Autor Thema: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...  (Gelesen 7343 mal)

Tyrion

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[Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« am: 28 Dez 2014, 00:37:02 »
Guten Abend!

Ich finde die Szenario- und Abenteuerideen großartig und werde sicher die eine oder andere Idee für meine eigene Runde verwenden können. Schön fände ich aber, neben diesen bereits teilweise sehr detailliert ausgearbeitenden Ideen, kleine Gerüchte über Landstriche, Städte, Landesherren, Ruinen welche zu aller erst tatsächlich nur solche sind. Schön sind auch Kinderreime, welche die Sagenwelt der älteren Generation aus ihrem eigenen Blickwinkel beleuchtet und den Kindern auch oftmals als Warnung diesen... häufig durchaus mit ernstem Hintergrund. Legenden, Sagen und Gerüchte sind wohl ein Teil jeder Kultur und Durchreisende bekommen diese auch gerne mal in einer Taverne erzählt. Der Wahrheitsgehalt ist ja zu aller erst mal nicht so wichtig... allerdings liegt ja in dem einen oder anderen ja durchaus ein Körnchen Wahrheit. Mir schwebt vor allem einmal ein Ideensteinbruch für ein spontanes Abenteuer einer Heldengruppe vor, dass hier auf keinen Fall schon komplett ausgearbeitet sein sollte, sondern nur den Flair der Spielwelt ein wenig einfängt und unter Umständen einen gelegentlichen Schwenk in so manchen Abenteurerdasein bringen könnte. Solche Gerüchte können eher subtiler und kleiner Natur sein, aber durchaus auch mythischer sein. Keine Ahnung ob das hier angenommen wird, ich werde es einfach mal versuchen. ;)


Man munkelt, dass auf den Ebenen von Kashrou, in der großen Wüste Surmakar, soll es eine Stadt komplett aus Kristall geben. Die Bewohner sollen allesamt Djinne sein... und schaffte man es nur einen Fuß in diese sagenumwobene Stadt zu setzen, hätte man mehr Wünsche frei, als sich ein Sterblicher je in einem Leben wünschen könnte. Humbug wenn ihr mich fragt, erstunken und erlogen.


Man erzählt sich werter Herr, dass in der Kristallsee eine herumtreibende, dicht bewalderte Insel zu finden ist. Auf dieser soll ein verruchter albischer Freibeuter seinen Schatz versteckt haben. Seit aber auf der Hut. Man erzählt sich auch, dass dieser Kapitän samt seiner Mannschaft auf immer und ewig diesen Schatz bewachen werden und ständig auf der Suche nach neuen Matrosen sind. Bei meinem noch verbliebenen Augen und meiner Ehre als Seefahrer, die Geschichte ist wahr!


Pssst. Kommt näher. Ihr sehr stark aus, nicht? In den Wäldern Wintholts geht die weiße Frau um. Sie soll in Not geratenen hilfreich zur Seite stehen heißt es. Doch habt acht... wenn der rote Mond in seiner vollen Pracht am Himmel steht, soll sie das Blute von Männern und Frauen trinken und noch viel schrecklichere Dinge mit den armen Seelen vollführen.


Krächzt das Käuzchen leise und der Nebel steigt empor,
bleib in deinem Bette, verschließ fest euer Tor.
Glockenhelle Stimmen rufen aus der Nacht,
wollen mit dir spielen, rufen dich ganz sacht.
Folgst du ihrem Rufen, ist es um dich geschehen,
geisterhafte Fänge, lassen dich nie mehr gehn.
selenischer Kinderreim


In Bredenthal, ich sag euch die Kinder von heutzutage, in Bredentahl treibt eine Bande von jungen Taugenichtsen ihr Unwesen. Am hellichten Tag berauben die dort ehrenwerte Menschen wie euch und mich. Tiermasken sollen die aufhaben, grauenhafte Tiermasken. Und das schlimmste... der Anführer der Bande soll mit dunklen Mächten im Bunde stehen. Wie sonst glaubt ihr ist es möglich, dass sich dieses Gör schon seit nunmehr zwei Jahren dem Zugriff der Stadtwache entzieht? Die Jugend von heuzutage. Ich sag es euch, früher hätte es das nicht gegeben. Eine ordentliche Tracht Prügel und... wartet, wo wollt ihr hin?


Im Hochland von Kungaitan, auf einem sanften grünen Hügel, befindet sich eine kleine Teestube. Keine normale Teestube, nein. In dieser Teestube werdet ihr von den Geistern des Waldes bedient. Der Tee soll es aber in sich haben. Man erzählt sich, dass schon so mancher Gast benebelt von dem Getränk seinen Verstand verlor. Andere hingegen, so hörte ich, sollen durch das Gesöff um viele, viele Jahre jünger geworden sein. Verstehe jemand diese Waldgeister, ich tue es nicht.
« Letzte Änderung: 28 Dez 2014, 01:30:27 von Tyrion »

