Feedback zum Splittermond-Schnellstarter (Version 1.1)
Am letzten Wochenende haben wir in unserer Spielgruppe zum zweiten Mal eine Partie Splittermond mit den Schnellstarter-Regeln gespielt. Der erste Spieltermin war noch mit der ursprünglichen Version 1.0 durchgeführt worden und behandelte das Schnellstarter Abenteuer. Die daraus resultierenden Anmerkungen hatte ich in verschiedenen Threads im Forum schon gefunden, daher hatte ich das Feedback nicht an die Splittermondmacher geschickt, ich wollte dafür auf die aktualisierte Fassung des Schnellstarters und einen weiteren Spieltest warten.
Das ist nun geschehen, wir haben das Fanabenteuer „Der Goldene Kompass“ gespielt. Im Folgenden gehe ich einfach das Änderungsdokument durch und schreibe meine Meinung zu den einzelnen Punkten auf und ergänze das an passenden Stellen durch Kommentare zu den restlichen Regeln. Man verzeihe mir die Unordnung des Beitrags aber es ist zu warm um das nochmal ordentlich aufzubereiten
Archetypen
- Die Archetypen gefallen mir grundsätzlich sehr gut, die Geschichten sind interessant zu lesen (aber dennoch angenehm kurz und kompakt) und man kommt gut in die Charaktere rein. Das Splittermond ein Attributs- und Fertigkeitensystem verwendet finde ich völlig ok und habe daran auch grundsätzlich nichts auszusetzen. Den Entschluss Geschicklichkeit zu streichen finde ich positiv, wenn ein Attribut nicht ins Gesamtbild passt muss es weg.
- Die Splitterfähigkeiten der Archetypen finde ich extrem unausgewogen. Der Blitz von Tiai ist im Kampf derart stark, dagegen wirken alle anderen Splitterfähigkeiten wie lächerliches Beiwerk. Die anderen sind untereinander recht ausgewogen, aber der Blitz ist einfach völlig neben der Spur, insbesondere durch die Regeländerung dass das Auslösen von Zaubern nun 3 Ticks benötigt...
- In beiden Spieltests waren bis auf Eshi alle Charaktere mal beteiligt, neben Tiai wurde nur Keiras Splitterfähigkeit verwendet um Risikowurf-Patzer zu verhindern, der Rest erwies sich als untauglich im Vergleich zu den sonstigen Einsatzmöglichkeiten der Splitterpunkte
Erfolgsgrade
- Die Erfolgsgrade finde ich grundsätzlich eine gute Idee. Allerdings nur dann, wenn sie auch entsprechend mit Regeln unterfüttert werden. „Der Goldene Kompass“ macht hier mit den Ergebnistabellen viel richtig, genau so muss es sein, die einzelnen Erfolgsgrade ergeben unterschiedliche Informationen. In jedem offiziellen Abenteuer sollten die Proben so unterfüttert sein, bei der Bestie von Krahorst fehlte mir so etwas, ich hatte den Eindruck das Abenteuer wäre unabhängig von den Regeln geschrieben worden (und eigentlich noch schlimmer: auch unabhängig von den Archetypen, ein einziges Mal kam ein Hinweis wie man die Archetypen ins Abenteuer einbinden kann und das war nach Version 1.0 noch irreführend (Arrous Zauber um den Stier zu besänftigen was nach Zaubertext gar nicht möglich war, wurde jedoch mit 1.1. geändert).
- Ob die Erfolgsgrade nach oben gedeckelt werden (max. 4) oder offen sind halte ich für beinahe egal, offen spart eine Regel und belohnt wirklich gute Probenergebnisse, also finde ich diese Änderung gut.
Triumph und Katastrophe
- Das Konzept finde ich grundsätzlich in Ordnung, wobei ich sagen muss das ich insgesamt auch sehr gut darauf verzichten könnte. Wenn eine Probe schlecht gelingt und dementsprechend eine Anzahl negativer Erfolgsgrade nach sich zieht ist das meist schon negativ genug, da brauche ich nicht auch noch eine Katastrophe. Und ich denke auch ein wirklich guter Schmied/Kletterer/Kämpfer braucht keine künstliche X-Prozentige Chance auf einen fatalen Fehlschlag.
