Autor Thema: Tips fürs Storybauen?  (Gelesen 5071 mal)

Ignota

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 66
  • ja wahrscheinlich!
    • Profil anzeigen
Tips fürs Storybauen?
« am: 21 Sep 2018, 00:31:02 »
Ahoi!
Ich würde gerne mal eine Diskussionsrunde über eure Taktiken bezüglich des Storybauens eröffnen.
Anlass ist, dass ich sowohl ernannt als auch selbst mal Lust hatte, die Rolle des Spielleiters zu übernehmen.
Nach einigen Sessions (HG 2 bei ca. 150 exp) und weil ich bei der Charaktererstellung immer recht auf Effizienz aus war, denke ich ich kenne das Regelwerk mittlerweile gut genug, um mal ein Abenteuer komplett selber zu schreiben. Ein vorgefertigtes, das über 2 Sessions ging, habe ich schon recht passabel geleitet. Allerdings vorher etwas aufpoliert, weil es mir so zu langweilig war.

Die Essenz des Spielleitens ist mMn (von dem was ich bis jetzt mitbekommen hab), nicht zu viel eines Handlungsstrangs auszutüfteln, weil die Spieler meistens andere Ideen haben und man dann leicht in die Versuchung kommt, sie zurück auf den vorgeschriebenen Pfad zu drängen.
Lösung also: Eine reaktionäre Umwelt bauen, die vorgegebene Ziele und Reaktionsmuster hat und dann je nach Aktionen der Spieler darauf eingehen und hier und da improvisieren?

Wenn man mehrere NPCs komplett mit Background ausstattet, wird nach und nach auch deren Charakter  immer ausgeprägter und man weiß wie sie in unerwarteten Situationen handeln würden. Aber erstens viel Arbeit und zweitens Frustration, wenn der NPC dann einfach kein Rampenlicht bekommt.

Für sowas eignen sich Tabellen glaube ich auch gut.
So mit zufälligen Elementen wie NPCnamen & Eigenschaften, Zufallsereignisse oder zufällige Orte, wenn die Spieler das nächste mal vom definierten Weg abkommen
Hat jemand damit Erfahrung gemacht? Wie kann man die so allgemein wie möglich halten, damit sie in jede Story passen, aber doch dann auch ZUR Story passen?

Und warum hänge ich mich ständig daran auf, dass ich das Regelwerk ändern will? Das Tick- und Fokus-/Magiesystem liegt mir nicht besonders und es kribbelt in meinem Gehirn, das umzuwerfen und ein intuitiveres System zu schreiben..

weitere Tips und auch Widerspruch zu meinen Thesen sind gerne gesehen
gezeichnet,
Ignota Morthwyl, zwergische selbsternannte Trickster-Magierin

SeldomFound

  • Beta-Tester
  • Hero Member
  • ***
  • Beiträge: 10.283
  • Wohin auch die Reise geht, ich bin da
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #1 am: 21 Sep 2018, 01:08:32 »
Ich benutze gerne Beziehungsbäume für die Verbindungen zwischen den NSCs und den Spielern zum Planen und Flow-Charts für die Pläne oder Ereignisse, die im Abenteuer vorkommen.

Zum Beispiel:

Charakter A will Objekt O, welches in verbotener Zone Z liegt. Um die Erlaubnis zu erhalten in Zone Z zu kommen, beschließt A heimlich den Charakter B zu vergiften, der ein Kontakt, Mentor, Gefolge, etc. von den SCs ist, die für die Heilung Objekt O bauen.

Gesendet von meinem GT-I9301I mit Tapatalk

Patience is a virtue, possess it if you can
Seldom found in woman
Never found in man

Xandila

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 974
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #2 am: 21 Sep 2018, 06:22:03 »
Für einen Stapel zufälliger NSCs schau dir mal das hier an:
http://splitterwelt.org/nsc-generator/

Gregorius

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 461
  • Unvernunft ist innere Freiheit.
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #3 am: 21 Sep 2018, 09:23:50 »
Erst mal ein Abenteuer aus einem anderen System (oder ein System-freies) für Splittermond und die eigenen Gruppe umzuschreiben fand ich einen guten Einstieg als SL-Neuling. Das komplett eigene Abenteuer hat dann doch deutlich länger gedauert als ich erwartet hatte und ich schreibe auch immernoch daran. Vorteil am Umschreiben ist, dass sich schon mal jemand Gedanken über Beziehungen und Plot-Mechaniken gemacht hat (wie es auch Seldom Found beschreibt). Bei meinem "Erstling" habe ich das Problem, dass es noch zu viele Möglichkeiten zum "völlig falsch abbiegen" für die Helden bietet und für's freie Improvisieren fehlt mir noch die Übung.