Cerren Dark

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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #1 am: 28 Dez 2014, 23:12:57 »
"Ich sag's Euch: Meidet die Dschungel der Smaragdküste, und wenn Ihr doch dorthin wollt, dann nehmt Euch in Acht vor der orangenen Dschungelspinne. Ihr Biss macht Euch benommen und trübt eure Sinne, so merkt Ihr nicht, dass sie in Eure Körperöffnungen eindringt und dort ihre Eier legt. Wenn die Brut dann schlüpft, frisst sie euch bei lebendigem Leibe von innen heraus auf..."  --  Gehört in der Unterstadt Iorias

"Das Auge von Telwari ist nicht bei weitem nicht so harmlos, wie man häufig hört, Sahib. Seeleute berichten von einem tückischen Strudel, der plötzlich erscheint und ganze Schiffe mit Mann und Maus auf den Meeresgrund herabreißt. Die Gebeine der Seeleute spuckt das Ungetüm dann wieder aus - ich schwör's bei allem, was mir heilig ist." -- Seemansgarn aus Vaipur und Bharrash

"Irgendwo in den Blauen Klippen, am Westrand der Blutgrasweite, da gibt es einen besonderen Berg, auf dessen Gipfel eine klare Quelle entspringt. Wer von diesem Wasser trinkt, dem wachsen Flügel und fortan kann er fliegen wie ein Adler."  -- Patalische Legende

Gruß,
Cerren
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Tyrion

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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #2 am: 29 Dez 2014, 08:34:58 »
Herr Kollege, solltet ihr jemals in den Jaguardschungel reisen, haltet nach einer Blüte ausschau, die selbst in finsterster Nacht purpur schimmert. Die Blüte selbst ist ein wirksames Antitod gegen die schlimmsten Gifte die unsereins ersinnen kann. Im Vorfeld appliziert, bietet ein Sud aus den Blütenblättern für einen vollen Tag Schutz gegen jedes erdenkliche Gift. Aus dem Saft der Wurzel hingegen, lässt sich ein Gift gewinnen, dass dich bloßem Hautkontakt in die ewige Nacht befördert. Sei aber auf der Hut: die Dschungadchupahogai, einem Stamm von menschenfressenden Kopfjägern, ist diese Blume heilig. Sie schätzen es gar nicht, wenn du die Blume der Götter aus ihrem Wald entwenden solltest. Solltest sie deiner habhaft werden, landest du in einem ihrer Kochtöpfe, wo du über offenm Feuer langsam gegahrt werden wirst. Als Würze verwenden sie hierfür die feingemahlenen grünen Blätter der Pflanze, welches ein jedes Gericht zu einem Gaumenschmaus geraten lassen, dass jeden König vor Freude mit der Zunge schnalzen lassen würde.




Cerren Dark

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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #3 am: 30 Dez 2014, 09:18:11 »
"Einst gab es selbst unter den Drachlingen Sekten, welche in Ungnade vor ihrem eigenen Volk gefallen waren. So erzählt man sich von den Khar'shush, einer finsteren Verschwörergruppe, welcher einer längst vergessenen Göttin von Finsternis und Tod diente. Es heißt, sie wurden aus der Hauptstadt der Drachlinge vertrieben und flohen an einen weit entfernten Ort. Dort erbauten sie unter der Erde eine tiefe Festung und versiegelten die Eingänge. Nur selten sah man sie noch, und nur derjenige, der im Besitz des richtigen Schlüssels war, konnte die unterirdische Festung betreten oder verlassen. Von Rachsucht getrieben verschworen sich im Verborgenen, entsandten Attentäter und agierten im Schatten gegen die, die sie einst vertrieben hatten. Doch dann, vor etwa tausend Jahren, als der Blaue Mond barst und die Drachlinge verschwanden, da hörte man auch nichts mehr den Rächern von Khar'shush, doch ob sie tot sind oder ebenfalls verschwunden oder immer noch im Verborgenen unter uns weilen, das vermag niemand zu sagen, nicht einmal die weisen und gefürchten Magier von Nuum wissen die Antwort."  --  Legende im Mertalischen Städtebund
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Finubar

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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #4 am: 30 Dez 2014, 20:44:12 »
... dass es vor 900 Jahren einen Goblinentdecker Namens Perishibi aus Farukhan gab, dem es gelang, die vier Existenzebenen der Welt in einer einzigen Karte zu katographieren.

Lesen kann man die Karte nur, wenn man zusätzlich noch den Sextant der Welten, den Kompass des Mondes sowie den Diskus der Sonne - allesamt Drachlingsartefakte ( oder gar noch älter?) - besitzt.

