Autor Thema: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)  (Gelesen 8785 mal)

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #30 am: 26 Mai 2024, 02:59:37 »
Die Helden setzten bei ihren weiteren Nachforschungen auf mehrere Spuren: Zuerst wandten sie sich an ihre „Auftragsgeber“, das Adelshaus Ka. Diese sollten ihre lokalen Handelskontakte nutzen, ob irgendwo Mondstein günstig zum Kauf angeboten wurde. Wenn die Diebe ihre Beute zu Geld machen wollten, würde das eventuell Aufsehen erregen.
Gleichzeitig hörte sich Luo in dem Viertel um, wo der Überfall auf die Schmuggler stattgefunden hatte. Unterstützt von seinen eigenen Unterwelt-Kontakten hoffte er, Augenzeugen zu finden, denen während oder vor dem Überfall etwas aufgefallen war. Und der von den Dieben erbeutete Wagen und die Zugtiere konnten sich auch nicht in Luft aufgelöst haben. Die Räuber waren sicherlich in Eile und eventuell verwundet gewesen. Vielleicht war ihnen ein Fehler unterlaufen…
Tatsächlich brachte dieser Rechercheansatz den ersten Erfolg: Luo identifizierte einen Straßenhändler, der zumindest indirekt an dem Überfall beteiligt gewesen sein musste. Als er und Akira den Mann verhörten, knickte der Straßenhändler schnell ein: Er gab zu, für den zwergischen Anführer der Diebe als Späher und Helfer gearbeitet zu haben. Dieser hatte ihn schon vor einer ganzen Weile rekrutiert und für verschiedene Hilfsdienste eingesetzt. Dem Händler war die Sache allerdings jetzt über den Kopf gewachsen. Dass Blut geflossen war und er sich die Triaden zum Feind gemacht hatte, machte ihm fast genauso viel Angst, wie sein Auftraggeber. Leider konnte er nichts zu dessen Aufenthaltsort, Identität oder Verbindungen sagen. Er lieferte aber wertvolle Informationen zum Verbleib der Beute. Der gestohlene Mondstahl war in den „Gärten der Asche“ versteckt worden. Dieser Teil Palitans stand seit einer Feuerbrunst leer und war berüchtigt für das Auftauchen gefährlicher Feuergeister. Die beiden Helden schilderten dem Mann ausführlich, was ihm drohte, falls er seinen Auftraggeber warnen oder sich noch einmal in die Geschäfte der Roten Karpfen einmischen würde. Dann ließen sie ihn laufen. Beide waren zu gutmütig, um den Straßenhändler den Triaden zu überantworten oder ihn auf andere Art und Weise dauerhaft „aus dem Spiel zu nehmen“.
Ren befragte währenddessen den überlebenden Schmuggler noch einmal. Da dieser physisch und psychisch immer noch in einem sehr schlechten Zustand war, musste sie behutsam vorgehen. Vermutlich auch deshalb erhielt sie nur wenige neue Informationen. Da die drei Angreifer großzügigen Gebrauch von Blendzaubern gemacht hatten, konnte der Überlebende keine genaue Beschreibung liefern.

Die „Gärten der Asche“ erschienen als die logische Wahl für weitere Nachforschungen. Die Zeit eilte: Es war anzunehmen, dass die Diebe ihre Beute bald an einen weniger gefährlichen Ort verlagern oder von dem von Luo und Akira verhörten Straßenhändler gewarnt werden würden. Die Helden mieteten ein Boot und setzten zu dem ihnen bezeichneten Areal nördlich der Altstadt über. Die Brücken zu den „Gärten der Asche“ waren zumeist schon vor langer Zeit abgerissen oder verbrannt worden.
Eine unheimliche Atmosphäre erwartete sie: obwohl die Feuersbrunst schon vor vielen Jahren geendet hatte, roch die Luft immer noch nach Rauch. In den rußgeschwärzten Ruinen schien hier und da immer noch Glut zu glimmen. Die sonst üppig wuchernde Vegetation weigerte sich, die Straßen und Häuserreste zu überwuchern.
Bald fanden die Helden die Spuren, die die Diebe beim Transport ihrer Beute hinterlassen hatten. Freilich gab es auch noch andere, beunruhigende Fährten: große, rußgeschwärzte Pfotenabdrücke.
Kurz darauf bekamen die Helden den Verursacher dieser Spur zu Gesicht: einen wütenden Feuergeist in Gestalt einer brennenden Großkatze, der sofort angriff. Doch mit vereinten Kräften konnten die Helden den Geist rasch besiegen. Von diesem Zusammenstoß beunruhigt, folgten die Helden vorsichtig den Spuren der Diebe, die sie zu einem halb verfallenen Haus führten. Jemand hatte die Tür mit einem neuen Schloss versehen, das aber kein Hindernis für Luo war.
Die Spuren führten in den Keller, aus dem den Helden der Geruch nach altem Blut entgegenwehte. Mit gezogenen Waffen pirschten Ren, Luo und Akira nach unten, während Takur oben blieb, um die Umgebung im Auge zu behalten.
Im Keller stießen die Helden auf eine beunruhigende Szene: in einer Ecke lagen die Leichen von fünf Zivilisten. Jemand hatte sie gefesselt und ihnen die Kehlen durchgeschnitten. Daneben war mit Blut und Kreide ein Kreis gezogen worden. In dessen Mitte stand ein Tisch, auf dem die gestohlenen Mondstahlbarren ruhten. Auf dem Kreidekreis und den Barren lagen Papiertalismane und -siegel mit den Namen von Tiergeistern und seltsamerweise auch dem der lebenden Göttin Myuriko. Eine Untersuchung veranlasste Ren zu der Analyse, dass hier offensichtlich ein Schicksalsmagie-Ritual gewirkt worden war. Der Mondstahl war verflucht worden. Der Fluch richtete sich gegen die Diener Myurikos und sollte die üblichen Eigenschaften von Mondstahl unterdrücken oder verändern.

Während die Helden rätselten, was das bedeuten mochte, erschallte der Warnruf Takurs. Er hatte drei Gestalten entdeckt, die sich zielstrebig dem verfallenen Haus näherten. Der Jaguarkrieger postierte sich hinter der Tür, während die anderen Helden zu ihm hasteten. Die Fremden – ein Zwerg sowie ein menschlicher Mann und eine Frau – griffen sofort an.
Takur schlug den Mann mit zwei heftigen Treffern in die Flucht. Die beiden verbleibenden Angreifer konnten den Jaguarkrieger jedoch durch eine Lichtbarriere von den anderen Helden isolieren, die zudem dadurch gehandicapt wurden, dass ein Zauber den Boden mit spiegelglattem Eis überzog.
Statt die blendende Barriere anzugreifen, überkletterten Luo und Akira die halb eingefallenen Wände des Hauses und stießen zu ihrem Gefährten, der inzwischen bereits verletzt und durch die Lichtzauber der Gegner halb geblendet war. Der zwergische Anführer der Gegner erwies sich als harter Gegner. Obwohl bereits verwundet, schickte er Luo und Takur mit einem wuchtigen Rundumschlag zu Boden. Luo war allerdings rasch wieder auf den Beinen. Inzwischen zerstörte Ren die Lichtbarriere mit einem Flammenzauber. Mit vereinten Waffen und Zaubern konnten die Helden die Gegner zum Rückzug zwingen. Schwer verwundet und durch den geschickten Zaubereinsatz der Diebe verlangsamt, waren sie jedoch nicht in der Lage, die Gegner zu töten oder gefangen zu nehmen. So blieb ihnen nur übrig, den Mondstahl einzusammeln und hastig die „Gärten der Asche“ zu verlassen, bevor sie auf einen weiteren feindlichen Geist stießen oder die Diebe mit Verstärkung zurückkehrten.   

Zurück beim Ka-Anwesen versorgten die Helden ihre Wunden und berieten über das weitere Vorgehen. Sie hatten nur einen halben Sieg erzielt: die Diebe waren entkommen. Und durch den Fluch, der vermutlich auf dem gestohlenen Mondstahl lastete, war die Angelegenheit deutlich heikler geworden. Besonders Akira war alarmiert, richtete sich der Fluch doch gegen die Diener Myurikos, der Herrin und Göttin seiner Heimat. Luo und Ren waren hingegen – Fluch hin oder her – sehr in Versuchung, etwas von dem Mondstahl zu unterschlagen. Letztendlich aber entschieden sie sich dagegen.
Die Helden informierten Ayanokoji über das Ergebnis ihrer Recherchen und übergaben ihm den verfluchten Mondstahl, auch wenn Akira ihm nicht völlig vertraute.
So entlasteten sie zwar Wuselbach von den Verdächtigungen, aber Ayanokoji wirkte durch die Informationen der Helden sehr beunruhigt. Er verriet den Helden, wofür er den Mondstahl benötigte: Seine Kobe war damit betraut worden, eine mächtige Waffe zu schmieden. Diese war für den Kampf gegen ein Ungeheuer gedacht, welches einer Weissagung zufolge in einigen Jahren das Reich des Eisernen Kranichs bedrohen könne. Aufgrund der Kosten und Seltenheit des benötigten Mondstahls hatte Ayanokoji auf seine halblegalen Kontakte in Palitan zurückgegriffen. Dass jemand dies mitbekommen und derart heimtückisch zu sabotieren versucht hatte, warf beunruhigende Fragen auf. Vermutlich war der Plan der Diebe gewesen, den verfluchten Mondstahl bei Gelegenheit „wiederauftauchen“ zu lassen. Falls dieser dann ungeprüft für die Waffe verwendet worden wäre, hätte sie sich im Einsatz vermutlich als nutzlos oder sogar für den Träger gefährlich erwiesen. Aber wer steckte hinter dem heimtückischen Plan – und warum? Dienten die Saboteure einem der Feinde Kintais oder hatten sie eigene Pläne mit dem Ungeheuer? Zumindest Akira fragte sich, ob dieser Vorfall im Zusammenhang mit den Ereignissen beim „Tempel der tausend Tore“ in Verbindung stehen mochte. Dort hatte die Spinnenfrau Kuraiko versucht, ein Monster freizusetzen, das im Falle seines Freikommens eine ganze Region Kintais hätte verheeren können. Und sie hatte nicht alleine gehandelt, sondern anscheinend Verbündete gehabt.
Ähnelte nicht das heimtückische und skrupellose Vorgehen in Palitan den Intrigen der Spinnenfrau? Was, wenn beides zusammenhing?

Ayanokoji war auf jeden Fall dankbar: Immerhin wisse man jetzt um die Gefahr und könne den zurückgewonnenen Mondstahl reinigen oder notfalls Ersatz beschaffen. Er belohnte die Helden großzügig. Außerdem bot er Akira an, dessen Namen an die Auftraggeber der Waffe weiterzugeben. Sollte der Tag kommen, sich dem Untier in den Weg zu stellen, könne er einer der Kandidaten dafür werden. Das lag zwar noch einige Jahre in der Zukunft, war aber eine große Ehre, die Akira bereitwillig annahm. Luo hielt das für ein wenig verrückt und für eine bestenfalls fragwürdige „Belohnung“, sagte aber nichts zu den in seinen Augen seltsamen Bräuchen der Schwertalben. Die Roten Karpfen begannen eine Fahndung nach den Dieben, doch schien der Erfolg zweifelhaft. Zudem wurde die Bergung der ermordeten Ritualopfer in die Wege geleitet.

***

Inzwischen begannen die von den Helden beauftragten Recherchen im Kaiserlichen Archiv erste Früchte zu tragen. Doch alleine die Recherchen zum „Tempel der tausend Tore“ kosten die Gelehrte Hira fast zwei Wochen. Die lesekundigen Abenteurer unterstützten sie so gut sie konnten, indem sie Notizen und Sekundärtexte sichteten, auch wenn sie selber keinen Zugang zum Kaiserlichen Archiv hatten. Die Gelehrte erwies sich als recht umgänglich, außer wenn man ihre Notizen durcheinanderbrachte. Gerne nahm sie die Einladungen Rens zum Teetrinken an, die sich mit Hira gut stellen wollte.

Mit tatkräftiger Unterstützung von Hao und Ren förderte Hira eine bunte Palette an Informationen zum Tempel der tausend Tore zutage. Tatsächlich war – wie bereits vermutet – der Tempel um die 2.000 Jahre alt und von den Drachlingen errichtet worden. Diese hatten sich auch an seiner Erhaltung beteiligt, sogar noch lange nach dem Mondfall. Der letzte im Tempel dienende Drachling war vor gerade einmal 500 Jahren gestorben, kurz nach der Gründung Kintais. Angeblich war er einen Meuchelmord zum Opfer gefallen. Die Drachlinge erachteten den Tempel wohl als sehr wichtig. Es schien, als ob sie neben der Gefahr, die der dort eingesperrte Dämon Kokumo darstellte, noch mehr befürchteten – so als wäre der Dämon Teil von etwas Größerem. Angeblich hing er mit der Aufstachelung oder Verführung der „Dienerrassen“ und einer „Bedrohung der göttlichen Ordnung“ zusammen. So vage dies blieb, wenn die fast allmächtigen reptiloiden Magierdespoten die Gefahr so ernst nahmen, musste sie gravierend gewesen sein.
Der Tempel war ursprünglich durch die Priesterschaften der drei Tiergottheiten Drache (für den Schutz und militärische Aspekte der Wache), Fangschrecke (zur Bewahrung der Rituale) und Krebs (Schutz der Tore) bewacht worden. Dabei hatte der Drachen-Kult offenbar eine zentrale Rolle gespielt.
Jedoch war um die Zeit des Mondfalls die Unterstützung durch die Krebs-Priesterschaft beendet worden, weil einige Abtrünnige in ihren Reihen es in einem „großen Verrat“ um ein Haar geschafft hätten, Kokumo zu befreien. Hinter diesen Umtrieben steckte offenbar bereits zu dieser Zeit der ominöse „Kult des Strahlenden Schattens“.
Der in Zhoujiang schon lange entmachtete Drachenkult hielt in der Gestalt der wenigen im Tempel verbleibenden Drachlinge und ihrer Gefolgsleute noch etwa 500 Jahre die Stellung, was freilich zu Konflikten mit den reformierten Angehörigen der Kirche der Tiergeister führte. Nach dem Tod des letzten Drachlings wurde der Drachenkult schließlich durch Priester der Geflügelten Schlange ersetzt, die jedoch ihren Dienst mit im Laufe der Jahre schwindendem Enthusiasmus und Einsatz versahen. Die Priesterschaft des Kranich-Reiches bzw. der Clan der Uome hatte offenkundig in den Jahren nach der Reichsgründung Kintais um die Existenz des Tempels gewusst und diesen unterstützt. Dies endete jedoch vor 350 Jahren, als ein Angehöriger der Fürstenfamilie „in den Schatten fiel“. Es blieb unklar, ob er ermordet wurde, im Wald der 10 Millionen Kami oder in der Geisterwelt verschwand, Verrat beging oder ihn ein anderes düsteres Schicksal ereilte.
Kurz nach der Aufnahme Gagambas in den Kreis der 13 Großen Tiergeister hatte zudem die Priesterschaft Gagambas für einige Jahrzehnte beim Erhalt des Tempels geholfen. Auf Befehl Kintais musste der Kult aber bald ihre Tätigkeit einstellen. Ihren Mitgliedern wurde unter Todesstrafe untersagt, den Tempel aufzusuchen. Die Gründe dafür blieben vage.
Ebenso unklar blieb, wie es dazu gekommen war, dass in den letzten Jahren nur noch ausgewählte Vertreter der Uome um den Tempel wussten, die nicht einmal der Kernfamilie angehörten.

Die Abenteurer informierten die Botschaft Kintais über ihre Erkenntnisse. Zum einen hofften sie auf Unterstützung, vor allem aber war es in ihrem Interesse, dass das Kaiserreich die Unterstützung der Tempelwacht intensivierte. Suguri Jun nahm die Informationen dankbar entgegen und versprach, sie weiterzuleiten.
Die Botschafterin hatte die Helden bisher noch nicht um die angedeutete „Gefälligkeit“ gebeten, ersuchte aber Hao und Ren, bei der Fürsorge für Arme und Kranke zu helfen, die die Botschaft außerhalb des Viertels der Schwertalben finanzierte.
Bei dieser Aufgabe konnte besonders Hao glänzen, während Ren ein Missgeschick unterlief, weshalb sie erst einmal in eine Hilfsrolle verwiesen wurde. Das kränkte den Stolz der jungen Magierin, aber sie schluckte ihren Ärger herunter. Während die Unggoy-Priesterin vor allem die Vorteile der Fürsorgearbeit sah, durchschaute die misstrauische Ren, dass es der Botschaft auch um subtile Propaganda zugunsten Kintais und des Myuriko-Glaubens ging. Zudem hielt man so die Armen (auch solche mit kintarischen Wurzeln) außerhalb des wohlgeordneten und „perfekten“ Schwertalben-Viertels. Zudem schien die Botschaft ihre Wohlfahrtseinrichtungen auch zur Informationsgewinnung nutzte. Luo hatte Gelegenheit, einige Male mit jungen Schwertalbenkriegern und den Wachen der Botschaft zu trainieren.
Alles in allem schienen die Recherchen auf dem richtigen Weg, wenngleich die letzten Ereignisse den Argwohn der Abenteurer weiter schürten, dass hinter dem dramatischen Geschehen beim „Tempel der tausend Tore“ dunklere Dinge steckten, als anfangs anzunehmen war: Geheimnisse, die bis in die Gegenwart nachwirkten. Die erhaltenen Hinweise würden die Recherchen zum „Kult des Strahlenden Schattens“ und zum Drachenkult erleichtern.

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #31 am: 23 Jun 2024, 15:58:12 »
In eigenem Auftrag
Palitan, Zhoujiang (Hao, Akira, Takur)

Nach ihrem Abenteuer mit dem gestohlenen Mondstahl wollten sich die Helden ihren Recherchen und persönlichen Anliegen widmen. Zuvor nahmen sie an der Beisetzung der Unglücklichen teil, die von den Mondstahldieben geopfert worden waren, um das kostbare Metall zu verfluchen. Die Rote Karpfen-Triade als „Eigentümer“ des Metalls finanzierte die Beisetzung der Opfer. Die grausamen Details ihres Todes wurden verschwiegen. Da die Getöteten aus der Unterschicht stammten, hätten sich ihre Angehörigen niemals eine so würdige Totenfeier leisten können. Hao tat ihr Bestes, den Trauernden Trost zuzusprechen, während die Toten feierlich dem Fluss übergeben wurden. Im sumpfigen Palitan waren Feuer- und Wasserbestattungen üblicher als Erdbestattungen.

In den nächsten Tagen gingen die Helden getrennte Wege. Die Magierin Ren unterstützte die von den Helden beauftragten Recherchen im Kaiserlichen Archiv und pflegte ihre Kontakte zur Familie Ka. Ihr Cousin Luo half den Roten Karpfen bei der – vorerst vergeblichen – Fahndung nach den geflohenen Mondstahldieben.
Der Jaguarkrieger Takur setzte die wenig aussichtsreiche Suche nach seinen verschollenen Gefährten fort, mit denen er einst die Heimat verlassen hatte. Doch hörte er zwar Gerüchte von der Sichtung eines tigergestaltigens Wesens, konnte aber nichts Genaues erfahren. Vielleicht hatte jemand die Begegnung mit einem Ma’Ua falsch interpretiert – wahrscheinlicher handelte es sich um ein Feen- oder Geisterwesen oder um einen jenseitigen Diener des zhoujiangischen Tigergeistes Lao.

