Ich habe zwar den anderen Thread ein wenig gelesen, und auch den dort wiederum verlinkten Thread, aber nach einem Jahr ist es durchaus sinnvoll sich (nochmal) evtl. neue Gedanken zu machen.
Es gibt bei Kriminal-Szenarien im Rollenspiel eine häufige Beobachtung:
Hellsicht-Magier ruinieren Detektivgeschichten.
Ein Zauberer, der mittels Magie Gedanken lesen kann, läuft immer Gefahr, den Täter mittels eines einfachen Zaubers zu entlarven, und den vorbereiteten Plot über den Haufen zu werfen. Manchmal ist plötzlich auch die Elfe die beste Freundin des Hauptverdächtigen, der ihr alle pösen Pläne haarklein erzählen soll. Und wehe, wenn er es nicht tut. Lorakis ist nun eine ausgewiesen magische Welt – Magie gehört in vielen Sachen zum Alltag. Worauf sollte man achten, wenn Zauberei nicht das Privileg weniger auserwählter, sondern Teil des Alltags ist?
Die Frage beantworte ich idR NICHT so wie im Blog (Rezension zum Fanabenteuer "Felsentief"):
Zum anderen die Magie. Hier bin …
Dann kommt der Zauberer, liest einmal in den Gedanken, und alles ist klar. Ich dachte, Lorakis ist eine magische Welt, in der Magie zum allgemeinen Leben dazugehört. Ich bin davon ausgegangen, dass der Verhörmagier bei einer durchschnittlichen großen Wache Standard ist.
Darin liegt das Problem und der Fehler. "Wir" stellen uns leider vor, daß in einer hochmagischen Welt automatisch immer alle Funktionen omnipräsent verfügbar sind!
Das kann nicht sein! Der durchschnittliche Bewohner einer magischen Welt hat mit Sicherheit idR noch gar überhaupt nichts von hochspezialisierten Gedankenlese-Zaubern oder Antagonisten gehört und kann sicher wenig mit den "heldenüblichen Plot-Killer-Fähigkeiten" anfangen.
Der Bauer kann seine Tiere beruhigen (das konnte jeder gute Hirte schon immer, z.B. durch Flötenspiel) oder die Feldfrüchte besonders prächtig gedeihen lassen (indem er real eine sog. "Grünen Daumen" hat, oder einfach intuitiv oder durch Beaobachtung/ Erfahrung die beste Feldfrucht auf den richtigen Acker bringt, statt wie heute üblich das Feld an die gewünscht Feldfrucht durch Düngung, Bewässerung, Chemikalien und Überbauung / Gewächshaus anzupassen).
Ein Schmied vermag es in einer solchen Welt sicher, einen besonderen Gegenstand zu schaffen, aber das kann man heute auch wenn man die entsprechenden Bedingungen herstellt – in einer Phantasy-Welt ist das eben die Magie.
Daß der magische Heiler ganz andere Möglichkeiten hat als selbst die beste Koriphähe steht dabei auf einem anderen Blatt und ist wohl ausschließlich der Akzeptanz durch die Käufer und es soll durchaus Systeme geben, in denen ein Kampf radikale Konsequenzen hat wie langwieriger Heilungsprozess, Invalidität und sogar letale Folgen für den sog. "Helden"…
Als erstes sehe ich mir mal an, was das Splittermond-Regelwerk an Hellsichts- bzw. Erkenntnismagie anbietet.
…
Ich persönlich würde sagen, dass ein hoher Adliger Zugriff auf einen Gedankenleser hat, die durchschnittliche Stadtwache aber eher nicht… (Felsentief: 1; Ackerknecht: 0)
Was gibt es also auf niedrigerem Niveau an magischen Hilfsmitteln für den lorakischen Ermittler? Erste Anlaufstelle ist natürlich die Erkenntnismagie: Auf Rang 2 gibt es hier „Einstellung erspüren“, das ziemlich nützlich sein dürfte. Weit verbreitet unter Ermittlern könnte auch „Magie erkennen“ sein, das ja schon auf Stufe 0 verfügbar ist.
STOP!
Warum ist "Erkenntismagie" die erste Anlaufstelle?
Diese Äußerung zeigt doch schon wieder deutlich, daß hier nicht die Sichtweise des einfachen Stadtgardisten sondern des allwissenden Spielleiters im Vordergrund steht.
Woher und warum weis denn der Wachoffizier davon welchen Methoden und welche Arten von Magie es ind er großen weiten Welt gibt? Oder anders gesagt, frag doch mal einen belibigen Automechaniker wie die Teile gefertigt werden, die er so tagtäglich in Autos verbaut…
Warum ich das als Beispiel nehme? Nun, der Mecho kann heutzutage vielleicht noch identifizieren welches Teil defekt oder Ursache für ein Problem ist, ohne Internet kann es sogar leicht sein, daß er evtl. nicht mal das kann (fehlendes Diagnoseprogramm) oder das Teil nicht mal ersetzen kann (z.B. wg. Handlings- und/oder Werkzeugproblemen).
…
Die Stärkungsmagie hat auf Stufe 1 die Formel „Zunge des Diplomaten“ im Angebot. Die Kooperationsbereitschaft eines Verdächtigen könnte der Ermittler auch mit der Formel „Einstellung verbessern“ (Beherrschung 1) und der Meisterschaft „Einfühlsamkeit“ (Ebenfalls Beherrschung, Schwelle 1) erhöhen. Ein anderer Ansatz, den ich persönlich aber nicht ohne das ausdrückliche OK meiner Gruppe verfolgen würde, wäre der Zauber „Furcht“.