Erzählt vom seealbischen Kapitän der Schwanenglanz Tyrion Brausewind als er ausnahmsweise mal zu tief in den Weinbecher gesehen hat ... und wer glaubt schon einem alten, betrunkenen Seebären ...  ;)
Ein Tag ohne Lächeln ist ein Verlorener ... ;-)

Cerren Dark

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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #5 am: 08 Jan 2015, 14:08:06 »
... dass das Volk der Torerbauer nicht gänzlich verschwunden ist. Drei von ihnen (andere Quellen erzählen von sieben) liegen an einem verborgenen, vergessenen Ort in dauerhaftem Schlaf, aus dem sie angeblich nur an einem Tag pro Jahrhundert erwachen. Dann blicken sie durch ihr allsehendes magisches Auge und betrachten, wie die Welt sich verändert hat. Es heißt, sie warten auf das Eintreten eines speziellen Ereignisses, das ein gänzlich neues Zeitalter einläuten wird, doch was das sein soll, das weiß niemand. Bisher haben sie sich immer wieder in ihren magischen Schlaf zurückgezogen und schlummern fortan. Nur das Heilige Orakel von Ioria kennt ihren Rückzugsort, doch selbst den Priestern offenbart sich diese Weisheit erst dann, wenn das Orakel es für richtig befindet.  --  Zweifelhafte These diverser Gelehrter und Priester an den Ländern der Kristallsee
« Letzte Änderung: 08 Jan 2015, 14:29:58 von Cerren Dark »
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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #6 am: 08 Jan 2015, 14:29:08 »
"Und nun, verehrte Collegae, kommen wir zum nächsten Diskurs: Der legendäre Saragas-Baum. Für diejenigen unter Euch, die mit der Legende nicht vollständig vertraut sind, erlaube ich mir, eine kurze Zusammenfassung der relevanten Anteile zu geben. Die Legenden aller Regionen kennen den Baum, der jedwedes Leiden zu heilen vermag, sei es nun im fernen Takasadu, wo er Kinja-Gang genannt wird oder an der Smaragdküste, wo man sich vom heiligen Baum Gatawala erzählt. In den Frostlanden kennt man ihn als Tokorosch, in Pash Anar als Yom Ar'Rash.
So ungleich die Namen auch sein mögen, so ähnlich sind sie doch im Kern: Gibt man den Wurzeln des Baumes vom Blut eines Todkranken zu trinken, so wächst über Nacht eine Frucht heran, die das Gegenmittel enthält und deren Verzehr jeglichem Siechtum ein Ende zu setzen vermag.
Und genau diese Übereinstimmung, werte Collegae, bringt mich zu dem Postulat, dass allen diesen Legenden ein reales Objekt, will heißen, eine reale Pflanze zugrunde liegen muss, wobei die unterschiedlichen Aussagen über ihre äußerliche Gestalt den Verdacht nahelegen, dass es sich dabei - hypothetisch, wohlgemerkt! - um ein Gewächs handeln müsste, welches eine native Verbindung zur magischen Domäne aufweist und somit feeischen Ursprungs sein könnte. Das würde auch zugleich erklären, warum die Lokalisierung dieses Baums so uneinheitlich (...)"  --  Mitschrift eines Seminars zu fortgeschrittener Herbologie (Nuum, 982 LZ)
« Letzte Änderung: 08 Jan 2015, 14:31:33 von Cerren Dark »
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Fadenweber

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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #7 am: 08 Jan 2015, 14:43:49 »
"Gefährlich verkürzt wiedergegeben! Gesamtes Blut eines Todkranken nötig, um besagte Frucht zu erzeugen, die dann nur einem anderen nutzen mag - ein Leben gegen ein Leben also... Dennoch nützlich."
(Notiz am Rand der obigen Mitschrift, Handschrift lässt auf zweiten Verfasser schließen)


 8)