***

Im Gegensatz dazu folgte Akira bei der Suche nach dem Schwert seines vor einigen Jahren ermordeten Vaters einer konkreten Spur. In Timog hatte er dank Luos Kontakten die Fährte einer albischen Kämpferin aufgenommen, die im Besitz des Schwertes gewesen war und es in Palitan verkaufen wollte. Akiras Nachforschungen führten ihn zu der gnomischen Händlerin Sang Nan. Sie bestätigte, dass eine albische Kriegerin namens Zhan Ke die Waffe angeboten hatte. Aufgrund des exorbitanten Preises hatte Sang Nan die Fremde an den zwergischen Waffenhändler Zai Mou verwiesen, der seltene Waffen sammelte. Zai Mou gehörte zu denen, die von der Machtergreifung der Triaden profitiert hatten: er betrieb eine florierende Waffenmanufaktur im Drachenbauch-Viertel und hatte kürzlich eine eigene Villa bezogen. Angeblich stand er kurz davor, in den mächtigen Handelsrat Palitans aufzusteigen. Seinen wachsenden Reichtum präsentierte Zai Mou mit Abendgesellschaften, bei denen er Kämpfer auftreten ließ, sowie durch das Sponsoring von Wettkampfteilnehmenden an den berüchtigten Winterspielen Palitans, bei denen jedes Jahr zahlreiche Verletzte und Tote gab.
Recherchen in der „besseren Gesellschaft“ Palitans brachten zutage, dass der Waffenhändler gut vernetzt war, auch wenn er persönlich als nicht immer angenehm galt. Zai Mou hatte sich durch seinen Aufstieg Feinde gemacht. Man munkelte, dass er seine Ehefrau, die von den für ihre Schmiedearbeiten berühmten zwergischen Nungmae-Nomaden Kungaitans abstammte, für eine politisch vorteilhafte Ehe mit einer Triadenfamilie loswerden wolle. Dank Akiras gesellschaftlichen Kontakten und den kämpferischen Qualitäten der Helden war es einfach, für ihn und Takur eine Einladung zu einer von Zai Mous Abendgesellschaften zu erlangen.

***

Hao verfolgte währenddessen ein eigenes Anliegen. Vor einigen Jahren war ihr in der Tigerprovinz das Eichhörnchen Hozhou zugelaufen, mit dem die Affenpriesterin ein magisches Band geknüpft hatte. Angesichts von Hozhous Zauberkräften war sich Hao sicher, dass die Begegnung Schicksal und Hozhou ein Geschenk Unggoys gewesen war. Um mehr darüber zu erfahren, suchte sie Palitans größten Unggoy-Tempel auf. Dieser bildete mit seinen Nebengebäuden und angegliederten Straßen ein eigenes Viertel, das von der Priesterschaft und deren oft zahlreichen Familien dominiert wurde. Der Tempel bot einen beeindruckenden Anblick – wie auch der neben dem Tor wachende, fast fünf Schritt große Goldaffe in prunkvoller Rüstung, der mit einer schwere Hellebarde bewaffnet war.
Die Tempelhalle erstreckte sich über mehrere Stockwerke, wobei der obere Teil teilweise nur über schmale Emporen und Seilbrücken zu erreichen war – eine Herausforderung für die wenig klettergeübte Hao. Mit einigen Anstrengungen erreichte sie den sie offenbar erwartenden Tempelvorsteher Ping Wa. Dieser verhielt sich freundlich und zuvorkommend, befragte Hao aber eingehend über ihre bisherigen Reisen, Erfahrungen und ihre Ziele. Offenbar war er der Meinung, dass Hao sich und ihre Rolle in der Welt besser kennenlernen müsse, bevor sie darüber nachdenken sollte, wie sie das spirituelle Band mit ihrem Tiergefährten stärken und dessen Unggoy-gegebenen Kräfte aktivieren könne. Unter anderem thematisierte er die schwierige Situation im vom Bürgerkrieg geplagten Zhoujiang, und wie dies die Unggoy-Kirche beeinflusste. Haos Bestreben, sich aus den politischen Wirren herauszuhalten, sei nicht immer umsetzbar. Ping Wa schien keiner der drei Bürgerkriegsparteien zugeneigt zu sein, problematisierte allerdings die Schwierigkeit, den richtigen Weg zu finden und den Geboten der Unggoy-Kirche gerecht zu werden. Hao sollte am nächsten Tag wiederkommen.

***

Akira und Takur besuchten währenddessen Zai Mous Abendgesellschaft. Die prachtvolle Villa lag mitten in dem ansonsten recht schäbigen, überfüllten und zum Gutteil von Nezumi (Rattlingen) bewohnten Drachenbauch-Viertel. Das Anwesen stach zwischen den Manufakturen, Baracken, Hütten, fragwürdigen Garküchen und Vergnügungsstätten der unteren Preisklasse deutlich heraus und war durch eine hohe Mauer gesichert.
Dass Akira am richtigen Ort war, zeigte sich schon am Eingang: die Kommandantin der Wachleute war keine andere als die von ihm gesuchte Zhan Ke. Die junge Albin musterte den aus Kintai stammenden Akira misstrauisch. Wie er vermutet hatte, sprach sie mit sadischem Akzent, was angesichts der blutigen Vergangenheit Sadus und Kintais ihr Misstrauen erklären mochte. Zhan Ke schien angespannt – und nicht nur wegen dem schwertalbischen Gast.
Bei dem folgenden Empfang Zai Mous konnte Akira mit seinen gesellschaftlichen Fähigkeiten punkten. Allerdings erregte sein Gefährte Takur größeres Aufsehen. Selbst im multikulturellen Palitan war ein Jaguarkrieger ein ungewöhnlicher Anblick. Unter den Gästen fielen mehrere höherrangige Mitglieder teilweise konkurrierender Triaden auf, aber auch einige erfahren wirkende Kämpfer, die als Gäste oder als „Unterhaltungsprogramm“ zugegen waren.
Es war kein Problem, Einblick in die in einem separaten Gebäude befindliche Ausstellung des Waffenhändlers zu erhalten, die dutzende hochwertige Waffen beinhaltete. Neben einheimischen Stücken wurden auch eine prachtvolle farukanische Pfauenfeder und ein exzellent gefertigtes selenisches Flamberge präsentiert – sowie ein Akira nur zu vertrautes Katana aus Jadeeisen. Er hatte tatsächlich die Waffe seines gefallenen Vaters gefunden. Der junge Schwertalb riss sich zusammen, um nichts Überhastetes zu tun. Zai Mou hatte die Waffe von Zhan Ke für eine stattliche Summe und die Anstellung als Wachkommandantin erworben.
Im Verlauf des Abends konnten sowohl Akira als auch Takur in ein paar kurzen Schaukämpfen ihr Können zeigen, was ihnen die Möglichkeit verschaffte, bei Gelegenheit wiederkommen zu dürfen.

***

Haos zweiter Besuch im Unggoy-Tempel verlief überraschend: mit Tempelvorsteher Ping Wa ging es in das noble Porzellanviertel Palitans, das von den Anwesen der Oberschicht und dem (momentan verlassenen) kaiserlichen Palast Palitans dominiert wurde. Allerdings war ihr Ziel weniger prachtvoll – das örtliche Gefängnis. Ping Wa war offenbar nicht zum ersten Mal hier, denn die wenig enthusiastisch wirkende Gefängnisvorsteherin Tsa Lin begleitete die Besuchenden persönlich zu einer Zelle. In dieser erwartete sie ein hünenhafter Varg. Bua Kunji, ein Priester des Affengottes, war zum Tode verurteilt worden, weil er zwei Leibwächter eines Steuereintreibers erschlagen hatte.
Der Gefangene war in keinem guten Zustand und vermutlich mehr als einmal mit den Wachen aneinandergeraten. Er wirkte wenig erfreut von dem Besuch und geriet schnell mit Ping Wa aneinander. Kunji warf dem Tempelvorsteher Feigheit und Untätigkeit im Angesicht von Ungerechtigkeit und Korruption vor, während Ping Wa vergeblich versuchte, dem Varg ins Gewissen zu reden. Kunjis fehlende Reue war auch der Grund dafür, dass ihm von der Gefängnisverwaltung jeder Kontakt mit seiner Familie verweigert wurde.
Im Anschluss an den fruchtlosen Besuch bat Ping Wa Hao, dass sie dem Verurteilten und seiner Familie beistehen möge – ließ aber offen, wie dieser Beistand aussehen sollte. Hao willigte sofort ein.

Zuerst besuchte sie Bua Kunjis Familie, die in der Nähe des Unggoy-Tempels wohnte. Bua La, die Ehefrau des Verurteilten, empfing Hao reserviert. Sie machte dem Tempel Vorwürfe, ihren Ehemann nicht von seinem verderblichen Pfad abgehalten zu haben und ihm jetzt nicht helfen zu können (oder wollen?). Dass weder sie noch ihr kleiner Sohn und ihre Tochter den Todgeweihten besuchen oder schreiben durften, belastete sie sehr. Hao versprach, einen Besuch oder wenigstens Briefkontakt zu erwirken, sowie Bua Kunji seine Priesterkette und eine Spielzeugfigur seines Sohnes zukommen zu lassen, die ihm ein wenig Trost spenden sollten.
Von La erfuhr Hao Einzelheiten zu Kunjis Verbrechen. Verbittert durch die wuchernde Korruption, hatte Kunji einen Ein-Varg-Feldzug gegen bestechliche Beamte und rücksichtslose Steuereintreiber begonnen. Dabei war er – auch wegen der ausbleibenden Unterstützung seiner Glaubensgeschwister – immer radikaler geworden. Letztendlich hatte das in Blutvergießen und dann in zwei Toten resultiert. La behauptete, sein Verhalten missbilligt zu haben, aber Hao fragte sich, ob das nicht eine Schutzbehauptung war. Sie beschloss, auch bei den Justizbehörden zu dem Fall nachzufragen.

Dank ihrer sozialen Fertigkeiten konnte sie rasch weitere Details zusammentragen. Der Steuereintreiber, den Kunji angegriffen hatte, war für sein korruptes und rücksichtsloses Vorgehen bekannt gewesen. Hao erfuhr zudem Einzelheiten zu den getöteten Wachleuten: einem jungen Rekruten und einem altgedienten Veteranen, der eine Familie mit mehreren Kindern hinterließ.
Dieses Wissen nutzte sie, um Bua Kunji ins Gewissen zu reden. Auch wenn sie seine Beweggründe verstand, wollte sie ihm klar machen, dass er den falschen Weg gewählt hatte – und dass seine Starrsinnigkeit ihm die Möglichkeit nahm, sich von seiner Familie zu verabschieden. Doch drang sie nicht durch den Panzer der selbstgerechten Entschlossenheit, mit dem Kunji sich gerüstet hatte. Der Verurteilte klammerte sich an die Vorstellung, das Richtige getan zu haben und bekam einen regelrechten Tobsuchtanfall. Frustriert brach Hao den Besuch ab, war aber entschlossen, ihre Bemühungen fortzusetzen. Zumindest wollte sie dem verstockten Gefangenen die Geschenke seiner Familie zukommen lassen. Da sich keine Gelegenheit ergeben hatte, die Priesterkette und die Figur bei dem Besuch zu Kunji zu schmuggeln, würde sie auf die Hilfe ihres Tiergefährten Hozhou zurückgreifen. Das magische Eichhörnchen sollte die Gaben nachts in die Zelle schmuggeln.

***

Akiras Bestrebungen verliefen währenddessen auch nicht reibungslos. Es gelang ihm, sich und Takur als Sparringpartner und Trainer der von Zai Mou gesponserten Kämpfer regelmäßigen Zutritt zu dem Anwesen des Waffenhändlers zu verschaffen. Beide nutzten die Gelegenheit, um die Lage zu sondieren. Das Anwesen wurde gut bewacht. Zu jedem Zeitpunkt schienen wenigstens vier Bewaffnete auf Posten zu sein. Zhan Ke hielt ihre Untergebenen auf Trab und duldete keine Nachlässigkeit. Vergeblich versuchte Akira, die sadische Kämpferin auszuhorchen. Sie traute dem Schwertalben nicht. 
Immerhin konnte er einige allgemeine Informationen sammeln. Zhan Ke nahm sich neben ihren Kommandopflichten offenbar die Zeit, einige der in der Manufaktur Zai Mous Angestellten in einer Bürgerwehr zu trainieren. Möglicherweise hing das damit zusammen, dass sich ihr Auftraggeber bei seinem Aufstieg einige lokale Banden zum Feind gemacht hatte. Solange er noch nicht Mitglied im Handelsrat war, blieb er angreifbar.

***

Als sich die Helden über ihre jeweiligen Erlebnisse austauschten, hatten weder Hao noch Akira Grund, völlig zufrieden zu sein. Hao war über die Uneinsichtigkeit Bua Kunjis frustriert und stand unter zeitlichem Druck. Der Tag der Hinrichtung rückte näher und ihre Möglichkeiten, zu Kunji durchzudringen, schienen begrenzt. Akira bot an, sie zu unterstützen. Allerdings zweifelte Hao, dass Kunji den Worten eines adligen Fremden viel Gewicht beimessen würde.

Akira seinerseits war über sein weiteres Vorgehen unsicher. Er wollte das Schwert seines Vaters zurückgewinnen. Doch ein Einbruch wäre riskant und hätte seinem Ehrgefühl widersprochen. Andererseits widerstrebte es ihm, für eine Waffe Geld zu bieten, die rechtmäßig seiner Familie gehörte – abgesehen von der Frage, ob er die nötigen Mittel besaß. Ließ sich ein anderer Weg finden, vielleicht mithilfe seiner Kontakte oder in Form eines Wettkampfes oder einer Herausforderung? Und wie sollte er sich gegenüber Zhan Ke verhalten, die eventuell mehr über den Tod von Akiras Vater wusste? Eine direkte Konfrontation würde möglicherweise in einem Blutvergießen enden, oder Zhan Ke zu Flucht veranlassen. Akira beschloss, dass er noch mehr herausfinden musste, bevor er zur Tat schritt.

***

Hao sah die Gelegenheit gekommen, dem zum Tode verurteilten Priester die Gaben seiner Familie in die Zelle zu schmuggeln, damit er etwas Trost schöpfen konnte. Außerdem würde er dann vielleicht offener gegenüber Haos Worten sein. Sie wartete bis zur Nacht und schickte dann ihren Tiergefährten Hozhou los, beladen mit der Kette des Priesters und dem Spielzeugkrieger seines Sohnes. Leider verlief die Aktion nicht ganz nach Plan: die im Innenhof patrouillierenden Hunde wurden aufmerksam. Aber dank eines magischen Ablenkungsmanövers Haos konnte ihr Tiergefährte zu dem Verurteilten vordringen, seine Gaben abliefern und zu der Priesterin zurückkehren. Dann musste sie freilich schleunigst das Weite suchen, weil die Wachen unruhig wurden.

Am nächsten Tag unternahm Hao einen erneuten Besuch im Gefängnis. Ihr Tiergefährte Hozhou begleitete sie und auch Akira war mit von der Partie. Kurz wurde es kritisch, als einer der patrouillierenden Hunde unruhig wurde – vermutlich erkannte er den Geruch von Haos Tiergefährten wieder. Gefängniskommandantin Tsa Lin war ein wenig genervt von der Aufmerksamkeit, die ihr Gefangener erfuhr.
Vermutlich dank der nächtlichen Schmuggelaktion war Bua Kunji diesmal weniger konfrontativ als bei den letzten Besuchen. Eingedenk seines verbalen Ausbruchs bei ihrem letzten Besuch überließ Hao diesmal zum Gutteil Akira das Wort. Dieser versuchte ebenfalls, dem zum Tode Verurteilten ins Gewissen zu reden. Allerdings waren seine Argumente und Ansichten durch die für Außenstehende manchmal recht…eigenwillig wirkende Pflicht- und Ehrvorstellung der Schwertalben geprägt. Ob seine Geschichte von der Rache der 55 Ronin wirklich geeignet war, zu Bua Kunji durchzudringen…
Doch dank Haos Unterstützung schienen die Worte des jungen Samurai bei dem Verurteilten etwas zu bewegen. Zumindest versprach er, seine Einstellung zu überdenken – und sei es nur, um sich von seiner Familie verabschieden zu können.

Nach diesem Besuch tauschten sich Hao und Akira über ihre unterschiedlichen Moral- und Ehrvorstellungen aus, über Fragen wie Verantwortung und die Rechtmäßigkeit der Todesstrafe. Auch wenn sie nicht in jedem Punkt einer Meinung waren, waren sie sich einig, dass Bua Kunjis Verurteilung wohl rechtens und sein Tod leider unvermeidbar war. Eine Begnadigung stand außer Frage: dazu hatten die Helden weder den Einfluss, noch wäre es vermutlich angemessen gewesen. Immerhin HATTE er getötet. Beide waren entschlossen, bei Bua Kunjis Hinrichtung anwesend zu sein, um ihm den letzten Gang vielleicht ein wenig zu erleichtern. Wenigstens würde er einen schnellen Tod sterben, denn die Hinrichtung würde durch Enthauptung erfolgen. Es gab sehr viel würdelosere und langsamere Hinrichtungsarten…

*** 

Akira hörte sich inzwischen nach weiteren Informationen zu Zai Mou um und versuchte seine Möglichkeiten auszuloten, diesen zu beeinflussen. Dazu fragte er sowohl bei der Adelsfamilie Ka nach, der die Helden in Timog und jetzt in Palitan einige Gefallen getan hatten, als auch bei der Kintari-Botschaft. Beide schätzten Akiras Chancen, juristisch die Herausgabe des Schwertes seines Vaters zu erzwingen, für gering ein. Prinzipiell waren sowohl die Kas als auch die Botschaft bereit, Akira zu unterstützen, doch reichte Ihr Einfluss in den Kreisen des Waffenhändlers nicht allzu weit.
Luo, der eine kurze Pause bei seiner frustrierend erfolglosen Suche nach den Mondstahldieben einlegte, konnte ein paar weitere Informationen über den Waffenhändler ausgraben: Es hieß, dass das Schwert von Akiras Vater nicht die einzige Waffe war, die Zai Mou aus undurchsichtigen Quellen erhalten hatte. Und die Rivalitäten, in die sich der Waffenhändler bei seinem Aufstieg verwickelt hatte, betrafen vor allem auch die „Glutratten“ – eine Nezumi-Bande, die im Drachenbauch-Viertel unter anderem einen Schutzgeldring betrieb. Die Gruppe wurde von einem Anführer namens Taka Sun kommandiert und bestand nicht nur aus Nezumi (takasadischen Rattlingen), sondern auch aus rattlingischen Einwanderern aus Dragorea. Angeblich gehörten mehrere Magiebegabte zu ihnen.
Auf Nachfrage bestätigte Zhan Ke – trotzdem sie Akira weiterhin misstraute – dass die „Glutratten“ die Manufakturarbeiter von Zai Mou schikanierten. Deshalb hatte sie mit überschaubarem Erfolg versucht, einen „Selbstschutz“ unter den Arbeitenden auf die Beine zu stellen.

Nach einigem Zögern entschloss sich Akira, mit offenen Karten zu spielen. Er sprach bei Zai Mou vor und erklärte seinen Anspruch auf das Schwert seines Vaters. Dabei blieb der junge Samurai höflich und drückte die Hoffnung aus, eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden. Es war keine Überraschung, dass der Waffenhändler nicht gewillt war, die Klinge einfach herauszugeben. Hingegen zeigte er sich bereit, sie gegen eine gleichwertige Waffe oder für 200 Lunaren herzugeben. Beides lag momentan außerhalb von Akiras Möglichkeiten. Allerdings stellte Zai Mou in Aussicht, den Kaufpreis zu reduzieren, falls Akira ihm bei seinen Problemen mit den „Glutratten“ half. Akira erklärte sich einverstanden und versprach, auch seine Kontakte und Verbindungen einzubringen.
Anschließend schenkte er auch Zhan Ke reinen Wein ein. Immerhin hatte sie das Schwert von Akiras Vater an Zai Mou verkauft und Akira hoffte von der jungen Kriegerin etwas über die Mörder seines Vaters zu erfahren. Auch wenn er keine Beschuldigungen gegen Zhan Ke erhob – er war sich sicher, sie nicht bei den Angreifern gesehen zu haben, die seinen Vater töteten – war diese Eröffnung nicht dazu angetan, Zhan Kes Misstrauen zu zerstreuen.

