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Voraussetzung
Jeder Spieler muss in meiner Runde eine "richtige" Hintergrundgeschichte für seinen SC haben.
Ich erwarte dabei mehr "Leben" als "Als Waisenkind in den Strassen von XY aufgewachsen, beim falschen Adligen was geklaut und jetzt auf der Flucht".
Die Spieler können sich dabei gerne an den Fragen im Grundregelwerk orientieren.
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Da bin ich mittlerweile von weg. Wer's tun will, soll es tun, der Rest kann es gerne lassen. Mir reicht es vollkommen, wenn jemand eine grobe Vorgeschichte im Fleischspeicher hat. Und wenn nicht, auch nicht schlimm.
Solche ausführlichen Vorgeschichten haben früher viel Zeit und manchmal auch Nerven gekostet, ohne dass sie später angespielt wurden. Oder sie entstanden in "system-jungfräulichen" Zeiten und ein paar Jahre später fiel einem auf, wie unrund sie sich in den Hintergrund einfügen.
Oder man stellt im ersten Abenteuer fest, dass der SC, so wie man ihn sich erst vorgestellt hatte, doch nicht passt und bastelt nochmal dran rum..... was dann? Nochmal ne Stunde ransetzen, um ne neue Vorgeschichte niederzuschreiben?.
Was ist, wenn einem zu einem Wert/Fähigkeit erst später ein töfter Hintergrund einfällt?
Zu guter Letzt neigen gerade kreative Spieler zu einem "too much" in der Vorgeschichte: Herrjeh, was hat der Jungheld alles schon erlebt, warum fängt er nicht gleich mit HG 2 an? (überspitzt formuliert.)
Deshalb bin ich der Überzeugung "weniger ist mehr" bzw die Details im Hintergrund erst nachundnach zu füllen. Macht es bei "zentralen SCs" auch für den SL einfacher.*
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*Beispiel:
Bei DSA4.1 wurde der zentrale SC der Gruppe als "Kutsche plus Degen" gebaut. Der Spieler wollte kämpfen können und alle anderen wollten ein Fortbewegungsmittel und eine Reisekasse.
Am Fluff war er auch interessiert, also baute ich ihm einen Taugenichts/Kontorist mit reichlich Vermögen und "adlig" und steigerte fein Fechtwaffen. Als standesgemäße Beschäftigung bekam er "Winzer".
Der Haupt-SL designete wiederum einen Landsitz samt Weingut. Wie der Spieler sein Gut führte etc. war aber seine Sache. Praktisch JEDES Abenteuer des Haupt-SL oder meiner Wenigkeit plöppte ein neuer NSC in seiner Verwandtschaft, Dienerschaft, Nachbarschaft oder Bekanntschaft auf, von denen die meisten ingame "schon immer da waren" und es war für alle ein Heidenspaß.
All das wäre nicht möglich gewesen, wenn der Spieler selbst, eine dreiseitige ausführliche Vorgeschichte "festgezurrt" hätte...
EDIT1:
Insbesondere bei Kampagnen, wo die SCs verbindende Element haben, rate ich sogar davon ab!
Mein Heilmagier war sein Leibarzt, der zweite Kämpfer sein Fechtpartner und irgendwie Leibwächter usfusw.
Hätten wir beide unsere Vorgeschichte zu ausführlich niedergeschrieben, hätte sich das nicht so harmonisch ergeben bzw nur mit mehr Aufwand.
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EDIT2:
Ich rate immer dann zu Vorgeschichten oder besser noch "Auszügen einer Vorgeschichte", wenn man sich im spietechnischen SC-Design noch nicht ganz wieder findet.
Ich wollte damals unbedingt einen "Gnom mit übertrieben großer Waffe" bauen und spielen.
Pfauenfeder? Mäh zu hübscher Turbanträger, hatte ich schon. Farukan war damit erledigt. Blieb ich beim Kriegshammer hängen. Ein paar Schmökereien später gefiel mir die Idee eines Gnomberserkers sehr gut. Jetzt muss man aber wissen, dass Paladine auf der einen Seite und Berserker auf der anderen Seite neben Assassinen für mich als SL ein rotes Tuch sind. Ich HASSE "Verbotspaladine" und "Elefantimporzellanladen"-Berserker. Also musste ein spielbarer Gegenentwurf her. Eine reine Barbarenkultur entfiel da schon mal. Aber ich mag Varge. Ich mag Trapperklischees. Ich mag diese traurigen grimmigen "Schnapsbrenner verkaufen Feuerwasser an Indianer"-Geschichten.
Zack: Stammt von Schnapsbrennern und Alchmisten aus Darkadsmyr ab, die hauptsächlich in den schwarzen Wäldern Schnaps und Elixiere an die Vaigarr verhökern. Mutter ist ihr bester Kunde, gebiert ihr Kind im Busch und lässt es legen. Eine freundliche
Indianerin Vargin findet das Kind und füttert's durch. Als sich die Sache aufgeklärt hat, ist der kleine Gnom schon Teil des Stammes.
Seitdem bleibt man Sommers oder wenn man im Winter nicht rechtzeitig abreisen kann oft bei dem Stamm. Und der Gnom bleibt eh lieber dort als bei seiner besoffenen Mutter oder im stinkenden Darkadsmyr.
Nebenbei hat man noch eine schöne Geschichte, warum der kleine Gnom für einen Gnom so außerordentlich stark ist: 1.) Abhärtung und Durchboxen im Vargenstamm 2.) Die gehäufte Einnahme von Elixieren in der Schwangerschaft kann zu Komplikationen führen: In diesem Fall positiv ein "Obelix-Effekt".
Und alles andere ergibt sich dann...
Im Umkehrschluss krittel ich nur dann an einer Vorgeschichte herum, wenn sie grob mit dem (objektiven oder subjektivem) Hintergrund bricht oder "too much" ist (s.o.).