Cerren Dark

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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #8 am: 25 Aug 2015, 10:02:15 »
Der Legendenwächter der Wächterbunds räusperte sich. „Ich wäre vorsichtig mit solchen Aussagen, junger Freund.“ Er entzündete seine Pfeife, schmauchte und blies ein paar Rauchwölkchen in die abgestandene Luft der Taverne. „Habt ihr jemals von den Yonufischen gehört? Nein? Auf Festung Kormoranstein kennt man sie, oh ja. Es handelt sich um Raubfische, die nur in der Finsterbucht gefunden werden können, nahe der Küste der Verheerten Lande. Sie sind armlang, nachtschwarz und mit einem Maul rasiermesserscharfer Zähne ausgestattet.“ Er beugte sich vor und blickte in die verunsicherten Gesichter der jungen Burschen am Tisch. „Ahnt ihr, was sie am liebsten fressen? Hm?“ Er blies einen Rauchkringel in die Mitte des Tisches. „Das Fleisch lebender Wesen. Menschen und Alben bevorzugt. In den Nächten des vollen Silbermonds kommen sie an die Oberfläche des Meeres und halten Ausschau nach Beute. Dutzende zumeist, ganze Schwärme. Und… sie singen.“ Er machte eine bedeutungsschwere Pause. „Jetzt guckt nicht so einfältig drein, natürlich singen sie nicht wie ein Barde. Ihr Gesang ist mehr ein Geräusch, wie ein Summen, melodisch und rhythmisch. Man hört es, auch wenn man sich die Ohren zuhält, es findet seinen Weg in den Kopf. Es findet seinen Weg sogar in den Schlaf. Und es macht die, die es zu lange hören, wahnsinnig. Das meine ich wortwörtlich: Sie verlieren nach und nach ihren Verstand, ganz langsam, ganz gemächlich. Man munkelt, dass immer wieder … Dinge … auf Burg Kormoranstein geschehen. Grauenvolle Dinge, ausgelöst vom Gesang der Yonufische. Und viele erliegen dem Gesang und gehen ins Wasser. Im Wahn oder angelockt von dem Gesang, das weiß keiner. Doch sie marschieren andächtig ins Wasser… und somit in ihren Tod… mit einem Lächeln auf den Lippen.“ Totenstille herrschte am Tisch, die jungen Burschen wagten nicht einmal zu atmen, während sie ihn mit großen Augen anstarrten. Niemand sprach auch nur ein Wort. Dann, völlig unerwartet, brach der Legendwächter in ein schallendes Gelächter aus und klopfte belustigt seine Pfeife auf den Tavernentisch. „Ihr Burschen solltet eure Gesichter sehen! Har har har! Ihr blickt drein, als ob ihr euch gleich unter den Schürzen eurer Mütter verstecken wolltet.“ Er wischte sich Lachtränen aus dem Augenwinkel, und nach und nach brachen auch die Burschen in erst zaghaftes, dann stärkeres Gelächter aus. Unweigerlich behauptete jeder, selber weniger Angst gehabt zu haben als der Nachbar am Tisch, Schultern wurden geklopft und harmlose Zankereien ausgetauscht. Der alte Legendenwächter lehnte sich zurück und zog still an seiner Pfeife, während er dem heiteren Treiben zusah. Er beließ sie in dem Glauben, das das nur eine Gruselgeschichte gewesen war, es gab keinen Grund, ihnen die grauenhafte Wahrheit als solche zu offenbaren. Er hatte viele Jahre auf Burg Kormoranstein gedient und auch nach vielen Jahren verfolgte ihn der Gesang der Yonufische noch in seine dunklen Träume…
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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #9 am: 27 Aug 2015, 13:42:50 »
Über dem Zwifels brach die Nacht herein. Mehrere Nachtlager von Abenteurern kränzten die Burg des Wächterbunds in der Arwinger Mark, gelborangene  Feuer züngelten durch die Dunkelheit, als der Varg Lugorr auf seinem Patrouillenweg an einer Gruppe von Abenteurern vorbeikam, die gerade ihr Lager aufschlugen. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie ein jung wirkender Zwerg entnervt die Feuersteine fallen ließ und Magie fokussierte, nachdem seine profanen Versuche des Feueranzündens kläglich gescheitert waren. Lugorrs Nackenfell stellte sich im gleichen Augenblick auf, als der entsetzte Aufschrei des Zwergen verriet, dass er die Kontrolle über seine Zauberei verloren hatte, und noch bevor ein anderer der Abenteurer begriffen hatte, was gerade vor sich ging, war der kräftige Varg bereits vorgestürmt, den Vangarastab angriffsbereit in seinen krallenbewehrten Pranken. Der Zwerg röchelte, Blut quoll ihm in dunklen Strömen aus Mund und Nase, sein Körper zuckte von Krämpfen geschüttelt. Lugorrs Aufmerksamkeit galt dem Leib des Zwergen und er ließ ihn keinen Moment aus den Augen. Magie funktionierte anders in den Verheerten Landen, und auch hier im Grenzland war die Magie noch viel unzuverlässiger, als sie es ohnehin schon war. Ein Patzer wie ebendieser zog in seltenen Fällen noch weitere Konsequenzen nach sich, von denen die wenigsten außerhalb des Wächterbunds wussten. Die Barrieren zwischen der diesseitigen Welt und den äußeren Domänen waren hier dünner als anderorts und unkontrollierte Magie konnte temporäre Übergänge schaffen für all das Verabscheuungswürdige, das das Herz der Finsternis jemals hervorgebracht hatte. Zu den grauenhaftesten vorstellbaren Erlebnissen gehörte es, wenn ein Knochensprenger einen solchen Übergang nutzte, denn diese Kreaturen der Finsternis betraten die diesseitige Welt durch den Körper lebender Wesen hindurch, ein mit Worten unbeschreiblicher Prozess, in dessen Verlauf die Knochen des Unglücklichen barsten, das Fleisch aufriss und das Monster sich zuletzt aus den blutigen Überresten erhob, bereit, weitere Beute zu reißen. Dunkle Schriften der Legendenwächter berichteten ausführlich über die Knochensprenger, spekulierten über ihre Herkunft und berichteten über frühere Begegnungen. Noch weitaus dunklere Werke beschrieben, dass es Mittel und Wege gab, den Unglücklichen, dessen Körper als fleischliches Portal für das Ungeheuer gedient hatte, zu neuem Leben zu verhelfen…
Lugorr sah, wie die Krämpfe des Zwergen wieder abebbten. Seine Mitstreiter waren ihm zu Hilfe geeilt, hielten seinen Kopf, redeten beruhigend auf ihn ein und gaben ihm vorsichtig etwas zu trinken, vermutlich ein Heiltrank. Eine junge Zwingarderin warf dem Varg einen verächtlichen Blick zu, offenbar missbilligte sie, wie er dort kampfbereit mit seinem Vangarastab stand, anstatt Hilfe zu leisten. Sie wusste nicht, dass er genau das eigentlich getan hatte, sie hatte keine Vorstellung, was hier hätte passieren können, welches Grauen ihnen hätte widerfahren können. Der Varg sah in ihren Augen, dass eine Erklärung auf taube Ohren stoßen würde, und es war es leid, so leid. Er senkte den Speer, dankte Vangara stumm und stapfte weiter durch die Nacht.
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SeldomFound