Akira gelang es, die Triade der „Roten Karpfen“ mit Verweis auf die geleistete Hilfe bei der Suche nach dem gestohlenen Mondstahl zu überzeugen, einige Männer abzustellen, um Zai Mous Anwesen und Manufaktur zu beschützen. Er argumentierte zudem mit dem Selbstinteresse der Triaden, dadurch ihren Einfluss im Drachenbauch-Viertel und (mit dem anstehenden sozialen Aufstieg des Waffenhändlers) im Handelsrat von Palitan stärken zu können. Allerdings waren die Triaden zurückhaltend, was ihr Agieren im Drachenbauch anging. Zwar waren die dortigen Rattlingsbanden untereinander verfeindet, schlossen sich aber gegen jede externe Gefahr zusammen.
Hao versuchte ihrem Kameraden zu helfen, indem sie sich nach besonderen Waffen umhörte, die Akira vielleicht Zai Mou als Auslöse für das Schwert würde anbieten können. Zwar konnte sie einige interessante Geschichten von berühmten Klingen aufschnappen – aber diese waren entweder verschollen oder ruhten in den Grabmälern ihrer Träger. Weder Hao noch Akira wollten die Ruhe der Toten stören.
Allerdings gab es noch eine weitere potentielle Möglichkeit, an hochwertige Waffen zu kommen. In wenigen Monaten würden in Palitan die jährlichen Winterspiele beginnen, bei denen hunderte Teilnehmende in blutigen Wettkämpfen gegeneinander antraten. Im Vergleich zu den in Inani stattfindenden Sommerspielen waren die Wettkämpfe in Palitan berüchtigt für ihre Brutalität und ihre hohe Todesrate. Bei diesen Spielen anzutreten, würde Akira jedoch die Möglichkeit bieten, Geld zu gewinnen und hochwertige Waffen zu erbeuten. Allerdings wäre dies ein gefährliches Wagnis mit hohem persönlichem Risiko…

***

Inzwischen erhielt Hao die gute Nachricht, dass der auf Abwege geratene Affenpriester Bua Kunji Reue gezeigt hatte. Auch dank Haos Fürsprache gestattete die Gefängnisverwaltung ihm deshalb den Kontakt mit seiner Familie. Vermutlich war den Behörden ein geständiger Sünder lieber, als wenn der Priester unbeirrt in den Tod gegangen wäre und dadurch andere Unzufriedene inspiriert hätte.
Auf Akiras Vorschlag veranstalteten er und Hao für Bua Kunji nach Kintari-Brauch ein „Höllenmahl“: ein letztes Festessen im Angesicht des sicheren Untergangs.

Die Hinrichtung von Bua Kunji fand im Gefängnishof unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Zu Haos Befremden hatte Akira für dieses Ereignis seine Festkleidung angelegt – manche Kintari-Gebräuche erschienen der Affenpriesterin eigenartig.
Auch wenn die Familie von Bua Kunji nicht anwesend war, hatte er sich wenigstens von ihr verabschieden können. Außer den Helden, Tempelvorsteher Ping Wa und der Gefängniskommandantin war auch die oberste Richterin Maifeng anwesend.
Die Priesterkette, die Hao ihm in die Zelle geschmuggelt hatte, wickelte der Priester auf seinem letzten Gang um seinen Arm und in der Hand hielt er den Spielzeugsoldaten seines Sohnes. Er ging aufrecht und entschlossen die letzten Schritte zum Schafott, bekannte seine Schuld und kniete ohne zu zögern nieder. Zum Glück verstand der Henker sein Handwerk und trennte Bua Kunjis Kopf mit einem Hieb sauber von seinem Hals. Der Leichnam wurde dem Tempel übergeben, um beigesetzt zu werden. Sowohl Hao als auch Akira waren der Meinung, dass dies das beste Ergebnis war, welches sie in dieser verfahrenen Situation hatten erreichen können.

Einige Tage später ließ Tempelvorsteher Ping Wa die junge Priesterin zu sich rufen und befragte sie, was sie aus der Geschichte gelernt hatte. Hao war sich sicher, nicht dazu berufen zu sein, über Leben und Tod zu entscheiden. Die Angelegenheit hatte sie sehr belastet und ihre Zweifel an der Todesstrafe verstärkt. Sie bekräftigte ihre Absicht, sich für das Wohl der einfachen Leute einzusetzen, dabei aber auf Bua Kunjis Methoden zu verzichten. Ob diese Antwort den Tempelvorsteher zufriedenstellte, blieb unklar – aber er wünschte Hao viel Glück auf ihrem weiteren Weg. Und da sich das Fell ihres Tiergefährten dabei teilweise golden färbte, schien Unggoy nicht unzufrieden mit ihr zu sein…

***

Akira verbrachte seine Zeit hingegen nun vor allem damit, die Wachen Zai Mous zu unterstützen. Auch wenn er seine Sache nicht schlecht machte, war er nicht glücklich darüber, für jemanden arbeiten zu müssen, den er wenig achtete. Auch das Verhältnis zu Zhan Ke blieb angespannt.

Trotz zusätzlicher Wachen erfolgte der befürchtete Angriff der „Glutratten“ dann überraschend und ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem keiner der Helden in der Nähe war. Von einem Boten der „Roten Karpfen“ alarmiert, holte Akira Hao und Takur zu Hilfe und eilte in das Drachenbauch-Viertel. Ihr erstes Ziel war Zai Mous Manufaktur, deren Mannschaft jedoch den – offenbar nicht sehr heftigen – Angriff hatten zurückschlagen können. Es hatte einige Verletzte und nur leichte Schäden gegeben. Anders sah es mit dem Anwesen von Zai Mou aus, aus dessen Richtung dunkle Rauchschwaden zur Manufaktur herüberwehten…

Als die Helden das Anwesen erreichten, war es beinahe zu spät: mehrere Wachen und Bediensteten lagen reglos am Boden, das Gebäude brannte und vor den Augen der Helden wurde Zhan Ke niedergestreckt. Akira und Takur warfen sich in den Kampf mit den Rattlingen. Beide mussten schwere Treffer einstecken, teilten aber gleichzeitig umso heftiger aus: Takur metzelte mit wenigen Hieben seiner schweren Glefe zwei Angreifer nieder, während Akira die feindliche Anführerin schwer verletzte und zum Rückzug zwang. Auch die verbliebenen Wachen schöpften neuen Mut und so mussten die Angreifer weichen. Haos magische Fähigkeiten retteten mehreren der verwundeten Wächter und Bediensteten das Leben. Auch Zhan Ke würde überleben.
Dennoch waren die Schäden beträchtlich. Dazu kamen zwei tote und mehrere schwerverletzte Wachleute und Bedienstete. Die Ambitionen des Waffenhändlers auf einen Sitz im Handelsrat hatten einen bösen Dämpfer erhalten.
Deshalb drückte der Zai Mou zwar seine Dankbarkeit aus, doch zu mehr als einen Preisnachlass für die Klinge von Akiras Vater war er nicht bereit. Er würde das Geld brauchen…
« Letzte Änderung: 20 Jul 2024, 18:23:47 von Takur »

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #32 am: 20 Jul 2024, 18:02:53 »
Im Sumpf der 32.000 Lichter
Palitan, Zhoujiang (Hao, Ren, Luo)

Während ihre Mitstreiter ihren eigenen Zielen nachgingen, waren auch Luo und Ren nicht müßig geblieben. Ren vertiefte ihre Kontakte zu den Kas und unterstützte die Recherchen im Kaiserlichen Archiv, Luo half mit leider geringem Erfolg bei der Suche nach den Mondstahldieben, mit denen die Helden aneinandergeraten waren. Zudem knüpfte er nach längerer Abwesenheit wieder Kontakt zu seinen Verwandten in der Stadt an. Er freundete sich mit Gastwirtin Altani an, bei der die Abenteurer untergekommen waren. Die dunkelhäutige Albin stammte aus dem Dämmerwald, was erklärte, warum sie leichte Vorbehalte gegen Takur hegte, gerieten doch die Jaguarkrieger und die Dschungelalben Arakeas immer wieder aneinander. Der Ma‘Ua fühlte sich in der Stadt nicht recht wohl. Ihre enorme Größe und das Durcheinander aus Lebewesen, Geräuschen und Gerüchen war mitunter etwas zu viel für ihn. So nahm er sporadisch Aufträge im Umland an. Zudem bat er Luo, nach guten Holzhandwerkern zu suchen – sowohl er als auch Hao hatten sich Wandelndes Holz beschaffen können und wollten dies nun in eine Speerschleuder respektive einen Kampfstab verarbeiten lassen. Akira war häufig im Schwertalbenviertel zu finden, wo er sich mit den Belangen der örtlichen Gemeinde befasste. Er hatte allerdings immer noch ein schlechtes Gewissen, weil er bei seinem letzten Abenteuer beim Schutz des Waffenmanufakturbesitzers und Sammlers Zai Mou nur partiell erfolgreich gewesen war. Er verbrachte einige Zeit damit, dessen Wachen auf Vordermann zu bringen. Dass Kintai Interesse an den Ereignissen in Palitan hatte, merkten aber auch Ren und Luo, die sporadisch von der Botschafterin Suguri Jun eingeladen wurden. Sie war offenbar an den Informationen und Kontakten interessiert, die die aus einer weitverzweigten Sippe stammende Ren und der in der kriminellen Unterwelt eingebundene Luo besaßen.
Hao ihrerseits hielt mit dem Haupttempel Unggoys Kontakt. Es entging ihr nicht, dass die kürzliche Hinrichtung des Priesters Bua Kunji weiterhin für Kontroversen sorgte.

Die Abenteurer erfuhren im Verlauf ihres Aufenthaltes einiges über das dicht neben dem Archivviertel liegende Porzellanviertel. Mit seinen Porzellanbäumen, dem (verlassenen) kaiserlichen Palast und den prachtvollen Anwesen angesehener Familien war es ein beeindruckender Anblick. Nachts war ein Betreten freilich mit Risiken verbunden. Die geisterhaften Elitewachen, die das Viertel patrouillierten, neigten dazu „unpassendes Volk“ aus dem Viertel zu treiben, wobei ihre „Qualitätsmaßstäbe“ nicht immer nachzuvollziehen waren. Während sie die alteingesessene Familien und deren Bedienstete tolerierten, hatte so mancher Neubewohner schon die Vermittlung des Geisterministeriums in Anspruch nehmen müssen. Alles in allem aber war die Innenstadt vergleichsweise sicher. Kriminalität zeigte sich eher in der Form von Taschendieben und Betrügern, die unter anderem angebliche Kaiserinnenplast-Artefakte oder „Setzlinge der Porzellanbäume“ feilboten.

Es war wieder die Familie Ka die sich mit einem Anliegen an Hao, Ren und Luo wandten. Sie hatten die Hilfe der Abenteurer für ihren selenischen Kontaktmann nicht vergessen, und es gab in ihrem Bekanntenkreis offenbar weiteren Bedarf für versierte Helfer. Viel Geld war dabei nicht zu verdienen, aber die Ka waren bereit, im Ausgleich die Archivrecherchen der Abenteurer zu unterstützen. Die Kas baten die Helden, sich mit Inspektor Yaogun Tran in Verbindung zu setzen, der aus einer alteingesessenen Beamtenfamilie stammte. Die Yaogun stellten unter anderem die Mandarin für den zu den Außenbezirken Palitans gehörenden Sumpf der 32.000 Lichter. Auch sonst war die Familie gut vernetzt, wenngleich sie nicht zum inneren Zirkel der neuen Machthaber gehörte. Das reichte, um Ren und Luo zu interessieren, die immer auf der Suche nach neuen Kontakten waren, während Hao hoffte, ihre Recherchen zum Kult des Drachen-Tiergeistes mit Hilfe der Kas finanzieren zu können.

Vor dem Treffen mit Yaogun Tran holte Luo Auskünfte über den Beamten ein. Tran war ein Inspektor der Stadtverwaltung. Er galt als kompetent, und versah seinen Dienst ohne die ausufernde Korruption, die sich in den letzten Jahren im Triadengebiet breit gemacht hatte. Sein Arbeitsfeld, der Sumpf der 32.000 Lichter, war nicht das beste Viertel Palitans. Die Triaden hatten dort nie wirklich Fuß gefasst, denn die Einwohner blieben für sich und hielten zusammen. Angeblich tauchten aus dem Sumpf immer wieder Monster, Geister und Krankheiten auf. Auch „unorganisierte“ Banditenbanden machten mitunter Probleme.
Das Teehaus, in der die Helden den Beamten trafen, bediente eindeutig eher die Mittelschicht und hatte ein recht begrenztes Angebot. Tran, ein streng wirkender Mensch in mittleren Jahren in nüchtern und schmucklos wirkender Kleidung, nahm sich die Zeit für Smalltalk, eher er zum Kern seines Anliegens kam.
Der Sumpf der 32.000 Lichter war das Ergebnis der Expansion Palitans. Viele Neuzugänge landeten zuerst hier. Allerdings erhielt das Viertel von der Stadtverwaltung nur sehr begrenzte Mittel zugeteilt. Das lag wohl auch daran, dass nur vergleichswenig wenige Einwohner Triadenkontakte hatten. Besonders in letzter Zeit hatte es verstärkt Probleme mit feindseligen Geistern gegeben. Dies betraf vor allem die zum Gutteil aus Nezumi (Rattlingen) bestehenden Arbeitstrupps, die den Sumpf urbar machten. Unter den Rattenmenschen waren nicht wenige Exilanten aus Dragorea, die hierzulande sogar von ihren Artgenossen von oben herab behandelt wurden. Das Geisterministerium hingegen agierte eher in der Innenstadt, und selbst wenn es sich hier blicken ließ, war das Verhältnis mit der Bevölkerung wegen den Triadenverbindungen der Palitaner Stadtbehörden nicht immer harmonisch.

Kürzlich sei ein Geistlicher im Viertel aktiv gewesen, ein gewisser Meister Kong, der mit einer Handvoll Begleiter aufgetreten war. Er hatte nach den Gründen für die verstärkten Geisteraktivitäten gesucht, dabei aber nicht mit den örtlichen Behörden kooperiert. Sein Vorgehen war nicht immer diplomatisch gewesen, was viele Einwohner verärgert hatte. Angeblich war Kong in der bekannten Exorzistenschule von Laohuangdan ausgebildet worden, ansonsten wusste Tran aber wenig über ihn. Seit einigen Tagen sei der Priester unauffindbar. Tran glaubte nicht, dass die Einwohner etwas mit dem Verschwinden Kongs zu tun hatten (ein Punkt, bei dem Ren und Luo sich nicht so sicher waren). Er bat darum, dass sie nach dem Exorzisten suchen und herausfinden sollten, was bei seinen Nachforschungen herausgekommen war.
Die Abenteurer nahmen den Auftrag an. Mehr als ein Handgeld konnte der Beamte nicht anbieten, aber er gab den Abenteurern Hinweise, an welche der örtlichen Beamten sie sich wenden konnten und stattete sie mit einem Empfehlungsschreiben aus.

Zuerst kontaktierten die Abenteurer die örtlichen Beamten. Das bedeutete eine Menge Fußarbeit, denn das „Viertel“ verteilte sich über das gesamte nördliche Umland von Palitan. Die Wegesituation war durch das Sumpfland und die Seitenarme des das Viertel durchschneidenden Flusses nicht einfach. Die meisten Gebäude wirkten einfach und wiesen zumeist nur ein oder zwei Stockwerke auf. Die Verwaltung schien an der Peripherie der Stadt eher dünn gesät. Sekretäre verwalteten Gebiete, die ansonsten einem Inspektor unterstanden hätten. Es stellte sich als schwierig heraus, die Beamten zum Reden zu bringen – vermutlich, weil die Abenteurer darauf verzichteten, Schmiergelder zu zahlen. Die Beamten hatten Meister Kong ebenfalls als aufdringlich und ungehobelt empfunden. Er hatte seine Nachforschungen auf den westlichen Teil des Sumpfes konzentriert, wo sich besonders viele Geisterzwischenfälle ereignet hatten. Dabei hatte er nach früheren Vorfällen gefragt und ein Muster gesucht und Kontakt mit den örtlichen Medizin- und Antiquitätenhändler aufgenommen. Hao vermutete, dass er erfahren wollte, ob Artefakte gefunden worden waren, die auf ein Grabmal hindeuteten, dessen Plünderung den Zorn der Geister verursacht hatte.

Ausgehend von diesen Informationen beschlossen die Abenteuer, selber bei den örtlichen Händlern herumzufragen. Vielleicht ließ sich herausfinden, was Meister Kong gesucht hatte. Natürlich bestand die Möglichkeit, dass er irgendwelchen krummen Geschäften auf die Spur gekommen war und einer der Händler hinter seinem Verschwinden steckte.
Luo konnte ermitteln, dass in letzter Zeit einige alte Waffen und Rüstungen aus dem Sumpf geborgen worden waren – allem Anschein nach aus der Zeit der kurzzeitigen Besetzung Palitans durch die Kintari vor fast 500 Jahren, bevor deren Vormarsch auf Befehl Myurikos plötzlich abgeblasen wurde und die Schwertalben auf das Südufer des Jadebandes zurückgewichen. Die Fundstücke kamen angeblich von Angehörigen der Nezumi-Arbeitskommandos, die sie beim Trockenlegen des Sumpfes gefunden hatten.
Die Abenteurer konnten mithilfe einiger Silberstücke herausfinden, dass Kong nach Kontakten zu den Nezumi gesucht hatte. Man hatte ihn an „die große Yia“ im Bauch des Drachen vermittelt. Allerdings ließ es der Händler nicht an ominösen Warnungen fehlen, man solle ihre Suppe besser nicht probieren, denn wenn man nicht vorsichtig sei, lande man selber im Topf.
Die Abenteurer schauten sich auch einige der gefundenen Artefakte an, doch war der größte Teil eher Plunder. Nur wenige schienen einen echten Wert zu haben. Immerhin entdeckte Ren, dass ein alter, lädierter Lamellenhelm tatsächlich verzaubert worden war. Sie erstand ihn zu einem günstigen Preis, auch wenn das gute Stück einiger Reparaturen bedurfte. 

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #33 am: 20 Jul 2024, 18:04:38 »
In den nächsten drei Tagen teilten sich die Abenteurer auf. Luo spürte im Bauch des Drachen Informationen zu Kong und Yia nach. Er merkte rasch, dass die Einwohner des Viertels Fremden gegenüber zurückhaltend waren. Selbst sein sonst so verlässliches Kontaktnetzwerk war von geringem Nutzen. Doch mit viel Zeit, Mühe und kleinen Geschenken fand er doch noch einiges heraus. Offenbar fanden tatsächlich nicht wenige der hier lebenden Rattlinge einen kärglichen und auch gefährlichen Verdienst im Sumpf der 32.000 Lichter. Sie suchten nach wertvollen Pflanzen und Tieren, stöberten nach verschollenen Siedlungen und Wagenzügen oder arbeiteten bei der Urbarmachung. Es hieß sogar, dass manche von ihnen Sumpfleichen bargen, obwohl sich niemand sicher war, was ihre mysteriösen Abnehmer damit anfangen konnten. Auch hier hörte Luo, dass in letzterer Zeit einige wertvollere Fundstücke aufgetaucht sein sollten. Allerdings hatte es kürzlich bei Geistangriffen Verletzte und sogar einige Tote oder Vermisste gegeben.
Kong hatte sich offenbar ebenfalls im Bauch des Drachen umgehört. Sollte er tatsächlich mit Yia Kontakt aufgenommen haben, dann trieb er ein gefährliches Spiel, denn diese war angeblich eine (ehemalige?) Bandenführerin und Piratin mit guten Triadenkontakten. Neben ihren eher fragwürdigen Geschäften betrieb sie einen Imbiss, der für seine Nudelsuppe berühmt war. Allerdings hieß es, man solle sich lieber an die vegetarische Variante halten, denn welches Fleisch im Topf landete…
Die Spur, die Luos Mitstreiterinnen gefunden hatten, war sogar noch vielversprechender. Mit Hilfe von Ren war es Hao gelungen, viele Hinweise in der einfachen Bevölkerung aufzuschnappen. Kong und eine Handvoll Söldlinge – ein Varg und einige Menschen –  hatte sich angeblich bei einem eher eigenbrötlerischen Fischer namens Ma eingemietet, der auf sich allein gestellt im Sumpf lebte. Die drei beschlossen Abenteurer, Mas Hütte aufzusuchen.

