Müßte nicht bei der Absicht gerade für die an "storygetriebener" Spielweise Interessierten Unterstützung zu bieten, das Regelsystem ganz grundsätzlich storygetrieben ausgerichtet sein?
[und später]
Will man WIRKLICH storygetrieben spielen, braucht man auch ein Regelsystem, das die Story in den Mittelpunkt setzt! - Kleinteilige Simulationsregeln, wie sie Splittermond derzeit bietet, tun dies nicht nur nicht, sondern behindern geradezu einen Storyfokus.
Nein, denn keiner hat gesagt, dass Splittermond
gerade für die storygetriebene Spielweise gedacht ist, sonder nur, dass es
auch diese Spielweise unterstützen soll.
Hmm, ich denke der Ansatz ein Mainstream-Rollenspiel zu machen (und das ist ja zumindest unsere Absicht - die Geschichte mag beurteilen ob es uns gelingt), schließt aus, einen bestimmten Stil zu sehr zu forcieren. Wenn wir die schwerpunktmäßig die Storyteller bedienen würden, würden andere Spielertypen ganz schnell Splittermond in die Tonne kloppen.
Wir versuchen da eine Gradwanderung und nach überwiegenden Feedback - auch von sehr unterschiedlichen Spielertypen - zufolge gelingt uns das bislang ganz ordentlich.
Ich spiele viele sogenannte "Storygames", welche in ihren Mechaniken, ihren Regeln tatsächlich die Geschichte, die Dramaturgie in den Vordergrund stellen. In diesen Systemen findet man keinen simulativen Ansatz der Regeln, sondern diese sind klar nicht-simulativ, sondern cinematisch/storygetrieben aufgebaut.
Richtig, die kenne und spiele ich auch teilweise. Aber dies ist eben nicht unser Ansatz bei Splittermond. Wir wollen nicht eine Spielweise forcieren, die die Dramaturgie in den Vordergrund stellt, sondern diese Spielweise als eine unter mehreren (so gut es geht) gleichberechtigt unterstützen. Dass andere Systeme, die maßgeschneidert eine spezielle Zielgruppe bedienen wollen, die Bedürfnisse eben dieser Gruppe besser bedienen - geschenkt.
Man hätte natürlich auch einen ganz anderen Design-Ansatz wählen können, bei dem es ein sehr, sehr schmales Kernregelset gibt, auf das man je nach Spielweise verschiedene Module aufflanscht, also etwa: Grundregeln+Simulations-Kampfmodul+Light-Magieregeln für eine Kampftaktiker-Runde und Grundregeln+Narratives-Story-Subset+Light-Erweiterungsregeln für die Erzählspieler, etc.
Diese Design-Philosophie ist auch sehr charmant und ich hätte da durchaus auch gefallen dran gefunden, aber es wurde sich nunmal anders entschieden. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass wir stärker das Gefühl vermitteln wollen, dass alle Splittermond-Spieler mehr oder weniger dasselbe Spiel spielen.
Wenn ich aber die Splittermond-Regeln, soweit bekannt, anschaue, dann ist hier doch im Kern ein hochsimulatives Regelwerk vorhanden, welches bisher jedenfalls KEINE erkennbare Ausrichtung auf "Cinematik" oder "Storygetriebenheit" aufweist.
...
Wo sind denn die in den Splittermond-REGELN vorhandenen "storygetriebenen" Mechaniken?
Hmm, wir haben mAn schon auch einige Ansätze in dieser Richtung. Beispiele:
-Die Splitterpunkte, also Dramapoints, die cinematisches Spiel unterstützen und mMn auch in "Storygames" verbreiteter sind als in Hardcore-Simulationen
-Die Mondsplitter bzw. die SC als Splitterträger, herausgehobene Figuren in der Welt, die das Geschehen vorantreiben.
-Unser (zugegebenermaßen bislang noch prominent vorgestelltes) Ressourcen-System mit Kontakten, Vermögen, Status, Rang, etc., das seine Wurzeln in White Wolfs Storyteller-Systemen nicht verleugnen kann und den Hintergrund der SC stark in ihre Generierung einbindet
Wie gesagt, hier wird nirgendwo mit Erzählrecht-Zuteilungen oder Aspekten gearbeitet, aber das wäre mMn auch nicht mehr der von uns angestrebte Mainstream.
