Autor Thema: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten  (Gelesen 9789 mal)

TrollsTime

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Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« am: 29 Sep 2020, 08:25:06 »
Das Problem, das ich bei diesen Konzepten sehe: Sie sind albern.

Warte, lass mich das genauer beschreiben: Sie sind Parodien. Sie machen sich bewusst oder unbewusst über gewisse Klischees lustig.

Wären diese Charaktere von der Scheibenwelt, ich würde sagen, dann passen sie sehr gut. Aber die Welt von Splittermond ist nicht direkt als Parodie gedacht. Man kann sie so leiten, aber es kann dann zu einer Dissonanz zwischen den Erwartungen der Spielleitung und Spielern kommen.

Ich denke, ein passendes Beispiel für dein Konzept wäre Taran aus "Taran und der Zauberkessel" sowie die Hauptfiguren verschiedener Märchen aus der Sammlung der Grimms. Wichtig ist hierbei die Nachvollziehbarkeit, welche Prüfungen sie auf sich nehmen mussten, um ihre besonderen Talente zu erhalten. Denn ansonsten wirken diese Figuren halt am Ende nur wie ein Witz.

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Gerne orientiert man sich ja auch an "Herr der Ringe". Gerne an Aragorn, Gimli und Legolas. Was ja auch in Ordnung ist. Nur sind die zum Zeitpunkt der Filmreihe bereits "Vollprofis" von reichlicher Erfahrung. Die haben auch mal klein angefangen? Bereits als ausgebildete Kämpfer? Möglicherweise.
Nur was ist mit Frodo, Bilbo und Co.? War ein Großteil von denen nicht Gärtner, Bauer, Bürger oder Tunichtgut zu "Beginn des ersten Abenteuers"? Wirkten Sie lächerlich?

Eine "reine Lehre" gibt es da nicht. Ich bin nicht der Typ, der Leuten vorschreibt, wieviel Powergaming,  Bauerngaming und ihren unzählichen Varianten gut für sie ist. Ich bin nur der Typ, der gerne den Scheinwerfer auf andere mögliche Konzepte legt.
Und ja, ich bin überzeugt, dass Bauer, Barde, Bader und Co. nur deshalb teilweise so unbeliebt sind, weil zeitgenössische Systeme hierfür nichts spieltaugliches auf den Markt warfen. Vieles ist Gewöhnung, das kann man ändern.
Der Rest ist Geschmack, den muss man nicht ändern.

Aus Sicht der Gruppe sind eh immer folgende Fragen entscheidend:
-- Welches Powerlevel wollen wir?
-- Wie glaubwürdig soll sich das Powerlevel ingame erklären müssen?
-- Wie exotisch darf es sein?
-- Wie "normo" soll es sein?
-- Darf/soll es eine "Powerlevelschere" geben in der Gruppe?
-- Was erwarte ich vom Spielleiter in Sachen Spotlight (Reicht ein spannender Kampf oder soll jeder Fertigkeitsschnippsel angespielt werden?)
...
« Letzte Änderung: 29 Sep 2020, 08:29:35 von TrollsTime »
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SeldomFound

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #1 am: 29 Sep 2020, 08:37:06 »
Das Problem, das ich bei diesen Konzepten sehe: Sie sind albern.

Warte, lass mich das genauer beschreiben: Sie sind Parodien. Sie machen sich bewusst oder unbewusst über gewisse Klischees lustig.

Wären diese Charaktere von der Scheibenwelt, ich würde sagen, dann passen sie sehr gut. Aber die Welt von Splittermond ist nicht direkt als Parodie gedacht. Man kann sie so leiten, aber es kann dann zu einer Dissonanz zwischen den Erwartungen der Spielleitung und Spielern kommen.

Ich denke, ein passendes Beispiel für dein Konzept wäre Taran aus "Taran und der Zauberkessel" sowie die Hauptfiguren verschiedener Märchen aus der Sammlung der Grimms. Wichtig ist hierbei die Nachvollziehbarkeit, welche Prüfungen sie auf sich nehmen mussten, um ihre besonderen Talente zu erhalten. Denn ansonsten wirken diese Figuren halt am Ende nur wie ein Witz.