Angesichts der Geschichten über den Sumpf waren die Helden auf mögliche Konfrontationen vorbereitet. Mas Hütte und der nahe Bootsschuppen boten einen ärmlichen Anblick. Auf das Rufen der Abenteurer reagierte niemand. Luo knackte das simple Schloss und sie durchsuchten die Wohnung. Es schien, dass im Inneren ein Kampf stattgefunden hatte. Möbelstücke waren umgestürzt, und es fanden sich Blutspuren. Luo entdeckte einen gut versteckten Lederbeutel mit einigen Lunaren. Die meisten Münzen waren neu, sehr wahrscheinlich Mas Lohn für seine Dienste. Das ließ vermuten, dass ihm etwas zugestoßen war - er hätte sein Geld sicher nicht zurückgelassen. Zudem fanden sich Schleifspuren, die zum Bootsschuppen führten. Bei Näherkommen erfüllte alle ein unbestimmtes Gefühl des Unheils und der Bedrohung, was Hao und Luo beinahe am Betreten des Gebäudes gehindert hätte.
Die vagen Befürchtungen erwiesen sich als gerechtfertigt, fand sich doch im Innern eine aufgedunsene, kaum noch identifizierbare Leiche. Die Wände waren mit rotbraunen Schriftzeichen übersäht. Rens „Magie erkennen“ enthüllte, dass hier Zauber gewirkt worden waren und noch immer nachwirkten. Hao erkannte die Schriftzeichen wieder – sie ähnelten denen auf dem „Geisterhorn“, dass die Abenteurer im Sumpf außerhalb von Timog erbeutet und an das Fürstenhaus der Kranichprovinz abgegeben hatten. Alle drei meinten am Rande des Hörbaren ein Wispern und Raunen zu hören. Während Hao den Schuppen lieber verließ und Luo die Waffe bereithielt, konnte die Magierin durch einfache Ja-Nein-Fragen so etwas wie eine Verständigung mit dem Geist des Toten herstellen. Sie bereute sehr, dass sie sich nicht die passenden Zauber für eine Kommunikation mit den Geistern gelernt hatte. Aber sie erfuhr dennoch, dass es sich beim Toten um Ma handelte – und dass er von Kong und seinen Schergen getötet worden war. Der Grund blieb unklar. Das war ein erschreckende Wendung, denn bisher hatten die drei den (angeblichen?) Diener des Geisterministeriums nicht für einen Schwerverbrecher gehalten. Auf Haos Drängen bastelte man notdürftig eine Trage, um die Leiche in die nächste Siedlung mitzunehmen.

Das alles hatte Zeit gekostet, und da sowohl Ren als auch Hao weder kräftig noch gut trainiert waren, kam man nur langsam voran. In den länger werdenden Schatten zeichneten am Rande des Sichtfeldes schemenhaften Bewegungen ab.
Dann stellte sich den Abenteurern eine Gestalt in den Weg. Im Zwielicht zeichnete sich eine halb durchscheinende Silhouette ab: ein Mann oder Frau in einem altertümlichen roten Oyoroi-Panzer – doch unter dem einst prunkvoll geschmückten Helm war nur noch ein Totenschädel mit leeren Augenhöhlen. Ren, die sich der Gunst der Geister sicher glaubte, trat vor und redete den Geist respektvoll in Kintial an. Die Antwort verstand sie nicht, doch hielt sie in respektvoller Pose stand, als die Gestalt näher floss. Schließlich schwebte der Schemen direkt vor ihr und streckte die Hand nach der jungen Frau aus. Immer noch verhielt Ren sich ruhig, auch als er ihre Stirn berührte. Ein Schmerz wie ein heftiger Fausthieb durchfuhr sie, und vor ihrem inneren Auge tauchte eine Folge rasch wechselnder Visionen auf: ein erbitterter Kampf zwischen Soldaten Myurikos und des Kaiserreiches Zhoujiang, der Sturz ins brackige Wasser, das sich wie ein Sargdeckel über den Sterbenden schloss. Ein Schlaf, der Jahrhunderte währte und doch nur Augenblicke zu dauern schien, und schließlich Klauen, welche die Schlafenden aus ihrer Ruhe rissen. Ein Gefühl von Wut und Verlust war zu spüren, und ein Zerren, als würde sie zugleich aus mehreren Richtungen angezogen und abgestoßen. Einer der „Zugpunkte“ schien der Schuppen Mas zu sein, der andere lag weiter im Osten. Und schließlich sah sie einen Ort im Sumpf. Sie war sich sicher, dass die Geister gezielt aufgehetzt worden waren. Dann verschwand der Geist.

Erschüttert erreichten die drei mitten in der Nacht die nächste Ansiedlung, mit Schlamm bespritzt und mit einer bereits deutlich verwesten Leiche im Schlepptau. Es war Haos diplomatischen Geschick (und ihrer Position als Priesterin) zu verdanken, dass die Einwohner nicht feindselig reagierten, sondern sich des Leichnams annahmen. Luo gab einige der in Mas Hütte gefundenen Münzen ab, damit ein Begräbnis organisiert werden konnte. Dann säuberten sich die drei und ruhten sich erst einmal aus. Besonders Ren schlief schlecht, verfolgten sie doch die Visionen des Geistes. Am nächsten Tag kontaktierten die drei ihren Auftraggeber. Yaogun Tran sah sich jedoch außerstande, schnelle Hilfe zu versprechen. Selbst in Zhoujiang war die „Aussage“ eines Geistes nicht ausreichend, um einen Beamten des Geisterministeriums festzusetzen.
Mehr und mehr kristallisierte sich der Verdacht heraus, dass Kong nicht versucht hatte, etwas gegen die Geister zu unternehmen, sondern eher an der jüngsten Zunahme der Geisterzwischenfälle Schuld trug. Zwar hatte es im Sumpf der 32.000 Lichter schon immer sporadisch Probleme gegeben, aber nicht in diesem Ausmaß. Die Helden kamen überein, die in der Vision erschienen Orte aufzusuchen. Zuerst wollten sie die Schriftzeichen in Mas Schuppen unschädlich machen.
Deshalb eilten die Abenteurer am nächsten Tag zurück in den Sumpf – darauf bedacht, ihr Vorhaben vor Einbruch der Dunkelheit zu beenden. Während Ren und Hao die Schriftzeichen für spätere Recherchen kopierten, durchsuchte Luo noch einmal gründlich die Hütte. Er suchte Dinge, die Ma etwas bedeutet hatten, um sie ihm ins Jenseits nachzusenden. Er fand eine bessere Teeschale und einen Anhänger des Flussdelphins Iruka. Allerdings brauchten die Abenteurer mehr Zeit als sie gehofft hatten, so dass der Abend nicht mehr fern war.

Es war gut, dass Luo die Umgebung im Auge behielt, denn so bemerkte er rechtzeitig, dass sich mehrere Gestalten der Hütte näherten. Während er sich draußen versteckte, verbargen sich Hao und Ren im Schuppen. Beim Näherkommen entdeckten die Abenteurer, dass es sich bei einem der Näherkommenden um einen alten Feind handelte: Tang, den Räuberhauptmann, dem sie das Geisterhorn abgenommen hatten.
Während Hao einer Begegnung lieber aus dem Weg gegangen wäre, waren Luo und Ren auf Konfrontation aus – und so kam es zum Kampf. Die vier Bewaffneten erkannten im letzten Moment den drohenden Hinterhalt, doch Luo stieß dennoch in ihre Mitte vor und konnte Tang bereits zum Auftakt des Gefechts schwer treffen. Binnen kurzem eskalierte der Kampf – die meisten der Gegner konzentrierten sich auf Luo, der nur dank seines Waffengeschicks von schwereren Verletzungen verschont blieb, während Ren ihren „Höllenhund“ beschwor und in den Kampf hetzte. Hao und Ren jagten einen Feind schwer verletzt in die Flucht, während der Hund nacheinander zwei weitere schwer verwundete, die panisch um Gnade flehten. Inzwischen blutete auch Tang aus zahlreichen Wunden. Sowohl Ren als auch Luo versuchten vergeblich, ihn gefangen zu nehmen. Schließlich riss der Feuerhund Tang die Kehle heraus. Ren versuchte ihn zu stabilisieren, aber es war zu spät. Die Helden entwaffneten und fesselten die überlebenden Gegner. Es schien so, als ob Tang seit dem letzten Mal an Macht und Reichtum eingebüßt hatte, denn seine Ausrüstung war diesmal recht einfach, und verriet leider nichts über seinen Auftrag.
War dies ein Ausgang, den die Abenteurer etwas bedauerten, weil sie Tang gerne verhört hätten, so bekam der Kampf binnen kurzem eine beunruhigende Note. In der hereinbrechenden Dunkelheit zeichnete sich erneut der Schemen des rotgepanzerten Geistes ab, dem die drei in der Nacht zuvor begegnet waren. Bei Tangs Leichnam angelangt, tauchte er die geisterhafte Hand in das frische Blut des Toten, und schien mit einmal an Substanz zu gewinnen. Mit einem blitzschnellen Hieb seines Katanas enthauptete er den Varg und verschwand dann spurlos – mitsamt Tangs Schädels. Hao fragte sich beunruhigt, ob die Gefahr bestand, dass die aufgestörten Geister ihren uralten Krieg gegen Zhoujiang fortsetzen könnten.

Niemand wollte durch die Dunkelheit zurückmarschieren, und so verbrachten die Abenteurer und die Gefangenen die Nacht in der Hütte. Zuvor verbrannten die Abenteurer den Schuppen mit den Schriftzeichen, Tangs Leiche und Mas persönlichen Gegenständen.
Ein Gutes hatten die unheimlichen Ereignisse – die Gefangenen redeten überaus bereitwillig. Sie schoben alle Schuld auf Tang und Kong, vor denen sie beide Angst hatten. Von den Plänen ihrer Auftraggeber wussten sie indes nichts Genaues. Sie hatten als Muskeln fungiert und Kongs Forderungen Nachdruck verliehen. Tang und Kong waren vor gut anderthalb Wochen mit drei Rattlingen in den Sumpf gegangen, aber alleine zurückgekehrt. Die Abenteurer ahnten, dass es für die Nezumi kein gutes Ende genommen hatte. Die Handlanger hatten ihrerseits einen Kontaktmann der Rattlinge im Osten des Viertels getötet, wo Kang an dem Leichnam irgendein Ritual durchgeführt hatte. Sehr wahrscheinlich war dies der zweite Ort, zu dem die Vision des Geistes Ren rief. Tang hatte seinen Handlangern gedroht, dass „der Meister“ ihnen die Seele herausreißen und sie zu ewiger Knechtschaft verdammen würde, falls sie versagten oder redeten. Es blieb unklar, ob dieser ominöse „Meister“ Kong oder jemand anderes war. Die Abenteurer erinnerten sich, dass Tang schon bei ihrem letzten Zusammentreffen seinen Unterlingen mit einem mysteriösen Auftraggeber, dem „Bleichen“, gedroht hatte.
Kong war inzwischen seit gut 10 Tage nicht mehr aufgetaucht. Es stand zu befürchten, dass er sich aus Palitan abgesetzt hatte. Tang und seine Handlanger waren zurückgeblieben, um die Situation zu beobachten. Sie hatten erfahren, dass jemand herumschnüffelte, und als der Varg die Beschreibung der Suchenden hörte, war er außer sich geraten – zweifellos hatte er die Abenteurer wiedererkannt. Er hatte wohl geplant, sich mit seinen Handlangern bei Mas Hütte auf die Lauer zu legen und war dabei spektakulär gescheitert.

Am nächsten Morgen traten die Abenteurer mit ihren Gefangenen den Rückmarsch an. Sie übergaben die Handlanger an Yaogun Tran. Als nächstes planten sie, den Ort aufzusuchen, an dem der Nezumi-Kontaktmann ermordet worden war. Tran riet, unbedingt auch dem Geisterministerium zu berichten. Allerdings würde das eventuell zu Problemen führen, war Kong doch als Ministeriums-Angehöriger aufgetreten. Hatte er das Siegel und seine Papiere gefälscht? Ren war zudem entschlossen, auch den Schwertalben Bescheid zu geben. Luo musste seine vom Kampf lädierte Klinge reparieren. Alle drei blickten mit Sorge auf den morgigen Tag.

***

Während Hao mit einem Zauber Luos beschädigte Klinge ausbesserte, beschaffte sich Ren eine Schriftrolle, die ihr die Fähigkeit verleihen würde, mit Geistern zu kommunizieren. Dann machten sich die drei auf den Weg. Ihr Ziel am äußersten Rand der bewohnten Gebiete. Schlimmer noch – die Herbstregen der letzten Tage hatten den Wasserpegel steigen lassen. Die Abenteurer erkannten rasch, dass sie zu ihrem Ziel, einer maroden, auf hohen Stelzen stehende Hütte, nur schwimmenderreichen konnten. Bei dem Gedanken an mögliche Untiere oder die angeblich im Sumpf umgehenden Untoten sank allen dreien der Mut, aber sie sahen keine Alternative. So durchschwammen sie – im Falle Luos mit einigen Problemen – den Wasserlauf. In der Nähe der Hütte überkam sie wieder ein Gefühl der Bedrohung und Gefahr. Hao und Luo meinten zudem, in dem Gebäude Bewegungen zu hören. Sich Zugang zu verschaffen war schwierig, da die Leiter zu der Bodenluke entfernt worden war. Luo kletterte an den Stelzen empor. Als er durch ein Loch im Dach das Gebäude betrat, wurde er von einem grässlich aussehenden Untoten attackiert. Seine schnellen Reflexe und Klinge garantieren ihm jedoch einen raschen Sieg. Bei dem Wiedergänger handelte es sich wohl um den Kontaktmann der Nezumi. Wieder waren mit seinem Blut zahlreiche Schriftzeichen an die Wände gemalt worden, fast identisch mit jenen am anderen Ritualplatz. Wie dort wirkten sie klobiger als jene auf dem „Totenhorn“, das die Abenteurer einige Monate zuvor erbeutet hatten, was freilich auch an der Eile und dem wenig geeigneten „Schreibmaterial“ liegen mochte. Luo fand in einer Ecke einen Fetzen Papier, der wohl zu einer Vorlage für die Inschriften gehört hatte. Da es sich als sehr schwierig erweisen würde, die Leiche zu bergen, beschlossen die Abenteurer, die Leiche mit der Hütte (und den Inschriften) zu verbrennen. Durchnässt und verschmutzt, aber weitestgehend unversehrt erreichten die drei am Abend ihre Quartiere, entschlossen, am nächsten Tag den letzten, zentralen Ritualplatz zu finden.

 Diesmal nahmen die Abenteurer sicherheitshalber Proviant mit. Es wirkte grotesk, dass wenige Meilen außerhalb der zweitgrößten Metropole von ganz Lorakis eine Wildnis aus sich im Winde wiegenden Sumpfgräsern, Schilfhalmen und morastigem Wasser begann, durch die nur wenige befestigte Pfade führten. So manche Geschichte über Geister, aber auxh Monster aus grauer Vorzeit (oder Ausbrecher aus der Straße der Wunder oder der kaiserlichen Menagerien) und über mundane Gefahren wie Krokodile, Sumpflöcher und Krankheiten waren im Umlauf. Obgleich sich die Atmosphäre von dem „erwachten“, fremdartigen Kamioku-Wald bei Miari unterschied, war sie beunruhigend genug.
Es gelang Hao, die kleine Gruppe ohne unliebsamen Zwischenfall zu führen. Es fanden sich sogar Spuren von anderen Reisenden - vielleicht von Kong und seinen Begleitern? Gegen Mittag verstärkte sich bei Ren das Gefühl, dass sie dem Ort nahe war, den sie in der Geistervision gesehen hatte.
Das Ziel entpuppte sich als kleine Insel, mit einem Ring aus provisorischen Pfählen umgeben, an denen verwitterte Papierfetzen hingen – Schutzzeichen gegen Untote. Der Boden der Insel war aufgewühlt worden. Im Boden fanden sich Spuren alter Rüstungen, Knochenteile und ähnliches. Mehr als beunruhigend war, dass etliche der Knochen Bissspuren aufwiesen. Auch den erwarteten Ritualplatz fanden die Abenteurer rasch. Von den sehr wahrscheinlich dort ermordeten Nezumi waren nur noch Reste geblieben. Die Abenteurer mutmaßten, dass der Schutzring im Sumpf umgehende Ghule abhalten sollte, die sich an den Sumpfleichen vergriffen, und nach dem Nachlassen der Schutzzeichen die Nezumi-Kadaver weggeschleift oder an Ort und Stelle verschlungen hatten. Dies ließ es ratsam erscheinen, nicht zu lange vor Ort zu verweilen. Kong hatte den Ritualplatz mit hölzernen Tafeln versehen, deren Schriftzeichen denen in den Hütten ähnelten. Ren und Hao fertigten Abschriften an, und übergaben die Holztafeln anschließend den Flammen. In der Hoffnung, durch die Zerstörung der Ritualplätze die Geistergefahr gemindert zu haben, machten sich die drei eilig auf den Rückweg. Sie wollten keineswegs die Nacht an einem Ort verbringen, der von Leichenfressern als Futterplatz aufgesucht wurde. Tatsächlich schafften sie es unbehelligt zurück.

Nach ihrer Rückkehr erstatten die Abenteurer ihrem Auftraggeber Bericht, der sie für ihren Einsatz lobte. Auch die Familie Ka war zufrieden. Yaogun Tran verfasste zudem eine Nachricht an das Geisterministerium und lieferte die Kopien der Ritualschriften ab. Ren schickte zudem eigene Abschriften mit einer genauen Beschreibung der Ereignisse zu den Kaiserlichen nach Sentatau. Allerdings erschien fraglich, ob man dort an den fernen Ereignissen Interesse zeigen würde.
Ihre Erlebnisse waren für die Magierin ein Ansporn, sich mit Todesmagie zu beschäftigen, um bei künftigen Begegnungen mit Geistern besser vorbereitet zu sein.
Die Reaktion des Geisterministeriums wurde etwa eine Woche darauf von Tran übermittelt: bei Kong habe es sich keinesfalls um einen Angehörigen des Ministeriums gehandelt. Man vermutete, dass die gesteigerte Zahl an Geistern darauf zurückging, dass ein Ritual missglückt sei, oder er versucht habe die Neulandgewinnung zu stören – sprich, man verneinte jede Möglichkeit dass er weitreichende Ziele hatte. Die Abenteurer hatten da ihre Zweifel…
Ren ließ es sich nicht nehmen, auch Akira und die Kintai-Botschaft zu informieren, wo man die Nachricht höflich, aber zurückhaltend aufnahm. In den nächsten Tagen schickten auch die Kintari Leute aus, um die Toten beizusetzen. Dies ging freilich nicht ohne Meinungsverschiedenheiten mit dem Geisterministerium ab. Beide Seiten trauten sich offenbar nicht und unterstellten einander, unbequeme Wahrheiten unter den Teppich zu kehren. Diese Rivalität heizte die Gerüchteküche an.
Die Zurückhaltung der Kintari lag vermutlich daran, dass die Toten gefallen waren, als sie Myurikos Willen zuwider handelten, was das Andenken mit einem gewissen Makel behaftete. Wie es hieß, hatten damals etliche Schwertalben Selbstmord begangen, um die Schande des Rückzugs oder ihr Handeln gegen Myurikos Willen zu sühnen. Die meisten Toten hatte man in die Heimat gebracht, doch offenkundig nicht alle. Diese alten Geschichten aufzuwärmen, rührte auf beiden Seiten der Grenze an alten Wunden, zumal Gerüchte nicht verstummen wollten, dass manche Schwertalben eine erneute Expansion gen Norden herbeisehnten. Wie die anderen Helden erfuhren, hatte auch Akiras Ahnin an früheren Vorstoß gen Palitan teilgenommen, ihn allerdings überlebt.
Dank der Warnung der Abenteurer gab bei den Untersuchungen und der Bergung der Leichenreste zwar einige Zusammenstöße mit den Guhlen, doch keine Toten.

