Das ist tatsächlich mal ne Stilfrage. Mir sind bisher drei Varianten des Briefspiels aufgefallen.
1.) Das Romanspielsystem. Einer denkt sich einen schönen Plot aus, setzt ein Startposting und diejenigen, die mitmachen wollen schreiben die Geschichte bis zu einem weiteren Punkt weiter und spielen so mit der Geschichte quasi Ping Pong.
Das Positive ist an diesem Spiel natürlich die Intensivität, die Charakterentwicklung und der künstlerische Aspekt. Das ganze wird wie ein gutes Buch und kann sehr schnell auch ein richtig dickes Buch werden, ohne dass man es merkt.
Das Negative - es ist sehr zeitaufwendig, da man an so einer Geschichte schnell mal Monate dran sitzt, weiterhin schließt es diejenigen, die zu spät gekommen sind meist aus und diese müssen dann lange Zeit warten, bis sie eine Möglichkeit finden, einzusteigen. Dadurch verliert man auch oft Spieler. Genau so droht die Geschichte irgendwann einzuschlafen. Zudem haben diese Plots durch ihre Langsamkeit für das Umfeld, gerade bei offenem Ausgang kaum Einfluss, behindert auch andere, die u.U. auf das Ergebnis des Plots warten müssen, um ihren eigenen Plot zu initiieren. Nicht-Mitspieler werden bei den Textwüsten, die oft gerne auch einfach nur die Gedanken der einzelnen Chars darstellen (schlimme Sache!) auch nicht die große Lust entwickeln, sich das durchzulesen.
Eine Varianz dieses Spiels ist auch, dass man vorab den groben Rahmen festlegt und die Spieler direkt darum bittet, auf eine gewisse Spielsituation hin zu spielen. Diese Spieler stellen sich aber auch schnell als Motivationsfresser heraus, weil man nicht die Freiheit hat wie beim offenen Plotausgang.
2) Dynastiespiel - Man spielt eine komplette Familie, das meiste Spiel besteht aus irdischer Koordination und Absprache. Man versucht sein Netzwerk zu spannen, plant seine Intrigen und Heldentaten, schreibt Briefe mit Einladungen oder Fehdeerklärungen an Rivalen, verfasst Hochzeitsangebote an Nachbarspieler und versucht sich bei Wahlen oder Entscheidungen als passender Kandidat zu positionieren. Die Ereignisse des Spielers werden oftmals nur in kleinen Zeitungsanzeigen zusammen gefasst, Absprachen mit anderen Spielern werden schnell über Mail, Skype oder Messenger mit anderen abgeklärt. Früher nutze man vor allem Fanzines zur Veranschaulichung der persönlichen Plots, inzwischen sind es weitesgehend Wikis, welche die Funktion der Fanzines ablöst. Auch das Romanspiel hat dabei inzwischen schon vereinzelt einzug in die Wikis erhalten, welche damit die Mails und Mailinglisten als Plattform abzulösen drohen.
Das positive daran: Es geht schnell und ist nicht viel Aufwand, zudem ist man stets in der Lage, sich der offiziellen Geschichtsschreibung zeitlich anzupassen. Ein einfaches Statement z.b. bei Machtwechseln, auf wessen Seite man sich nun begibt kann zum zweizeiler werden, aber sofort Potential für eine hand voll neuer Plots bieten.
Der Nachteil: Es ist sehr simulatorisch, der kulturelle Aspekt besteht meist nur aus den Zeitungsartikeln, welche meist mehr Kleinod sind denn ein wirklich erfüllendes Werk, der Action-Faktor ist sehr gering.
3.) Der Convent-Stil. Ja tatsächlich, auch sich irgendwo Larpmäßig auf ner Burg zu treffen und einen seiner Briefspielchars dort zu spielen kann starke Impulse fürs eigene geben. Der direkte Austausch mit den Mitspielern im persönlichen Gespräch sorgt meist dafür, dass man eine Antriebsfeder fürs "was kommt als nächstes" bekommt. Vom Prinzip her bietet die conleitende Orga ein stimmiges Konzept an, in dem die Spieler ihre Region live erleben können, der Plot selbst stellt meistens eine Situation dar, die bei Conende nicht gänzlich abschließend ist, sondern Impulsgeber für den Austausch und die Verarbeitung des erlebten untereinander.
Der Vorteil: Das Spiel ist sehr intensiv und persönlich, nichts beflügelt das eigene Spiel mehr wie ein persönliches Treffen und der Austausch mti Mitspielern an einem Tisch. Das "Communityfeeling" kommt so am besten rüber.
Der Nachteil: Es ist richtig teuer. Heutzutage muss man für einen Gewandungscon über ein Wochenende locker zwischen 60 und 120 Euro zahlen. Die Gefahr besteht für diejenigen, für die so etwas nicht in Frage kommt oder die ihn aus diversen Gründen ausfallen lassen müssen den Anschluss ein wenig zu verlieren, bzw. sich ein wenig in Richtung Aussenseiter bei folgeplots zu bewegen. Auch braucht es für viele Überwindung, sich einfach so in eine Gewandung zu packen, welche auf solchen Events normalerweise schon gewünscht sind. (Anders dürfte das bei P&P-Briefspielcons sein, auf einem solchen war ich jedoch noch nicht, da kann ich nicht für sprechen, wie es da abläuft.
Soweit die mir bekannten derzeit praktizierten Formen des Briefspiels. Es gab wohl tatsächlich auch mal Würfeltabellen, welche aussagten, "Wie reich ist mein Baron" oder sowas, mEn haben sich diese Formen aber auch nicht durchgesetzt, bzw. sind aus der Landschaft verschwunden. Hab ich was vergessen?