Das jedem auf Lorakis ein magisches Grundpotential offen liegt, ist regeltechnisch schon durch die Errechnung des Fokuspools erklärt. Auch habe ich zumindest die Beschreibungen bislang immer so gelesen, dass jedem meist aus seinem Alltag bestärkte intuitive Grundformen ihrer Magieschule zufallen können. Deshalb wirkt der Bauer eher die einfachen Routinen der Magieschule Natur, der Dieb Schattenmagie, der Athlet Stärkung.
Dies schließt nicht aus, dass ein Bauer eher einen Hang zu Feuer, der Dieb zu Licht und der Athlet zu Bannzauber haben könnte. Durch den Alltag dieser Menschen aber werden ihre intuitiven Vorlieben weniger gefördert und seltener zu ihrer Wirkung kommen und sich zwangsläufig weniger entfalten können.
Dieser intuitive Zugang zur Magie erklärt auch die freie Zauberauswahl beim erreichen einer neuen Fertigkeitsschwelle.
Wie sich diese allzeit präsente Magie letztlich auswirkt ist mMn nur zu geringen Teilen als nachschlagbarer Zauber in den Regelwerken abgedruckt. Ganz ehrlich, wer braucht den unter-Grad-0-Zauber der Magieschule Wasser "Zerstäuber", den ein Rosenzüchter nutzt, um seine filigranen Pflanzen mit winzigsten Schüben Wasser zu benässen?
Ich denke, hier lassen sich zuviele von den bestehenden Zaubergraden und den Zaubern ablenken. Rein theoretisch verfügt jeder Charakter über einen durch die Attribute gegeben Grundwert in den Magieschulen, die mMn aus Gründen der Übersichtlichkeit und der Regelwuchseindämmung dem einzelnen Spieler/NSC-Charakter einfach entzogen werden. Die bestehenden Zauber des Grades 0 sind mMn schon die mächtigsten, regelrelevantesten und vom Charakter erprobten Auswüchse dieser Startbegabung. Das schließt natürlich nicht aus, dass diese Listen noch umfangreicher werden könnten.
Und damit komme ich auch endlich wieder auf das Thema zurück. Mal ganz davon abgesehen, dass es wahrscheinlich keine DIN oder ISO für den Standardkerker in Selenia noch auf ganz Lorakis geben wird, werden die meisten echten oder vermeindlichen Strafttäter kaum einmal eine andere konkrete Bedrohung für Büttel, Wächter und Kerkermeister bieten, wie in diesem vielgenannten Mittelalter.
Fesselwerk, Pranger und die gängigen Verstümmelungen würden mMn daher für die breite unfreie Masse ausreichen, außer wenn der Wächter eine besondere Abneigung gegen ein wenig Sprühregen hat. ("Zerstäuber" Schmelze, Zuckerwächter! Schmelze!)
Zu den potenteren Straftätern, womit ich nicht nur ihre magische Macht meine, fallen mir diverse Möglichkeiten ein, die hier auch schon erwähnt wurden. Ob nun die dragorische unmittelbare Todesstrafe oder die möglichst unversehrte Gefangennahme, die Unterbringung in einem magisch versiegelten Drecksloch oder der Hausarrest in einer Suite, wird mMn eher von den Möglichkeiten des Lehnsherren und dem relevanten Ressourcen des Strafttäters (Stand/Ansehen) abhängig sein, als von sonstigen Begebenheiten.
Ja, ich rede von Politik. Wo nichts ist, dass sollte direkt platt gehauen werden.
Bei einem hochmagischer Räuberhauptmann wird der Kopf vollkommen ausreichen, nicht anders bei einem pyromanischen Bauernjungen, einer mörderischen Diebin oder einem betrügerischen Athlet, so wenn politische Nachwehen nicht zu erwarten sind. Da lohnt sich die Gefangennahme zumeist einfach nicht. Ganz im Gegenteil, da eine Gefangennahme zumeist einen höheren Aufwand und eine höhere Wahrscheinlichkeit von unbezahlbaren Verlusten bedeutet.
