Bei uns in der Gruppe haben drei Leute bisher das Buch gelesen. Der erste hat es nach der Hälfte weggelegt. Der zweite fand es "soweit okay". Und ich? Hmm...
Ich bin, was Lizenz-Romane angeht, doch recht anspruchsvoll.
AD&D ohne die "Drachenlanze"-Saga von Hickman/Weis oder die Dunkelelfen-Saga um Drizzt Do'Urden von R.A.Salvatore? BattleTech ohne Michael Stackpoles "Krieger"/"Blut der Kerensky"-Romane oder Shadowrun ohne die "Trilogie der Macht" von Rob N. Charrette? Schwer vorstellbar.
Mir ist bewusst, dass ich hier a) schwere Geschütze und b) Bücher aus den 90ern anführe, aber das sind für mich nunmal die Standards - ohne jetzt aus deutschen Landen z.B. die vielen sehr guten DSA-Romane ignorieren zu wollen.
Ich erwarte von einem Lizenz-Roman, dass er nicht nur eine tolle Geschichte erzählt, sondern auch das Flair der Spielwelt "richtig" einfängt (was auch immer ich unter richtig verstehe...). "Nacht in Herathis" hat irgendwie das eine nicht, das andere schon geschafft. Aber der Reihe nach.
Das Cover (Florian Stitz...tscha) zeigt eine der Schlüsselszenen, ein Yonnus-Priester soll assassiniert werden. Wenn ich sowas mache, dann habe ich auch immer ein grünes Giftfläschchen mit Warnhinweis am Gürtel. Safety first und so. Aber soweit okay, es zeigt, was auf den Leser zu kommt.
Der Roman selbst erzählt uns relativ simpel eine Geschichte, in der böse Buben/Mädels Mit Herz Aus Gold die Welt vor einer grausigen Verschwörung bewahren (quasi ein Cthulhu-Abenteuer, wenn dem Spielleiter die originellen Ideen ausgehen).
Das kann jetzt ganz nett sein und es läuft im Rahmen der Geschichte auch recht flott ab, allerdings ohne große Aha-Momente und Schnörkel. Experimente oder Geschehnisse, die den Leser fordern, fehlen leider. Viele Twists sind arg vorhersehbar (Seitenwechsel eines Charakters) oder Dank der Dramatis Personae schon verraten. Von der Story her also jetzt nichts Bahnbrechendes, aber auch sicher nichts haarsträubend Schlechtes.
Womit ich persönlich allerdings arge Probleme habe, ist der Schreibstil.
Ich dachte zuerst, ah, ein Romandebüt, da kann man schon mal holprig schreiben. Dann habe ich gegoogelt und festgestellt, dass Anton Weste ja bereits arg viele Abenteuer geschrieben hat, die einen ziemlich guten Ruf haben. Oha.
Der Roman liest sich, als ob er für eine sehr junge Zielgruppe geschrieben wurde, gerade die Gestalt von Pitt ist unerträglich "witzig" - das ständige Schnicki-Schnacki ist kaum zu ertragen und wenn ich für jeden "Kugelbauch" einen Lunar bekommen würde... Nicht falsch verstehen, Susanne Pavlovic z.B. hat auch einen ziemlich jugendlich-modernen Schreibstil, aber bei ihr funktioniert sowas.
Der Verkäufer von Palindromen im Feenmarkt hat mich fast zum Brechen gebracht. Was sollte diese Aufzählung von (Zitat) "Uhus, Ellen, Grassärgen, Kajaks, Reliefpfeilern und Gnudung" Ich WEIß, was ein Palindrom ist, dadurch macht man eine coole Szene (den Feenmarkt à la Hellboy oder Valerian) kaputt. Dazu kommen noch für die Handlung sinnlose Erklärbärszenen über Lorakis wie die Diskussion, was denn Splitterträger sind. Und Motivation oder Hintergrund der Hauptpersonen bekommen wir in einer knappen Seite (Pitt) oder gar nicht (Dorn) präsentiert.
Auf der positiven Seite ist Lorakis als Spielwelt schön eingebunden, Feen, Herathis, Lamera, Magie, alles sehr schön getroffen
Aber leider muss ich sagen, dass mich der erste Splittermond-Roman doch arg enttäuscht. Zu einfach, zu erklärend, und auch etwas zu oberflächlich
PS: Karte wäre schön gewesen...
PPS:
Was ich grundsätzlich bei vielen Fantasy-Romanen nicht verstehe, ist der Anhang. Ich habe immer das Gefühl, (vor allem) deutsche Fantasy-Verleger halten ihr Publikum für blöd! Oder ihre Autoren? Ich möchte keinen fünfseitigen Glossar und eine sechsseitige Beschreibung der Welt. Was wichtig ist, soll gefälligst aus dem Roman rauskommen, clever in der Geschichte hervorgebracht werden oder der Leser soll gefälligst selbst etwas nachdenken!