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Nur was ist mit Frodo, Bilbo und Co.? War ein Großteil von denen nicht Gärtner, Bauer, Bürger oder Tunichtgut zu "Beginn des ersten Abenteuers"? Wirkten Sie lächerlich?


Nein, weil man ihre Prüfungen gesehen hat, mit denen sie an ihre Fähigkeiten gekommen sind.

Aber deine Beispielscharaktere wie der Süßwaren-Alchemist oder der Kung-Fu-Koch fangen alle schon direkt mit ihren besonderen Tricks an. Du zeigst nicht, was für Prüfungen sie erleben mussten, um an diese besonderen Sachen zu kommen. Sie können es einfach, weil du es so schreibst.

Somit wirken sie für mich auf Parodien, welche die Unsinnigkeit über diese Trennung zwischen besondere SC und gewöhnliche NSC aufweist, die nur auf Zahlen und nicht auf Geschichte beruht.

Und weil es für mich Parodien sind, sind sie für mich vielleicht amüsant, aber am Ende halt nur Witzfiguren. Ich kann sie nicht ernst nehmen. Da fehlt bei deinen Beispielen einfach der Schmerz!

Die Frage ist: Willst du, dass man deine Ideen Ernst nimmt? Oder sind sie tatsächlich als Scherz, als Parodien gedacht? Willst du dich eigentlich über die Trennung zwischen SC-Held und gemeines NSC-Volk lustig machen und der Welt den Eulenspiegel vorhalten? Dann mach weiter, dass kannst du sehr gut. Aber wenn dir die Sache ernst ist, dann tut es mir Leid. Ich kann das bei dir nur schwer unterscheiden.


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« Letzte Änderung: 29 Sep 2020, 08:43:22 von SeldomFound »
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TrollsTime

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #2 am: 29 Sep 2020, 09:23:44 »
Das Problem, das ich bei diesen Konzepten sehe: Sie sind albern.

Warte, lass mich das genauer beschreiben: Sie sind Parodien. Sie machen sich bewusst oder unbewusst über gewisse Klischees lustig.

Wären diese Charaktere von der Scheibenwelt, ich würde sagen, dann passen sie sehr gut. Aber die Welt von Splittermond ist nicht direkt als Parodie gedacht. Man kann sie so leiten, aber es kann dann zu einer Dissonanz zwischen den Erwartungen der Spielleitung und Spielern kommen.

Ich denke, ein passendes Beispiel für dein Konzept wäre Taran aus "Taran und der Zauberkessel" sowie die Hauptfiguren verschiedener Märchen aus der Sammlung der Grimms. Wichtig ist hierbei die Nachvollziehbarkeit, welche Prüfungen sie auf sich nehmen mussten, um ihre besonderen Talente zu erhalten. Denn ansonsten wirken diese Figuren halt am Ende nur wie ein Witz.

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Nur was ist mit Frodo, Bilbo und Co.? War ein Großteil von denen nicht Gärtner, Bauer, Bürger oder Tunichtgut zu "Beginn des ersten Abenteuers"? Wirkten Sie lächerlich?


Nein, weil man ihre Prüfungen gesehen hat, mit denen sie an ihre Fähigkeiten gekommen sind.

Aber deine Beispielscharaktere wie der Süßwaren-Alchemist oder der Kung-Fu-Koch fangen alle schon direkt mit ihren besonderen Tricks an. Du zeigst nicht, was für Prüfungen sie erleben mussten, um an diese besonderen Sachen zu kommen. Sie können es einfach, weil du es so schreibst.

Somit wirken sie für mich auf Parodien, welche die Unsinnigkeit über diese Trennung zwischen besondere SC und gewöhnliche NSC aufweist, die nur auf Zahlen und nicht auf Geschichte beruht.

Und weil es für mich Parodien sind, sind sie für mich vielleicht amüsant, aber am Ende halt nur Witzfiguren. Ich kann sie nicht ernst nehmen. Da fehlt bei deinen Beispielen einfach der Schmerz!