“If the real world were a book, it would never find a publisher. Overlong, detailed to the point of distraction-and ultimately, without a major resolution.”
― Jasper Fforde, Something Rotten

Olibino

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1.113
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #4 am: 21 Sep 2018, 09:45:51 »
Es gibt sehr viel Literatur zu dem Thema. Ein gutes und komplett kostenloses Buch ist hier:http://www.gamemastering.info/
Ich persönlich gehe folgendermaßen vor:
  • Ideen für das Abenteuer sammeln und dann eine davon auswählen
  • Die benötigten Kernelemente auflisten (hauptsächlich Orte, NSC, Gegner. Nicht zu viele, das kann sich eh keiner merken).
  • Die Kernelemente detailliert ausarbeiten. Dabei auf Anknüpfpunkten zu den SC achten (Hintergrund, Ziele, Verwandtschaft, ...)
  • Die Startszene in der die Abenteurer irgendwie in das Abenteuer gezogen werden
Wie die SC dann ihren Weg finden, ist ihre Sache

Ifram

  • Beta-Tester
  • Sr. Member
  • ***
  • Beiträge: 398
  • Angsthase Pfeffernase
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #5 am: 21 Sep 2018, 12:29:50 »
Es ist auch möglich mit einer optionalen NSC-Begegnung oder Szene zu arbeiten, die zeitlich und lokal variabel ist. Ich habe sie manchmal als Ass im Ärmel und da bleiben sie auch oft genug stecken. Die SC werden z. B. Zeugen eines Überfalls und der Überfallene / ein Angreifer / ein weiterer Zeuge gibt ihnen einen Hinweis / haucht letzte Worte / hat XY bei sich... Auf einer Con hat diese NSC mal jemand "Peter Plot" genannt und fand es recht abgegriffen. Es stimmt auch, Erklär-Bären oder Tippgeber-NSC nutzen sich bei häufigem Gebrauch ab. Aber es funktioniert, wenn die Spieler auf dem Schlauch stehen und man sie nicht OT in die ausgearbeiteteren Gefilde schieben möchte. Freies und offenes Spiel ist zweischneidig. Wenn es gelingt ist es super, wenn es misslingt ist es frustrierendes Stochern nach dem Sinn. Und letzteres stelle ich lieber auch mit Mitteln ab, die nicht zur hohen Kunst gehören.

Ignota

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 66
  • ja wahrscheinlich!
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #6 am: 21 Sep 2018, 20:40:09 »
Für einen Stapel zufälliger NSCs schau dir mal das hier an:
http://splitterwelt.org/nsc-generator/
Bestimmt nützlich, super :)

Erst mal ein Abenteuer aus einem anderen System (oder ein System-freies) für Splittermond und die eigenen Gruppe umzuschreiben fand ich einen guten Einstieg als SL-Neuling. Das komplett eigene Abenteuer hat dann doch deutlich länger gedauert als ich erwartet hatte und ich schreibe auch immernoch daran. Vorteil am Umschreiben ist, dass sich schon mal jemand Gedanken über Beziehungen und Plot-Mechaniken gemacht hat (wie es auch Seldom Found beschreibt). Bei meinem "Erstling" habe ich das Problem, dass es noch zu viele Möglichkeiten zum "völlig falsch abbiegen" für die Helden bietet und für's freie Improvisieren fehlt mir noch die Übung.
Bei den meisten gekauften Abenteuern, die wir bis jetzt gespielt haben, fand ich es sehr langweilig und öde, sich das als SL anzueignen und zu leiten. Bei dem Kurzabenteuer, das dann etwas geändert in 2 Sessions gepasst hat, habe ich am Ende einen Twist eingebaut. Das Monster wurde besiegt und die "böse" Drahtzieherin dahinter hat sich als fehlgeleitet herausgestellt, die nur ihre tot geglaubte Schwester mithilfe eines dunklen Gottes wiederbeleben wollte. (Original: Besiegt dieses Monster, was von der Nekromantin erweckt wurde und tötet auch diese). Ja, meistens muss man dort nur hirnlos alles abschlachten und es gibt keine epische Story dahinter oder die wird irgendwie nicht ersichtlich. Deswegen werde ich es jetzt einfach mal versuchen mit dem selbst schreiben.