Hao hingegen entschloss sich, auch „die große Yia“ zu informieren. Sie hoffte, dass diese die Familien der ermordeten Nezumi vom Schicksal ihrer Angehörigen in Kenntnis setzen würde. Luo begleitete sie als Rückendeckung. Mit etwas Mühe konnte die gnomische Unggoy-Priesterin in der Nudelküche Yias eine „Audienz“ mit der Geschäftsinhaberin erhalten. Yia, eine recht großgewachsene Nezumi mit braunem Fell und gelben Augen, angetan mit einer bestickten Seidenweste und einem Dschiahn, nahm die Informationen entgegen, ohne ihrerseits viel zu verraten. Wahrscheinlich wollte die Rattlingsfrau nicht verraten, inwieweit sie Kong geholfen hatte. Sie sagte aber zu, die Familien der Ermordeten zu informieren. Es blieb zu hoffen, dass sie ihre Augen aufhielt, sollte der Nekromant noch einmal in Palitan auftauchen.
Leider hatten die Abenteurer weder ermitteln können, was Kongs Motive waren, noch den mörderischen Geisterbeschwörer unschädlich machen können. Wie sich in den folgenden Tagen erwies, schien die Zerstörung der Ritualplätze zumindest die Angriffe der wütenden Geister beendet zu haben – doch wer wusste schon, welche Ränke der mysteriöse „Meister“ noch aushecken mochte…

***

Währenddessen waren die Recherchen im kaiserlichen Archiv weitergelaufen, nun zum „Kult des Strahlenden Schattens“. Sporadisch unterstützt von Ren und Hao konnte die Gelehrte Hira viele Informationen zusammentragen:
Der apokalyptische Kult war  schon vor dem Mondfall zerstört worden. Sein Credo hatte gelautet, dass Zerstörung nötig sei, um eine bessere Welt aufzubauen. Dies hatte den Sturz der Drachlinge und ihrer Götter beinhaltet, weshalb die Gruppierung ihre Anhängerschaft vor allem unter den „Sklavenrassen“ gefunden hatte. Sie war aber von den Dracuriern zerschlagen und ihre Artefakte zerstört oder versteckt worden. Die Kultisten hatten eine Gottheit oder ein Wesen namens Kari verehrt, die sie die „Wandelbare“, „Vielgesichtige“ oder „Verborgene“ nannten, und deren Zeichen ein achtzackiger schwarzer Stern war. Erst die Zerstörung der sie „bindenden Ketten“ könne eine bessere Welt erschaffen. Der Kult hatte auf irgendeinen Magnus Opus hingearbeitet, bei dem das Wüten von Dämonen wie Kokumo nur ein Aspekt gewesen wäre.
Sehr apokryphe Hinweise ließen es als möglich erscheinen, dass der Kult nicht vollkommen vernichtet worden war, doch jede Erwähnung lag dennoch viele Jahrhunderte zurück. Für das Endziel des Kultes hatte wohl ein Zeitrahmen bestanden, der mit „Sharzeris Passage“ zusammenhing – doch weder Hira noch die Abenteurer konnten mit dieser Bezeichnung etwas anfangen.
Die Helden entschlossen sich, die Informationen weiterzuleiten – Akira etwa an die Uome in Miari. Freilich war nicht auszuschließen, dass diese weit zurückliegenden Geschichten wenig dazu beitragen würde, um die Unterstützung für den „Tempel der tausend Tore“ zu verstärken. Die Helden begannen darüber nachzusinnen, ob sie nach Abschluss der Recherchen ihr Glück im „Gebirgskloster der eisernen Lotosblüte“ in den Türmen der Tengu, nordwestlich des Maishi-Sees versuchen sollten, auf den sie Akira hingewiesen hatte.
Zunächst aber wollten sie noch einigen eigenen Projekten nachgehen.
Als nächstes würde Hira in Haos Auftrag nach Informationen zur Kirche des Drachen und diesem inzwischen kaum noch verehrten Großen Tiergeist forschen, der einst für den „Tempel des tausend Tore“ eine zentrale Rolle gespielt hatte…

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #34 am: 23 Aug 2024, 07:14:34 »
Fremdeinwirkung
(Spoiler für Abenteueridee zur „Triade des Fließenden Steins“ aus dem Hintergrundband „Banden und Orden“)
Palitan, Spinnenprovinz, Zhoujiang (Hao, Akira, Takur)

Nach ihren jüngsten Abenteuern waren die Helden für eine kurze Verschnaufpause dankbar. Hao und Takur suchten und fanden einen Handwerker, der aus dem Wandelnden Holz, welches sie bei früheren Abenteuern erhalten hatten, einen Kampfstab (Hao) und eine Speerschleuder (Takur) herstellen sollte. Der Mann verstand sein Fach, war allerdings nicht billig, auch wenn Hao den Preis herunterhandeln konnte. Ren widmete sich nach ihren jüngsten Geisterbegegnungen dem Studium der Todesmagie. Luo suchte nach Trainingsmöglichkeiten für die anstehenden Palitaner Winterspiele. Auch Hao wollte mehr über die ebenso blutigen wie gewinnträchtigen Schaukämpfe erfahren, obwohl sie nicht plante, daran teilzunehmen. Akira war ebenfalls interessiert, hoffte er doch Geld oder wertvolle Waffen zu gewinnen, um seines Vaters Schwert aus dem Besitz des Waffenhändlers Zai Mou auslösen zu können. Zudem erfuhr er von einer weiteren Alternative, ein Austauschobjekt für das Schwert zu finden: Irgendwo im Unterlauf des Flusses Rauchende Seide, der bei Palitan ins Jadeband mündete, sollte die wertvolle Armbrust „Stürzender Stern“ liegen, die bei einer gescheiterten Jagd auf eine Drachenschildkröte verschollen war. Die Waffe zu finden und zu bergen, ohne die gigantische Bestie zu verärgern, klang freilich schwierig und riskant. Vielleicht waren die Winterspiele die bessere Alternative? Die Spiele zogen teilweise sehr zwielichtige Teilnehmende und Zuschauende und fanden traditionell in den Pfeilern Lun Kaos statt, einem aus Hausbooten und Gassen bestehenden, labyrinthartigen Viertel Palitans. Organisator der Spiele und Namensgeber des Viertels war der seit mehreren Jahrzehnten tote Geisteralb und Schmugglerkönig Lun Kao. Die Zweikämpfe waren für ihre Brutalität und Regellosigkeit berüchtigt. Manche aussichtsreiche Kandidaten wurden von Konkurrenten und deren Geldgebern angeblich schon vor den Wettkämpfen „aus dem Spiel genommen“. Andererseits winkten hohe Geldsummen und die Ausrüstung der Besiegten.

Zu denen, die bei den Winterspielen antreten wollten, gehörte sogar die angehende Fürstin Palitans, deren Amtseinführung vom Händlerrat verschleppt wurde. Die kaum 16 Jahre zählende Zo Zo, deren Mutter vor nicht allzu langer Zeit unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen war, hatte bereits im letzten Jahr an den Kämpfen teilgenommen. Die junge Noch-nicht-Fürstin hatte allerdings zahlreiche Feinde. Da bei den Winterspielen allzu leicht „Unfälle“ passierten, ging sie allerdings ein sehr hohes Risiko ein.
Akiras Begegnung mit der angehenden Herrscherin der Spinnenprovinz verlief recht peinlich, da der Samurai sie beim Besuch einer Kampfschule ungewollt anrempelte. Zum Glück entwickelte sich daraus keine diplomatische Krise. Zo Zo schien vor allem daran interessiert, ihr Können zu verbessern und potentielle Gegner einzuschätzen. Ren und Luo gaben sich dieweil große Mühe, mithilfe ihrer Connections Kontakt zum Fürstenhof zu knüpfen.

Akira und Takur hatten allerdings neben der Vorbereitung auf die Winterspiele auch andere Verpflichtungen. Beide waren immer noch für den Waffenhändler Zai Mou tätig, in dessen Besitz sich das Schwert von Akiras Vater befand. Unterstützt von Hao halfen sie bei der Beseitigung der durch den Angriff der mit Zai Mou verfeindeten „Glutratten“ entstandenen Schäden und beim Schutz von Zai Mous Anwesen.   
Weniger erfolgreich war Akiras Versuch, das Vertrauen der Söldnerin Zhan Ke zu gewinnen. Er erhoffte sich immer noch Informationen über die Mörder seines Vaters, hatte Zhan Ke doch dessen Schwert an Zai Mou weiterverkauft. Vermutlich auch wegen den politischen, sozialen und kulturellen Differenzen schaffte es der junge Samurai, die sadische Kriegerin gründlich zu verärgern.

Dann machte die Nachricht von dem bevorstehenden Eintreffen einer kungaitanischen Gesandtschaft die Runde. Während Hao und Takur vor allem mit Neugier reagierten, witterte Akira politische Winkelzüge. Es war ein offenes Geheimnis, dass Kungaitan gegen Kintai und die Gottkönigin Myuriko intrigierte. Unter anderem waren die Helden auf ihrem Weg nach Palitan auf kungaitanische „Söldner“ und „Berater“ der neuen Triadenmachthaber gestoßen. Hao hielt Akira für paranoid, nahm sein Angebot einer Wette bezüglich der Intentionen der Gesandtschaft aber lieber nicht an. Um die Neuankömmlinge im Auge behalten zu können, investierte Akira Geld und Zeit, um an dem geplanten Empfang der High Society teilzunehmen.
Das am nächsten Tag einlaufende Schiff, war ein beeindruckender Anblick. Neben einer Reihe Geschützen führte es einen Mörser und einem Raketenwerfer, aus denen beim Einlaufen Salut geschossen wurde. Dass die über das Jadeband in Richtung Kintari-Grenze abgefeuerten Geschütze beim salutschießen nicht nur mit Pulver sondern auch mit Kugeln bestückt wurden, war wohl kaum ein Zufall…
Bei dem anschließenden Umzug wurden die die Gesandtschaft anführende Agomai-Priesterin Mon Wa-Tan und der Formgeber-Magier Bak Ho-Wen von einer Leibwache, einer Ehrengarde der hiesigen Garnison sowie einer ganzen Reihe der berühmten kungaitanischen Golems begleitet.
Bei dem folgenden Empfang versammelten sich die Spitzen der Gesellschaft Palitans, einschließlich der angehenden Fürstin. Akira konnte einen erneuten Fauxpas vermeiden, erfuhr allerdings nur wenig über die Motive der Kungaitanis. Er war sich aber weiterhin sicher, dass sie sich gegen seine Heimat richteten.
In den nächsten Tagen waren die Neuankömmlinge und ihre Kampfkonstrukte DAS Stadtgespräch. Die Formgeber und die Hohen Schwestern der Agomai wurden in der besseren Gesellschaft regelrecht herumgereicht. Offenbar machten besonders die Formgeber um Ho-Wen Werbung für den Kauf kungaitanischer Golems. Allerdings war die Idee nicht unumstritten: im Händlerrat von Palitan war man wegen den enormen Kosten uneins, die Söldneranführer der Triaden fürchteten um ihre lukrativen Verträge und manchem mochte ob der politischen Implikationen zögern, sich an die Handelsrepublik zu binden. Andererseits erschienen die Golems als eine Antwort auf Bedrohungen wie die Terrakottakrieger von General Wu.
Zai Mou als Kampfenthusiast wollte unbedingt einen Schaukampf arrangieren, und die Kungaitanis hofften wohl, auf diese Weise zögernde Käufer überzeugen. Das war eine Gelegenheit, die sich Akira nicht entgehen lassen konnte. Zutiefst misstrauisch gegenüber den Intentionen Kungaitans, hoffte er dessen Bestrebungen zu untergraben und gleichzeitig Ansehen zu gewinnen. Tatsächlich gelang es ihm, sich für den Schaukampf aufstellen zu lassen – vermutlich hofften die Kungaitani ihrerseits, mit einem Sieg gegen einen Schwertalben zu punkten.

Dementsprechend groß war das Interesse an dem Schaukampf – größer, als es Akira lieb war, der seine Chancen insgeheim eher skeptisch einschätzte. Unter den Zuschauenden fanden sich zahlreiche höherrangige Triadenmitglieder. Dank einiger Zauber Haos und Akiras ging der Samurai gut vorbereitet in den Kampf.
Akiras Gegner, ein Konstrukt in der Gestalt eines löwenähnlichen Ruishi-Wesens, wirkte sehr beeindruckend und wurde von Ho Wen als unermüdliche Kampfmaschine und tödlicher Kämpfer angepriesen.
Akira setzte bei dem Schlagabtausch auf seine überlegene Gewandtheit. Er eröffnete mit einem Sturmangriff. Dem schwerfälligeren Konstrukt gelang es nicht, den schnelleren Gegner zu fassen, während der Samurai den Golem mit einem Wirbel aus gut gezielten Treffern eindeckte. In weniger als einer Minute war alles vorbei: der Golem sackte in sich zusammen, sehr zur Frustration und Verärgerung seines Schöpfers.
Die Blamage der Kungaitani wurde gemildert, als die Hohe Schwester das Kampfrund betrat und den gefällten Golem mit einem simplen Handauflegen „wiederbelebte“. Dennoch hatten die Ambitionen der Kungaitani einen Dämpfer erfahren. Umso zufriedener war die Kintari-Botschafterin Suguri Jun. Auch Takur freute sich, hatte er doch einen satten Wettgewinn erzielt, den er an Akira und Hao weitergab. Akiras Ruf hatte sich weiter verbessert und falls er an den Winterspielen teilzunehmen beabsichtigte, würde man ihm vermutlich Chancen auf eine gute Platzierung einräumen. Angesichts der Tatsache, dass der Wettkampf nicht immer auf die Kampfplätze begrenzt blieb, war dies allerdings eine etwas zweifelhafte Ehre…

Einige Tage später erhielten die Helden eine Einladung von Tako Kun, einem höherrangigen Mitglied der Triade der „Roten Karpfen“. Akira hatte ihn bei einer der Abendgesellschaften des Waffenhändlers Zai Mou kennengelernt. Trotz des nicht ganz unkomplizierten Verhältnisses der Helden mit den Triaden im Allgemeinen und den „Roten Karpfen“ im Speziellen, hatten sie der Organisation bereits einige Dienst erwiesen. Zudem hatte Tako Kun bei dem Golem-Schaukampf auf Akira gesetzt und war ob seines Wettgewinnes recht positiv gestimmt. 
Bei einem guten Essen kam der jovial wirkende Tako Kun rasch zum Kern seines Ansinnens, das allerdings ernster Natur war und die Triadenpolitik berührte. Vor kurzem war Yong Wu, ein „Weiser“ der „Fließender Stein“-Triade gestorben. Dessen Sohn Yong Kwan (selbst kein Triadenmitglied) glaubte, dass bei dem Tod seines Vaters etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen war und hatte sich an seinen Bekannten Tako Kun gewandt. Da dieser sich nicht persönlich in die Angelegenheit einer anderen Triade einmischen wollte, setzte er auf die Helden, zumal sie bei einigen Ermittlungen ihr Können bewiesen hatten. Die Abenteurer stimmten zu.

Am nächsten Tag suchten sie das Anwesen der Familie Yong auf. Es lag im Drachenmaul, dem Händler- und Hafenviertel von Palitan. Das Anwesen war recht groß und wirkte wohlhabend. Neben den Familienräumen beherbergte es den Kräuterladen des Verstorbenen und einen Kaligraphie-Laden, den Yong Kwan betrieb.
Yong Kwan wirkte überfordert und erschöpft. Der plötzliche Tod seines Vaters nahm ihn sichtlich mit, auch wenn ihr Verhältnis anscheinend nicht unkompliziert gewesen war. Beim Gespräch mit den Helden wurde klar, dass sein Vater aufgrund seines schwierigen Charakters viele Feinde gehabt hatte – sowohl innerhalb seiner Triade als auch außerhalb. Er hatte mit der Entscheidung der Triadenführerin My-Mei gehadert, verstärkt auf legale Geschäfte zu setzen. Doch abgesehen davon und der Tatsache, dass sein Vater sehr plötzlich verstorben war, hatte Jong Kwan nichts Handfestes vorzuweisen, um seinen Verdacht zu untermauern. Ein Heiler hatte bei einer Untersuchung des Verstorbenen kein Anzeichen für Fremdeinwirkung feststellen können. Yong Kwan hatte den Toten magisch konservieren lassen, um eine erneute Untersuchung zu ermöglichen.
Eine eingehende Untersuchung des Leichnams durch Hao bestätigte Yong Kwans Verdacht. Hao fand Hinweise auf ein – allerdings ihr unbekanntes – Atemgift. Daraufhin durchsuchten die Helden den Fundort der Leiche. Tatsächlich wurden sie in der Bibliothek des Hauses fündig: Sie entdeckten Reste einer Pflanze, die Hao mithilfe der Bücher des Toten als Rote Sumpfrose identifizierte. Aus dieser seltenen Pflanze wurde ein unauffällig wirkendes und tödliches Atemgift gewonnen.
Jemand hatte das Gift ungesehen in der Bibliothek appliziert und nach vollbrachter Tat den größten Teil wieder entfernt. Es war pures Glück, dass ein paar Blütenblätter zurückgeblieben und Takur aufgefallen waren. Das ließ vermuten, dass jemand im Haushalt der Täter war – oder zumindest relativ ungehinderten Zugang zum Anwesen hatte.
Leider war eine Suche der Helden nach Einbruchspuren nicht erfolgreich, denn die Helden stellten sich ungeschickt an und zerstörten ungewollt alle möglichen Spuren.
Yong Kwan war von der Nachricht, dass sich sein Verdacht bestätigt hatte, sichtlich getroffen. Eine eingehendere Befragung Kwans zu den übrigen Hausbewohnern ergab nicht viel: weder seinen Angehörigen noch den Bediensteten traute Yong Kwan einen Mord zu, auch wenn es Streit im Haushalt gegeben hatte. So hatte der Ermordete keine hohe Meinung von seinem Schwiegersohn gehabt (der nun die Geschäftsführung des Kräuterladens übernehmen würde) und die jüngere Tochter des Verstorbenen hatte gegen den von ihrem Vater für sie ausgewählten Ehemann-in-spe protestiert.
Takur und Hao machten sich daran, die für das Gift verwendete Rote Sumpfrose zu finden, in der Hoffnung, damit bei den anstehenden Befragungen potentielle Verdächtige zu verunsichern.

Am nächsten Tag begannen die Helden mit ihren Befragungen und konzentrierten sich dabei erst einmal auf die Bediensteten des Haushaltes. Sie wechselten sich ab: Akira kam zum Einsatz, wenn Druck gemacht werden sollte, während Hao eher die Verständnisvolle gab. Das Zusammenspiel funktionierte gut. Allerdings ergab die Befragung der Bediensteten keine Verdächtigen oder Mordmotive innerhalb des Haushaltes. Niemand reagierte auf die auffällig unauffällig platzierten Blätter der Roten Sumpfrose. Dafür stießen die Helden darauf, dass kurz vor der Tat ein Handwerker im Haus gewesen war, um einen Schaden am Dach zu reparieren. Weiteres Nachhaken enthüllte, dass dieser die Möglichkeit gehabt haben könnte, das Gift zu platzieren. Leider hatte war der Mann über einen Suchaufruf angeheuert worden, was wenig Anknüpfungspunkte zum Aufspüren bot.
Interessanterweise hatte nur wenige Tage zuvor die Zofe von Yong Kwans Schwester gegenüber einem freundlichen Lieferanten für das Kaligraphiegeschäft über die Abläufe im Haus geplaudert. Der Lieferant und der Handwerker hatten zwar unterschiedliche Gesichter gehabt, waren sich aber körperlich relativ ähnlich gewesen: Hatte da jemand mithilfe eines Tarnzaubers das Anwesen infiltriert?
Nachfragen bei dem Geschäft, aus dem das Papier gekommen war, bestärkten den Verdacht der Helden: der Anlieferer war eine Hilfskraft gewesen, die kurzfristig für einen erkrankten Angestellten eingesprungen war. Weiteres Herumfragen brachte die Helden zu dem „Erkrankten“, der nach mehr oder weniger freundlichem Zureden (und einem kleinen Handgeld) mit der Wahrheit herausrückte: Der angebliche „Bekannte“ hatte den Angestellten gezwungen, ihn bei dem Liefergang zum Yong-Anwesen einspringen zu lassen. Der Angestellte schlotterte immer noch vor dem Mann, der sehr schnell mit einer Klinge zur Hand gewesen war. Er lieferte eine (hoffentlich diesmal authentische) Beschreibung des vermutlichen Attentäters. Die Helden waren sich jetzt sicher, auf der richtigen Spur zu sein. Bei dem Liefergang hatte der Mörder vermutlich die Yongs ausgekundschaftet und als „Handwerker“ dann entweder das Gift platziert oder einen späteren Einbruch zu diesem Zweck vorbereitet.

