Ich hab schon manche Chars (die meisten in Shadowrun, aber auch einzelne in anderen Systemen), die auch ziemlich üble Sachen tun (würden), aber das muß man nicht alles ausspielen, im Gegenteil. Ich lege keinen Wert darauf, genauer auszuführen, warum meine Trollstreetsam einen so üblen Ruf hat, da reicht der Hinweis, daß sie mal Mitglied einer Gang war, die gern Elfen getötet und gefoltert hat und sie sogar für deren Verhältnisse angeblich fiese Sachen gemacht hat - wer mehr Details will, soll bitte seine Fantasie bemühen und das Ergebnis für sich behalten.
Daher hätte ich auch kein generelles Problem damit, wenn ingame Kinder geschlagen würden, das hängt sehr von der Situation und den Chars ingame ab - ein Problem hätte ich aber mit der OT-Erklärung, die Gregorius beschreibt, weil für mich das etwas ist, was keine irdische Entsprechung haben darf (wie eigentlich alle anderen gewalttätigen Aktionen ingame auch - da muß man doch in- und outgame deutlich trennen können!)
Ich habe auch schon Chars am Tisch gehabt, die mit Sex an Infos gekommen sind. Aber da werden im Gespräch nur Andeutungen oder Angebote gemacht, vielleicht auf etwas Passendes gewürfelt und der sexuelle Teil des Geschäfts dann normalerweise ausgeblendet. Gilt genauso für die meisten Bordellbesuche oder Kneipenaufrisse von Chars. Gelegentlich gab es schonmal ein paar Sprüche mehr dann oder Andeutungen, aber da hat die ganze Gruppe mit rumgefrotzelt, dann passt das.
Probleme (meint in dem Fall längere Diskussionen) hatten wir da soweit ich mich erinnere nur einmal, weil der SL sich nicht vorstellen konnte, daß eine Seefahrerin bei Landgang genauso Interesse an einem Bordellbesuch (und dort dann männlicher Gesellschaft) hätte wie ihre männlichen Kollegen.
Mit einer Ausnahme von einem Con, wo eine Mutter für ihr Kind auch einen Kinderchar erstellt hat (aber da gab es keinen Sex, nur Grusel, der aber meiner Meinung nach auch nicht die ganze Zeit kindgerecht war), hab ich bei mir am Spieltisch nur Chars gehabt, die in ihrer Kultur und Rasse volljährig sind, und das soll auch so bleiben, finde ich. Auch ohne Sex ist das Abenteurerleben nicht gut für Kinder geeignet, und dann stellt sich einem das Problem, daß da vielleicht jemand Minderjähriges wen verführen will oder verführt werden soll nicht. Wenn jemand das doch unbedingt haben will, wäre mein erster Impuls gewesen, diese Person nicht an meinem Spieltisch haben zu müssen.
Was ich eher nachvollziehen kann, ist die Frage nach Gleichberechtigung oder Ungleichbehandlung der Geschlechter. Da habe ich schon öfter die Aussage gelesen, daß Konzepte wie Johanna von Orleans, Mulan oder Brienne von Tarth nur in einer ungleichen Gesellschaft funktionieren können. Ist auch richtig. Aber gleichzeitig verhindert das so viele andere Konzepte, wenn man deswegen eine weltweite Ungleichbehandlung propagiert. Eine Welt mit ein paar Ecken, in denen stark patriachalische oder matriachalische Gesellschaften vorhanden sind, die meisten aber gleichberechtigt sind, bietet für viel mehr Konzepte Raum, und zudem auch noch Konfliktpotential im Spiel, wenn Leute aus den verschiedenen Gebieten sich begegnen (wenn man daran Interesse hat). Wäre Diskriminierung normal, hätte man vielleicht einzelne Figuren, die sich auflehnen, aber beim Rest doch viel weniger Spielpotential (und gleichzeitig deutlich höheres Risiko, unangenehme Outgameerfahrungen im Spiel zu kopieren)
Was von denen, die Patriachate im Rollenspiel bevorzugen, gern auch übersehen wird ist, daß meiner Erfahrung nach viele Spieler häufiger ihr eigenes Geschlecht zu spielen scheinen als ein anderes. Leute, die es gänzlich ablehnen, ein anderes Geschlecht zu spielen und das auch für die übrigen Mitspieler ihrer Runde ablehnen, gibt es auch immernoch viele.
Das heißt, viele Frauen spielen auch Frauen (egal ob aus eigenem Wunsch oder weil sie mit Leuten spielen, die mit Crossgender nicht klarkommen) In einer Welt, die sich bei den Rollenbildern stark an irdischen Verhältnissen orientiert und somit viele Berufe für Frauen ausschließt, schränkt das damit die Charakterauswahl für Frauen, die dort spielen, massiv ein. Oder aber der Charakter, der gegen die Widerstände der Gesellschaft einen Beruf ergreift wird zum Normalfall, weil es sonst ja nicht ginge.
Ist das tatsächlich wünschenswert?
Brienne und Mulan sind dann auch nicht mehr spannende Konzepte, sondern notwenige Übel, wenn eine Frau kämpfen können will und keinen Mann spielen kann/will/darf.
Ähnlich sehe ich das auch für Rassismus und andere Formen der Diskriminierung: als weltweite Normalität schränkt es das Spiel stark ein und schadet den Spielern, die OT damit schon genug zu tun haben/hatten. In einzelnen Gegenden oder von einzelnen Chars/NPCs kann es interessantes Konfliktspiel bringen, aber wenn es für Spieler Probleme macht, sollte es spätestens dann aufgehört werden (Wenn etwas für jemanden aufgrund von OT-Erfahrungen ein besonderes Problem ist, sind entsprechende Hinweise im Vorfeld auch nicht verkehrt. Daß alle empatisch genug sind, das im Spiel mitzubekommen und dann zu bremsen, kann man nicht voraussetzen, auch wenn es schön wäre)
(ist jetzt doch länger geworden als ich anfangs dachte)