Aaah, jetzt sehe ich klarer! Vielen Dank!
Aber an der Stelle musst du strikt unterscheiden:

1.) Nicht ernst gemeinte Konzepte
-> Gibt es nicht (in Reinform)! Was es gibt, sind aber Konzepte, die zweifellos albern sind oder für einen "Slapstick"-Stil vorgesehen sind
Hierzu zählt sicherlich  das "Le Baguette"-Konzept. Absolut. Das habe ich als solches aber auch ausdrücklich gekennzeichnet.
Wer es gerne ein bisschen albern mag oder "Wushu kämpfende Köche" mag, dem sei das Konzept angeraten, alle anderen sollten tunlichst die Finger davon lassen.

2.) Der Zuckerbäcker als Alchimist
Hier zwei Gedankengänge:
A) Nahrungsmittel, die für ein spieltechnisches "Wohlbefinden" sorgen sollen, lassen sich derzeit im Crunch nur über Alchemie abbilden. "Hochwertige Nahrung", die beispielsweise CON-Proben um 1 erleichtern, sind regeltechnisch über Elixiere QS0 abzubilden. Das ist nunmalso. Ingame ändert das nichts am professionellen Koch/Konditor. Das ist das Handwerk, das er gelernt hat. Den Werdegang muss man nicht erklären.
B) Verschiebung hin zum Giftmischer.
Hmja, da stimme ich dir zu. Regelseitig ist das überhaupt kein Problem, weil Alchimie nach A) ja eh aktiviert werden muss. Ingame bzw im Fluff sollte man da mal in sich gehen, wie sich dieser Werdegang ergab, sonst kann das unglaubwürdig oder albern wirken.

3) Kampffertigkeiten
Zustimmung. Bei späteren Konzepten im Thread habe ich da bewusster getrennt. Nach dem Motto:
i) Die "light-Variante" sieht so aus:...
ii) Wer es gerne kämpferischer mag, dem seien diese Tips oder Gedankengänge ans Herz gelegt...

4) Messlatte und Gegenkritik
Ich beobachte gehäuft, dass bei Kämpfer und Co., insbesondere beim 10. Wunderkind mit gestapelten Fähigkeiten ohne Ende, den besten Lehrmeistern, dem supertollen Schwertgeschenk etc. schnell durchgewunken wird. Dabei ist das keinen Deut realistischer, glaubwürdiger oder authentischer als ein zB Barbier mit Klingenwaffen 6.
Ich stimme zu: Wer eine in der Mehrzahl gedachter Zuhörer/Gruppenmitglieder ungewöhnliche Wahl in den Fertigkeiten o.ä. trifft, sollte mal in sich gehen und wenn möglich eine schöne ingame Erklärung für die zB hohe Kampffertigkeit finden, wie zB "vom väterlichen Freund bzw Fechtmeister ausgebildet, da in der Vergangenheit uswusf.

Zitat
Die Frage ist: Willst du, dass man deine Ideen Ernst nimmt? Oder sind sie tatsächlich als Scherz, als Parodien gedacht? Willst du dich eigentlich über die Trennung zwischen SC-Held und gemeines NSC-Volk lustig machen und der Welt den Eulenspiegel vorhalten? Dann mach weiter, dass kannst du sehr gut. Aber wenn dir die Sache ernst ist, dann tut es mir Leid. Ich kann das bei dir nur schwer unterscheiden.
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Das eine schließt das andere nicht aus. Deshalb entsteht hier die Verwirrung.
Zum "Le Baguette"-Konzept, dass sich eher oben auf der "Albernheitsskala" liegt, habe ich ja schon oben was geschrieben.
Allerdings ist es dennoch für ernstere Gruppen nicht zwecklos. Ich habe teilweise die Erfahrungen gemacht, dass man aus anfangs eher nicht ernsten, ja albernen Ideen, manchmal - nach schrittweiser Reduzierung der Albernheitskomponenten - doch zu was tauglichem kommt.

Dann gibt es BauerngamingPLUS-Konzepte, die sich stante pede in jede städtische Kampagne einfügen lassen. Ich persönlich achte immer auch auf Fertigkeiten, an die man vielleicht zuerst gar nicht erst gedacht hätte.
ZB hat bei mir JEDER Zimmermann/Dachdecker gute bis sehr gute Werte in Akrobatik (zumindest bzgl Balance).
DAS ist ABSOLUT ernst gemeint.

