So, nun habe ich etwas Zeit. Alric, sei so gut und wirf noch etwas Holz auf das Feuer. Ich soll weitererzählen? Wo hatte ich den das letzte Mal geendet? Ach ja, wir waren im Eberkopf und die Gunwarpriester waren gerade eingetroffen…
Während sich also Imric mit den beiden Kutschern unterhielt und Porter die meiste Zeit von Finnigan dazu gedrängt wurde doch mit ihm Karten zu spielen brach langsam die Nacht herein. Ahmad beschwerte sich, wie er es noch heute gerne tut, über die Barbarei Dragoreas und meine geliebte Herrin und ich saßen dort in stiller Eintracht und aßen. Porter hatte sich derweil dann doch dazu hinreißen lassen mit Finnigan und den beiden Kutschern Karten zu spielen. Vermutlich hatte er Angst, dass Finnigan mit einem gezinkten Blatt spielte.
Die Tür des Gasthauses öffnete sich, eine rothaarige Söldnerin, wir erfuhren später, dass ihr Name Tyreen war, trat ein und setzte sich an den Tresen um etwas Warmes zu essen.
Endlich schaffte es das Gesinde dann auch, die Zuber für meine Herrin und den Farukani bereit zu stellen und Mac, der im Gasthaus arbeitete führte die beiden auf ihre Zimmer. Nourrdarr und ich blieben derweilen noch am Tisch sitzen und genossen noch etwas die Wärme des Feuers.
Leider sollte das heiße Bad für meine Herrin nicht ganz so entspannend sein, musste sie doch das äußerst lautstarke Liebesspiel aus dem Nebenzimmer ertragen. Sie hatte schon Schöneres mit angehört. Erheitert wurde sie lediglich von der Tatsache, dass Mac, der junge menschliche Bedienstete des Gasthauses, versuchte ihr den gewünschten Wein zu bringen, ohne dabei den Becher fallen zu lassen, während er sich die Augen bedeckte, ob ihrer Blöße. Er hatte zumindest ein äußerst dümmliches Grinsen im Gesicht, als er zurück in den Schankraum kam. Kaum verwunderlich, immerhin gleicht die kalte Schönheit der Lady Eisenfang dem ersten Wintermorgen, wenn die Sonne das Eis funkeln lässt.
Ach, aber ich schweife ab… wo war ich stehen geblieben? Ah ja, kurz nach dem Ahmad und Igraine hinaufgegangen waren, kam ein weiteres Mal ein Bediensteter der Edlen Kecia von Ahren hinunter und verkündete, dass sich nun bitte alle aus dem Hause Ahren zu Bett begeben sollten. Dies wurde dann auch ohne größeres Gemurre getan.
Es wurde etwas ruhiger im Schankraum, lediglich das leise Rascheln von Finnigans Karten, das Prasseln des Feuers und die Geräusche der Speisenden durchbrochen vom Unwetter waren zu hören.
Eine kurze Weile später kam der junge Mann, allerdings ohne seine Begleitung, nach unten um eine Flasche Wein zu besorgen. Noch bevor er wieder die Treppe nach oben verschwinden konnte, wurde er von einem der Diener von Ahrens aufgehalten und es wurde leise gestritten. Verstimmt, nahm er seinen Weg nach oben wieder auf.
Unterdessen schlich sich Byron wieder nach unten, um weiter dem Ale zu frönen und die beiden Fährmänner zum Armdrücken herauszufordern. Davon angestachelt, gesellte sich auch Tyreen zu den Männern und forderte Byron zum Armdrücken heraus. Es war ein äußerst interessantes Duell zwischen den beiden, leider gewann Byron. Ich glaube viele hätten der rothaarigen Söldnerin den Sieg gegen diesen Muskelprotz gegönnt. Aber sie trug es mit Ehre.
Nur wenige Zeit später machten auch Nourrdarr und ich mich auf um unsere Betten aufzusuchen, dafür ließen wir uns von Mac den Weg zeigen. Noch bevor wir aber die Treppe erreichten, sahen wir noch wie einer der Gunwarpriester herunterkam und einige Münzen Lyf zusteckte. Wer besonders feine Ohren hatte, konnte vernehmen, dass die Priester auf ein Boot warteten, welches noch in der Nacht eintreffen sollte. Ja genau, bei diesem furchtbaren Sturm. Wir wunderten uns etwas, sagten aber nichts. Schließlich sind auch wir nur einfache Diener unserer Herren. Wir waren aber nicht die einzigen die sich wunderten. Selbst Tyreen versuchte Lyf mit ein paar Münzen zum Reden zu bringen, was die Gunwaranhänger denn vorhatten.