Es gibt sehr viel Literatur zu dem Thema. Ein gutes und komplett kostenloses Buch ist hier:http://www.gamemastering.info/
Ich persönlich gehe folgendermaßen vor:
  • Ideen für das Abenteuer sammeln und dann eine davon auswählen
  • Die benötigten Kernelemente auflisten (hauptsächlich Orte, NSC, Gegner. Nicht zu viele, das kann sich eh keiner merken).
  • Die Kernelemente detailliert ausarbeiten. Dabei auf Anknüpfpunkten zu den SC achten (Hintergrund, Ziele, Verwandtschaft, ...)
  • Die Startszene in der die Abenteurer irgendwie in das Abenteuer gezogen werden
Wie die SC dann ihren Weg finden, ist ihre Sache
Super, danke. Bin am Lesen ^^
Der erste Punkt scheint mir besonders wichtig, da ich mich oft zu schnell an der ersten Idee festbeiße, die mir in den Sinn kommt. Und weil mir dann immer schnell weiterführende Aspekte einfallen, finde ich es am Ende zu schade, die Idee zu verwerfen. Auch wenn mir dann plötzlich auffällt, dass es doch nicht die geniale Idee ist, für die ich es gehalten habe.
Eine gute Startszene ist mir jedoch vorhin eingefallen. Dadurch wird dann auch gleich ein Gruppenzusammenhalt aufgebaut, der für das Abenteuer nötig sein wird. Meistens hat man ja so ne gewisse Lagerbildung (wenn Chars mit gemeinsamer Backstory erstellt wurden) oder jeder spielt nur für sich.

Es ist auch möglich mit einer optionalen NSC-Begegnung oder Szene zu arbeiten, die zeitlich und lokal variabel ist. Ich habe sie manchmal als Ass im Ärmel und da bleiben sie auch oft genug stecken. Die SC werden z. B. Zeugen eines Überfalls und der Überfallene / ein Angreifer / ein weiterer Zeuge gibt ihnen einen Hinweis / haucht letzte Worte / hat XY bei sich... Auf einer Con hat diese NSC mal jemand "Peter Plot" genannt und fand es recht abgegriffen. Es stimmt auch, Erklär-Bären oder Tippgeber-NSC nutzen sich bei häufigem Gebrauch ab.
Dieser Peter Plot ( :D ) wird bei uns immer so erkannt: "Ja, und der Typ hat ein riesiges Ausrufezeichen über dem Kopf, oder?" Wie ich möglichst unauffällig einen Tippgeber beschreiben soll, ist mir auch ein Rätsel. Die Spieler sollen ja von sich aus mit NPCs sprechen, und nicht weil sie offensichtlich zur Story gehören. Solche Hinweise in zufällig aussehende Events zu verpacken ist aber eine super Idee.

Aber es funktioniert, wenn die Spieler auf dem Schlauch stehen und man sie nicht OT in die ausgearbeiteteren Gefilde schieben möchte. Freies und offenes Spiel ist zweischneidig. Wenn es gelingt ist es super, wenn es misslingt ist es frustrierendes Stochern nach dem Sinn. Und letzteres stelle ich lieber auch mit Mitteln ab, die nicht zur hohen Kunst gehören.
Deswegen lieber die Storyorte dahin schieben, wo die Spieler hingehen :D wenn es möglich ist... Ich denke mir, es muss ja nicht immer eine den Spielern bekannte Quest geben. Sie können ja ins Abenteuer hineinstolpern, indem sie sich einfach in eine Richtung wenden, die ihnen interessant scheint.
gezeichnet,
Ignota Morthwyl, zwergische selbsternannte Trickster-Magierin

Wandler

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1.298
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #7 am: 21 Sep 2018, 21:08:06 »
Mir scheint Ihr habt da ein bischen einen Wettbewerb laufen zwischen Spielern und Spielleiterin. Beide zusammen erzählen ein Abenteuer, und das "Loslassen" des Spielerwissens ist ein wichtiger Aspekt.

Wenn es darum geht sowenig Spielleiterplot wie möglich zu benutzen dann könntet Ihr gemeinsam Ziele der Charaktere sowie die Schwierigkeit sie zu erreichen festlegen (übermächtige Charaktere spazieren zum Ziel in einer Spielsitzung bis hin zu epischen langen Kämpfen mit Rückschlägen zum Erreichen desselben).

Die berühmt-berüchtigen "Stadtabenteuer" / Sandbox-Abenteuer können so lange dauern wie Ihr Spass daran habt.
Ich persönlich will auch etwas erleben (in der Welt tut sich etwas, sie fühlt sich lebendig an) ohne von der Handlung ständig weggespült zu werden. Auch als Spielleiter versuche ich diese Gefühl zu vermitteln.