Dann gibt es sicherlich Konzepte mit einem Augenzwinkern. Vielleicht kann ich das hier und da noch deutlicher machen.
Manchmal ist das auch einfach Gusto, wieviel Humor man haben will:
Der Kanalarbeiter in seiner Reinform eignet sich für Grim-n-Gritty-Abenteuer oder FilmNoir-Varianten mittelalterlichen/renaissancemäßigen Touches a la "Das Parfüm" und Co.
Addiert man dann ein passendes Relikt und den Doppelsprung-Zauber aus dem Magieband (der seinerzeit sogar einem Redakteuer mir gegenüber als "SuperMario-Spruch" bezeichnet wurde) hat man dann das exakte Gegenteil: Einen Jump-N-Run-Charakter und damit meist eine Parodie, auf die nicht jeder Bock hat. Und Zwischenformen sind natürlich auch denkbar
Wähle, aber wähle weise...

Eine reine Lehre werde ich nicht offenbaren (wollen). Ich mache nur unterschiedliche Angebote. Das Feld des BauerngamingPLUS ist groß.
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Skavoran

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #3 am: 29 Sep 2020, 09:45:10 »
Vielleicht mal ein paar persönliche Anmerkungen aus meiner Rollenspielerfahrung:

1) Exotische Charakter an sich sind kein Problem, es kommt auf die Spieler an

Habe mich das letzte Jahr über an DND versucht. Einige Spieler da hatten auch einen exotischen Geschmack, was dafür gesorgt hat, das unsere Gruppe größtenteils aus Trollen, Katzenmenschen und Wesen aus der Anderswelt (oder wie das bei DND heißt) bestanden hat.

Das war aber nie ein Problem!

Was ein Problem war, war das der Spieler, der den Troll gespielt hat ingame permanent Streit angefangen und irgendwann aus Spaß an der Freude ein Stadtwache ermordet hat, woraufhin unsere Gruppe nach und nach im Knast gelandet sind (bis auf den Katzenmensch aber das nur am Rande).

Das Problem war also, das der Spieler die Sache nicht wirklich ernst genommen hat, das hatte aber nicht viel mit dem Charakter zu tun.
Wäre er ganz ernsthaft gewesen, hätte er vielleicht auch nicht unbedingt einen Troll spielen wollen, aber das Spiel mit abartigem Ingame-Verhalten crashen hätte er auch mit einem Waldläufer oder selenischen Ritter.
« Letzte Änderung: 29 Sep 2020, 10:07:30 von Skavoran »
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Skavoran

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #4 am: 29 Sep 2020, 09:52:37 »
2) Gut durchdachte Konzepte sind immer besser als 0815

In einer meiner ersten Runden waren eigentlich nur unerfahrene Spieler.
Die haben, was eigentlich gut wäre, erstmal nur die Standard-Konzepte für ihre Charakter ausgesucht (Adeliger, Kämpfer, Waldläufer etc.).

Aber leider konnten sie mit diesen oberflächlichen Konzepten intuitiv so wenig anfangen, dass das Charakterspiel massiv gelitten hat.

Hätte einer von denen z.B. einen Tiertrainer oder auch einen gnomischen Drogenkoch (Grüße an Trolli an dieser Stelle ;)) spielen wollen und hätte dafür eine generelle Vorstellung gehabt, was für eine Art Charakter er eigentlich verkörpern will, wäre ich dämlich gewesen das abzulehnen.

Vielleicht hätte es nicht allen Runden gepasst, aber das Charakterspiel wäre es wert gewesen.

Das heißt natürlich nicht das alles erlaubt sein sollte, aber das spezielle, aber glaubwürdig gespielte Charakter eigentlich immer besser funktionieren, als flache.