Allerdings waren die Nachforschungen der Helden nicht unbemerkt geblieben, denn Hao fielen etliche zwielichtige Gestalten mit Triaden-Tatoos auf, die ihnen folgten. Zur Rede gestellt, entpuppten sie sich als Handlanger der “Fließender Stein“-Triade. Die Männer traten konfrontativ auf und signalisierten, dass die Angelegenheit Sache der Triade sei. Gleichzeitig äußerten sie sich verächtlich über den Verstorbenen, obwohl dieser ein hohes Mitglied ihrer Organisation gewesen war. Dies bestärkte die Helden in dem Verdacht, dass das Motiv für den Mord an Yong Wu innerhalb der Reihen des „Fließenden Steins“ zu finden war, wenn auch der Täter vermutlich eine „externe Fachkraft“ gewesen sein dürfte.

Die Helden berieten sich mit Yong Kwan und dem Hausdiener (und altgedienten Triadenmitglied) Man Bo über das weitere Vorgehen. Sich in die Triadenpolitik einzumischen war heikel. Wer wusste schon, wie weit die Mordintrige gegen Yong Wu reichte? Akira und Takur waren als Ortsfremde unvertraut mit dem komplexen Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen Palitans. Und Hao wollte weder sich, noch ihre Gefährten oder die Familie Yong in einen Triaden-Bandenkrieg verwickeln. Sie plädierte deshalb dafür, mit den Ergebnissen der Ermittlungen zu My-Mei zu gehen, der Anführerin des „Fließenden Steins“, Vorsitzenden des Handelsrat Palitans und Herrin des Kaiserlichen Archivs. Hao glaubte nicht, dass My-Mei hinter dem Mordkomplott steckte und wollte es ihr anheimstellen, wie die Sache geregelt werden sollte. Der Familie Yong würde es nichts helfen, wenn sie zwar Vergeltung für den Tod des Hausherren erfuhr, sich aber die mächtigste Person Palitans zum Feinde machte. Takur hatte zu der Sache keine besonders leidenschaftliche Haltung. Und Akira hatte zwar Bedenken, schloss sich aber Hao an. Gemeinsam konnten sie auch Yong Kwan überzeugen, der der Herrin des „Fließenden Steins“ nicht so recht traute.
Dank ihrer Triadenkontakte, ihres Rufs und der Verbindungen der Familie Yong konnten die Helden rasch eine Audienz erhalten. Die zierliche My-Mei mit ihren vier unheimlichen, praktisch identisch wirkenden Leibwächtern war eine beeindruckende Persönlichkeit. Sie versprach, sich um die Angelegenheit zu kümmern und legte den Helden nahe, vorerst Schweigen zu bewahren, bei der Familie Yong zu bleiben und deren Schutz zu gewährleisten. Zumindest Takur hatte den Eindruck, dass sie mehr wusste, als sie preisgab.

Drei Tage später tauchte einer der hünenhaften Leibwächter My-Meis auf und forderte die Helden auf, mitzukommen – falls sie den Mörder von Yong Wu stellen wollten. Trotz einer gewissen Skepsis folgten die Helden der Aufforderung.
Ihr Weg führte sie in die Pfeiler Lu-Kaos, ein Labyrinth aus Gassen und Kanälen. Als Ziel erwies sich ein kleines Hausboot, in dem sich angeblich der Mörder Yong Wus versteckt hielt, ein Auftragsmörder namens Lo Gai. Zusammen mit dem Leibwächter und einem seiner Kollegen warteten die Helden bis es zur Dämmerung, dann näherten sie sich vorsichtig. Allerdings nicht vorsichtig genug, denn sie wurden bemerkt und der Bootbesitzer – ein Mann auf den die Beschreibung des Attentäters passte – griff sofort zur Waffe. Lo Gai erwies sich als fähiger und geschickter Kämpfer mit Wurfstern und Dschianh. Er konnte Akira eine heftige Wunde zufügen – zum Glück war der junge Schwertalb zu zäh für das Gift, mit dem Lo Gai seine Wurfsterne präpariert hatte. Gegen die zahlenmäßige Überlegenheit hatte der Attentäter letztlich keine Chance und ging schwer getroffen zu Boden. Haos Versuch, ihn zu stabilisieren, wurde von My-Meis Leibwächtern verhindert. Man bedeutete ihr, dass darauf keine Mühen verschwendet werden sollte. Die Helden fragten sich, ob My-Mei ein persönliches Interesse daran hatte, die Angelegenheit unter den Teppich zu kehren.
Eine Durchsuchung des Hausbootes bestätigte, dass die Helden an der richtigen Adresse waren: neben Waffen und etwas Geld fanden sie auch Reste des Atemgiftes, das Yong Wu das Leben gekostet hatte. Hao entdeckte zudem Aufzeichnungen des Mörders, die sie vor My-Meis Leibwächter verborgen hielt. Sie wollte die Schriftstücke erst einmal sichten, bevor sie über das weitere Vorgehen entschied.
Die Beute teilten die Helden untereinander auf, wobei ein Gutteil an ihre Gefährten Luo und Ren ging, die zwar bei dem Abenteuer nicht dabei gewesen waren, aber mit den Waffen und Einbruchswerkzeugen mehr anfangen konnten.

Die verschlüsselten Aufzeichnungen des Meuchelmörders zu entziffern, dauerte eine Weile. Dann jedoch enthüllten sie Informationen über frühere Aufträge des Meuchelmörders sowie die Tatsache, dass er gelegentlich auf Auftragsbasis für die „Fließender Stein“-Triade gearbeitet hatte. Auch der Mord an Yong Wu war ein solcher Auftrag gewesen – bezahlt von einer höheren Triaden-Offizierin namens Tong Mi.
Die Helden diskutierten, wie sie mit dieser Information verfahren sollten. Sie an My-Mei weiterzugeben, würde vermutlich bedeuten, dass die Sache unter der Hand geregelt werden würde. My-Mei würde derart schmutzige Wäsche nicht in der Öffentlichkeit waschen wollen. Yong Kwan in Kenntnis zu setzen, könnte ihn leicht zu einem Ziel machen. Andererseits fehlten den Helden die Interna (und der Wille) sich selber in die Triadenpolitik einzumischen oder die Konkurrenz von My-Mei einzuspannen. Letztendlich entschieden die Helden, die Sache My-Mei zu überlassen. Das mochte Yon Kwan nicht den Abschluss bringen, den er erhofft hatte, verhinderte aber, dass seine Familie in einen Triaden-Bürgerkrieg verwickelt wurde, der sicherlich viele Unbeteiligte verletzen oder töten würde. Eine weitere Audienz bei My-Mei und deren „höfliches Drängen“, die Angelegenheit unter Verschluss zu halten, überzeugten die Helden. So hatten sie zwar jetzt einen Gefallen bei My-Mei offen, aber besonders Akira verspürte Gewissensbisse. Einmal mehr haderte er mit den Intrigen und undurchsichtigen Machtstrukturen im vom Bürgerkrieg zerrütteten Zhoujiangs, die so gar nicht den Kintari-Idealen von Ehre, Hierarchie und Gesetz entsprachen. Zugleich behielt er jedoch auch andere Dinge im Blick – etwa die Aktivitäten der kürzlich eingetroffenen Kungaitani. Deren Bemühungen, Golems an die Triaden zu verkaufen, hatten dank Akira zwar einen  Dämpfer erlitten, aber letztlich arrangierte sich der Händlerrat mit der fernen Republik – wenn auch (noch) nicht in dem Ausmaß wie es die Gesandtschaft vermutlich erhofft hatte. Es blieb abzuwarten, wie sich das Verhältnis in den kommenden Monaten entwickeln würde.

***

Nach einigem Zögern entschloss sich Akira, die Söldnerin Zhan Ke direkt zu konfrontieren, um endlich herauszufinden, wie sie das Schwert von Akiras Vater erworben hatte und was sie über seinen Tod durch die Hände sadischer Rebellen wusste. Er bot ihr 30 Lunare für ihre Auskünfte. Ob nun seine Worte oder das Geld Zhan Ke überzeugten, die junge Kriegerin war endlich bereit Auskunft zu geben – nachdem sie Akira gehörig die Meinung gesagt hatte. Für Zhan Ke verkörperte der junge Schwertalb die Arroganz, Rücksichtslosigkeit und Überheblichkeit der Kintari-Oberschicht.
Wie Akira erfuhr, gehörte Zhan Ke dem albischen Adel der sadischen Nebelküste an. Ihre Vorfahren waren einst vor den Heerscharen Myurikos nach Sadu geflohen. Die Familie hatte in der Kleinstadt Hango gelebt, die einem brutalen Angriff der berüchtigten Wokou-Piraten zum Opfer gefallen war. Mehrere von Zhan Kes Angehörigen hatten den Angriff nicht überlebt. Zhan Ke war sich sicher (ohne freilich Beweise zu haben), dass die Piraten von kintarischen Hintermännern bezahlt worden waren.
Rachesuchend hatte Zhan Ke sich der Guerillabande von Mang Pok, einem albischen Kampfkunstmeister angeschlossen. Die Bande operierte die entlang des Kabila und unternahm Angriffe auf das Gebiet von Kintai. Angeblich hatte die etwa 20 Köpfe zählende Gruppe Kontakte zu den geheimnisvollen Gojoshu, einem der Gagamba-Kirche nahestehenden Kult von Attentätern und Spionen. Dank deren Informationen waren die Guerillas unter anderem in der Lage gewesen, den von Akiras Vater geführten Streiftrupp in einen Hinterhalt zu locken. Ob Zhan Ke selber bei dem Angriff dabei gewesen war, der Akira schwer verwundete und seinem Vater das Leben kostete, wollte sie nicht sagen. Akira bohrte lieber nicht nach, hätte er sich doch in dem Fall genötigt gefühlt, die junge Kriegerin zum Zweikampf zu fordern.
Zunehmend an der Sinnhaftigkeit des Kampfes gegen das übermächtige Kintai und an den brutalen Methoden ihrer Kameraden zweifelnd, war Zhan Ke eines Tages desertiert. Als „Startkapital“ für ihr neues Leben hatte sie ihrem Anführer das kostbare Schwert gestohlen, welches dieser als Andenken an seinen Sieg über Akiras Vater behalten hatte. Zha Ke war sich sicher, dass sie nur der Tod erwartete, sollte sie jemals wieder ihren alten Kameraden gegenübertreten.
Mehr als ein paar eher allgemeine Angaben über das Operationsgebiet ihrer alten Bande konnte oder wollte sie nicht preisgeben. Und von den schattenhaften Hintermännern der Bande, den Gojoshu, wusste Zhan Ke noch weniger. Was sie wusste war, dass niemand, der sich in feindseliger Absicht dem „Berg der 77.000 Augen“ näherte, dem kultischen Zentrum der rätselhaften Organisation, je zurückgekehrt war.
Akira zahlte Zhan Ke die versprochene Belohnung und beide schieden nicht gerade in Freundschaft voneinander. Vermutlich hofften sie, einander nicht noch einmal über den Weg zu laufen…

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #35 am: 19 Sep 2024, 11:06:52 »
Der Schatten von Palitan (Spoiler für „Der Schatten von Palitan“ aus Anthologie „Zwischen den Welten“)
Palitan, Spinnenprovinz, Zhoujiang (Akira, Takur, Luo, Ren)

Die Abenteurer – jene, die Lesen und Schreiben konnten – unterstützten weiterhin die Recherchen in den kaiserlichen Archiven. Hao nutzte eine zeitweilige Unterbrechung der Nachforschungen für einen Ausflug jenseits der Stadtgrenzen. Der lange Aufenthalt an einem Ort und die mühseligen Recherchen zehrten an der unsteten Unggoy-Priesterin, und sie wollte ihrem Zhu-Schreiter etwas Auslauf gönnen. Akira, Takur und Luo trainierten derweil für die nahenden Winterspiele.

Es war der aufmerksame Jaguarkrieger, der eines Tages das untrügliche, wenn auch vage Gefühl hatte, verfolgt zu werden. Er konnte jedoch nicht herausfinden, wer ihn beobachtete. Auch im Gasthaus hatte er immer wieder das Gefühl angestarrt zu werden. Er begann sich zu fragen, ob er unter Verfolgungswahn leiden würde, doch am nächsten Tag fand er die Tür seines Zimmers offen. Glücklicherweise war nichts gestohlen worden.
Der Jaguarkrieger benachrichtigte seine Gefährten. Ren und Luo begleiteten Takur bei seinem nächsten Gang zu seinem Waffentraining, konnten den Verfolger jedoch nicht ausmachen, obwohl sie ebenfalls das gefühl hatten, beobachtet zu werden. Überzeugt, dass der oder die Unbekannte sich magisch tarnten, besorgte Ren zwei Schriftrollen „Wahrer Blick“ – doch auch dieser Versuch scheiterte. Die drei beschlossen, in ihren Zimmern Fallen aufzustellen: Stolperdrähte mit Glöckchen, Mehl auf dem Fußboden bzw. in Luos Zimmer eine Tasse mit Mehl auf dem Türsturz. Letztere weckte des Nachts den Schlafenden, doch wieder gelang es dem Unbekannten zu entwischen. Als sich die drei frustrierten Abenteurer austauschten, stellten Ren und Takur fest, dass sie denselben Traum geteilt hatten: Ein Schatten hatte eindringlich auf sie eingeredet, doch was er gesagt hatte, entzog sich auf rätselhafte Art und Weise ihren Erinnerungen. Nur ein Name war ihnen im Gedächtnis geblieben: Ying Wa. Ren erinnerte sich, dass sie den Namen schon einmal gehört hatte. Es war der Straßenname eines Meisterdiebes, der vor 80 Jahren eine kurze aber eindrucksvolle Reihe von Diebstählen durchgeführt hatte. Dieser „Schatten von Palitan“ war niemals gefasst worden, wiewohl es einen Verdächtigen gegeben hatte.

Verstärkt um Akira, setzten die Abenteurer ihre Nachforschungen fort. Dank Luos Informantennetz fanden sie heraus, dass der „Schatten“ keiner Triade zugeordnet worden war. Nur ein Teil seiner Beute war über Hehler veräußert worden – hatte er eventuell für geheime Auftraggeber gearbeitet? Zudem wandten sich die Helden an das Kaiserliche Archiv. Es erwies sich als glücklicher Umstand, dass die Gruppe mit dem Archiv bereits gut vertraut war. Gegen eine „Bearbeitungsgebühr“ erhielten sie die Erlaubnis, die Akten zu den Diebstählen einzusehen – die allerdings vor einigen Wochen von einem Fremden eingesehen und beschädigt worden war. Glücklicherweise konnte Ren ihren Status und Charme nutzen und dem Restaurator über die Schulter schauen. So erfuhr sie den Namen und Wohnsitz des Verdächtigen – eines Menschen namens Tanju Zhuang – was wohl ausschloss, dass es sich bei der schemenhaften Traumgestalt um den ursprünglichen „Schatten“ handelte. Dieser war damals von seinem Nachbar Tao Meng angezeigt worden. Allerdings hatte man keinerlei Spur von der Beute gefunden. Zhuangs Familie hatte nie wieder etwas von ihm gehört.

Die Abenteurer stöberten den alten Wohnsitz von Tanju Zhuang auf. Das Haus schien seit Jahren verlassen. Allerdings hatte kürzlich jemand die Tür aufgebrochen. Die Abenteurer nutzen die günstige Gelegenheit, um sich drinnen umzusehen. Das Haus war nahezu leer, allerdings zeichneten sich im Staub Spuren eines Menschen oder Alben ab.
Im Ersten Stock fand sich ein Sessel mit einem gruseligen Inhalt: ein Skelett, dessen Kleidung schon lange zerfallen war. Wie der natur- und heilkundige Takur feststellte, war der Leichnam Jahrzehnte alt, und befand sich etwa seit der Zeit des Verschwindens des „Schatten“ hier. Die Abenteurer durchsuchten noch einmal das ganze Haus, fanden aber nur ein angelaufenes Silbermesser. Zudem konnten sie auch Spuren eines Kindes ausfindig machen, das sehr wahrscheinlich durch ein Fenster eingebrochen war. Fragen auf der Straße lösten dieses Rätsel. Es handelte sich um eine Mutprobe, bei der das „schuldige“ Mädchen einen Mordsschrecken erlebt hatte, als sie das Skelett fand. Zu seinen Füßen hatte sie einen Mantel aus schwarzen Rabenfedern gesehen, der nun nicht mehr da war. Die Abenteurer vermuteten, dass es sich um ein magisches Artefakt handelte, welches dem „Schatten“ seine Raubzüge ermöglicht und inzwischen einen neuen Besitzer gefunden hatte.

Ren wollte nach Einbruch der Dunkelheit eine Geisterbeschwörung durchführen. Sie war begierig, ihre neu erworbenen Fähigkeiten und Zaubersprüche im Bereich der Todesmagie auszuprobieren. Bis zur Dunkelheit wollten die Helden noch etwas herumfragen. Sie fanden heraus, dass die Familie Tao immer noch direkt neben dem verlassenen Haus wohnte. Es handelte sich um Gnome, und so war es nicht unwahrscheinlich, dass der Denunziant Meng noch lebte. Die Abenteurer sprachen bei der Familie vor, doch war Meng momentan nicht anwesend.
Rens Geisterbeschwörung verlief erfolglos, obwohl die Abenteurer erneut die Gegenwart des ungesehenen Beobachters spürten. Sie versuchten ihn zu verstehen, doch waren seine schemenhaften Hilferufe unverständlich. Schließlich gelang eine Kommunikation mithilfe von in den Staub geschriebenen Botschaften: der Unbekannte wollte, dass sie ihm folgten. Es fiel schwer, sich auf die Spuren des Unsichtbaren zu fokussieren, aber die Abenteurer konnten ihm ins Haus der Taos folgen. Dort entdeckten sie einen älteren, der leblos am Boden liegenden Gnom. Ren konnte ihn stabilisieren und mit Takurs Unterstützung diagnostizieren und behandeln. Offenbar wäre er beinahe einem Herzanfall zum Opfer gefallen. Die Abenteurer beruhigten die ob ihres Eindringens und mehr noch über den Zustand des Alten bestürzte Familie. Bei dem Geretteten handelte es sich tatsächlich um den Denunzianten Tao Meng. Sobald es ihm besser ging, war er bereit, mit der Gruppe zu reden.
Er erinnerte sich noch gut an Tanju Zhuang. Dieser war ein junger Landarbeiter gewesen, bevor er in die Stadt zog und sich dort in einer Brauerei versuchte. Sie lernten sich kennen, weil Zhuang sich für Magie interessierte, und Meng einige Bücher zu dem Thema besaß. Doch nachdem Mengs Bekannter angelegentlich Karawanen begleitet hatte, die über die Seidenstraße nach Sarnburg und zurück reisten, hatte er sich verändert. Er gab seine Arbeit auf und zog sich zurück. Er wurde blasser, begann zu husten, lief nachts ruhelos in seinem Haus hin und her, ungeachtet des Wetters immer in einen schwarzen Mantel gehüllt. Eines Tages kam er verstohlen zu seinem Nachbarn und bestürmte diesen mit der Frage, ob er ihn sehen könne. Er sagte, ein gewisser Sho habe ihn in die Enge getrieben. Meng verließ kurz das Zimmer, doch als er zurückkehrte, was sein Bekannter spurlos verschwunden. Dies war kurz vor dem Zeitpunkt gewesen, als er ihn als möglichen „Schatten“ bei der Stadtgarde gemeldet hatte. Die Abenteurer vermuteten, dass Sho ein Feenwesen war, das einen der doppelzüngigen Pakte mit Tanju Zhuang abgeschlossen hatte.
Meng hatte lange Zeit nichts mehr von dem Verschwundenen gehört, doch letzte Nacht hatte er gemeint, ihn wieder gehüllt in seinen unheimlichen Federmantel vor sich zu sehen, was ihm einen beinahe tödlichen Schrecken einjagte. Die Abenteurer beruhigten Meng, dass dies nicht der Fall sein dürfte, verschwiegen aber, dass vielleicht ein anderer die Nachfolge von Tanju Zhuang angetreten hatte. Zudem erzählte Meng, dass vor einem Monat ein ausländischer Alb namens Gerion Fragen zu dem Verschwundenen gestellt hatte. Der Ausländer war im „Haus des Sommers“ untergekommen. Damit war der nächste Schritt der Abenteurer klar.