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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #10 am: 29 Aug 2015, 14:49:59 »
"Also, lass uns über die Schwarzklinge reden, auch bekannt als das Düsterschwert, der Seelenernter, der Schlüssel der Eroberung oder der dämonische Söldner aus Metall... Eine Waffe, über die es Gerüchte in allen düsteren Orten von Lorakis gibt. Doch egal wo, die Beschreibung sind sich meist recht ähnlich: Eine Klingenwaffe von der Größe eines Anderthalbhänders, komplett schwarz, aus einem Metall, dass nicht von dieser Welt ist. Sie ist immer irgendwo versteckt, in irgendwelchen alten Ruinen, unzugänglichen Einöden oder in unerkundeten Höhlen."

"Wer sie findet, dem teilt die Klinge über eine lesbare Schrift oder über Bilder mit, wie man sich ihre Macht erwerben kann. Man muss ihr Seelen opfern! Eine Seele, die von großer Bedeutung für das Schicksal der Welt ist, deren Platz der Träger dann selbst einnimmt. 10 Seelen niederer Herkunft als Symbol für die Völker, die sich der Träger unterwerfen wird. Und 5 Orkseelen, aus Gründen, die niemand so genau weiß, doch ich vermute, dass die Klinge damit ihren Zerstörungswahn fördert."

"Oh ja, die Klinge verleiht große Macht und sie beschützt ihren Träger vor allen Gefahren. Nur bestimmt sie halt, was eine "Gefahr" ist und dazu zählt sie auch alles und jeden, der den Träger von seinen Eroberungen abhalten könnte. Und so fallen auch Geliebte, Freunde und Familie dem Schwert zu Opfer."

"Manche Gerüchte besagen allerdings auch, dass die Klinge geläutert werden kann, wenn man sich ihr aus freien Stücken und dem aufrichtigen Wunsch, zu schützen und nicht zu erobern, opfert. Dann soll sie alle in ihr gefangenen Seelen freigeben und zu einer Waffe aus reinem, weißen Mondstahl werden. Naja, aber zugegeben habe ich das von einem Gelehrten der Yonnus-Kirche vor langer Zeit gehört, also..."

"Schön und gut, der Punkt ist, wenn ihr den tatsächlich den Aufenthaltsort dieser Klinge gefunden habt und mir nun anbietet, sie für mich zu besorgen, entsprechende Entlohnung und einen Platz an meiner Seite als Eroberer der Welt vorrausgesetzt, dann muss ich euch leider mitteilen, dass ihr diesen Raum nicht mehr lebend verlassen werdet. Ich bin nicht interessiert an eine solche Abscheulichkeit und meinetwegen soll sie bleiben, was sie ist: Ein dunkles Gerücht in den Schatten!"

- Drachengeneral Wu während einer heimlichen Audienz
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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #11 am: 02 Sep 2015, 11:48:27 »
Meine liebe, gewitzte Schülerin,

ich kann dir nun mit Freuden mitteilen, dass ich den Gefallen, um den du mich gebeten hast, erfüllen konntest. Es war fast schon enttäuschend einfach gewesen.

Zuerst einmal gratuliere ich deinen Scharfsinn. Dein Verdacht, dass einer der größten Lehrmeister des Magierordens von Nuum eines meines Volkes ist und mit Arco'Morass in Verbindung steht war korrekt. Und ja, die beiden sind tatsächlich nicht mehr Wesen von dieser Welt.

Nun aber muss ich mich selbst erstmal wieder loben: Ich habe den alten Sy'Chiss, das ist der wahre Name des Hexenmeisters, den man in Nuum nur als Sychos kennt, geradezu meisterhaft hereinlegen können. Nicht ein einziges Mal kam ihn der Verdacht, dass seine neue Schülerin aus Taupio tatsächlich nicht einfach von den Götter mit einer außerordentlichen Begabung gesegnet worden ist, sondern dass sich unter dem jungen, rosigen Fleisch einer Menschenfrau ein alter Drachengeist verbirgt! Es war ein Leichtes, schließlich den Offenhaltsort seiner persönlichen Gedankenkristalle herauszufinden! Stell dir nur vor, der alte Narr hat sie tatsächlich unter der Nase all seiner Kollegen als gefundene Relikte versteckt, frei zugänglich für jeden interessierten Schüler. Zugegeben, er hat sie etwas manipuliert, so dass die Gedankenbilder für einen von euch ganz besonders verwirrend gewesen wären, doch für mich war es kaum mehr als ein leichter Schleier, den ich ohne Mühe heben konnte.