P.S.: Das kann so weit gehen dass Du einen Charakter der Gruppe spielst - der ist natürlich ganz "offensichtlich Du" - der aber auch seine eigenen Ziele verfolgt, und damit bringt jeder seinen eigenen "Plot" mit - offensichtlich, und doch kann es Überraschungen geben, Abweichungen, die verstärkte Verfolgung eines Zieles, usw ...
« Letzte Änderung: 21 Sep 2018, 21:16:43 von Wandler »

Ignota

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 66
  • ja wahrscheinlich!
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #8 am: 21 Sep 2018, 22:26:30 »
Mir scheint Ihr habt da ein bischen einen Wettbewerb laufen zwischen Spielern und Spielleiterin. Beide zusammen erzählen ein Abenteuer, und das "Loslassen" des Spielerwissens ist ein wichtiger Aspekt.

Wenn es darum geht sowenig Spielleiterplot wie möglich zu benutzen dann könntet Ihr gemeinsam Ziele der Charaktere sowie die Schwierigkeit sie zu erreichen festlegen (übermächtige Charaktere spazieren zum Ziel in einer Spielsitzung bis hin zu epischen langen Kämpfen mit Rückschlägen zum Erreichen desselben).
Naja, Plot ist manchmal schwierig, umzusetzen. Man möchte den Spielern die Story ja auch nicht aufdrücken, sondern möglichst reaktionär um die Spieler herum spinnen. Also möglichst nur in die Richtung schreiben "was macht dieser NPC, wenn sich die Spieler für das entscheiden?"
gezeichnet,
Ignota Morthwyl, zwergische selbsternannte Trickster-Magierin

SeldomFound

  • Beta-Tester
  • Hero Member
  • ***
  • Beiträge: 10.283
  • Wohin auch die Reise geht, ich bin da
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #9 am: 22 Sep 2018, 00:47:38 »


Mir scheint Ihr habt da ein bischen einen Wettbewerb laufen zwischen Spielern und Spielleiterin. Beide zusammen erzählen ein Abenteuer, und das "Loslassen" des Spielerwissens ist ein wichtiger Aspekt.

Wenn es darum geht sowenig Spielleiterplot wie möglich zu benutzen dann könntet Ihr gemeinsam Ziele der Charaktere sowie die Schwierigkeit sie zu erreichen festlegen (übermächtige Charaktere spazieren zum Ziel in einer Spielsitzung bis hin zu epischen langen Kämpfen mit Rückschlägen zum Erreichen desselben).
Naja, Plot ist manchmal schwierig, umzusetzen. Man möchte den Spielern die Story ja auch nicht aufdrücken, sondern möglichst reaktionär um die Spieler herum spinnen. Also möglichst nur in die Richtung schreiben "was macht dieser NPC, wenn sich die Spieler für das entscheiden?"

Ob so etwas falsch ist oder nicht hängt von dem Interesse der Gruppe ab. Es gibt Spieler, die möchten Plot und haben keine Lust auf Eigeninitiative. Dafür sind ja Schurken da, damit Helden auf ihre finstere Pläne reagieren können. Dies ist auch für mich als Con-SL praktikabler, da ich dann nicht mit einer festen Gruppe zusammenspiele.

Natürlich gibt es hier auch verschiedene Nuancen, wo sowohl die SCs als auch die NSCs Pläne haben und man hier Reibungen als Plotidee benutzen kann.



Gesendet von meinem GT-I9301I mit Tapatalk

Patience is a virtue, possess it if you can
Seldom found in woman
Never found in man

Ravenking

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 232
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #10 am: 22 Sep 2018, 11:48:04 »
Bei mir sind es normalerweise grob drei Schritte oder Stadien, die ich durchlaufe, wenn ich neue Storys/Abenteuer/Plots entwerfe:

1) die grundlegende Idee
Das ist bei mir immer irgendein "finde ich cool"-Ding, das mich angefixt hat (oft auch inspiriert durch Bücher, Serien oder so). Anfangs ist das normalerweise nur ein ganz grober Gedanke: z.B. "die Brutmütter-Orcs sind cool, da will ich was mit machen" oder "so eine Szenerie von Kälte / unbekannter Bedrohung / Wächtern wie bei GoT an der Mauer wäre mal super zu spielen" oder, oder...
Meiner Erfahrung nach ist es wichtig, dass das nicht irgendeine "kann man mal machen"-Idee ist, sondern man da richtig Bock drauf hat - dann geht die Vorbereitung leichter von der Hand und man kann auch die Spieler später besser begeistern und mitziehen.