Ich hatte in diesem Moment allerdings anderes im Sinn, wollte ich doch endlich ins Bett und dafür einen Führer zu Lady Eisenfangs Zimmer finden, allerdings fiel mir noch der sehr besorgte Blick der Bediensteten Rowena auf, die hier als Schankmaid arbeitete.
Imric nahm die allgemeine Aufbruchsstimmung ebenfalls zum Anlass um zu seiner Gefährtin in den Stall zu gehen und dort die Nacht zu verbringen.
Mac sollte uns gerade zu unseren Zimmern führen, als von oben wieder einer der Bediensteten der Edlen herunterkam und Byron darüber in Kenntnis setzte, dass sein Fehlen in seinem Bett bemerkt wurde. So zog er sich missmutig nach oben zurück, uns im Schlepptau. Auch Porter zog sich nun in den Schlafsaal zurück.
So kam es, dass auch ich mich endlich dem warmen Wasser hingeben konnte. Doch diese Wonne war mir nur kurz vergönnt, denn die Ohren meiner Herrin hatten etwas vernommen. Ein wütender Aufschrei einige Zimmer weiter. Allerdings schenkten wir diesem wenig Beachtung, bis ich ein seltsames Schleifgeräusch hörte und ich meine Herrin darauf aufmerksam machte. Mit einem kurzen Blick gab mir Igraine den Befehl kurz nachzusehen, habe ich doch durch meine albische Herkunft die besseren Augen in der Dunkelheit von uns beiden. Ich sah jemanden am Ende des Ganges verschwinden, aber noch bevor ich zurück gehen konnte, ging die Tür unseres Nebenzimmers auf und der junge Mann blickte heraus. Er wirkte müde und etwas besorgt. Nicht ganz das was man erwarten sollte, wenn ein Mann von seiner Gesundheit ein hübsches Mädchen bei sich hatte. Ich versteckte mich leicht im Schatten und wartete darauf, dass er die Treppe runterging um dann selbst wieder zurück in unser Zimmer zu gehen.
Ich berichtete kurz meiner Herrin was ich gehört und gesehen hatte. Sie wusste, dass sie sich auf meine Worte verlassen konnte und so ging sie danach selbst mit mir und einer Lampe wieder hinaus um dem seltsamen Treiben ihre Aufmerksamkeit zu schenken.
Wir begannen den Gang zu untersuchen und fanden tatsächlich frische Schleifspuren auf den Holzbrettern, wenn auch schwer auszumachen. Anscheinend wurde eine schwere Last vom Inneren des Ganges in Richtung Treppe gezerrt. Vielleicht, den ganz sicher waren wir beide uns nicht.
Gestört wurden wir lediglich von einem der Kutscher, der zweimal an uns vorbeiging.
Wir schickten uns dann an endlich zu Bett zu gehen, jedoch hatte meine Herrin noch das Bedürfnis unseren Zimmernachbarn darauf hinzuweisen, dass er sich dem Liebesspiel mit seiner Gefährtin doch bitte leiser hingeben möge. Nun ja, Lady Eisenfang war schon immer für ihre schonungslose Direktheit bekannt. Bei diesem kurzen Zusammentreffen fiel uns auch zum ersten Mal auf, dass dieser junge Mann wohl ebenfalls vom Stand sein musste. Wir hofften, dass nun endlich Ruhe herrschte, wollten wir doch am nächsten Morgen frühzeitig aufbrechen und begaben uns wieder zurück zu unserem Zimmer. Ich hatte die Klinke der Tür noch nicht heruntergedrückt, da vernahmen wir das Öffnen und Schließen einer Tür, danach einen Schlag und dann das zu Boden fallen eines schweren Gegenstandes.
Es mag wohl die elfte Stunde gewesen sein, also eigentlich eine Zeit in der normale Leute in ihren Betten lagen und schliefen. Uns war klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zu ging. Igraine schickte mich nur mit einer Handbewegung zu Ahmads Zimmer und dem Befehl, ich solle Nourrdarr holen. Sie wusste, dass dieser beeindruckende Krieger aus der Surmarkar gut kämpfen konnte und wollte seinen Schwertarm nicht missen. Während ich also den Tarr holte, stürmte sie bereits mit gezogenem Schwert den Gang hinunter zu unserem liebestollen Zimmernachbarn um dort die Tür einzutreten, wähnten wir die Geräusche doch aus seinem Zimmer.
