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« am: 10 Mär 2020, 20:29:51 »
Renzension zu „Des Seekönigs Zorn“ aus dem Abenteuerband „An den Küsten des Kristallsees“
Vorab: Wir haben das Abenteuer mit HG1 Charakteren gespielt, welche ca. 30 Erfahrungspunkten besaßen. Die Gruppe war solide aufgestellt, was körperliche, soziale und mystisch/gelehrte Fertigkeiten betrifft. Einen Großteil der Spieler kann man durchaus als Veteranen des Systems bezeichnen, Regelkenntnis und auch „der Abenteueransatz von Splittermond“ waren vorhanden.
Akt 1:
Wir starteten in Aurigion und suchten eine Überfahrt; alsbald wurden wir dann zu Hilfskräften durch den Kapitän angeheuert. Der Geist trat mit uns in der Nacht in Erscheinung - hier ist durch die „Geräuschhexerei“ der Strohhalm für den SL gegeben, dass auch Charaktere ohne Geistersprache zumindest einen Fingerzeig auf den Plot erhalten. Nun also den Kapitän überzeugen:
Wir suchten ihn in der Stadt und retteten ihn aus einer brenzligen Situation in einer Taverne. Die erste Überzeugungsrunde verlief nicht gut, da er uns nicht glaubte und wir „unseren Posten“ verlassen haben. Gefühlt hat sich die Haltung des Kapitäns nicht wirklich im Verlauf des ersten Aktes geändert. Es wirkte auf uns so, dass der notwendige NPC für den weiteren Abenteuerverlauf immer weitere Steine in den Weg legte und es verlangt von den Spielern (!) massiv viel Interesse, das Abenteuer fortzusetzen. Dies gipfelt dann in den teils extrem hohen Werten, die man für den sozialen Konflikt überwinden muss.
Gelingt die Überzeugung (hier sind im Abenteuer zur Not ein paar Hinweise für den SL, welche Möglichkeiten man verwenden kann); kommt man zum nächsten Abschnitt; einer teils versunkenen Stadt. Man erfährt recht schnell, dass dort Sirenen hausen und wieder bekommt die Gruppe für HG 1 schlicht unfaire Werte entgegen geworfen. Man muss quasi machen, was die Sirenen wollen.
Der Turm als „Minidungeon“ kontert erneut mit Herausforderungen, die für nicht spezialisierte Charaktere kaum zu bewältigen sind. Dies beginnt mit Kletternproben (ca. 12-15 Meter hoch), die zudem durch Angriffe von Vögeln behindert werden. Das AB beschreibt einen SG 25 mit 3 FP. Wenn die Gruppe keinen Fernkämpfer oder irgendwas zum Beeinflussen von Tieren hat, besteht für den Kletternden absolutes Sterberisiko.
Das Turminnere ist dann großräumig zerstört und punktet mit einigen Detailsbeschreibungen der Ebenen. Hier können die Charaktere durch gründliches Durchsuchen auch ein wenig „Beute“ finden. Doch auch das Ende des Aktes ist wieder mit einer schlicht unspielbaren Situation verbunden: Das gesuchte Quest-Artefakt befindet sich also in einem schwach beleuchteten Raum, unter Wasser und wird von einer Krake (Heimlichkeit hoch und Merkmal Furchterregend) beschützt. Es summieren sich also schnell 9 bis 12 Abzugsmodifikatoren zusammen - regeltechnisch kein spannender Kampf, sondern eigentlich eine Hinrichtung für die Charaktere. Es ist hier also Fingerspitzengefühl für den SL gefragt, ob er bspw. die Krake an einen Treppenaufgang locken lässt oder den Charakteren anderweitig die Möglichkeit bietet, das Artefakt zu bekommen.
Akt 2:
Hat man das Artefakt gefunden, gilt es, dieses zu untersuchen. Im AB ist erneut eine extrem schwierige Probe beschrieben - dass ein Charakter für ca. eine Woche wahnsinnig werden aknn (obwohl das Abenteuer in 2-3 Tagen fortgesetzt wird), sei nur am Rande erwähnt. Der Schiffsmagier ist als „Rettungsanker“ für die Untersuchung vorhanden und je nach Gusto des Spielleiters muss man sich erneut mit der sozialen Fertigkeitensübermacht des Kapitän auseinander setzen. Erwähnen möchte ich an dieser Stelle, dass bis auf die optionale Beute im Turm, bisher keinerlei Belohnung für die Charaktere bekannt ist - es erfordert also ziemlich altruistische Beweggründe.
Die Artefakt-Aktivierung verbraucht 12V3 Fokus, das ist von den Archetypen schlicht nur durch Tiai oder Selesha Proben- und Fokustechnisch umsetzbar. Wir hatten glücklicherweise auch zwei Charaktere, die mit reichlich Fokus gesegnet waren; ist in meinen Augen aber wieder eine ganz klare Hürde und Storybreaker.