Es war nicht schwer, das Gasthaus „Haus des Sommers“ zu finden. Auffällig war, dass es einen recht neuen Schrein aufwies, der einen „Geist“ besänftigen sollte, der seit einigen Wochen umging. Die Abenteurer dachten sich ihren Teil dabei. Gerion war natürlich nicht zu finden, aber er hatte sein Zimmer einige Zeit im Voraus bezahlt. Der Wirt ließ sich überzeugen, den Abenteurern Zutritt zu gewähren. Die Suche förderte ein in Selenisch verfasstes Notizbuch zutage. Da die Abenteurer etliche Wochen zuvor einem selenischen Händler aus der Patsche geholfen hatten, war es nicht schwer, eine Übersetzung zu erhalten. Die Aufzeichnungen berichteten von der Suche Gerions – einem Magier des Zirkels der Zinne – nach dem „Rabenmantel“. Gerion hatte auf der Seidenstraße die Spur des Artefakts aufgenommen, als er mit Okanami sprach, einem alten Tengu, der gute Beziehungen zu der Wirtsfamilie im Kirschblütenhaus hatte. Dieses auf dem Feenpfad errichtete Gasthaus lag einen Tagesmarsch vom Drachentor in Palitan entfernt. Das Notizbuch gab Okanamis Bericht von der grausigen Herkunft des Mantels wider. Ein mächtiges Feenwesen namens Sho hatte einst Freundschaft mit den Tengu gepflegt. Doch Sho war voller Falschheit und ermordet eines Tages einen Tengu, der ihn für einen Freund gehalten hatte, und fertigte aus seinem Federn den Tarnmantel. Laut dem Tagebuch war Sho auch in jüngerer Zeit sporadisch auf beim Kirschblütenhaus aufgetaucht.
Gerion hatte den Rabenmantel in Palitan gefunden, törichterweise ausprobiert und konnte sich nicht mehr von ihm befreien. Die letzten Eintragungen waren voller Panik. Die Abenteurer nahmen wahr, dass Gerion anwesend war, doch mit ihm zu kommunizieren blieb schwierig.

Nachforschungen bei der Portalgilde erbrachten keine Neuigkeiten zu Sho, während Okanami als verlässlich bekannt war. Seit vielen Jahren besuchte er das Kirschblütenhaus und belieferte es mit Wasser und anderem Bedarfsgut.
Die Abenteurer wollten Gerion gerne helfen, doch das hieß, dass sie den Mondpfad betreten mussten. Die Seidenstraße galt als sicher, weil ihr Hüter ein Freund der Sterblichen war.
Die Helden wagten allerdings nicht, auf die nächste reguläre Öffnung zu warten, denn es war denkbar, dass Gerion bald gänzlich dahinschwinden würde. Sie luden den Unsichtbaren dazu ein, sie zu begleiten, heuerten einen Wegbegleiter der Portalgilde an und betraten den Pfad. Sie konnten den Wegepreis etwas reduzieren, indem sie sich als Lastenträger für eine Lieferung von Lebensmitteln in das Kirschblütenhaus anboten.
Die Landschaft unterschied sich zunächst nicht sehr von Zhoujiang, doch hatten Jahreszeiten in der Feenwelt keine Bedeutung. Schemenhaft waren in der scheinbar idyllischen Szenerie verschiedene Wesen zu sehen, doch die Abenteurer hielten sich an die Warnung, den Weg nicht zu verlassen. So erreichten sie ohne Zwischenfälle das Kirschblütenhaus, das im Moment – zwischen den Öffnungsphasen – nur spärlich bevölkert war. Neben einem älteren Zwergen waren da ein Tengu, ein Hobgoblin, ein Trio selenischer Söldner (ein Alb, ein Mensch und ein Zwerg) sowie ein beunruhigend aussehendes Feenwesen, dessen Gesicht wie der blanke Schädel eines großen Vogels wirkte (den er offenbar wie eine Maske oder Helm trug). Dazu kam die gnomische Wirtsfamilie. Der Wirtshauskomplex bestand aus dem Haupthaus und einem kleine Teehaus.

Es stellte sich rasch heraus, dass die Abenteurer Glück hatten. Bei dem Tengu handelte es sich um Okanami. Er war freilich nicht in der Lage, Gerion vom Mantel und dessen „Nebenwirkungen“ zu befreien. Wie der Tengu erzählte, hatte Sho den Mantel geschaffen, um ungesehen vom Hüter des Pfades Jagd auf Sterbliche zu machen. Seinen Opfern raubte er Erinnerungen, Lebenskraft und Bewusstsein. War das schon beunruhigend genug, wies der Tengu darauf hin, dass das Feenwesen mit dem Vogelschädel tatsächlich Sho sei. Er trug offenbar immer noch den Schädel seines Opfers. Okanami wagte nicht, den angeblich unsterblichen Gegner anzugreifen, auch wenn er ihn abgrundtief verabscheute.
Die Abenteurer hörten sich vorsichtig unter den Gästen und bei den Wirten um. Stück für Stück konnte Ren mithilfe ihrer arkanen Kenntnisse und einigen Andeutungen Okanamis schlussfolgern, dass Sho ein Ritual vorbereitete, um wieder ungestört Sterbliche jagen zu können. Dass er dafür vermutlich seine Unverwundbarkeit aufgeben musste, schien selbst für eine so niederträchtige Kreatur wie Sho ein extremer Schritt. Die Abenteurer sondierten nach Unterstützung, und sowohl ihr Mondpfadkundiger als auch Leto, der zwergische Teeliebhaber, waren bereit sie zu unterstützen. Der Zwerg stammte aus dem kintaiischen Atasato, hatte beim Ausbruch des zhoujiangischen Bürgerkriegs in den Diensten der Kaiserlichen gestanden und bei der Schlacht von Inani gegen Wus Meuterer gefochten. Die Söldner hingegen waren an einer Neuanstellung nicht interessiert. Sie planten, nach Selenia zurückzukehren. Der Hobgoblin Brux machte keinen vertrauenswürdigen Eindruck und war wegen seiner schlechten Manieren auch den Gastwirten suspekt. Die Abenteurer entsannen sich allerdings, dass man Hobgoblins zum Dienst zwingen konnte, wenn man ihnen etwas Persönliches stahl…
Alle vier waren sich unsicher, ob sie selbst mit Verbündeten Sho besiegen konnten. Zunächst blieb ihnen nur, ihren Feind zu beobachten – doch würde dieser nicht misstrauisch werden? Konnte er sehen, dass Gerion in seinem alten Mantel anwesend war, ahnte er, dass die Abenteurer ihm Übles wollten? Und wie weit konnten sie Okanami vertrauen?

Die Abenteurer entschlossen sich, den Hobgoblin Brux zu zwangsrekrutieren (wenn auch mit schlechtem Gewissen). Dies gelang, indem Luo sich in dessen Zimmer stahl und sein Messer und Trinkgefäß entwendete. Brux konnte ihnen einige Hinweise geben und versprach sie zu unterstützen, wenn sie ihn dafür nach einem Kampf mit Sho freigaben. Versuche, Okanami als Mitstreiter zu gewinnen, scheiterten.
Um den Herren des Rabenmantels aus der Reserve zu locken, brachen die Abenteurer scheinbar gemeinsam mit den selenischen Söldner gen Sarnburg auf. Brux blieb zurück mit der Anweisung, Sho im Auge zu behalten. Sie hofften, er würde tätig werden, sobald die potentiellen Störenfriede aus dem Weg waren. Ein gutes Stück jenseits des Kirschblütenhaus trennten sie sich von den Söldnern und verbargen sich in der Wildnis neben dem Pfad. Zu ihrer Überraschung stellten sie fest, dass Sho beschattet von Brux in großer Eile den Söldnern folgte, und nach einem kurzen Gespräch mit den Seleniern mit der Suche nach den Abenteurern begann. Sie entgingen ihm jedoch und folgten ihm heimlich zum Kirschblütenhaus zurück. Dort traf noch am selben Tag eine weitere Reisegesellschaft ein: zwei Kutschen und insgesamt zehn Personen (einschließlich Leibwächtern, Kutschern und Bediensteten). Wie sich später herausstellte, handelte es sich um eine Hochzeitgesellschaft. Die Abenteurer blieben dem Gebäude fern, nur Luo schlich sich magisch getarnt vor, um zu lauschen. Viel erfuhr er jedoch nicht.

Die Nacht war schon fortgeschritten, als Geschrei laut wurde. Kurz darauf verließ Sho in großer Eile das Gasthaus, in geringem Abstand gefolgt von einer Frau. Die Abenteurer schlossen zu dem „Paar“ auf, als die Lage eskalierte. In sicherer Entfernung vom Pfad und damit nicht an den Wegfrieden gebunden, stellte sich Sho seiner Verfolgerin und zeigte seine wahre Gestalt: ein geflügeltes, doppelt mannsgroßes Monstrum mit gefährlichen Klauen. Die Abenteurer brachten es nicht über sich, die Frau ihrem Schicksal zu überlassen und griffen wider besseres Wissen ein. Bis auf Brux gelang es ihnen sogar, ihre Herzen gegen den schreckenerregenden Anblick zu stählen.
Rasch stellte sich heraus, welch ein gefährlicher Gegner das Feenwesen war. Mörderische Treffer von Akira und Takur richteten keinen Schaden an. Er war jedoch verwundbar gegen Magie, so dass Ren und der von ihr beschworene „Höllenhund“ Schaden anrichteten. Auch ein Stoßgebet Akiras an den Himmlischen Kranich wurde mit einem Blitzschlag belohnt, der das Feenwesen verletzte. Vor allem aber gelang es Luos vor Jahrhunderten in einer mysteriösen Meisterschmiede geschaffenen Klinge, Sho zu verletzen. So musste Sho, auch noch von mehreren Feuerzaubern Rens in Brand gesetzt, schwer verletzt fliehen.

Die Niederlage schwächte Sho, sodass kurzzeitig die Macht des Mantels gebrochen wurde –Gerion konnte den verfluchten Mantel von sich schleudern. Die Abenteurer und ihre Begleiter zerstörten den Rabenmantel und traten eiligst den Rückzug zum Gasthaus an. Dort erfuhren sie, dass Sho den Eindruck erweckt hatte, die Hochzeitsgesellschaft bestohlen zu haben. Verfolgt von einer Leibwächterin war er geflohen – offenbar in der Absicht, sie vom Schutz des Pfades wegzulocken. Es war anzunehmen, dass er sie als Opfer verschleppen wollte. Da es den Abenteurern nicht gelungen war, Sho dauerhaft zu besiegen, brachen sie so schnell wie möglich nach Palitan auf.
In den folgenden Wochen erfuhren sie von der Portalgilde, dass Sho in den Tiefen der Feenwelten verschwunden war. Der Verlust des Feenmantels und seine Niederlage hatten die Tengu ermutigt, ihm die Rechnung für seinen Verrat zu präsentieren. Es blieb zu hoffen, dass er zumindest für den Moment keine Gefahr darstellte. Dennoch wussten die Abenteurer, dass sie sich einen neuen Feind gemacht hatten.
Für den Moment freilich hatten die Gefährten gesiegt. Sie erhielten von Gerion eine Belohnung. Die kurz darauf von ihrem Ausflug ins Umland zurückgekehrte Hao bedauerte es sehr, die Reise auf dem Mondpfad verpasst zu haben.
Luo durchsuchte noch einmal das Haus des „Schattens von Palitan“. Er hoffte, dass die Beute des Diebs noch irgendwo verborgen war. Zu seiner großen Enttäuschung fand er jedoch nichts.
Alles in allem konnten die Abenteurer zufrieden sein, denn die Geschichte hätte viel schlimmer ausgehen können. Gerion gerettet und Sho zumindest geschwächt zu haben, war ein stolzes Ergebnis.

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #36 am: 18 Okt 2024, 19:05:48 »
Ungewollt
Palitan, Spinnenprovinz, Zhoujiang (Hao, Luo, Ren)

Nach den Ereignissen um den Rabenmantel und den „Schatten von Palitan“ blieb der selenische Magier Gerion noch einige Zeit in der Stadt, um sich zu erholen. Ren nutzte die Gelegenheit, um sich mit dem Artefaktspezialisten auszutauschen. Sie informierte die Stadtgarde und das Kaiserliche Archiv über die Aufklärung des Mysteriums um den legendären Meisterdieb. Nach so langer Zeit brachte ihr dies aber nur ein paar lobende Worte ein.
Hao bedauerte, den Ausflug auf der Seidenstraße verpasst zu haben. Akira war in den nächsten Tagen häufig in der Botschaft seines Landes zu finden. Botschafterin Suguri hatte etliche Aufgaben für ihn. Der Jaguarkrieger Takur trainierte für die Winterspiele, wobei er sich mit einigen anderen Kämpfern zusammengetan hatte, die gemeinsam übten.

Natürlich blieb auch die große Politik nicht stehen. So dauerten die Streitigkeiten wegen der Lieferung der bei Privatleuten und Beamten beliebten, nur in der Spinnenprovinz gefertigten Geisterseide an: General Wu und Prinzessin Yi weigerten sich, die von den Triaden geforderten Preise zu zahlen, und beharrten auf den ihnen angeblich zustehenden Lieferungen. Die Triaden ihrerseits wollten sich weder mit Versprechen abspeisen lassen, noch einem der Rivalen den Vorzug geben.
Es war Wu, der in der verfahrenen Situation eine Entscheidung traf: Gegen Jahresende begannen Flugschriften mit seinem Namen in Palitan zu zirkulieren. Der Erlass verkündete, nicht hinnehmen zu wollen, dass „Verbrecher und Rebellen“ die Traditionen und Bräuche des Reiches in eine Waffe verwandelten, und ihr Treiben aus der Arbeit aufrechter Untertanen finanzierten. Fürderhin sollte die Kleiderordnung der Beamten deshalb neu geregelt werden. Das Tragen von Dienstgewändern aus Geisterseide wurde untersagt, außer wenn diese als besondere Belohnung vergeben würden. Magistrate und Mandarine sollten Gewänder aus normaler Seide tragen, Inspektoren und Sekretäre hingegen solche aus Baumwolle, Wolle und Leinen. Privatleute durften weiterhin Geisterseide tragen, mussten aber eine Erlaubnis erwerben. Vor allem aber würden auf Geisterseide bei der Einfuhr in Wus Machtbereich skandalöse Zölle erhoben werden. Zwecks Förderung der Seidenproduktion in den Provinzen des Generals sollte zudem auch die Einfuhr anderer Seiden hoch verzollt werden. Gold, Ehre und Ansehen winkten dem, der die Eier des Geisterfalters und das Geheimnis der Herstellung von Geisterseide an den General ausliefere. In Erkenntnis der düsteren und opferreichen Zeiten würden der General und seine Minister zudem alle ihre Seidengewänder der Verteidigung des Reiches spenden.

Angesichts dieser Neuigkeit fiel der Preis für Geisterseide drastisch. Bei den Händlern machte sich Unruhe breit. Vielfach vermutete man, dass der Schmuggel sowie das Fälschen von Transportdokumenten und Sondergenehmigungen rapide zunehmen würden. Manche glaubten, die Anordnung käme nicht von Wu, sondern sei eine Intrige, um seiner Wirtschaft zu schaden und die Beamtenschaft gegen ihn aufzubringen.
Luo hörte über seine Unterweltkontakte, dass weiterhin Flüchtlinge aus Zhoujiang ihr Glück im Ausland suchten, namentlich südlich des Jadebandes. Ihre Aufnahme in Kintai variierte, da einige Traditionalisten meinten, es kämen zu viele und die falschen Exilanten. In Atasato nahm man die Flüchtlinge bereitwilliger auf, doch beuteten die örtlichen „Ringe“ sie angeblich rücksichtslos aus – bis hin zur zwangsweisen Rekrutierung von Jungen und Mädchen für die Bordelle der Vergnügungsviertel. Die Flüchtlinge kamen besonders aus den umstrittenen Provinzen Zhoujiangs, aber manche flohen auch vor Wus rigider Politik oder aus den Triadengebieten.
Die Triaden sahen dies ungern, denn sie verloren so billige Arbeitskräfte und potentielle Soldaten. Einige Flüchtlinge hinterließen zudem Schulden in ihrer alten Heimat. Die verbreitete Korruption der Triaden erschwerte allerdings Gegenmaßnahmen. Zudem waren einzelne Triaden wie die 13 Blätter selbst im Flüchtlingsschmuggel tätig, wobei sie die Flüchtlinge allerdings ebenfalls  ausnutzten, beraubten und in die Unfreiheit verkauften.
Die Gerüchte, dass die Kämpfe am Maishi-See bald wieder aufflammen könnten, schürten die Sorge vor weiteren Flüchtlingsströmen. Besonders die neutrale Flußdelphin-Provinz drohte zwischen die Fronten geraten: Würde Wu einrücken im seinen Einfluss nach Osten auszuweiten, die Anhänger der Prinzessin den Vormarsch des Generals stoppen wollen oder die Triaden ihre Positionen in der Kranichprovinz abzusichern versuchen? Besonders die befestigte Brücke über den Goldsandwasser-Fluss mochte leicht zum Streitobjekt werden…

Die langwierigen Recherchen der Helden im Kaiserlichen Archiv näherten sich inzwischen dem Abschluss. Im Moment versuchten sie, mehr zu Luos Schwert herauszufinden. Er hatte das Dschiahn „Vipernzahn“ vor einigen Jahren erbeutet, ahnte aber seit geraumer Zeit, dass mehr hinter der Waffe steckte.
Nach einem Tag im Archiv beziehungsweise auf den Straßen der Stadt trafen sich Hao, Ren und Luo wie so oft zum Essen in ihrem Gasthaus. Ihr Gespräch wurde unterbrochen, als die Abenteurer von einem Gefühl der Bedrohung und Dringlichkeit ergriffen wurden. Ren warf einen Blick in die Geisterwelt, konnte aber nichts entdecken. Alle drei fühlten sich gen Westen gezogen. Luo und die Priesterin meinten, Seewasser zu riechen, aber auch einen stechend-modrigen Geruch. Beide vermuteten, es könne sich um eine Botschaft von Aonami handeln, der Seenymphe, die sie vor einem halben Jahr auf dem Maishi-See getroffen hatten. Die Helden rafften etwas Ausrüstung zusammen und machten sich auf den Weg.

Der wortlose Ruf zog sie zum Rand der Stadt, in das Schilf des Deltas. Die Gedankenbotschaft klang zunehmend dringlich. Bald zeigte sich, dass andere Wesen vor den Helden unterwegs waren, denn mehrere Pfade schienen durch das Schilf gebrochen zu sein. Zum Glück registrierten die Abenteurer rechtzeitig, dass sie bemerkt worden waren, bevor zwei dürre, froschartige Wesen aus dem Schilf brachen. Ren erkannte die Kreaturen als Sumpfkriecher, abscheuliche Feenwesen, sterbliche Wesen entführten und ertränkten, um ihre Eier in den Leichnamen heranreifen zu lassen.
Der Kampf war kurz aber erbittert, zumal ein dritter Sumpfkriecher hinzustieß. Luo wurde ernsthaft verletzt, doch gemeinsam gelang es den Abenteurern, die Untiere zu erschlagen.
Nach dem Ende des Kampfes trat eine weitere Gestalt aus dem Dunkel – doch diesmal war es kein Ungeheuer: Es handelte sich tatsächlich um Aonami. Die Nymphe wirkte angeschlagen und bewegte sich unsicher, ihre Schwangerschaft war deutlich fortgeschritten. Allerdings wäre ein menschliches Kind inzwischen längst zur Welt gekommen, war Aonami doch schon vor einem reichlichen halben Jahr deutlich schwanger gewesen.