Zu ihrer Überraschung öffnete sich seine Tür schon von selbst und er sah sie fragend an, ob sie denn wisse woher dieser Lärm käme. Meine Herrin hatte schon oft genug bewaffnete Männer und Frauen befehligt und so fiel es ihr nicht schwer, den jungen Gecken und Nourrdarr hinter sich zu sammeln und mit ihnen zusammen den Gang abzusuchen. Sie wandte sich der nächsten Tür zu und klopfte sehr laut und eindringlich, woraufhin einer der drei Reisenden die sehr früh am Abend in die Taverne kamen öffnete. Viel herauszubekommen war aus ihm nicht. Er und seine beiden Gefährten genehmigten sich noch ein Bier vor dem Schlafengehen, wobei einer der drei gerade ausgetreten war und sie deshalb nur zu zweit im Zimmer waren. In ihrem Zimmer fanden wir ebenfalls nichts Verdächtiges und so behelligten wir sie nicht weiter, auch wenn mir der Ausdruck des Mannes an der Tür nicht gefiel. Etwas lag in seinem Blick was mich unruhig machte. Doch behielt ich diese Meinung einstweilen für mich.
Etwas frustriert ob der nächtlichen Störung und der nicht von Erfolg gekrönten Suche beschlossen wir, wieder einmal, zurück in unsere Zimmer zu gehen. Auffällig war auch hier wieder der junge Mann, der tunlichst darauf bedacht war uns keinen Blick in sein Zimmer zu offenbaren. Ein äußerst merkwürdiges Verhalten welches er an den Tag legte. Ob das Geräusch nicht doch von ihm kam?
Wir konnten uns keinen Reim darauf machen. Auf einmal tauchte einer der Diener der Edlen von Ahren auf und setzte uns davon in Kenntnis, dass ein Herr Lotsanger uns sehen wollte. Interessanterweise bezog er sich auch auf Imric und Ahmad, die Nourrdarr und ich schnell holen gingen.
Alsbald befanden sich dann Igraine, Ahmad, Imric, Nourrdarr und ich in den bescheidenen Gemächern des Helmar Lotsanger, Gelehrter der Kecia von Ahren. Schnell viel uns auf, dass auf dem Boden ein hastig fortgewischter Blutfleck war. Anscheinend der Grund warum er uns zu sich gerufen hatte.
Da er unsere Hilfe wollte rückte er auch sehr schnell mit der Sprache heraus:
Als Lotsanger noch jung und frisch an der Universität war, schloss er sich schnell einem der Studentenbünde an. Doch fand er bald heraus, dass der an den er geraten war, sich nicht nur mit eifrigem Lernen und dummen Jugendstreichen begnügte. Nein, vielmehr wurden dort finstere Rituale zu Ehren der dunklen Mutter ausgeübt und Lotsanger distanzierte sich schnell wieder von diesem Bund. Aber wie es nun einmal so ist. Ein Gerücht konnte an den richtigen Ohren viel Ungemach bringen, wenn es erst einmal gestreut ist. Viele Jahre hatte er nicht mehr daran gedacht, hatte die bösen Erinnerungen tief in sich vergraben, bis zu jener Nacht. Einer aus dem damaligen Bund war hier, hatte ihn erkannt und ihn sofort mit seinem Wissen erpresst. Lotsanger wusste sich nicht anders zu helfen und erschlug den Mann und versteckte ihn in einem Wandschrank im Gasthaus. Er bot uns zweihundertfünfzig Lunar damit wir ihm die Leiche und die beiden Mitreisenden des Kultisten vom Hals schafften.
Ahmad versuchte noch mit den für ihn verwirrenden Gepflogenheiten Dragoreas zurechtzukommen, während die anderen bereits zustimmten Lotsanger zu helfen. Man mag über Lady Eisenfang sagen was man wollte. Auch den Gerüchten um ihren göttlichen Schutzherren mag man Glauben schenken oder nicht. Aber hier ging es darum Anhänger einer verbotenen Gottheit zu jagen und sie tat damals wie heute nichts lieber, als das Gesetz der Ordnung über die Völker Lorakis zu bringen.
Lotsanger beschrieb uns noch die beiden anderen Kultisten. Zu unserer Überraschung kannten wir diese bereits. Es handelte sich um die beiden Reisenden, die wir nur kurze Zeit vorher in ihrem Zimmer befragt hatten. Weiterhin beschrieb er uns das Erkennungszeichen dieses Kultes. Ein Ring mit zwei eingefassten Marmorsteinen. Einer weiß, einer schwarz. Licht und Schatten.
Wir wollten uns gerade anschicken uns dieser Aufgabe zu stellen, als wir hörten wie unten jemand versuchte die Tür des Gasthauses geradezu einzuschlagen.
Ihr wollt wissen wie es weitergeht?
Das werde ich euch morgen erzählen, jetzt ist es erstmal Zeit für eure Betten.