Nach der grundlegenden Idee - die mich meist einfach irgendwann anspringt - überlege ich dann, wie ich das für die Gruppe umsetzen könnte. Also wohin nach Lorakis das passen könnte, welche NSCs vorkommen könnten, welche Art Aufgabe / Auftrag / Verwicklung zum Setting und den Charakteren passt usw. Falls die Spieler sich Hintergründe für die Chars überlegt haben, ist hier der Platz, das aufzugreifen und einzuarbeiten.

2) Ausbau der inneren Ablauf-Logik und Struktur
Wenn die grobe Idee steht, überlege ich die konkrete Ablauflogik oder Plotstruktur. Also was passieren kann, welche Beteiligten, welche Schwierigkeiten usw. Da helfen dann auch die schon genannten Beziehungsdiagramme usw.

Das ist erfahrungsgemäß der schwierigste Teil, da gerade die Logik (nachvollziehbare Motive, alternative Handlungsmöglichkeiten und alles so, dass es am Ende auch mit Spielerinteraktion aufgehen kann...) manchmal echt eine Menge Hirnschmalz erfordert (und man an der Stelle gnadenlos über gewaltige Plotlöcher stolpert, wenn man z.B. die eine oder andere Ideenvorlage aus Büchern oder Serien im Kopf hat!).
Aber hier investiere ich persönlich viel Zeit und wenn man das solide zu Ende zimmert, hat man eigentlich alles an der Hand - und kann später auch flexibel reagieren, da es nicht den einen festen Plot, sondern diverse verzweigte und umrissene Wege gibt.

Genau dadurch gibt es viele Möglichkeiten und man muss den Spielern den Plot nicht aufdrücken. Wenn sie also Information X brauchen, sollte es mehr als einen Ort oder eine Person geben, wo sie die Infos bekommen könnten usw. Und wenn sie jemanden überwinden müssen, überlege ich Alternativen: durch Kampf, durch Heimlichkeit, durch Verhandlung usw.
Einzelne Plotlinien können auch zu ganz neu umrissenen Abenteuern werden: wenn die Gruppe in dem Kampf hier versagt, wird sie gefangengenommen und Ausbruchsszenario X gespielt (dabei treffen sie im Kerker auf Gefangenen Y, von der sie die Infos bekommen können, die sie eigentlich im Labor des Obermagiers gefunden hätten, weil der mal sein Assistent war, bevor er in Ungnade fiel usw).
Wenn dieses Gerüst steht, bin ich eigentlich schon fertig, der Rest kommt erst beim Spielen (bzw. immer kurz vor dem nächsten Spielabend).

3) Ausarbeiten der wahrscheinlichsten Szenen
Für den konkreten Spielabend bereite ich (anhand meines Gerüsts) die wahrscheinlichsten Szenen vor, die drankommen werden. Das bedeutet, ggf. NSCs, Grundrisse o.ä. auszuarbeiten und Details zu unterfüttern.
Letztlich ist das aber auch immer nur eine Schätzung, auch hier können Spieler u.U. mal völlig überraschende Dinge tun. Aber dank "Gerüst" habe ich dann eine grobe Vorstellung, was passieren kann und muss improvisieren. Da helfen dann gerne auch Improvisationshilfen, die ich rumliegen habe, wie generische Grundrisse, Zufallstabellen oder seit Neustem auch "Improvisationsspielkarten", die mir zufällige Stichworte und Ideen geben, um Sachen zu bestimmen oder auszuschmücken.

Generell gibt es aber meiner Erfahrung nach auch sehr verschiedene Spielertypen. Ich bereite zwar gerne wie oben beschrieben meine Abenteuer vor (das kann man übrigens auch mit Kaufabenteuern - von denen muss man dann die "Plotlogik" extrahieren und die weiteren möglichen Verzweigungen selbst ausarbeiten), aber es gibt Gruppen, die mit mehr Eigeninitiative spielen und Gruppen, die gerne einem klar vorgegebenen Plot folgen. Bei letzeren braucht es weniger Vorbereitung, da diese Spieler gerne dem "Plotglöckchen" folgen, wo immer man als SL die "Person mit dem Ausrufezeichen" plaziert und die Seitenlinien meist nicht nötig sind.
Ich freue mich aber immer über Chars mit eigener Agenda (die z.B. eine persönliche Feindschaft zu einem NCS entwickeln oder umbedingt Geheimnis XY aufdecken wollen, auch wenn es nur ein Nebenstichwort im Plot war), weil es dann für mich als SL eine spannendere Herausforderung ist und das Abenteuer sich überraschender entwickelt und auch für mich interessant und ein Stück weit offen bleibt.