Die Nymphe bat die Abenteurer um Hilfe. Sie hatte während ihrer Knechtschaft Dinge getan und Informationen weitergegeben, die sie in Konflikt mit mächtigen Feenwesen gebracht hatten. Auch ihr halbmenschliches Kind war in den Augen einiger Feen eine Abscheulichkeit, in denen anderer eine Rarität, die man sich zunutze machen konnte. Deshalb hatte sie den See verlassen müssen, doch waren ihr die Probleme gefolgt. Zudem war ihre Magie zunehmend instabil geworden. Dies mochte an ihrer Schwangerschaft liegen, oder an der Trennung von ihrem See. In ihrer Not hatte sie sich wieder an die Abenteurer gewandt. Wiewohl sie nur einige Perlen und schwarz angelaufene Silbermünzen als Lohn anzubieten hatte, waren die drei bereit zu helfen.
Zunächst einmal benötigte Aonami ein Versteck. Die Abenteurer wagten nicht, sie in die Stadt zu schmuggeln. Allzu leicht könnten sich Gerüchte ausbreiten. So beschlossen sie, die Schwangere fürs erste in die verlassene Hütte eines Fischers zu bringen, der wenige Wochen zuvor ermordet worden war und dessen Tod die Helden aufgeklärt hatten. Das Gebäude lag abgelegen, direkt am Wasser und mochte zumindest als Notbehelf dienen. Gestützt auf die Abenteurer machte sich die Seenymphe auf den Weg.

Geführt von der wildniskundigen Hao und von Luo vor neugierigen Blicken abgeschirmt, erreichte Aonami unbemerkt das Ziel. Sie wirkte unsicher, als sie die Zuflucht in Augenschein nahm. Diese war zwar vom Jadenband entfernt, doch ob jene Wesen, die die naheliegende Rauchende Seide beherrschten, der Nymphe gnädiger gesinnt waren, war unklar. Möglicherweise wegen der blutigen Vergangenheit des Ortes hatte Aonami zudem ein ungutes Gefühl. Auch war der Platz recht beengt. Die Abenteurer beschlossen, die Hütte dennoch erst einmal als Versteck zu nutzen. Sie befragten Aonami über ihre Bedürfnisse aus, wussten sie doch nur wenig über die Lebensweise von Nymphen. Wie sie erfuhren, waren diese vegetarisch und brauchte jeden Tag Zugang zum Wasser.
Eine Untersuchung durch Ren ergab, dass die Nymphe erschöpft und leicht verletzt war, ihr aber nichts Ernstes fehlte. Die Schwangerschaft verlief zwar offenkundig „verlangsamt“, doch alles sprach dafür, dass die Geburt spätestens in wenigen Wochen erfolgen würde. Die Abenteurer erfuhren von Aonami, dass Nymphen – wenn sie nicht einfach entstanden, sondern geboren wurden – im Wasser zur Welt kamen. Sie konnten dann sofort unter Wasser atmen und beherrschten intuitiv die nymphische Magie. Aonami würde zum Gebären ein großes Becken, eine Bucht, Bach oder Teich benötigen. Leider wusste sie selber wenig über Nymphenkinder, geschweige denn Mischlinge. Die Abenteurer kannten immerhin einige Sagen. Es hieß, dass Feenmischlinge meist nach der Mutter kamen. Viele Geschichten endeten tragisch. Oft lehnten beide Welten diese Kinder ab, oder sie weckten das – selten selbstlose – Interesse mächtiger Sterblicher oder Feen. Zumindest besaßen Hao und Ren als Heilerinnen Erfahrung mit Geburtshilfe. Dennoch bereitete ihnen Sorge, was sie in diesem besonderen Fall NICHT wussten.

Am nächsten Tag brachen Luo und Hao auf, um Erkundigungen einzuholen und Vorräte zu beschaffen. Ren blieb als Wache bei Aonami. Sie fragte diese über ihr Leben im Maishi-See und ihre Wassermagie aus, erzählte aber auch aus ihrem eigenen Leben und Abenteuern. Aonami hatte seit Jahren wenig Kontakt zu anderen Feenwesen gehabt – erst als Sklavin eines Sterblichen, dann, weil sie vor Ihresgleichen die Flucht ergreifen musste.
Hao recherchierte im Unggoy-Tempel. Immerhin war der Affengott ein Meister der Heilkunst. Mit Hilfe ihrer Mitpriester, am Folgetag durch Ren unterstützt, konnte Hao einige Informationen zusammentragen – auch wenn selbst die Unggoy-Kirche nur wenige Aufzeichnungen über Feenmischlinge besaß. Immerhin erfuhr Hao, dass kaltes Eisen, Spiegelglas und Salz schädlich waren, und sie las von einigen beruhigenden Kräutern. Diese würde hoffentlich zusammen mit Jiaogulan-Tee, den Ren immer parat hatte, die Geburt erleichtern. In den nächsten Tagen gelang es, die gesuchten Kräuter zu erwerben. Hao besorgte zudem einige Hilfsmittel für die Geburt und die Versorgung eines Kleinkindes. Luo suchte derweil nach einem Ersatzquartier, wobei er sich auf die „Straße der Wunder“ konzentrierte. Das Viertel galt als Sammelpunkt der Sonderlinge und exotischen Wesen. Allerdings hieß es, dass es unter den hier Lebenden auch einige sehr gefährliche Wesen gebe. Und nicht jeder Alchimist oder Forscher ging sorgsam mit seinen Geräten um oder wägte Risiken mit Bedacht ab. Luo fand die eine oder andere potentielle Unterkunft, doch keine bot ungesehen Zugang zu einer großen Menge sauberen Wassers für die Geburt. Den Abenteurern erschien es zu riskant, eine Hochschwangere weit zu transportieren oder sie in einem gemieteten Baderaum gebären zu lassen. Das Flusswasser in der Stadt selber war vermutlich zu schmutzig und zu leicht einzusehen. So entschieden sie, in der Hütte zu bleiben und diese wohnlicher zu gestalten. Luo hatte zugleich sein Kontaktnetzwerk darauf angesetzt, ob jemand Nachforschungen nach Aonami anstellte.

Ren nutzte einen ihrer Besuche in der Stadt, um eine Botschaft in die Kranichprovinz zu schicken, in der sie vor dem Nekromanten „Meister Kong“ warnte. Sie fürchtete, er könne versuchen, an das durch die Abenteurer von seinem Handlanger erbeutete Ritualhorn zu kommen, das inzwischen im Besitz des Fürstenhauses von Timog war. Der Brief ging an ihren Verwandten Ji Dao, der im Justizministerium arbeitete. Er würde hoffentlich in der Lage sein, die Nachricht weiterzuleiten und nach Kong fahnden zu lassen.
 
In den kommenden Tagen blieb immer eine der beiden Heilerinnen bei Aonami. So war es vor allem an Luo, Nachschub heranzuschaffen. Hao erkundete die Umgebung und suchte nach einem sicheren Ort für die Geburt. Sie fand einen von Weidenbäumen umstandenen Teich mit grünlichem Wasser voller Seerosen, der ihr geeignet schien. Die Abenteurer bereiteten den Transport der Schwangeren vor, indem sie eine Trage organisierten, die sie an Haos Zhu-Schreiter befestigen konnten. Ren und Hao rekapitulierten Hinweise für die Kinderpflege, wenngleich sich ihr Wissen natürlich auf sterbliche Kinder bezog.
Die nächsten Tage zogen sich trotz solcher Vorbereitungen hin. Aonami schien bekümmert, dass sie keine Freiheit im Wasser besaß, und auch der Austausch von Geschichten heiterte sie nur zeitweilig auf. Hin und wieder sang sie Lieder in einer fremdartigen Sprache und unterhielt sich mit Ren und Hao über ihr Kind. Ein Mädchen wollte sie Xi nennen (was „Bach“ bedeutete), einen Jungen Bian.
Die Helden richteten das Haus des Fischers etwas wohnlicher her, was den Aufenthalt erleichterte. Als  Bewohner des nächsten Dorfes zufällig vorbeikamen, wimmelten die Helden sie ab, indem sie ihnen weißmachten, sie würden einen Geist austreiben.

Luo erfuhr bei einem seiner Besuche in der Stadt, dass in den Kanälen Palitans mehrmals Undare gesichtet worden waren. Er argwöhnte, dass die tierhaften Elementarwesen auf der Suche nach Aonami waren. Bald sprach sich herum, dass ein Kopfgeld auf die (lebende) Ergreifung der Undare ausgesetzt worden war. Wie Luo erfuhr, hatte ein gewisser Guo Chi das Kopfgeld ausgelobt. Der Privatgelehrte aus der „Straße der Wunder“ hatte einen zweifelhaften Ruf. Er war Experte für jenseitige Wesen, sollte jedoch bei seinen Forschungen sehr rücksichtslos vorgehen. Deshalb hatte er sich auch mit der Portalgilde überworfen, die ihm das Betreten der Seidenstraße verboten hatte. Auch mit dem Geisterministerium war er aneinander geraten. Es blieb zu hoffen, dass er nichts von Aonami erfuhr – eine schwangere Nymphe hätte ihn zweifellos brennend interessiert.

Diese doppelte Gefahr rief den Abenteurern in Erinnerung, dass mit einer geglückten Geburt Aonamis Probleme nicht vorbei sein würden. Sie würde eine Zuflucht brauchen. Eine Möglichkeit wäre, ein „herrenloser“ See oder Teich, der ihr und ihrem Kind Unterschlupf bieten würde, am besten mit einer menschlichen Siedlung in der Nähe, wo sie Hilfe für das Aufziehen eines Mischlingkindes finden konnte. Die Alternative wäre der Schutz eines mächtigeren Feenwesen oder Sterblichen. Ren beschloss, sich bei der Portalgilde umzuhören. Sie hoffte, wegen ihrem letzten Abenteuer auf dem Feenpfad etwas „Kredit“ zu haben. Außerdem war eventuell der Pfadherr der Seidenstraße (der gemeinhin als gütig galt) eine brauchbare Option. Entlang des Pfades gab es so manches Gewässer, wo eine Nymphe Zuflucht finden konnte.
Tatsächlich war die Portalgilde geradezu begierig, mehr zu erfahren – mit einem Feenwesen aus der Position der Stärke heraus zu verhandeln war natürlich verlockend. Die Pfadgelehrte Gia Zou versuchte alle Details aus Ren herauszulocken, die aber verschlossen blieb.

Glücklicherweise konnten Hao und Ren den Zeitpunkt der Geburt mit einiger Gewissheit vorausberechnen, und waren bereit, als die Wehen einsetzten. Von Hao geführt, glückte der Transport Aonamis zu der vorgesehen Geburtsstelle. Die Nymphe ließ sich nackt in das Wasser gleiten, das mit einmal glasklar wurde und von Grün in ein fast unnatürlich wirkendes Blau wechselte. Auch der Sumpfgeruch des Wassers ließ plötzlich nach. Aonami summte eine ihrer fremdartigen Melodien, während zwei Tränen wie Wassertropfen über ihre Wangen liefen. Ren und Hao verbrannten die beruhigenden Kräuter und reichten ihr Heiltee. Die einsetzenden Schmerzen ertrug die Nymphe mit beeindruckender Selbstbeherrschung. Ren und Hao schlossen sich ihr im flachen Wasser an.
Luo, der nach außen sicherte, bemerkte fast zu spät, dass die Geburt nicht ungestört verlaufen würde. Denn mit einmal erschien eine hochgewachsene, muskulöse Frau mit kurzem blauen Haar, kaltblauen Augen am Rande des Teichs, gewandet in einen grünlichen Muschelpanzer, in der Hand eine blauschwarze Klinge. Sie hätte Aonamis Halbschwester sein können, wirkte aber weitaus bedrohlicher. Mit scharfer Stimme verlangte sie von „der Ausgestoßenen“ im Namen der Herrin des Jadebandes einen Preis für das unerlaubte Betreten von deren Reich. Der verlangte Preis war das Kind.
Die Abenteurer waren nicht gewillt, dies ohne Widerstand zuzulassen, und schließlich nahm es Luo auf sich, im Zweikampf um das Kind anzutreten. Nur ein ehrenhafter Sieg würde Sicherheit für Aonami und die Abenteurer bedeuten – wenn sie die Fremde zu dritt angriffen, würde der Zorn ihrer Herrin wohl eher noch zunehmen. Luo schritt keineswegs kampfesfreudig in den Ring, sondern erst, als auch Hao sich bereit erklärte, notfalls zu kämpfen. Luo hatte einen gesunden Respekt vor übernatürlichen Gegnern, doch der Mut seiner Kameradin beschämte ihn. Xuanwo (Strudel) zeigte sich wenig beeindruckt, als Luo ihr seine Klinge und deren Verdienste im Kampf gegen übernatürliche Wesenheiten präsentierte – ihr zufolge stank die Waffe nach Echsenmagie. Ehe Luo sich stellte, rief Aonami ihn zu sich. Eine leichte Berührung der Nymphe erfrischte ihn wie ein tiefer Schluck klares Wasser. So ermutigt stellte er sich zum Duell.

Im Zweikampf erwies sich die Feenkriegerin als beeindruckende Gegnerin. Letztlich war sie jedoch den Fähigkeiten eines Splitterträgers nicht gewachsen, und gestand schwer verletzt ihre Niederlage ein. Auch Luo hatte einiges an Blut verloren. Was ihn zusätzlich beunruhigte war der Umstand, dass er kurzzeitig einige abscheuliche Bilder vor Augen gehabt hatte, was er seiner Gegnerin alles antun könnte. Allerdings waren diese Gedanken ebenso schnell und spurlos verschwunden wie sie gekommen waren.

Während am Ufer Klingen gekreuzt wurden, hatten die drei im Wasser ihren eigenen Kampf zu bestehen, denn die Geburt hatte eingesetzt. Dank Rens und vor allem Haos Hilfe verlief die Geburt glücklich, und bald hielt Aonami ihr Kind – eine Tochter mit den tiefblauen Haaren und Augen ihrer Mutter – in den Armen. Die Fremdartigkeit von Mutter und Kind wurde einmal mehr deutlich, denn es gab weder Nabelschnur noch Nachgeburt, das Fruchtwasser war blau, und das Kind konnte sowohl im Wasser als auch an der Luft atmen.
Ren überließ die weitere Betreuung von Mutter und Kind Hao und verband Luo und seine Gegnerin, der sie auch einen Heilzauber gewährte. Xuanwo nahm diesen erst nach der Versicherung an, dass keine Bedingungen daran geknüpft wären. Immer noch grimmig, Mutter und Kind mit einer Mischung aus Befremden und Abscheu musternd, gab sie Ren und Luo Auskunft über Luos Waffe. Sie wusste nichts Genaues über „Vipernzahn“, doch das „Lied“ der Klinge klang nach ihren Worten angeblich nach Drachlingen und wies nach Südosten, also gen Kintai oder Sadu. Und es war kein gutes Lied. Dies war etwas verwirrend, hatten doch frühere Recherchen nahegelegt, dass die Klinge im Guaiwulinshan-Gebirge geschaffen worden war.
Hao vergewisserte sich, dass die Herrin des Jadebandes weder gegen die Abenteurer noch gegen Aonami einen Groll hegte. Dies bestätigte Xuanwo, warnte aber, dass Sterbliche wie Jenseitige an dem Kind Interesse haben würden. Mit widerwilligem Respekt übergab sie den Abenteurern einen Beutel mit Münzen. Dann verschwand sie mit einem knappen Gruß im Wasser der Rauchenden Seide.

In den folgenden Tagen hörte Hao sich nach einem „unbesetzten“ See oder Teich um. Aonami hatte wegen ihrer  schlechten Erfahrungen mit Sterblichen Bedenken, sich mit der Portalgilde zu treffen. Da die Unggoy-Priesterin aber keine geeignete Zuflucht fand, waren sie und Ren zumindest dabei behilflich, einen guten Pakt zwischen der Nymphe und der Gilde auszuhandeln, damit diese den Kontakt mit dem Pfadwächter Tenkuri vermittelte. Letzten Endes war dies vielleicht die beste Lösung, der Aonami einen Neuanfang weit weg von ihren möglichen Verfolgern bot, und unter dem Schutz eines vergleichsweise milden und gerechten Feenherrschers stellte.

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Wenige Tage darauf waren die letzten Recherchen in den kaiserlichen Archiven zu einem Ende gekommen. Erstaunlich schnell hatten sich Informationen zu Luos Klinge finden lassen. Offenbar gehörte Vipernzahn zu einer Serie besonderer Waffen, die vor Jahrhunderten für Offiziere, verdiente Kämpfer und Agenten gefertigt worden war. Die Waffen waren in lediglich zwei abgeschiedenen Schmieden gefertigt worden. Die eine hatte wie vermutet im Guaiwulinshan-Gebirge gelegen, die zweite in den Zanshi-Bergen, einem wilden Bergland zwischen dem heutigen Sadu und Kintai. Beide Anlagen waren mindestens so alt wie die Jadekriege und zumindest bis zu Myurikos Aufstieg in Gebrauch gewesen – also insgesamt fast 200 Jahre lang.
Die Waffen waren als „Long Dschiahn“ oder „Xue Dschiahn“ bekannt gewesen, was „Drachen-„ oder „Blutschwerter“ bedeutete. Ihre Herstellung war sehr teuer und umstritten gewesen, basierte wohl auf Drachlings-Magie und hatte Blutopfer beinhaltet. Die nördliche Schmiede hatte man nach der Spaltung des Reiches auf kaiserlichen Befehl versiegelt, zu der im Zanshi-Gebirge war irgendwann der Kontakt abgebrochen. Die Helden fanden auch eine – leider nur sehr vage – Wegbeschreibung zu den Schmieden.
Die Klingen standen in dem Ruf eine Art Bewusstsein zu entwickeln. Ob sie dabei Aspekte ihrer Träger übernahmen oder diesen beeinflussten, war umstritten. Ihre Macht sollte zunehmen, je mehr Blut sie tranken. Die Verbindung mit der Klinge wurde oft durch ein besonderes Ritual gefestigt und gestärkt. Die Recherchen lieferten Bruchstücke des Rituals, es zu vervollständigen würde aber einen erfahrenen Artefaktmagier oder arkanen Schmiedemeister benötigen. Wesentlicher Bestandteil des Rituals war es, die Klinge im Blut eines überwundenen Feindes zu tränken.
In den etwa 200 Jahren der Existenz der Schmieden waren weniger als 100 Drachenklingen geschmiedet worden: Klingen verschiedener Art, aber auch Stangen- und andere Waffen. Die Schmieden hatten auch andere Artefakte und Rüstungen gefertigt, und mit der Herstellung von Metallgolemiden experimentiert. Aus dem Krieg der Zwillingskaiserinnen hatte sich eine Liste von Waffenträgern erhalten, doch nur fünf von ursprünglich um die 20 Namen waren noch lesbar:
•   Odara Song, Hauptmann der Silberschwerter, hatte das Dschiahn „Drachenfang“ erhalten – mit seinem Geist hatte Luo wahrscheinlich nahe von Baoshi in der Kranichprovinz die Klingen gekreuzt.
•   Tran Xue, General der Kaiserlichen Reiterei war als Träger des Huang Dao „Schwarze Flamme“ aufgelistet.
•   Li Tang, Kommandant der Kaiserlichen Garde, hatte das Ju Oshu „Feuerzunge“ erhalten.
•   Su Ji, die „Herrin der Bestien“, hatte das Tigerhakenschwert-Paar „Blitz“ und „Donner“ geführt.
•   Shi Yao (wohl ein Kriegsname, der „Schlangendämon“ bedeutete) hatte „Vipernzahn“ getragen. Vor diesem Namen war Luo in einer Wahrsagung gewarnt worden.

Dies waren aufschlussreiche Informationen, doch das Bindungsritual zu vervollständigen überschritt vorerst die Möglichkeiten der Abenteurer. Luo überlegte, ob er die fünf Klingenträgernamen auf die Liste einer neuen Recherche setzen sollte. Doch gegenwärtig war er ziemlich mittellos, da er sich kürzlich eine hochwertige Schuppenrüstung hatte fertigen lassen. Weitere Recherchen mussten warten. Luo fragte sich, ob einige der grausamen Gedankenbilder, die ihm in letzter Zeit gelegentlich durch den Kopf geschossen waren, wenn die Klinge Blut vergossen hatte, auf deren besondere Eigenschaften zurückzuführen waren. Vielleicht hatten die ungewöhnlichen und machtvollen Gegner der letzten Monate, etwas in der Klinge geweckt…
Die Abenteurer waren zufrieden mit den erreichten Rechercheergebnissen, auch wenn Luo gerne noch mehr über die Träger der magischen Waffen erfahren hätte. Allerdings fehlte es ihm momentan etwas an Geld.