Dies ist die Geschichte von Sy'Chiss und Arco'Morass und einigen anderen aus ihrem Bund: Als diese... Katastrophe von nun etwas mehr als 700 Jahre geschah, verstanden viele von uns, dass es an der Zeit war so schnell wie möglich vom Anlitz der Welt zu verschwinden, wollten wir nicht Opfer der Rache der Götter werden, die aus verständlichen Gründen uns nicht mehr sonderlich wohlgesonnen waren. Während ich Glück und Unglück hatte, meinen wahren Körper verlor, doch dafür in einem meiner künstlichen Sklavenkörper versteckt blieb, standen den anderen meines Volkes andere Methoden zur Verfügung.

Sy'Chiss und Arco'Morass waren Teil eines Zirkels von insgesamt neun Magiern, der sich der Natur der Schatten verschrieben hatten. Angesichts unseres untergehenden Imperiums, wählten sie folgenden Weg. Sie beschworen mächtige Kreaturen der Schatten und brachen ihren Geist, bis schließlich nur noch leere Hüllen übrig blieben. Und in diese Hüllen übertrugen die neun Zirkelmitglieder ihren Geist. Persönlich halte ich diese Methode eher für fragwürdig, den damit hatten sie automatisch auch einige Schwächen der Feenwesen angenommen, Bindung an das Wort und so weiter... Keine Methode also, die ich gewählt hätte. Aber naja, dadurch hatten sie auf jeden Fall ihr unsterbliches Leben erreicht und entkamen alle den strafenden Blicken der Götter.

Naja, alle bis auf Arco'Morass. Sy'Chiss weiß sehr wohl, was sein ehemaliger Bekannter gerade treibt, doch den alten Greis interessiert ein möglicher Untergang der Welt weniger als seine Forschungen, die, wie ich bedauerlicherweise festgestellt habe, nur noch im Kreis verlaufen.

Nun, ich denke, man kann nun mit hoher Sicherheit davon ausgehen, dass Arco'Morass einer derer war, die dieses verdammedeite Ritual ausgeführt haben und damit diese alte Tyrannin auf uns losgelassen haben. Ich weiß nicht, ob seine Verwandlung in ein Schattenwesen ein Trick von ihr war oder ob er sich freiwillig damit in ihr Gefolge begab, doch nun ist er ihr treuer Diener. Ich kann übrigens durch neuere Gedanken von Sy'Chiss bestätigen, dass Arco'Morass im Besitz der Mondsteinmaske ist.

Zu den Schwächen dieser Wesen: Sie sind Wesen der Schatten, also ist das Licht ihr Anathema. Doch im Falle von Arco'Morass solltest du und deine Freunde damit rechnen, dass dieser gegen durch seine Herrin Möglichkeiten hat, sich dem Licht zu erwähren. Jedoch, auch wenn ihre Körper hauptsächlich aus Schatten bestehen, der Kopf bleibt ihre Schwachstelle, denn dort scheinen sie ihre Seelen fixiert zu haben!

Zu ihren Stärken: Sie sind in der Lage die Schattenlarven zu erschaffen, die ihr schon auf euren Reisen begegnet seid. Wie ihr schon wisst, können diese Wesen sich mit den Körper von Anhängern der Gefallenen verbinden und ihnen zusätzlichen Schutz gewähren. Doch dabei halten die Schattenlarven immer nach Ausschau, nach einer geistigen Schwäche, durch die sie ihre Wirte übernehmen können. Gelingt dies, entsteht ein Schattenjünger, der mit ausreichend Nahrung immer größer und mächtiger wird. Da es dadurch auch kommen kann, dass sie sich gegen ihre Schöpfer auflehnen, vermeiden die Neun des Schattenbundes normalerweise den Aufstieg dieser Kreaturen. Doch Arco'Morass lässt seine Diener wachsen und scheint sie mit der Macht seiner Herrin auch gut unter Kontrolle zu haben. Jedoch, wenn man diese Kontrolle irgendwie schwächen könnte...

Nun, viel mehr konnte ich jetzt nicht mehr herausfinden. Ich hoffe, dass es dir dennoch nützlich war. Ich würde mich gerne selbst an eurem Kampf beteiligen, doch meine künstlichen Körper können meiner Macht einfach nicht standhalten. Ich suche nach Möglichkeiten, dies auszubessern, doch ich fürchte, ich werde damit nicht rechtzeitig genug fertig sein, um euch bei eurem Kampf zu unterstützen.

Doch lass mir dir dies, als einer euer ehemaligen Herrscher sagen: Ihr seid gewachsen in den letzten Jahrhunderten und du und deine Gruppe, meine geliebte Schülerin, ihr seid das beste, was eure Völker zu bieten haben, glaub mir. Ich habe dir alles über die Kunst der Verstellung und Masken beigebracht und, auch wenn es mich in meinen Ego zutiefst schmerzt, ich muss mir eingestehen, dass du das Talent hast, mich in diesen Künsten zu übertrumpfen. Wenn es mir gelingt Sy'Chiss mit Leichtigkeit zu täuschen, so sollte dir dies auch mit Arco'Morass gelingen. Der Geist den Neun scheint getrübt zu sein durch die Jahre und den ungewohnten Körper, nutze dies aus!