Und ich glaube das gilt gerade für Anfänger.
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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #5 am: 29 Sep 2020, 09:59:01 »
3) Man sollte nicht alles tun was man darf

Ist mir gerade bei Forenspielen aufgefallen, wo tendenziell erfahrene Spieler einfach ein nettes Abenteuer unter gleichgesinnten erleben wollten und dann ein paar Chaoten kamen die das allerexotischste was sie im Kopf hatten auch mal ausprobieren wollten (bevor ihr das denkt, ich meine auf keinen Fall TrollsTime, der hat sich immer um glaubwürdiges Charakterspiel und eine Art harmonisches Chaos bemüht und ich persönlich habe gar nichts daran auszusetzen).

Es geht mir eher um die, die dachten Auftragsmörder mit hochgepumpten Kampfwerten und ohne Background könnten eine gute Ergänzung für eine ansonsten normale Gruppe sein.
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Skavoran

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #6 am: 29 Sep 2020, 10:04:41 »
Und als letztes noch zum Spielgefühl, jetzt speziell auf Splittermond bezogen.

Ich finde da TrollsTimes generellen Ansatz entweder bewusst krasse Normalos oder richtige Exoten zu nehmen eigentlich sehr gut.

Da lädt Lorakis auch dazu ein. Es gibt viele Musterbeispiele für klassische Charakter, die deshalb aber noch lange nicht flach sein müssen; z.B. finde ich die Schwertrichter und Furgand-Priester eine gelungene Abwechslung ohne exotisch zu werden.

Und gleichzeitig gibt es mit dem Baukastensystem und noch stärker der freien Generierung immer die Möglichkeit mal etwas ganz anderes zu erstellen ohne regeltechnisch zu früh an Grenzen zu stoßen.

Edit: Und das Balancing bleibt auch gewahrt, aber da ist ja speziell bei Bauer-Gaming das kleinere Problem.
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TrollsTime

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #7 am: 29 Sep 2020, 10:54:25 »
Und als letztes noch zum Spielgefühl, jetzt speziell auf Splittermond bezogen.

Ich finde da TrollsTimes generellen Ansatz entweder bewusst krasse Normalos oder richtige Exoten zu nehmen eigentlich sehr gut.
...

Danke für deine Unterstützung, aber da muss ich leider zart widersprechen: Tatsächlich mag ich gerade die Mischung.
Oder andersrum ausgedrückt. Wenn ALLE nur Geschichtslehrer, Chaffeure, Barkeeper uswusf gewohnheitsmäßig!) spielen wollen (wie bei uns seinerzeit bei Cthullhu), würde ich wahrscheinlich auch eher ein Pladoyer für klassische Kämpfer und Magier.

Mir geht es auch keinesfalls darum, dass in einer "KEMZ"-Gruppe* ab morgen plötzlich alle Klempner, Schneider, Barbiere und Bauern spielen sollen. Nichts liegt mir ferner.
Einer KEMZ-Gruppe würde ich aber sehr wohl empfehlen, mal einen Bauern miteinzubinden und einen Mischcharakter.

Und was Powergaming-Gruppen betrifft: Gerne, kann Spaß machen, aber geht auch auf Basis eines bäuerlichen Konzeptes.

Und den Gruppen, die viel wert auf Abenteuertauglichkeit wert legen: Ja, insbesondere das ist auch möglich. An reinem Bauerngaming (klassisch) habe ich eben kein Interesse.
Hatte ich in der Vergangenheit mehrfach ausprobiert und für mich festgestellt,
a) dass es nicht lange Spaß macht
b) dass es oft eben gerade nicht sooo realistisch ist, wie teilweise herbeigebetet.

Und Bauerngaming(wörtlich), das man zu ernst nimmt, bockt mich irgendwann auch nicht an.
Beispiel: Wir hatten mal eine bäuerliche Runde aus einem Bauernsoldaten, einem verarmten Adligen, einer Schweinemagd und einem verirrten Magier ohne Ausrüstung (**). Da gab es dann zwei, drei bäuerliche Plots rund um das Dörfchen Keilersfried (selbstredend ging es da meist um Schweine) und dann ging es Richtung klassisches DungeonCrawl und die SC entwickelten sich zu echten Helden.
---

*KEMZ = Klischee einer Gruppe, die sich im Grunde auf "Krieger, Elf, Magier, Zwerg" wie bei DSA1 oder HeroQuest runter brechen ließe.