Nun, das kann dann aber auch der Gegenspieler nutzen, nix also was ein Alleinstellungsmerkmal oder gar etwas besonderes wäre – frei nach dem Motto, was die Charaktere können, dürfen die Gegner auch nutzen!
Die Einschränkung "Furcht" nicht zu nutzen wiederum ist für mich genauso unzulässig. Warum sollte ein "Ermitler", der idR hochnotpeinliche Befragungen kennt und durchführt nicht auch dies magisch unterstützen – macht keinen Sinn in einer hochmagischen Welt.
…
Was kann die andere Seite, gegenüber von Recht und Gesetz, an Magie nutzen? Das Regelwerk enthält eine ordentliche Auswahl an lichtscheuen Zaubern. Ich hau einfach mal ein paar Formeln raus: Falsches Gesicht, Unauffälligkeit, Verhüllung, Schattensprung, Gesicht ändern, …
Wie würde ich aber, als fieser Oberbösewicht, der mit magischen Ermittlern rechnet, meinen ruchlosen Plan umsetzen? Wenn ich einen gedungenen Schergen schicke, wie kann ich meine magische Einflussnahme verschleiern? Die Beherrschungsschule hat hier ein paar Mittel zur Verfügung: „Willenloser Diener“ ist mir persönlich zu brachial, die „Erinnerungslücke“ finde ich hingegen elegant. Am interessantesten finde ich aber die „Suggestion“, vor allem in Verbindung mit der Schwelle 2-Meisterschaft „Schläfer“.
Ich bin froh, daß in diesem System auch die Gegner anständige Möglichkeiten haben!
…
Nun erschaffe ich (als SL) eine Handvoll NSC, von denen jeder ein starkes Motiv hat, den aufzuklärenden Mord zu begehen – und einer von ihnen hat die schicksalshafte Suggestion erhalten, es auch wirklich zu tun.
Die Spuren werden dadurch verschleiert, das jeder der Verdächtigen es auch wirklich aus eigenem Antrieb gemacht haben könnte: Eine verstoßene Liebschaft, eine Konkurrentin, ein Soziopath – vielleicht auch ein religiöser Eiferer? Vielleicht gibt es ja in der betreffenden Ortschaft einen Kult von Darunwal, Uryat oder einem anderen, eher finsteren Gott…
Warum nicht gerade wenn ich viele Verdächtige habe SOFORT magische Mittel einsetzen?
Auch hier erschließt sich mir nicht warum das Spuren verschleiern soll, zumal doch weiter oben vorausgesetzt wird, daß jeder (kleine) mittlere bis größere Potentat automatisch über alle magischen Funktionen verfügt….
Um das ganze mal auf das von mir kritisierte* "Felsentief" herunterzubrechen:
Ich würde mir den Plottwist "Die Helden werden als Mörder verdächtigt" in diesem Szenario sparen. Ein Zwergenkönig sollte immer schnell einen Gedankenleser zur Hand haben, und das entsprechend aufklären können. Das "Unter Verdacht"-Setting eignet sich hier besser für ein kleines, abgelegenes Dorf, wo die staatliche Justiz weit weg, dafür der Lynchbaum nahbei ist.
Und ich würde die Ermittlung offener gestalten: Mehrere Verdächtige (Ideen s.o.), und einer davon steht unter dem Bann des Erzbösen.
Ich hab das Abenteuer jetzt nur überflogen, aber ich sehe nicht warum ein "Zwergenkönig […] immer schnell einen Gedankenleser zur Hand haben…" sollte…
Ich schreibe ja selber Szenarien und Abenteuer (die mangels Ausführenden – Modern "Gest[er]schreiber" genannt – nie die Veröffentlichungsqualität von "Felsentief" erreichen) und muß mich immer der Problematik stellen.
Meine Erfahrung ist, daß nicht die Geschichte schlecht ist, wenn sie die Möglichkeiten der Spielwelt nicht haarklein berücksichtigt, vorhersieht, einbezieht und möglichst "regeltechnisch korrekt" aushebelt, sondern daß es immer wieder Spieler gibt die partout gegen die Geschichte, die Gruppe, den Spielleiter spielen, ganz so wie im Computerspiel oder MMORPG und bestenfalls "funktionale Allianzen" akzeptieren (Heiler, Fernkämpfer, Hellsichtsmagier, Wildniskundigen, …)
Und ,muß es unbedingt wieder dieser unverständliche Anglzismus sein, der sich (mir) nur durch
Wikipedia = > (Weitergeleitet von Plottwist) erschließt? Warum nicht einfach "Ereignisverlauf", wie es in Wikipedia benannt wird unter
Handlung (Erzählkunst) steht.
Beste Grüße
a.
* Kritik steht auf meinem Blog.
Verlinkung zum Nachlesen wäre schön – wenn schon der Hinweis erfolgt.
Mein ganzer Beitrag klingt jetzt fast nach "Haßtirade" gegen ackerknecht und ist sicher nicht frei von Zynismus, Sarkasmus und den schlechten Erfahrungen, die man in langen Jahren als Spielleiter macht.
Dem Eindruck der "Haßtirade" widerspreche ich – das sind meine Kommentare nicht. Mir ist die Person (bewußt) nicht bekannt und ich hege auch keinerlei negativer Gedanken gegen ihn und seine Arbeit, seinen Blog oder sonst was – im Gegenteil, Personen wie Du achte ich egal ob ich ihrer Meinung bin, nur ich "fetzte" mich dann auch gerne im Web mit jedem der sich auf dieses dünne Eis wagt.
Sein Worte sind lediglich Aufhänger, Anlaß und Inititiv um meine Sichtweise darzustellen und …
LEIDER ist so ein Nachsatz heutzutage notwendig!