Ich wünsche euch den Segen der Götter, mein Kind.

Dein ehemalige Lehrer Te'Loss


- Brief, geschrieben im 8. Jahrhundert nach den Mondenfall, verwahrt in einem einem versteckten Kästchen im Zimmer der Besitzerin des Edelbordells Mondsteinmaske
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Cerren Dark

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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #12 am: 16 Feb 2016, 12:32:39 »
„Heil dir, Landrik, ältester und weisester der Druiden vom Vanenforst. Als Thain von Utmark entbiete ich dir meinen Gruß und überreiche dir als Geschenk dieses kostbare Horn aus dem Schatz meiner Familie. Möge stets Frieden zwischen uns herrschen, solange die Monde am Nachthimmel stehen.“ Der junge Thain Svengir erhob sich, erleichtert, dass ihm die traditionsreiche Grußformel fehlerfrei über die Lippen gekommen war. Nachdem sein Vater im Kampf gegen die Orks ehrenvoll gefallen war, oblag es nun ihm als Erbe, den Segen der Druiden des Vanenforsts einzuholen. Es handelte sich um eine der ältesten Traditionen von Lewenerd, gerade am nördlichen Rand des Vanenforsts, zwar war sie prinzipiell nicht erforderlich für Svengirs Machtanspruch, doch galt ein Thain, der den Segen der Druiden genoss, in den Augen seiner Untertanen mehr als  einer, dem die Druiden diese Ehre verwehrten. Landrik war ein Greis mit schlohweißem Haar und einem Bart, der ihm bis zur Hüfte reichte, verfilzt und struppelig, doch bei weitem nicht so übel wie der äußerst strenge Geruch, der dem Alten entströmte. Svengir von Utmark atmete flach und versuchte sich nichts anmerken zu lassen, denn auch wenn die flinken Augen des Alten prüfend über das Geschenk huschten, so beobachteten ihn die anderen Druiden umso eingehender, und auch die Augen seiner Gefolgsmannen und Bannerträger waren auf ihn gerichtet. Ihm war, als ob die Welt sich in diesem Moment nur um ihn zu drehen schien.
Dann, zu Svengirs Erleichterung, glätteten sich die strengen Gesichtszüge des Ältesten zu einem anerkennenden Nicken, während er das Geschenk einem der Anwesenden zur Verwahrung in die Hände drückte. Mit brüchiger Stimme intonierte er: „Svengir von Utmark, Sohn des Askenir, junger Thain der Utmark. Du trägst den Namen eines stolzen Hauses und bringst uns ein Zeichen des Friedens. Wir danken dir für diese Geste, doch nenne uns nun dein Begehr.“ Svengir atmete tief ein und verkündete dann mit fester Stimme: „Weise Druiden, erteilt mir euren Segen, auf dass ich wisse, dass auch die Vanyr des tiefen Forsts die Ehre des Hauses von Utmark anerkennen.“ Landrik blickte ihn fest an, nickte und hob die dürren Hände, um die Segensformel zu intonieren, doch dann geschah etwas völlig Unerwartetes. Ein plötzlicher Krampf durchfuhr den Körper des Ältesten, seine weit aufgerissenen Augen rollten nach hinten in den Schädel, so dass man nur noch das Weiße sah und aus seinem Mund sprach eine Stimme von unbeschreiblicher Machtfülle, männlich und weiblich zugleich klingend: „Die Wyvernkönigin, geboren in Finsternis, ihre Knochen sind nicht zermahlen. Die Wut ihres faulen Herzens ist nicht erloschen. Funke wird zu Feuer, Feuer wird zu Brand. Furcht, Leid und Verfall streckten sie einst nieder. Furcht, Leid und Verfall wird sie bringen, wenn die Nacht kommt, da sie zu neuem Leben erwacht.“ Die Stimme verklang abrupt, als ein weiterer Ruck den Leib des Alten durchfuhr und ihn zu Boden schleuderte. Erschrockene Stille umgab die Szenerie, während der junge Thain sich zu dem Alten herunterbeugte, um ihm auf die Beine zu helfen. Dann erst bemerkte er, dass das Leben aus dem Leib Landriks gewichen war. Svengir hob den Leichnam behutsam empor und wandte sich den anderen Druiden zu, die entweder nicht allzu überrascht waren oder eine beeindruckende Fassung an den Tag legten. Svengir erhob die Stimme: „Welch dunkle Worte haben wir vernommen? Wovon sprach die Stimme? Wovor will sie uns warnen? Antwortet!“ Voller Entschlossenheit starrte er die anderen Druiden an, nicht willens, ohne eine zufriedenstellende Erklärung von dannen zu ziehen. Die Alten wechselten Blicke, dann trat einer vor und sprach: „Folge uns, junger Thain. Es gibt vieles, was du erfahren musst.“ Svengirs Blick folgte der ausgestreckten Hand des Druiden, sie wies geradewegs in den nachtschwarzen Vanenforst…

« Letzte Änderung: 18 Feb 2016, 16:20:50 von Cerren Dark »
Nichts in Lorakis ist genau so, wie es scheint.