** Herrjeh, das hatte tatsächlich Elemente sowohl von wörtlichem Bauerngaming als auch klassischem Bauerngaming in Form abgespeckter Spielfiguren
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TrollsTime

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #8 am: 30 Sep 2020, 11:39:43 »
Habe mir Seldom's Kritik mal zu Herzen genommen und bei den neueren Konzepten immer ein Beispiel für "der Weg ins Abenteuer" gegeben. Natürlich subjektiv. Natürlich gäbe es auch andere.
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FieserMoep

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #9 am: 15 Okt 2020, 03:53:29 »
Nur was ist mit Frodo, Bilbo und Co.? War ein Großteil von denen nicht Gärtner, Bauer, Bürger oder Tunichtgut zu "Beginn des ersten Abenteuers"? Wirkten Sie lächerlich?

Beziehen wir uns eigentlich auf die Filme oder Bücher? Naja, das mal dahin gestellt:

Das Problem was ich hier sehe ist, dass Charaktere wie Frodo, Bilbo und Co. mMn ganz bewusst als Gegenstück zu unseren strahlenden Helden geschrieben wurden. Man kann in Tolkien hineininterpretieren was man will, der Mann hätte es wahrscheinlich eh verneint, aber letztendlich sind das für mich Atypische Inserts die eben zeigen sollen das auch die vermeintlich Kleinen und Schwachen tolle Helden sein können. Mit dem Hobbit hat es ja nicht zuletzt als Kindergeschichte angefangen.

Die Sache ist, ein Buchcharakter wird natürlich auch nur Herausforderungen bekommen die das Narrativ der Geschichte weiter bringen. Das funktioniert so im PnP schlicht nicht. In der Buch/Film Geschichte wird es immer einen Grund oder ein zufälliges Ereignis geben, das der Person im Falle "unpassender" Herausforderungen aus der Patsche hilft. Notfalls auch wortwörtliche Plotarmor aus Mithril.

Als die Gefolgschaft von den Uruk Hai überfallen wird, da verreckt Boromir und zeigt uns das es um was ging. Die Hobbits werden wegen einer Verwechslung gefangen genommen. Warum überleben die? Nicht weil sie etwas geleistet hätten. Auf dem ollen Turm wird Frodo von Ringgeistern angegriffen. Warum überlebt Frodo? Weil der tolle Typ ne Fackel hat und je nach Geschichte Glorfindel oder Arwen den Tag retten. Läuft.

Ich will nicht argumentieren das die Geschichte nicht darauf hinaus läuft was für starke Persönlichkeiten und Helden die Hobbits sind. Die Sache ist nur: Wäre da keine Plotconvinience, die Jungs hätten gute Chancen in einem 0815 SpliMo Starterabenteuer zu verrecken.

Man kann Bauern spielen, die können auch nur Bauern Fertigkeiten haben nur es muss eben auch die Kampagne dazu passen. Besonders die Frage: Warum tun sich das andere an, den Typen am leben zu halten, sollte gut beantwortet werden. Im Herrn der Ringe widmen wir dieser Frage den gesamten Kernplot.

Wer also den Tischlermeister spielen will der aus welchem Grund auch immer Goblins oder was auch immer jagen will. Der braucht sich je nach Setting nicht wundern wenn er ähnlich erfolgreich wie die Gruppe aus Folge 1 von Goblin Slayer ist. Ob einem das Spaß macht, sicher. Für alles gibt es Leute denen es Spaß macht. Nur wie immer sollte so etwas einfach mit den Spielern als auch der Spielleitung der Gruppe abgeklärt werden.

Und ganz am Rande. Ein PC der sich nur darüber definiert Dächer decken zu können, der ist genau so langweilig wie ein Soldat der sich nur als Soldat identifiziert. Persönlichkeit ist weit mehr als nur die jeweilige Profession und das ist wo ein Charakter mMn erst interessant wird. Ob man da jetzt einen Straßenfeger oder Söldner spielt ändert am Ende nur wie erfolgreich man Quests zum Straßenfegen meistert oder ein Scharmützel überlebt.

