Ein wichtiger Punkt für mich ist, dass an die Existenz lorakischer Göttern nicht "geglaubt" werden muss. Irdisch kann ich an die Existenz dieser oder jener Gottheit glauben oder nicht, in Lorakis wird kaum jemand anzweifeln dass es ein überirdisches mächtiges Wesen das als Yonnus verehrt wird, tatsächlich gibt.
Ich denke das Konfliktpotential ist tatsächlich geringer als im echten Leben.
Hierzulande ging es oft darum, wer nun "recht" hat.
In Lorakis hat jeder Glaube recht, denn Götter sind real.
So einfach muss es aber nicht sein. Klar steckt hinter dem Bild "Yonnus" eine reale Macht, aber wie die wirklich aussieht, muss nicht unbedingt klar sein. Denn vielleicht ist dieser Yonnus, der da verehrt wird, nur ein müdes Zerrbild der tatsächlichen Macht, die dahintersteht.
In den letzten Jahren haben das mMn die DSA-Leute ganz gut hingekriegt. Da ist (gerade für diejenigen, die auch noch Myranor kennen) eigentlich völlig unklar, wer oder was sich wirklich hinter den menschlichen Göttervorstellungen verbirgt. Wer ist beispielsweise Levthan - ein Gott? ein Dämon? Die Verehrung Satuarias durch die aventurischen Hexen unterscheidet sich massiv von der Verehrung Zaturas oder auch Satus in Myranor. Zudem gibt es Überschneidungen (nicht nur namentlicher Art) mit Tsa, die wiederum ursprünglich eine Göttin der Echsen war, die gar nicht unbedingt so rundherum nett ist wie die aventurischen Tsa-Anhänger sie gerne haben möchten. Ja, es ist sogar offen, wer eigentlich der "oberste Gott" ist: Die Mittelreicher haben sich auf Praios eingeschossen, die Al'Anfaner bevorzugen Boron, und ein Blick aufs myranische Imperium mit seinem Göttervater Nereton lässt erahnen, dass beide recht haben könnten... Und Kor - meine Güte, wenn man sich mal anschaut, in welcher Form Kor von den frühen Kulturen (beispielsweise von den Echsenvölkern oder den wilden myranischen Minotauren) verehrt wurde, dann hat er mit Zweikampf und Todesmut weitaus weniger zu tun als mit der personifizierten blinden Zerstörung. Und dann gibt es noch Götter, die sich mit der Zeit verändert haben, wie z.B. die Meeresgöttin Charypta, die heute eine Erzdämonin ist, es wohl aber nicht immer war. Ich finde das so superspannend - die Ungewissheit über die wahre Natur der Götter erlaubt es meinen Charakteren eben doch wieder, zu glauben und nicht nur zu wissen.
Und auch in Lorakis scheint ja ein ähnliches Prinzip zu gelten. Da haben wir die böse Übergöttin, die in verschiedenen Gestalten und unter verschiedenen Namen überall auftaucht. Wir haben real auf Lorakis lebende Götter, von denen manche aber überlegen, ob es nicht vielleicht doch eigentlich "nur" mächtige Feen o.ä. sind. Irgendwelche Hinterwäldlerreiche wie Nyrdfing verehren einen Gott, den man sonst überhaupt nirgends kennt, als den einzig wahren und übermächtigen. Und so weiter.
tl;dr: Nur weil irgendwelche Schildchen an göttliche Mächte gehängt worden sind, heißt das noch lange nicht, dass die Schildchen korrekt sind.
Und im übrigen denke ich, dass am myranischen Götterhimmel aus dem Weltenband noch sehr, sehr viele wichtige Gottheiten komplett fehlen. Da gibt es ganz viele Kulturen, in denen wichtige Prinzipien überhaupt nicht abgedeckt werden. Ich hoffe daher, dass da mit der Zeit noch was dazukommt.