Seiten-Bandes vielleicht durchaus doch etwas für mich sein könnte. Offenbar liegt er ja ganz auf meiner Linie.
Abschließend und allgemein: Da sich Uhrwerk/Splittermond gemeinhin nicht dadurch auszeichnet, Spielerfrust zum Designziel zu erheben, bin ich ebenso zuversichtlich, dass man sich möglicher Probleme durchaus schon bewusst ist und Fingerspitzengefühl walten lassen wird, in welcher Form man dann letztlich mit zusätzlichem Crunsh umgehen wird.