PS: Keine Ahnung wie das Konzept eines Barden Teil von Bauernspielen ist.

TrollsTime

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #10 am: 15 Okt 2020, 06:41:28 »
Solche Schwarzweißposts regen mich am morgen nur auf. Am Besten meine Posts nochmal lesen.

Kurz: ich schätze es, wenn ein SC als Normo anfängt und zum Helden heranwächst. Niemand hat behauptet, dass der Maurer ständig vorhat eine Mauer zu bauen.
Nochmals: Es gibt genug Filmbeispiele von Normos, die über sich hinauswachsen oder überraschende Fähigkeiten haben ohne gleich Berufssoldat und Co. zu sein. Funktioniert auch im Rollenspiel...ist nicht schwer... wenn man nicht immer sklavisch vom Magier oder Topkrieger denkt.

Zu guter letzt (schrieb ich aber auch schon dutzendfach) kann beispielsweise auch ein Bauer viele nützliche Fertigkeiten mitbringen, die sich sowohl aus seinem Beruf ergeben als auch abenteuertauglich sind. Da braucht es nicht viel Fantasie.

EDIT: Herr der Ringe hängt ja gerade ohne Ende als Vergleich für eine typische Gruppe. Gimli, Legolas und Co. sind fast alle erfahrene Krieger und damit per se nicht als Vergleich für einen Anfängersc geeignet. Tatsächlich scheinen Frodo und Co. neben "der Schildmaid Rohans" die einzigen "Anfängercharaktere" zu sein, da noch recht unerfahren.
« Letzte Änderung: 15 Okt 2020, 06:53:12 von TrollsTime »
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Yinan

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #11 am: 15 Okt 2020, 10:18:25 »
Nochmals: Es gibt genug Filmbeispiele von Normos, die über sich hinauswachsen oder überraschende Fähigkeiten haben ohne gleich Berufssoldat und Co. zu sein.
Und an der Stelle muss ich dann aber auch FieserMoep zustimmen, dass da hauptsächlich daran liegt, weil der Plot es halt verlangt, dass sie erfolgreich sind.

Nur weil etwas in Film und Buch funktioniert, heißt das nicht, dass das auch im P&P so funktioniert. Hier entscheidet nicht der Plot bzw. der Autor, ob jemand erfolgreich ist, sondern hauptsächlich das Probenergebnis und damit der Würfelwurf. Und wenn man da keinen relevanten Fertigkeitswert hat in Fertigkeiten, ja dann wird man auch nicht sonderlich erfolgreich sein...
Wenn nicht anders gesagt, dann befassen sich meine Aussagen zu Regeln niemals mit Realismus oder Simulationismus, sondern nur mit Balancing.
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Xandila

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #12 am: 15 Okt 2020, 10:49:18 »
Natürlich gibt es in Filmen und Büchern viele Beispiele von Bauern und Co, die viel schaffen und die über sich herauswachsen.
Aber oft haben sie eben entweder Hindernisse, die genau auf das zugeschnitten sind, was sie gerade können/finden/haben oder eben Helfern an ihrer Seite, die stärker sind. In dem Herr-der-Ringe-Beispiel haben sie beides. Gibt auch die Variante, daß die Figur angeblich "nur" ein Bauer/Knappe/... ist, aber tatsächlich so viel kann und es so viel besser als andere kann, daß sie im Rollenspiel unmöglich auf dem selben Level wie der Rest sein kann oder nach anderen Regeln erstellt sein müßte (oder der Spieler schummeln müßte :D ) - Kurik bei David Eddings Elenium-Saga ist ein perfektes Beispiel dafür. Garion aus seiner Belgarionsaga ist anfangs tatsächlich nur ein Küchenjunge mit wenig Kenntnissen und Fähigkeiten, der im Laufe der Saga tolle Fähigkeiten entwickelt. Der hat dafür aber wieder eine ganze Gruppe aus den besten Helden und Zauberern der Welt um sich herum, würde Anfangs ohne sie nix schaffen, und wird nur aufgrund seiner Abstammung und seines Potentials, was aber nur den beiden mächtigsten Gruppenmitgliedern bekannt ist, mitgenommen.