Cerren Dark

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Re: [Gerüchte und Legenden] Man munkelt...
« Antwort #13 am: 23 Jul 2016, 11:08:21 »
"Aber ich SAGE es Euch doch schon die ganze Zeit, Ihr hört mir nicht zu!!" Die Stimme des Alten gellte schrill, seine Augen huschten von links nach rechts, vom Wahnsinn durchdrungen. Er hatte sich in die hintere Ecke seines mittlerweile verwüsteten Gelasses gequetscht, fast so, als wolle er sich rücklings durch die Wand drücken. Seine Papiere, die man ihm überlassen hatte, lagen wild verstreut in der Kammer, die Gänsekiele zerbrochen daneben. Doctor Tixaos blickte sich um, doch wohin sein Blick auch fiel, überall war das Gekritzel des Alten zu sehen, auf den Blättern, auf den Wänden, selbst auf dem Boden. Nicht einmal vor dem tönernen Nachttopf hatte er Halt gemacht. Eine Welle von Mitleid erfasste den gnomischen Heiler, während er inmitten dieses Chaos stand und auf dessen Urheber herabblickte. Da lag er, wimmernd, ein Haufen Elend. Was war aus dem einst so weisen und stolzen Gelehrten geworden, der noch vor wenigen Jahren die Wahrhaftige Loge der Vorhersehung der wandelbaren Zeit angeführt hatte. In welchen Abgrund musste er geblickt haben? Tixaos schauderte ob der Frage, näherte jedoch trotzdem behutsam dem Alten mit ausgestrecktem Arm, bis er ihn sanft an der Schulter berühren konnte. Sofort zuckte der alte Gnom zusammen und sah ihn mit schreckgeweiteten Augen an. "Sie wissen alles", flüsterte er weinerlich. "Das sagtet ihr schon, doch was wissen sie?" Der Alte, von einer Welle des Zorns ergriffen, packte Tixaos am Saum und spie ihm ins Gesicht: "Alles! Alles!!! Das sagte ich doch schon!! Sie wissen alles, sie kennen alle unsere Geheimnisse!! Sie kennen unsere Namen!!" Schluchzend und kraftlos sank der Alte zurück in die dunkle Ecke. Tixaos, noch immer benommen von der Überraschung, wartete, und es schien, dass der Alte nicht wieder ins Schweigen verfallen war. Seine leise Stimme wisperte erneut aus dem Dunkel, doch jetzt ganz ruhig, fast schon sachlich... so wie einst, vor langer Zeit, als sein Geist noch nicht vernebelt war. "Die Meister der Lüge. Niemand weiß, wer sie sind, wo sie sind, doch es gibt sie, ich weiß es genau. Sie stehen im Bund mit fürchterlichen Wesen. Sie sind ihre Augen und Ohren. Unsichtbar weilen sie unter uns, beobachten, lauschen, merken sich alles. Sie wissen alles, was um sie herum geschieht, kennen jeden Einzelnen, selbst das, was niemand wissen darf. Was sie erfahren, das erfahren die Meister. Sie beherrschen die Welt, sie sind überall..." Die Stimme des Alten wurde wieder leiser. Tixaos wartete noch einen Moment, doch diesen Worten folgten keine weiteren. Er räusperte sich, beugte sich vor und fragte sanft: "Diese Meister, sind sie eine der vielen Logen unserer Stadt? Versuchen sie, im Geheimen zu Macht und Einfluss zu gelangen, vielleicht mittels Erpressung einzelner - ?" Er hatte seine Frage noch nicht richtig beendet, als das tobsüchtige Aufheulen des Alten ihn unterbrach. Wieder wurde er von den dürren fleckigen Händen des einstigen Gelehrten gepackt, doch diesmal riss ihn die Wucht zu Boden. Im nächsten Moment war der Alte über ihm und brüllte: "Du verstehst nicht! Du versteeeeehst es niiicht!!! Sie sind überall, hörst du! Überall! Über-all! Über-all" Mit jedem weiteren "Über-all" wurde Tixaos ein Stück emporgerissen und gleich wieder zu Boden gedrückt, sein Hinterkopf schlug auf dem Steinboden auf, und wieder und wieder. Dumpfer Schmerz und Benommenheit rasten durch seinen Geist und seinen Körper, die Stimme des Alten vermischte sich mit dem Rauschen des Bluts in seinen Ohren zu einem undeutlichen Dröhnen, und er fühlte sich wie ein unbeteiligter Beobachter, machtlos zur Gegenwehr, in ständigem Beobachten gefangen. Dumpfe Geräusche näherten sich polternd, der Raum drehte sich weiter, Bewegungen tanzten um ihn herum. Die Last des Alten wurde von ihm gerissen, dumpfe Stimmen echoten wie aus weiter Entfernung. Jemand beugte sich über ihn, sprach zu ihm, doch der vernahm nur das Rauschen des Blutes, dann umfing ihn gnädige Ohnmacht und der Schmerz endete...
Doch etwas beobachtete ihn in der Schwärze der Bewusstlosigkeit. Und es kannte seinen Namen.
Nichts in Lorakis ist genau so, wie es scheint.