The rain made a door for me and I went through it, the stones made a throne for me and I sat upon it.
[Jonathan Strange & Mr Norrell]

Andarin

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 188
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #11 am: 22 Sep 2018, 12:22:05 »
Für den Anfang tut es auch ein kleines, ortsgebundenes Abenteuer, das an einem Abend durchgespielt werden kann. Oder anders ausgedrückt: etwas Con-taugliches, das eine vorhandene Gruppe auf der Durchreise in einem Dorf erleben kann und das auch für einander unbekannte Helden auf einer Convention passt.

Als Beispiel kurz die Idee, die ich in den letzten Jahrzehnten schon ein paar Mal geleitet habe:

- In der Dorftaverne (Klassiker als Auftakt) kommt es zu hitzigen Wortgefechten zwischen dem Metzger des Orts und diversen Bauern. Es geht um geschlachtetes Vieh und fehlende Wurst/fehlendes Fleisch.
- Da der Metzger ein Trunkenbold ist, vermuten die Bauern, dass er beim Schlachten schlampt oder etwas für sich selbst abzweigt. Der Metzger beteuert jedoch, dass es bei ihm spukt und Fleisch über Nacht verschwindet.
- Die Helden mischen sich ein oder werden vom Metzger um Hilfe gebeten. Sie sollen in seinem Keller übernachten, wo geschlachtet wird, und den Spuk aufklären.
- Der Keller besteht aus mehreren Räumen, die um die Kellertreppe und den Flur angeordnet sind. Der Flur führt um die Treppe ringsherum, die Räume liegen außen. Eine Rampe führt von außen zum Schlachtraum, über die das Vieh nach unten geführt wird. Die Außentür ist natürlich verriegelt. Neben dem Schlachtraum befindet sich ein kleiner Raum mit Brunnen, von dem aus der Boden mit Blutrinne gesäubert werden kann. Eine Räucherkammer mit Holzkamin, ein Raum in dem Wurst abhängt und ein Vorratsraum mit privaten Dingen des Metzgers vervollständigen den Keller.
- Nachts klettern Rattlinge (oder andere kleine, geeignete Diebe) aus dem Brunnenschacht und aus einem gegrabenen Tunnel in den Vorratsraum. Die Helden verteidigen das Fleisch des Dorfs vor den Eindringlingen und können so die Unschuld des Metzgers beweisen.

Den Plan des Kellers zeichne ich im Vorfeld, meistens großformatig für Miniaturen, M&Ms oder Würfel. Dabei lege ich Wert darauf, Möbel, Bierfässer etc. mit einzuzeichnen, damit ein "Stellungskampf" zwischen den Eindringlingen und den Helden entbrennen kann. Den Plan kann ich einfach auf den Tisch legen, schließlich können die Helden den Keller in Ruhe untersuchen. Dabei können sie auch die geheimen Tunnel hinter einem Regal des Vorratsraums und 3 Meter unterhalb der gemauerten Brunneneinfassung finden, ehe die Diebe losschlagen, und ihnen eine Falle stellen. Für die Helden sollten die Gänge zu schmal sein, lediglich Gnome würden hineinpassen.

Der "Rundlauf" des Flurs hilft auch dabei, den Kampf interessant zu gestalten. Als Gag haben die kleinen Eindringlinge manchmal ein "schweres Geschütz" in Form einer schweren Armbrust dabei, quasi eine Mini-Ballista.

Mit dem Beispiel will ich nur zeigen, dass ein Abenteuer nicht immer hochkomplex und lang sein muss. Solange es zu den Präferenzen der Gruppe passt und eine Mischung aus Interaktion, Erkundung und Konfrontation enthält, kann auch so ein kleines Intermezzo ohne Weltuntergangsplot Spaß machen.
Küchenpsychologe

Ignota

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 66
  • ja wahrscheinlich!
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #12 am: 22 Sep 2018, 22:10:21 »
1) die grundlegende Idee
Das ist bei mir immer irgendein "finde ich cool"-Ding, das mich angefixt hat (oft auch inspiriert durch Bücher, Serien oder so). Anfangs ist das normalerweise nur ein ganz grober Gedanke: z.B. "die Brutmütter-Orcs sind cool, da will ich was mit machen" oder "so eine Szenerie von Kälte / unbekannter Bedrohung / Wächtern wie bei GoT an der Mauer wäre mal super zu spielen" oder, oder...
Meiner Erfahrung nach ist es wichtig, dass das nicht irgendeine "kann man mal machen"-Idee ist, sondern man da richtig Bock drauf hat - dann geht die Vorbereitung leichter von der Hand und man kann auch die Spieler später besser begeistern und mitziehen.

