Ich halte das Herbeifuehren einer Situation, die eine (Neu-)Verregelung erfordert generell nicht fuer guten Stil und denke, dass soetwas sowohl von Spieler- als auch von Spielleiterseite vermieden werden sollte.
Kein Plan übersteht den Feindkontakt. Und keine Vorbereitung, kein geplanter Plot, den Kontakt mit einer Gruppe einfallsreicher Spieler. Manchmal führt man eine solche Situation gar nicht lange gezielt herbei: sie ergibt sich aus einer langen Kette von einzelnen Handlungen, und plötzlich versucht jemand, völlig nachvollziehbar, etwas zu tun, dass die Regeln nicht abdecken.
Beispiel:
Ich beschreibe eine Höhle; der Eingang ist durch einen sanften Wasserfall verborgen. Es kommt zum Kampf, ein Spieler erhält den Zustand Brennend 2 durch einen Feuerstrahl. Anstatt sich jetzt 10 Ticks auf dem Boden werfen zu wollen und als liegend zu gelten, will der Spieler sich in 5 Ticks unter den Wasserfall bewegen, um den Zustand zu beenden. Die Idee ist gut und ich sehe keinen Grund, dagegen zu sprechen. Habe ich den Wasserfall als etwas kräftiger beschrieben, könnte ich festlegen, eine Akrobatikprobe gg. XY muss her, um nicht umgeworfen zu werden und 1W6 Sturzschaden zu erleiden. Jetzt lasse ich dem Spieler die Wahl: Risiko oder nicht?
Mein persönliches Empfinden ist, die Spieler werden solche Möglichkeiten als Bereicherung empfinden.
Wenn die Gruppe morgens einen Vargen mit aufgeschlitzter Kehle findet, wird niemand dem Spielleiter vorwerfen, dass man einen Vargen gar nicht mit einem einzigen Dolchtreffer toeten kann. Es ist ein erzaehlerischer Vorgang abseits der Regeln und das ist absolut in Ordnung
Wenn ein Spieler es schafft, sich an eine einzelne vargische Wache anzuschleichen, die nicht mit einem Angriff rechnet, und der Spieler einen Angriffswurf mit allen Erleichterungen aus der Situation schafft, brauche ich auch keinen Schaden auswürfeln lassen und eine Kampfsequenz eröffnen. Die Wache ist tot, hat keinen Alarm geschlagen, gut ist. Hier finde ich Regeltreue auch wieder hinderlich für den Spielfluss und für die Erzählung. Dass die Helden sich in einer Kommandoaktion in die feindliche Basis hineinschleichen, die entführte Tochter des Gouverneurs befreien, und unbemerkt und ohne Kampfsequenz wieder heraus schleichen, SOLL meinen Spielern als Möglichkeit offen stehen, wenn sie nur geschickt genug vorgehen und entsprechend Würfelglück bei den wichtigen Proben haben. Wenn es der durch das Vorgehe der Spieler geäußerte Wunsch ist, einen offenen Kampf zu vermeiden, muss ich ihnen das nicht sabotieren.
Ich werde eine solche Handhabung aber nie direkt gegen die Spieler verwenden, ein Spieler wird im schlimmsten Fall alles abbekommen, was die Regeln hergeben: Taktische Vorteile, Zielen, Hinterhältiger Angriff mit Geschossmagie, Geschoss beschleunigen und Gift kombiniert... und so gnadenlos bin ich nur, wenn ein Spieler trotz mehrfacher (auch OOC) Warnung sehenden Auges in sein Unheil rennt, weil er (am besten auch noch mit entsprechender Äußerung) darauf spekuliert, dass ich so böse doch nicht sein werde.
Manchmal mag ich bei Spielsystemen mit ernsthaften Fehlern und Lücken sogar dem Spieler jede Chance auf Erfolg absprechen, als Beispiel soll hier folgendes dienen:
Ein DSA-Charakter versucht eine rennende Meute, wie bei einer Stierhatz durch spanische Gassen, aufzuhalten, weil ihn ja nur maximal 4 Angreifer attackieren könnten mit einem Sturmangriff zum Niederwerfen.Aber ich schätze mal das dieser Streit nicht gelöst werden kann, weil auch jeder andere Vorstellungen, Ideen und Erfahrungen hat. Es wurde ja schon oft darüber diskutiert im Forum über diese und ähnliche Fragen.
Für mich ist das kein Streit, nur ein Diskurs über verschiedene Spielphilosophien am Spieltisch. Ich halte Sylvannas Ansicht nicht für falsch, und die Meinige nicht für richtig. Es ist eine Geschmacksfrage, unter der sich die einzelnen Spieler in Runden zusammenfinden können, in der die Meinungen harmonieren.
Ich habe auch kein Problem damit, in Runden zu spielen, in der nur die gedruckte Regel zählt und keine Ausnahmen gemacht werden. Beim Schach ändere ich ja auch nicht die Zugmöglichkeiten meines Springers, weil es wie eine gute Idee aussieht. Damit kann ich mich also abfinden. Nur schwer kann ich mit ermüdenden Diskussionen am Tisch leben, es sei denn, ich bin selbst ein Diskussionsteilnehmer. Aber das nervt andere, also versuche ich diesen Drang von mir, ständig zu diskutieren, im laufenden Spiel zu unterdrücken, zum Wohle der Gemeinschaft.
Nur wenn ich leite, möchte ich mir die Freiheit der Improvisation nicht nehmen oder am Spieltisch madig reden lassen. Oder die Spieler dazu zwingen, gute Ideen fallen zu lassen, weil es aktuell keine Regel dafür gibt. Für mich ist die Freiheit der Phantasie einfach ein Hauptgrund, zum Rollenspiel zu greifen, und nicht noch eine Partie Schach zu spielen.
Anmerkung: Ich bin ein miserabler Schachspieler und spiele es kaum, es sollte nur als leicht nachvollziehbares Beispiel dienen.