- Die Änderung von +/- 10 zu 3 Erfolgsgraden passt soweit, ich fand die alte Regelung jedoch grundsätzlich schöner und zwar aus dem Grund, dass bspw. bei einem Angriff die Erfolgsgrade ja erst dann zum Tragen kommen wenn der Angriff auch trifft. Wird der Angriff jedoch abgewehrt verpuffen die Erfolgsgrade einfach. Das geschah beim Spieltest gleich zweimal und war etwas frustrierend.
- In diesem Zusammenhang kurz der für mich persönlich schwerwiegendste negative Punkt des ganzen Regelsystems: Der Risikowurf. In beiden Spielen wurden zu mindestens 95% nur Risikowürfe gemacht. Die Wahrscheinlichkeit zu patzen ist zwar deutlich höher als mit dem normalen Wurf, aber nicht so hoch als das es den erwarteten Nutzen ausgleichen würde. Wenn dann die Schwierigkeiten für Proben, Zauber etc. noch auf dem (nie genutzten) Standardwurf basieren sind Risikowürfe einfach lächerlich simpel und die Zauber bzw. Proben erhalten oft wahnsinnig viele Erfolgsgrade. Hier passte für mich einiges nicht zusammen. Der Risikowurf braucht ein irgendwie geartetes anderes Risiko oder die Schwierigkeiten des Spiels müssen sich tendenziell eher am Ergebnis des Risikowurfes orientieren. Vielleicht sehen das andere Gruppen anders, aber für mich war das ein riesiger Negativpunkt.
Splitterpunkte
- Schaden mit Splitterpunkten verhindern ist sehr gut und wurde weit häufiger genutzt als alle anderen Einsatzmöglichkeiten, auch weil die Schwierigkeiten durch die Risikowürfe viel zu einfach waren (siehe oben).
- Zunächst war ich der Meinung der nachträgliche Einsatz von Splitterpunkten sowie das nachträgliche Ansagen der Aktiven Verteidigung wären gut und sinnvoll, nach dem Spieltest muss ich das aber etwas revidieren. Gerade die Verteidigung fand ich vor dem Wurf angenehmer, da sie so weniger häufig angewendet wird und den Spielfluss nicht so stark verzögert. Splitterpunkte nachträglich ist aber ok, hier handelt es sich schließlich um eine OG-Währung.
Kampfsystem
- Initiative-Änderung passt, jetzt muss man auch hier hoch würfeln was ich gut finde
- Das kontinuierliche Aktionen abgebrochen werden können ist grundsätzlich gut, auch die Entschlossenheitsprobe passt dafür ganz gut, dennoch muss ich sagen finde ich die Trennung nach sofortigen und kontinuierlichen Aktionen sperrig und fände eine Angleichung sehr viel besser. Das Thema wird ja an anderer Stelle im Forum bereits besprochen, aber diese Mischung funktioniert im Spiel nicht besonders gut meiner Meinung nach. Wenn ein Magier auf Entfernung einen Zauber vorbereitet und dann der Feind aber noch vorher Laufen und mit der Zweihandaxt zuschlagen kann macht das Magiersein weder Spaß noch Sinn. Wir hatten das Gefühl das die Magier im Kampf ständig auf die Fresse bekamen (Höhepunkt war der Endgegner des Abenteuers, Tenno San der einen einzigen Zauber machen durfte bevor er von der Abenteurer-Übermacht erschlagen wurde).
- Das Vorrücken nach einem fehlgeschlagenen Angriff fand ich nicht gut. Wenn ein Spieler mit einer schweren Waffe daneben langt ist er teilweise 20 Ticks lang nicht mehr dran, alles andere als Spielspaßfördernd. Meist ist es schon schädlich genug nicht getroffen zu haben, da muss nicht noch eine zusätzliche Bestrafung sein.
- Meisterschaften erhöhen die Schwierigkeit um +3: Warum? Das ist eine wirklich schlechte Änderung in meinen Augen. Gerade die Meisterschaften sollen doch das besondere eines Charakters hervorheben, seinen Kampfstil und seine Waffe unterstreichen. Wenn jedoch Meisterschaften die Schwierigkeit erhöhen ist die Trefferchance geringer, damit die Chance höher danebenzuschlagen, was wiederum zu höheren Tick-Strafen führt. Bei uns wurden nach dem ersten Erlebnis dieser Art keine Kampfmeisterschaften mehr eingesetzt. Es würde denke ich völlig ausreichen (wenn Einschränkung von Meisterschaften zu dieser Regel führte) zu sagen das ein Charakter während eines Angriffs nur eine Anzahl Meisterschaften verwenden darf die seinem Grad entsprechen oder eine andere simple Regel zu verwenden.
