Arwingen?
Marseilles? Wow. Wie kommst du denn darauf?
Bei mir schwingt bei der ganzen Vergleiche-Geschichte tatsächlich die Sorge mit, das nächste Midgard / Aventurien zu kriegen. Ich gehöre ja zu den alten Säcken, die schon seit DSA1 dabei waren, und ich habe den Effekt daher schon mehrfach in epischer Schönheit erlebt. Wer sich mal die allerersten Bücher zu DSA1 reinzieht, der wird überrascht sein zu sehen, dass dort überhaupt kein Versuch vorlag, so zu sein wie irgendein irdisches Vorbild. Im Gegenteil. Das Havena der Grundbox war ein unfassbares Dreckloch von einer Fantasy-Hafenstadt, das direkt aus einem Sword&Sorcery-Roman von Howard, Leiber oder Wagner hätte entsprungen sein können. Da liefen sogar Orks auf offener Straße rum, und das waren keinesfalls missverstandene Wilde wie später, sondern einfach nur Arschlöcher mit Fell. Auch Städtenamen wie Festum tauchen schon sehr früh auf, aber das war lange bevor jemand auf die Idee kam, es könne im schönen Bornland liegen, wo alles irgendwie ist wie in Russland.
Aber das ging nicht lange gut. Die "wir brauchen doch Inspiration aus der wirklichen Welt"-Fraktion übernahm im Nullkommanichts das Ruder. Ein bisschen Hochmittelalter-Kaiserreich hier, ein bisschen holländische Hafenstadt dort, und schon nach wenigen Jahren hatten wir das wohlgeordnete Aventurien mit seinen RL-Inspirationen, das wir heute kennen. Und bevor jetzt jemand sagt: "Sowas würde heute nicht mehr passieren", den verweise ich an Myranor. Dort ist das Umschreiben von "richtig abgedrehtes Fantasy-Imperium" auf "römisches Imperium mit Furries" gerade erst passiert. Auch hier, damit die armen Fans es sich besser vorstellen können.
Vermutlich ist diese Ähnlichkeit zum bereits Bekannten auch ein Teil des DSA-Erfolgsmodells, aber für Lorakis müsste ich das jetzt nicht auch wieder haben. Und am allerwenigsten verstehe ich, wie jemand wie Rotbart, der sich ja ganz ausdrücklich über die starke RL-Anlehnung von Midgard oder Aventurien aufregt, jetzt nichts dringenderes zu tun hat, als in Lorakis gleich wieder welche zu suchen oder gar einzuführen.
Ich verstehe schon das Problem, dass wir über viele lorakische Kulturen derzeit noch zu wenig wissen, um sie uns plastisch vorstellen zu können. Das geht mir in vielen Fällen genauso. Aber ich denke, dass es der falsche Weg ist, sie jetzt wieder mit irdischen Vorbildern gleichsetzen zu wollen. Stattdessen fand ich es bisher ergiebiger, die Autoren hier im Forum so lange zu löchern, bis sie mehr über ihre Vorstellungen von "ihrer" Region ausspucken. Hat bei mir beispielsweise bei Zwingard gut funktioniert. Nach dem Lesen der Regionenbeschreibung im Weltenband war das für mich zunächst "yet another fantasy kingdom with knights". Durch die Diskussion im Zwingard-Thread und die Benennung
aller Inspirationen ist es für mich aber sehr viel greifbarer geworden und ist jetzt eine meiner Lieblingskulturen auf Dragorea.
Ich schlage daher vor, dass wir den lorakischen Kulturen die Chance geben, etwas Eigenständiges zu werden, und nicht schon wieder nach irdischen oder aventurischen Äquivalenten suchen, nur weil es so schön bequem ist.