Nach der grundlegenden Idee - die mich meist einfach irgendwann anspringt - überlege ich dann, wie ich das für die Gruppe umsetzen könnte. Also wohin nach Lorakis das passen könnte, welche NSCs vorkommen könnten, welche Art Aufgabe / Auftrag / Verwicklung zum Setting und den Charakteren passt usw. Falls die Spieler sich Hintergründe für die Chars überlegt haben, ist hier der Platz, das aufzugreifen und einzuarbeiten.
Jo, genau so mache ich es. Wenn ich dann anfangs eine Idee habe, die mich dazu treibt das Abenteuer zu schreiben, und mir dann in Gedanken schon die Orte und Monster und NPCs vorschweben, verbeiße ich mich aber oft an einer einzigen Idee (wobei "Ich will ein Piratenabenteuer" ja in ganz verschiedene Richtungen gehen kann). Und dann wirds oft irgendwann unlogisch oder ich bin einfach nach der langen Zeit, die ich am Abenteuer geschrieben habe, frustriert und ich sehe nicht mehr, wie diese Story sinnhaft zusammen passt.
Sieht aus als überstürze ich bei dem anfänglichen Brainstorming viel und schreibe einfach die besten Ideen zusammen, die am Ende gar nicht soo gut zusammen passen und nehme keinen Abstand, um mal eine andere Sicht auf meine Ideen zu bekommen. Ich schreibe auch oft schnell alles auf, aus Angst es sonst wieder zu vergessen und dazu fallen mir dann direkt Aspekte ein (oft auch Details tief in der Story), die ich auch alle aufschreibe und so bin ich plötzlich bei ultradetaillierten Beschreibungen von Sachen, für die die Story eigentlich noch viel zu unausgearbeitet ist. Möh ::) Und dann ist mir das meistens auch zu schade, um es zu verwerfen
gezeichnet,
Ignota Morthwyl, zwergische selbsternannte Trickster-Magierin

Ravenking

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 232
    • Profil anzeigen
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #13 am: 23 Sep 2018, 12:38:05 »
Ich schreibe auch oft schnell alles auf, aus Angst es sonst wieder zu vergessen und dazu fallen mir dann direkt Aspekte ein (oft auch Details tief in der Story), die ich auch alle aufschreibe und so bin ich plötzlich bei ultradetaillierten Beschreibungen von Sachen, für die die Story eigentlich noch viel zu unausgearbeitet ist. Möh ::) Und dann ist mir das meistens auch zu schade, um es zu verwerfen

Das ist in der Tat immer blöd: wenn man sich zu sehr auf eine Plotlinie festgelegt und da schon zu detailiert ausgearbeitet hat - dann fällt es verdammt schwer, das wieder zu verwerfen.
Mir hilft gegen diese Gefahr, dass ich bewusst Dinge offen lasse und nur Möglichkeiten skizziere.

Wenn dir also ein Piratenabenteuer vorschwebt, lege nicht zu früh fest, was z.B. der Hauptplot wird. Sagen wir, die Gruppe hat von einem Piratenschatz gehört (und du hast noch ein bisschen Hintergrund der Chars eingearbeitet, dass z.B. ein Char erfahren hat, dass sein lange gesuchtes Familienerbstück XY Teil des Schatzes sein soll o.ä.) und sie wollen den jetzt finden.
Dann würde ich dafür grob ausarbeiten:

1) wo der Schatz versteckt ist (warum er dort liegt, was Bestandteil des Schatzes ist, wer ihn versteckt hat usw.)

2) wer die interessanten Beteiligten sind (der alte Piratenkapitän, der ihn in der Höhle versteckt hat, die aktuell auf dem Gebiet operierende Piratenbande, die nix davon weiss, der alte Seebär, der dem Kapitän damals geholfen hat, die Nymphe, die heute in der Grotte wohnt, die andere skrupellose Abenteurergruppe, die auch auf Schatzjagd ist und deiner Gruppe in die Quere kommt usw.)

3) welche Aufgaben es vermutlich zu lösen gilt (die genaue Lage der Insel erfahren, wo der Schatz ist, ein Schiff als Überfahrtgelegenheit dahin finden, mit den Bedrohungen auf der Insel fertig werden usw.)