Wenn ich die Feinkörnigkeit des Tick-Systems, die detaillierten Angaben von Waffenwerten, Zauberreichweiten, usw. anschauen, dann sind diese das genaue GEGENTEIL dessen, was man in einem storygetriebenen System fände.
Wie ich oben ausgeführt habe, muss man diese Aspekte gar nicht so feinkörnig wahrnehmen, aber ich gebe zu, dass Mook-Regeln (die ich mir nebenbeibemerkt gut als optionalen Regelzusatz als DLC oder in einem Supplement vorstellen könnte - ich möchte selbst gerne welche) ein storygetriebenes Spiel stärker unterstützen würden.
Wie gesagt: Handwedeln und dabei die Regeln IGNORIEREN, halte ich nicht mehr für "nach den Splittermond-Regeln" spielen. Dann spielt man ein anderes Spiel, keines, das irgendetwas mit Splittermond zu tun hat.
Tja, hier haben wir scheinbar unterschiedliche Ansichten.
Ich sehe es eben so, dass man das selbe Werkzeug (und das sind ja Regeln schlussendlich) auf verschiedene Arten einsetzen kann. Dennoch benutzt man das selbe Werkzeug.
Nochmal eine Metapher: Ich kann mit einem Drehmomentschlüssel exakt austarieren, wie fest ich eine Schraube anziehe und zwar auf den Nm genau, ich kann ihn aber auch einfach dafür benutzen, die Schraube "einfach irgendwie festzudüdeln - Hauptsache fest". Trotzdem habe ich in beiden Fällen mit einem Drehmomentschlüssel eine Schraube festgedreht.
Dabei ist es übrigens nicht immer so, dass die Numbercruncher die Regeln wichtig nehmen und die Storyteller nur per grober Kelle. Das mag bei meinem Kampf-Beispiel oben so sein, aber wenn wir unser Ressourcen-System anschauen, kann das ganz anders aussehen:
Hier benutzt möglicherweise o.g.
Gruppe 1 die Ressource
Kontakte nur dafür, um in der richtigen Situation noch einen Bonus von +3 auf Recherchen zu bekommen und den
Mentor, um einen seltenen Zauber zu lernen.
Für
Gruppe 2 sind die Kontakte hingegen die Möglichkeit ein Beziehungsgeflecht zwischen ihren Charakteren und deren Umwelt zu entwerfen und aus der
Mentor 3-Ressource wird der gemeinsame Sensei von dreien der fünf Charaktere, der sie bereits in ihrer Jugend (in der zwei der Charaktere eine Romanze hatten) stets zu neuen Herausforderungen gedrängt hat und auch jetzt in jedem zweiten Abenteuer auftritt, Aufträge gibt oder gerettet werden muss.
Das ist jetzt vielleicht etwas platt formuliert, aber was ich damit sagen will: Wir wollen verschiedenen Regelelemente anbieten und sind uns bewusst, das Spielrunde A vielleicht das eine Regelelement toll finden und häufig einsetzen, während sie das andere eher links liegen lassen und nur rudimentär bespielen. Bei Spielrunde B sieht es vielleicht gerade entgegengesetzt aus.
Wir wollen, dass alle das Splittermondregelwerk so einsetzen, dass es für ihre Spielrunde passt.
Es gibt nicht
die eine Art Splittermond zu spielen und bei allen anderen Möglichkeiten sagen wir "Du spielst unser Spiel falsch! So wie du es spielst, ist es kein Splittermond!!!"
Greetz
Drakon
P.S. Ich gebe immer gerne ausführlich Antwort. Man muss mir ja nicht immer zustimmen, aber manchmal würde man sich über ein: "Ah, ich verstehe deine Argumentation, kann sie aber nicht teilen. Trotzdem vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast, so gut es geht meine Fragen zu beantworten." freuen - vor allem, wenn man eigentlich gerade Splittermondtexte mit enger Deadline abgeben müsste....