Zum Thema Benennung: Ich halte es für entscheidend im Worldbuilding, Gegenstände, die real existieren/reale Vorbilder haben, auch gleichartig zu benennen, *es sei denn*, einer von zwei Faktoren trifft zu:
1) Der Name des Gegenstands referiert direkt und erkennbar auf etwas, das in der Fantasywelt nicht existiert. In einer Welt ohne Paris würde ich ein Kondom nicht als "Pariser" bezeichnen (gut, mache ich in der Welt mit Paris auch selten, hier zum Beispiel); eine kooperative Geisel leidet dann möglichst in einer Welt ohne Schweden auch nicht am "Stockholm-Syndrom".
2) Der Gegenstand betrifft ein Charakteristikum meiner Fantasywelt, das besonders ist/von der Realwelt erkennbar abweicht, und ich nutze die Benennung, um das zu illustrieren. Wenn in meiner Welt das Haupt aufgrund gesellschaftlicher Normen unabhängig vom Wetter jederzeit unverhüllt zu sein hat, wird aus der "Gugel" vielleicht die "Diebskapuze" oder der "Ketzerkragen" (weil sie nur unlautere Gestalten tragen).
Ausschließlich um der Exotik willen sind solche Umbenennungen aber problematisch: Ich störe den Lesefluss, muss ggf. für Banalitäten zusätzlichen Erklärtext oder teure Illus planen, und am Ende verprelle ich einen Teil meiner Leserschaft, der nach viel Rätselei und Stirnrunzeln feststellt, dass der "Gwornigupp", den meine Figuren ständig tragen, tatsächlich eine Gugel ist.
"Und wenn der Leser gar nicht weiß, was eine Gugel ist?"
Dann gibt es zwei Effekte:
1) Dann ist die Gugel für ihn genauso exotisch wie der Gwornigupp, nichts verloren aus der Sicht derer, die sich Exotisches wünschen.
2) Eine kurze Recherche in irdischen Quellen - Internet (danke, LaCipolla, ich verfolge seit langem den Plan, sowas wie den
Sprechenden Hut mit der
Allwissenden Gugel irgendwo unterzubringen
), Lexikon, ... - liefert die Antwort, haufenweise Bildmaterial und sogar einen großen Variantenreichtum. Wird die Gugel klassisch oder als Chaucergugel getragen? Ist sie aus Wolle, Leder, Leinen? Eine Wendegugel, mis-parti oder einfarbig? Lang oder kurz? Pelzgesäumt? Ich kriege mit einem Wort eine Riesenbandbreite an Eindrücken - wenn ich mir für selenische Bauen hingegen einen traditionellen Kopfputz ausdenke, der aus aus Eicheln und Chitin gefertigten platonischen Körpern besteht, sind meine einzigen Quellen, wie der aussehen kann, die wenigen Stellen in meinem Selenia-Regionalband, wo ich Platz dafür habe. Das heißt, ich beschreibe entweder so wenig, dass ich es auch lassen könnte, weil der Spieler es sich eh selbst ausdenken muss, oder ich beschreibe ein Beispiel detailliert, das dann aber allein dasteht (ich habe damit also *weniger* Inspiration für den Spieler als mit der Gugel) - oder ich schreibe eine Wall of Text über einen verdammten Hut und muss mir zurecht gefallen lassen, ich würde die Spielwelt bis ins Kleinste ausdefinieren und dabei das Abenteuer auf der Strecke lassen.
Dann schreibe ich lieber in einer Region, die wir ganz bewusst mit starken Assoziationen aufladen wollen, von einer Gugel.
Was ja nicht heißt, dass in Lorakis kein Platz für den Gwornigupp wäre. Nur nicht auf dem Kopf des typischen selenischen Bauern
(Wohlgemerkt des typischen. Der Gelfert aus Hinterbach, der trägt so'n Ding. Aber dem hat auch mal beim Melken die Kuh vor den Kopf getreten.
)