Bei Leuten von Stand oder gutem Ruf wird es, aus der Sicht unbekümmerter Landesherren, womöglch einfach nur ein wenig delikater diesen auf die Pelle zu rücken. Abhängig vom Grad der Ressource und der Unbekümmertheit des Herrn. Hier sind jedoch mindestens gute Beweise gegen den Anklagten notwendig und zuverlässige Leute gefragt, die glaubhaft vermitteln können, dass sich der vermeindliche Bösewicht seiner Verhaftung auf ungehörige Weise entziehen wollte. Ein Szenario, dass ich wirklich nicht für allzu abwegig halte.
Kommt es zur Inhafttierung kann es, wie oben bereits angedeutet, wieder enorme Unterschiede geben. Eine Geisel z.B. ist zwar ein Gefangener, wird aber nicht immer zwangsläufig wie Dreck behandelt. Geiseln haben da einfach einen ganz anderen Status und es liegt zumeist im Interesse des Herrn, dass die Geisel überlebt. Entweder weil er sich davon ein Erpressungssümmchen erhofft oder die Geisel (meist als Sicherheit) Bestandteil eines Handels ist. Das kann Kerker bedeuten, aber auch gehaltvolle Abendessen an Geiselnehmers Banketten. In einigen Fällen auch ganz ohne den Zwang magischer Ketten.
Aber zu den Kerkern selbst.Wie gesagt, glaube ich nicht, dass Kerker für "Hochpotente" irgendwo auf Lorakis genormt sind. Es wird aber Art und Weisen geben, die sich bewährt haben und in manchen Regionen verbreiteter sind als in anderen. Auch das wird wieder abhängig davon sein, ob und wie sich man sich auf sie vorbereitet hat und/oder Ressourcen für solche Fälle bestehen.
Der Alltag in einem Kerker wird wohl eher dadurch bestimmt, was sich dort einmal eingebürgert hat. Die Schliesser und Wächter besuchen auch keine Schule, sondern erhalten ihre Lehre ausschließlich vor Ort, womöglich kombiniert mit vorangegangen Lebenserfahrungen. In einem Kerker in dem sich z.B. viele Bestandteile der Bannmagie bewährt haben, würde auch nur das Nachfolgern näher gebracht werden. In anderen Kerkern werden andere Magieschulen und Strategien verwendet. Das hat natürlich zur Folge, dass der eine Aus-/Einbrechermeister in dem einen Fall mit wenig Widerstand zu rechnen hat, bei anderen sich einfach die Zähne ausbeißt.
Auch denke ich, dass man nicht allgemein über Kerker nachdenken sollte, sondern auch über sogenannte Gruben, in denen die Gefangenen einfach hineingestoßen werden, so dass Wächter und Wachen nur den Eingang sichern müssten. Portale zu Anderswelten hätten womöglich einen ähnlichen grausigen oder auch irritierenden Effekt (Hannibal Lecter im Pink-Plüsch-Land oder so ähnlich). Eine Anlage mit gestapelten "Todesschläfern", die als Idee schon in diese Diskussion eingeworfen wurde. In Fels eingeschlossene Gefangene ähnlich der Eisernen Jungfrau. Unter Wasser errichtete Kuppeln aus Luft, die regelmässig von den Wächtern aufgefrischt werden müssen. Endlose Labyrinthe. Fokisaugende Riesenvenusfallen.
Mir ist klar, dass viele diese Ideen kompetenzen Abrufen würden, die mit den gegebenen Regeln nicht verwirklicht werden könnten. Einfach schon, da etwaige Zauber, Meisterschaften o.Ä. nicht erwähnt werden, wie auch der "Zerstäuber"-Spruch. Nicht alles kann in einem P&P-Grundregelwerk abgedeckt werden, was man sich vorstellen könnte, dass ist uns hoffentlich allen klar. Ich hoffe schon, dass der Magieband sich etwas über Bannzauber und Magieunterdrückung auslassen wird. Weiter bin ich mir aber sicher, dass es wohl kaum einen eigenen Band für die Innenausstattung von Kerkern geben wird, noch dass alle erdenklichen Möglichkeiten die eine Fantasie-Welt bieten könnte abgedeckt werden.
Manches wird stets ausschließlich in den Händen des Spielleiters und seiner Spieler bleiben, und ich fänd es sehr schön, wenn dieser Hintergedanke der Redaktion aber auch den heißgeliebten Regelreitern
nie gänzlich abhanden kommen würde.