Und für all das überlege ich grob diverse Alternativen: die Gruppe kann vom alten Seebär eine Karte bekommen, aber der ist grießgrämig und wenig hilfsbereit und fordert dafür ziemlich krasse Gegenleistungen. Sie können sich aber auch an die Fersen der anderen Abenteurer heften, die eine Karte haben, und ihnen heimlich folgen, gemeinsame Sache mit ihnen machen (und später von denen verraten werden?) oder die Karte von ihnen stehlen usw. Oder die Gruppe startet einfach ohne Karte, segelt los, erkundet die Gegend und befragt die Leute vor Ort, ob sie was wissen.

Damit hast du einen Hintergrund, ein Gerüst von Ideen, Möglichkeiten, Figuren und Motiven - aber noch keine konkrete Spielhandlung. Sowas ist bei mir dann auch immer erst nur als Stichwortzettel ausgearbeitet und vieles existiert auch zu dem Zeitpunkt nur als Idee im Kopf (oder Erinnerung a la: wenn sie für die Überfahrt ein Schiff anheuern, hab ich doch noch dieses kleine Kaufabenteuer im Schrank für die Überfahrt, das könnte ich da einbauen...)

Die gespielten Szenen bleiben offen, bis die Gruppe ihre Entscheidungen getroffen hat. Und je nach Entscheidung wird es ein anderer Plot:
Entweder ihr spielt jetzt eine Vorab-Seitenqueste (den Gefallen für den Seebär) oder eine Art Intrigenabenteuer mit der anderen Abenteurergruppe (Wettlauf, Gegenstand stehlen, Verrrat) oder eine Entdeckungsreise mit dem Schiff von Insel zu Insel.
« Letzte Änderung: 23 Sep 2018, 12:49:07 von Ravenking »
The rain made a door for me and I went through it, the stones made a throne for me and I sat upon it.
[Jonathan Strange & Mr Norrell]

Weltengeist

  • Gast
Re: Tips fürs Storybauen?
« Antwort #14 am: 23 Sep 2018, 13:05:26 »
Hi Ignota!

Wie hier schon andere schrieben, ist das natürlich ein Thema, wo es immer noch was Neues zu lernen gibt und über das es nicht umsonst viele Bücher gibt. Das bereits erwähnte Gamemastering von Jameson ist auch einer meiner Favoriten, beschreibt aber eine durchaus spezielle Art zu leiten, die nicht für alle passt.

Ich würde daher gerne auf folgenden Punkt hinweisen:

Die Essenz des Spielleitens ist mMn (von dem was ich bis jetzt mitbekommen hab), nicht zu viel eines Handlungsstrangs auszutüfteln, weil die Spieler meistens andere Ideen haben und man dann leicht in die Versuchung kommt, sie zurück auf den vorgeschriebenen Pfad zu drängen.
Lösung also: Eine reaktionäre Umwelt bauen, die vorgegebene Ziele und Reaktionsmuster hat und dann je nach Aktionen der Spieler darauf eingehen und hier und da improvisieren?

Das ist eine in gewissen Kreisen gerade sehr moderne Vorgehensweise, die im Idealfall - toller Spielleiter, tolle Spieler - auch zu großartigen Ergebnissen führt. Aber sie funktioniert nach meiner Erfahrung längst nicht bei allen Gruppen.

Meine eigene Vorgehensweise ist vielmehr die: Ich lege sehr wohl vorher einen Plot fest, und zwar für den (durchaus ziemlich wahrscheinlichen) Fall, dass den Spielern gerade selbst nichts einfällt. Dann hast du nämlich immer noch was, worauf du zurückgreifen kannst. Die Kunst besteht für mich darin, den eigenen Plot in dem Moment bereitwillig aufzugeben, in dem die Spieler doch kreativ werden und eigene Wege gehen. Ab dem Moment musst du dann tatsächlich improvisieren, und es hilft, rechtzeitig ein paar Asse in den Ärmel geschoben zu haben, die du da jetzt rausziehen kannst. Aber oft kann man das schon mit dem vorhandenen Material (NSCs, Schauplätze) und etwas Einfallsreichtum (Wie passen die NSCs ihre Pläne an?) hinkriegen. Notfalls nimmst du dir während der Sitzung mal 10 Minuten Auszeit, um kurz über die neue Situation nachzudenken.

Ansonsten: Sei am Anfang nicht zu perfektionistisch. Hintergrundgeschichte, Plotidee, NSCs, Schauplätze (und die letzteren beiden kann man auch aus anderen Publikationen klauen und ihnen einfach neue Namen geben ;)). Alles andere findet sich.