- Dabei noch ein grundsätzliches Problem von mir (und meiner Gruppe) zu den Kampfregeln: Es wird wahnsinnig viel gerechnet. Das stört den Spielfluss und lies rollenspielerische Beschreibungen im Kampf kaum zu. Da auch das Ticksystem (welches ich grundsätzlich sehr gut finde) eine eher taktische Herangehensweise an den Kampf fördert hatten wir eher Tabletop-Metaspiel als schöne cineastische Kampfabfolge.
- Bewegung im Kampf: Die Regeländerung ist gut, ein bisschen Grundbewegung bei jeder Aktion muss einfach sein.
- In der alten Version des Schnellstarters gab es noch die taktische Aktion, die habe ich in der V1.1 sehr vermisst. Warum wurde die rausgelassen? Da wir sonst hauptsächlich Aventurien-Fate spielen fiel damit die einzige Möglichkeit, im Kampf mal was anderes als Angreifen/Zaubern/Rumlaufen zu machen weg. Wie würdet ihr z.B. das Bewerfen des Gegners mit Sand um ihn zu blenden abhandeln? Beim ersten Spieltest haben wir das als taktische Aktion behandelt die dann dem Gegner für eine gewisse Zeit einen Taktischen Nachteil verpasst.
Gesundheit und Schaden
- Die geänderten Abzüge sind gut
- Heilung erschien uns auch in Ordnung, kam jedoch nur einmal vor und ging da (wie die meisten Proben) sehr einfach
- An dieser Stelle nochmal ein Aufruf: kleine Zwischengegner wie Rattlinge oder abgewracktes Diebesgesindel sollte weniger Lebenspunkte haben. Wir haben zum Start des Abenteuers einen Kampf gespielt, die Abenteurer Tiai, Arrou und Meira gegen 4 Strauchdiebe (Klingenwaffen 7, Verteidigung 15, 6 Lebenspunkte, Dolche). Ab Tick 20 kamen zwei weitere Diebe hinzu. Dieser Kampf allein hat etwa 90 Minuten gedauert. Das war viel zu lang trotz relativ flüssigem gewürfel und wenig rollenspielerischer Füllmasse. Aber vor allem war der Kampf überhaupt nicht spannend, es ging im Grunde nur darum langsam die kleinen schwachen Gegner niederzuknüppeln. Hier hätte ich mir eine Mookregel sehr gewünscht (auch wenn ihr die ja bewusst nicht vorgesehen habt).
Zauberei
- Das System mit den drei Fokusverbrauchsarten gefällt mir gut, die Änderungen der Kanalisierung finde ich ebenfalls sehr schön, einfach so lang wirken wie der Zauberer das möchte ist einfach und funktioniert.
- Da jedoch die Risikowürfe fast immer zu sehr hohen Ergebnissen führten wurde bei Zaubern fast immer alles was ging weggespart, das war etwas komisch aber hab ich ja weiter oben schon angemerkt.
- Was die Änderung des Zauberauslösens von 1 auf 3 Ticks bringen soll hat bei uns niemand verstanden. Ich vermute das soll dazu dienen das Zauberer nicht ganz so lang bei ihrer Zauberprobe unterbrochen werden können, aber halte ich für eine unglückliche halbgare Regelung. Und vor allem spart Tiais Blitz nun zweimal einen Tick beim Zaubern ein...
- Für Fernkampfwaffen gilt natürlich das selbe, auch hier waren die drei Ticks irgendwie eine Verschlechterung der bestehenden Regel.
- Die Änderung der Zauber- und Fernkampfreichweiten sind gut
Das solls erstmal gewesen sein, ich hoffe ihr könnt ein paar Erkenntnisse aus dem geschriebenen herausziehen. Ich muss aber leider als Fazit schreiben das der zweite Spieltest kein wirklich positives Gefühl bei mir und meiner Gruppe zurückgelassen hat. Ich hatte gehofft ein schönes, rundes System für Termine bei denen ein Spieler ausfällt zu finden das ein wenig „durchgeplanter und simulationistischer“ daherkommt als Aventurien-FATE was wir sonst spielen. Aber es sind doch (noch?) zu viele Macken im System die bei mir eher Skepsis auslösen das Splittermond in unserer Runde gespielt werden wird.