Eigentlich wollte im Artefakte-Post ja nur erklären, was ich mir unter "allerlei Artefakte" so vorstelle... Dann kam das raus. Ich hoffe es unterhält.
„Kommt nur her ihr Leut‘, kommt nur her!“ schallt es keine 2 Minuten nach dem der Pash Anarer Händler die Pforten des Dörfchen durchschritten hat. Der gut 60 Sommer alte Trödler mag auf den ersten Blick aussehen wie ein exotischer Händler, doch auf den zweiten, ist seine Kleidung matt und geflickt und seine Schuhe durchgelaufen. „Kommt nur her und seht meine Ware aus der Ferne, ihr guten Leut‘!“ brüllt er abermals während er seinen Karren auf den wenigen Steinen des Dorfplatzes ins rechte Licht rückt. „Gibt es hier in Moorstein keine hohen Familien? Keine Leut‘ mit Sinn für das Schöne und einem Blick für Antiquitäten? Kommt her Moorsteiner, und seht was ich euch aus der Ferne direkt vor die Haustür bringe!“ Wo ist denn dieses einfältige Pack? Lebt hier denn keiner? Grübelt der alte als er sich am Bart kratz.
Während Händler unverdrossen seine Waren auseinander räumt und sie gut sichtbar aufreiht, gehen bei einigen der wenigen Häusern knarzend die ersten Fensterläden und Türen auf. Der Trödler achtet darauf wirklich für jede Ware viel Platz zu lassen und sie zu drapieren, als wäre er nur gekommen, um dieses eine Stück zu verkaufen.
Als sich der Händler nun umdreht, wo er sein Publikum vermutet, spielt er erstaunlich glaubwürdig einen erschrockenen alten Mann. „Meine Herrschaften, ihr könnt euch doch nicht so an mich heranschleichen. Ein Mann wie ich, ein Händler mit solch wertvollen Waren ist ständig in höchster Alarmbereitschaft und um Sorge um seine Ware!“ Er greift sich auf die Brust. „Und dann mein Herz. Ich bin nicht mehr der Jüngste.“ Die Moorsteiner beobachten den alten Mann schweigend, als er Stück für Stück erklärt, was er denn anzubieten hätte. Da ein Kraut das einem die Hütte frei von bösen Geistern hält. Dort Pülverchen das gegen Schmerzen hilft. Ein Löffel der jede Suppe vorzüglich schmecken lässt und vieles mehr. Und als die Moorsteiner endlich den Mut finden, und ein wenig näher treten, greift der Händler unter ein Tuch und zieht langsam und bedächtig eine Schale hervor. Kurz wirft er einen hastigen Blick in alle Richtungen, bevor er das mit vielen Runen verzierte Objekt mit einem kräftigen Puster vom Staub befreit. „Sehr her. Kommt näher ran. Das ist mein ganz besonderes Schmuckstück. Diese alte Schale stammt von einem Meister seines Faches. Einem alten Forscher und Gelehrten. Einem Magier der dereinst am Thermischen Konvent in Pash Anar unterrichtete. Bis zu dem Tag an dem er… - nicht so wichtig.“ Unterbricht er sich selbst. „Diese Schale“, flüstert er und lässt zwischen all seinen Wörtern genug Zeit um das Raunen der Moorsteiner nicht zu stören, „diese Schale war dereinst eines seiner besten Stücke. Und nur über viele Umwege, Irrwege und mit Hilfe des Schicksals fand es bis in meine Hände. Wisst ihr, noch drüben bei den Birkenwaldern, da wollte ich es nicht verkaufen. Aber heute, hier bei euch Moorsteinerern. Hier bei euch, werde ich es feilbieten. Eine Notlage zwingt mich dazu dieses magische Meisterwerk zu einem unglaublichen Preis zu verschachern. Nur bei euch Moossteinern, habe ich keine Sorge, dass es nicht gut aufgehoben wäre. „
Ein kleiner Junge, dessen Augen mittlerweile so groß waren, dass es aussah, als würde sie direkt vom Haaransatz bis zu den Mundwinkeln gehen, durchbrach den Monolog des Händlers: „Was kann denn diese Schale?“
„Gut mein Junge!“ fuhr der Alte herum. „Gut, dass du fragst.“ Der alte Mann hielt die Schale in seinen Händen und konzentrierte sich auf sein Artefakt. Er blickte noch einmal zu dem Jungen und zwinkert ihm zu. Dann sieht er zur Schale und flüstert: „Les Amar ami it - brenne.“ Der Händler spürt wie die Energie brizelnd aus der Umgebung in seine Haut kriecht und dann blitzartig mit einem sanften stechen über die Finger in die Schale wandert. Noch in derselben Sekunde entflammt ein kleines Feuer in der Schale. Gerade groß genug um eine Kerze daran zu entzünden. Das Duzend Moorsteiner staunt nicht schlecht und zwei von ihnen klatschen zaghaft.
Kaum eine Minute später hatte der Händler die Schale und ein paar seiner anderen Waren gegen bare Münze getauscht. Als die Moorsteiner ihre Ersparnisse aufgebraucht und hatten und sich wieder in ihre Häuser zurückzogen, klappt der alte seinen Laden zusammen und geht zufrieden in Richtung der einzigen Wirtsstube im Ort. Er schnippt einen der Lunare in die Luft und fängt ihn elegant wieder. „Und jetzt werde ich mir den Wanzt anfüllen und sehen, ob ich hier auch einen Esel bekomme.“ Sagte er zu sich selbst.
Der Händler ließ sich sein Essen schmecken, aber hatte nicht vor Zeit zu verschwenden. Noch am Ende derselben Stunde hatten er und sein neuer grauer Esel die Tore von Moorstein hinter sich gelassen.
„Na du.“ Sagte er und klopfte dem Esel an die Flanke. „Gehen wir ins nächste Dorf und verkaufen eine Schale?“ Der Händler zog ganz unten an seinem Karren eine Lade auf, in der sich zwei Duzend beinahe identischer Schalen stapelten. Er nahm eine davon heraus und sah sie sich an. „Und wenn mein dummer Bruder auch nur einen Funken Ahnung hätte, von dem was er tut. Dann würde ich mir auch bei jeder Vorführung ein paar Schmerzen ersparen.“ Der Händler stieß die Lade lässig mit dem Fuß zu und schob die Schale unter ein rotes Tüchlein.