Also von daher: ich verstehe durchaus, woher du den Reiz in solchen Figuren siehst. Aber daß sie in Film und Buch oder auch in Märchen und Sagen funktionieren, das liegt daran, daß die Geschichten um sie herum gesponnen wurden. Und das bedeutet nicht, daß diese Konzepte genau so auch im Rollenspiel funktionieren - weder vom Spielen noch vom Erstellen. Du kannst bei Splittermond ja schlicht keinen erstellen, der wirklich nur das kann, was ein Bauernjunge können würde und nicht wenigstens irgendwas, was irgendwie abenteuertauglich wäre. Bei DSA geht das schon eher, aber auch da mußte ein Bekannter seinem recht abenteueruntauglichen Kontoristen manche wirklich beeindruckende Fähigkeiten verpassen, um GP und AP auszugeben.

Jeong Jeong

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #13 am: 15 Okt 2020, 10:53:46 »
[...] Aber deine Beispielscharaktere wie der Süßwaren-Alchemist oder der Kung-Fu-Koch fangen alle schon direkt mit ihren besonderen Tricks an. Du zeigst nicht, was für Prüfungen sie erleben mussten, um an diese besonderen Sachen zu kommen. Sie können es einfach, weil du es so schreibst.

Somit wirken sie für mich auf Parodien, welche die Unsinnigkeit über diese Trennung zwischen besondere SC und gewöhnliche NSC aufweist, die nur auf Zahlen und nicht auf Geschichte beruht.

Und weil es für mich Parodien sind, sind sie für mich vielleicht amüsant, aber am Ende halt nur Witzfiguren. Ich kann sie nicht ernst nehmen. Da fehlt bei deinen Beispielen einfach der Schmerz!

Die Frage ist: Willst du, dass man deine Ideen Ernst nimmt? Oder sind sie tatsächlich als Scherz, als Parodien gedacht? Willst du dich eigentlich über die Trennung zwischen SC-Held und gemeines NSC-Volk lustig machen und der Welt den Eulenspiegel vorhalten? Dann mach weiter, dass kannst du sehr gut. Aber wenn dir die Sache ernst ist, dann tut es mir Leid. Ich kann das bei dir nur schwer unterscheiden.

Jackie Chan hat früher ja häufiger Normalos gespielt, die zufällig auch Kung Fu Meister waren (in Mr. Nice Guy ja sogar den genannten Kung-Fu-Koch). Die Filme waren natürlich auch immer lustig, aber hatten genauso auch ernste und teilweise sogar traurige Momente. Ich denke diese Konzepte können prinzipiell in alle Richtungen gehen.

Early

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Re: Kritik an manchen Bauerngamingkonzepten
« Antwort #14 am: 15 Okt 2020, 11:02:47 »
Aber man kann ja durchaus einen Bauern spielen, der weder lächerlich wirkt (Parodie), aber trotzdem fähig ist und damit "scheinbar" über sich hinaus wächst.

Beispiel: Ein Bauer, der körperlich sicherlich fit ist und weiß, wie er einen Dreschflegel/Sense zu schwingen hat und vielleicht schon mal seinen Hof/Familie gegen einen Strauchdieb verteidigen musste, halte ich für einen durchaus bedrohlichen Gegner (zumindest für die Gegner, die ein Anfängerchar zu Gesicht bekommt).
Oder ein "einfacher" Holzfäller: Stellt euch doch mal vor, da kommt ein 2m Hüne mit einer dicken Axt auf euch zu. Selbst wenn der keine formale Kampfausbildung hat und die Axt nur sein Werkzeug ist, finde ich diesen einfachen Normalo durchaus interessant für einen Abenteuer ohne, dass es unlogisch/wie eine Parodie wirkt, wenn der ein paar Ratlinge auseinandernimmt.

Im Rollenspiel sind die Gegner und Hindernisse doch auch auf die Helden zugeschnitten (genau wie im Buch) oder wann mussten sich die Anfängerhelden das letzte mal mit einem ausgewachsenen Drachen anlegen?
« Letzte Änderung: 15 Okt 2020, 11:13:08 von Early »