Macht man sich nun auf die Reise für ca. 2-3 Tage, gibt es einige Dinge, die man während der Überfahrt machen kann - insbesondere, da man in immer stürmigere Gewässer kommt. Die Schwierigkeiten wechseln hier zwischen 20-25 ab. Wir haben diesen Aspekt ausgelassen und die Reise erzählerisch abgehandelt. Die letzte Einfahrt in den Hafen von Gondalis wird dann aber wieder der Gruppe „aufgebürdet“, auf HG 1 eine Probe auf Seefahrt gegen SG 30 mit 4 FP ist regeltechnisch eigentlich wieder zum Scheitern verurteilt, wenn man nicht den spezialisierten Seefahrer in der Gruppe hat.
Akt 3:
Der dritte Akt beginnt dann mit der Ankunft im sturmbeplagten Gondalis. Durch das Artefakt (wie beschrieben, eigentlich ist ein magischer Charakter bei der Nutzung stark im weiteren Abenteuerverlauf eingeschränkt) wird man einmal quer durch die Stadt geschickt. Der Spielleiter bekommt eine Reihe von möglichen Ereignissen, um die Gruppe zu beschäftigen - leider sind diese nicht weiter ausgearbeitet. Unser SL hat durch eine kleinere „Rettungsaktion“ die drohende Vernichtung der Stadt demonstriert. Letztlich landet man also in der Oberstadt und muss in ein Badehaus eindringen, in dem sich der gesuchte Quest-NPC befindet und man damit den Auftrag (hoffentlich) positiv abschließt. Der nächste „Minidungeon“ ist leider auch sehr leer und er fokussiert sich auf den „Endboss-Raum“ - dieser ist dann allerdings sehr stimmig beschrieben und bietet allerhand von Handlungsmöglichkeiten für die kommenden Kämpfe. Zusammengefasst findet man hier das eingesperrte Feenwesen, eine Hand voll Schläger und den Badehaus-Besitzer. Die Dramatik im Kampf wird durch immer weitere Eingriffe des Seekönigs sehr stimmungsvoll erhöht - das hat mir als Spieler sehr gut gefallen. Die Gegner sind im Vergleich zu anderen Herausforderungen des Abenteuers erstaunlich gut auf HG1 Charaktere eingestimmt, so dass der Kampf zwar spannend, aber nicht einer Hinrichtung gleicht. Es liegt natürlich viel daran, wie taktisch die Charaktere agieren und die Umwelt (und ggf. auch die Fee) einbeziehen.
Abschließend muss man dann - trotz aller Heldenanstrengungen und Rettungsmaßnahmen - wieder mit der Fee verhandeln, da diese (wie auch schon andere NPC) wenig Dankbarkeit zeigt. Dem Spielleiter sind hier aber auch wieder ein paar Optionen angegeben, die er im Zweifel zur Hilfestellung nennen kann. So ist die größte Chance, den Badehaus-Besitzer der Fee als „Rache“ zu übergeben (was laut AB dann aber auch wieder mit Erfahrungspunkte-Abzug bestraft wird).
Ende:
Das Ende des Abenteuers beschreibt zwei mögliche Szenarien: Entweder gelingt es nicht, die Fee zu überzeugen und die Stadt wird verwüstet ODER man ist erfolgreich und steht nun als unbekannter Held in der Therme. Als Bezahlung sind die Waffen der Gegner möglich; eine weitere Belohnung oder gar Anerkennung sind jedoch eher dem Gusto des Spielleiteres überlassen. Die Schiffsmannschaft sind die einzigen, die den Werdegang der Gruppe irgendwie mit bezeugen könnten.
Fazit PRO:
- Zum Teil sehr schöne Beschreibungen und Regeloptionen, aber die Detaildichte ist nicht durchgehalten, so gibt es teils sehr gute Beschreibungen und Hilfestellungen für den SL, teils bekommt er 5 Spiegelstriche hingeschrieben
- Es werden alle Charakter-Elemente angesprochen, so braucht man einen guten Athleten, eine scharfe Zunge, einen soliden Kämpfer, einen Zauberkundigen und auch einen guten Seemann. Eine Hand von NPC wird für die wichtigsten Proben zur Seite gestellt.
CONTRA:
- Die Beauftragung ist ein schlichter Schicksalsschlag und verlangt Helden; Söldner oder Schatzsucher könnte man bspw. durch einen Beuteauftrag in die überschwemmten Ruinen schicken und den weiteren Plot durch die Sirenen anstoßen. Dies würde dann ggf. auch die teils absurden Widrigkeiten für den Abenteuereinstieg ausmerzen. Es wird bspw. nicht klar, warum der Geist einer untergangenen Stadt auf einer x-beliebigen Galeere bei ein paar Leuten auftaucht, wenn diese nichts mit Geistern zu tun haben. Das wirkt sehr „mit dem Hammer“ vermittelt.
- Irgendwie ist man ein Held, aber keinen interessiert es. Für all die Aufgaben eine sehr ernüchternde Haltung, insbesondere wenn man andere Kauf-Abenteuer von Splittermond kennt.
- Das Abenteuer hat selektiv einfach nur frustrierende Herausforderungen; für Spieleinsteiger oder Archetypen-Chars sind diese nicht stemmbar. Dies gipfelt dann in den Widrigkeiten, die den Charakteren nicht nur Steine, sondern ganze Berge in den Weg stellen. Man hat das Gefühl, der Autor möchte nicht, dass man das Abenteuer spielt!