Ich zitiere einfach mal aus dem leider den Bach runtergegangenen anderen Thread:
Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum man denn überhaupt "böse" Charaktere spielen können MÖCHTE!
Räuber, Vergewaltiger, Brandschatzer, Mörder, und was noch sonst so alles BÖSE Charaktere darstellen, kann man natürlich in letztlich so gut wie JEDEM Rollenspiel spielen.
Niemand hindert z.B. im Schnellstarter-Abenteuer die SC daran die Bauersfamilie im Schlaf zu ermorden und sich danach sexuell an den Leichen zu vergehen. - Wie sollte auch ein Rollenspielentwickler die Spieler an so etwas "hindern" können?
Es ist also der WUNSCH und die ENTSCHEIDUNG der jeweiligen SPIELER selbst, ob sie böse Charaktere spielen wollen bzw. weder gut noch böse "voreingestellte" Charaktere einfach als amoralische Massenmörder und Verbrecher spielen wollen.
MIR macht so etwas aber weder als Spieler noch als Spielleiter Spaß.
Ich mag es HELDEN zu spielen, die mehr bewegen können, als ich in der realen Welt, die moralisch sattelfester sind, als ich in der realen Welt, die einfach meinen Idealvorstellungen eines sympathischen, für andere mit seinem Leben eintretenden HELDEN entsprechen.
Und ich mag es als NSCs stimmige Charaktere zu spielen, bei denen man merkt, daß sie in der Spielwelt LEBEN. Ich mag es NICHT, den "bösen SCs" einfach nur "Zielscheiben" oder schlimmer noch OPFER zu präsentieren, an denen sie dann ihre "Bosheit" ausleben können, sich vergehen, sie beschämen, schänden und schinden können. - Das finde ich einfach nur SCHEISSE.
Und Spieler, die unbedingt solche "bösen Charaktere" spielen wollen, die mag ich nicht einmal bei mir am heimischen Spieltisch haben. Wer solche "Gelüste" verspürt, ist bei mir an der falschen Adresse.
Und ich hoffe daher sehr, daß die SCs in Splittermond eben eher als HELDEN gedacht sind und nicht als marodierende, menschenverachtende Fantasy-Hooligans.
Böse Charaktere sind NSCs. Und die bekommen für ihre bösen Taten, was sie verdienen!
Und in Ergänzung und zur Klarstellung:
Ich rede hier von BÖSEN Charakteren, nicht von Leuten, die auf dem Markt einen Apfel stehlen oder die einen Gefangenen grob behandeln, sondern BÖSE Charaktere sind Leute, die den Apfel stehlen, nachdem sie die Obsthändlerin vergewaltigt, deren Kind erschlagen und den Obstkarren angezündet haben.
Niemand möchte gerne einen "Zwang" laute "übergute" Saubermänner zu spielen. Das ist eventuell bei DSA eine implizite Annahme an die Charaktere: Damit überhaupt ein SC auf die oft lahmen, nicht zugkräftigen Abenteueraufhänger anspringt, muß er schon DOOF und "übergut" sein. Ohne diese überzogene "Gutlichkeit" kann man nur seine Spieler bitten doch den Wegweisern "hier entlang zur Abenteuer-Eisenbahnfahrt" zu folgen.
Aber das GEGENTEIL solcher "Zwangsstörungen" in Rollenspielen heißt NICHT, daß man jetzt "böse Charaktere" spielen müßte! - Das Gegenteil ist einfach die Möglichkeit OHNE Eisenbahnfahrt ein FREIES Spiel zu spielen!
Abenteurer sind doch eh nicht zimperlich in der Wahl ihrer Mittel - aber das macht sie noch lange nicht zu Bösen. Sie sind sicher oft genug Gesetzesbrecher (und oft genug stehen ja gerade die Gesetze der klischeehaft notwendigen "Gerechtigkeit" im Wege).
Ich habe den Eindruck, daß der Wunsch böse Charaktere zu spielen aus zwei Quellen entsteht:
- Zum einen aus der oft feststellbaren "größeren Coolness" der Bösen. Die Bösen haben die tolle Ausrüstung mit den Totenköpfen, die langen schwarzen Ledermäntel und die gefährlicher aussehenden Waffen. Und als "Endgegner" sind sie auch oft deutlich kompetenter als ein SC allein. - Daher will man gerne auch mal der Böse sein, um cool zu wirken, Kompetenz auszustrahlen und so eben zwar vielleicht nicht gerade moralisch, aber doch von der gesamten "Leindwandpräsenz" her ein HELD = übermenschliche Figur zu sein.
- Zum anderen wird man in manchen Rollenspielen dauerhaft kleingehalten und genötigt die blödesten, ja LIEBLOSESTEN Abenteueraufhänger als eine Art "Reinemachedienst" für ein "Messy-Setting" anzunehmen. Das ist KEIN Heldentum, das ist die Putzkolonne! Und wenn einem das dauerhafte, zwangsweise Gut-und-strohdoof-Darstellen irgendwann einmal leid ist, dann kommt der Wunsch auf doch mal der Böse zu sein. Mal nicht jedem Hilferuf nach einem entlaufenen Karnickel oder einem durchgegangenen Ochsen nachzugehen, sondern EIGENE Ziele mit pragmatischen, rücksichtslosen Mitteln zu verfolgen, weil dies - anscheinend - der einzige Weg ist, einer gegenüber Veränderungen durch die Aktionen der Spieler "resistenten" Spielwelt einen eigenen Stempel aufzudrücken.
Beides sind Lösungen des falschen Problems mit den falschen Mitteln.
Heroische Fantasy heißt nicht, daß die HELDEN irgendwie "nur gut" und strohdämlich sein müssen. Das ist nur das DSA-Verständnis von "helden" (ja, KLEIN-geschrieben, weil diese derartig impotenten Jammerlappen nicht einmal das Wort Held wert sind).
Helden der Fantasy machen auch Fehler, unterlaufen irrigen Annahmen, enden TRAGISCH! - Aber sie sind es eben, die - im Guten wie im Schlechten - der Welt ihren Stempel aufdrücken!
Und das macht sie allein schon wirklich cool und bemerkenswert.
Ein Rollenspiel, das die Spieler in die Lage versetzt der Spielwelt wirklich markante Änderungen mittels ihrer Charaktere aufzuprägen, das macht die Spieler zu Darstellern von HELDEN. Und derartige HELDEN-Spieler brauchen nicht den Griff in die "Trickkiste" des bösen Charakters, um dauerhafte Höchstmotivation im Spiel zu empfinden!
So gesehen kann durchaus auch die Redaktion eines Rollenspiels durch allzu starkes Kleinhalten von Spielereinfluß auf die Spielwelt und durch Herunterspielen der BESONDERHEIT der Hauptfiguren, der Spielercharaktere, den Keim des Übels legen. - Das ist auch der Grund, warum hier im Forum viele der Ansicht sind - auch entgegen der Äußerungen der Redaktion - daß Splittermond doch ein HEROISCHES Rollenspiel sei. Immerhin sind die Splitterträger ja etwas Besonderes, sie stehen heraus aus der Gesellschaft, es gibt wenige von ihnen, sie sind eine Art übernatürlich begabter und damit auch übernatürlich "gesegneter" ELITE!
Wenn die Splitterpunkte-Regeln und die Splitterfähigkeiten dies unterstreichen, dann hat man auch kein Problem mit dem Bedürfnis mancher leidvolle Spieltraumatisierungen angesammelt Habender hier "böse Charaktere" spielen zu wollen. - Denn dann tritt dieses Bedürfnis überhaupt nicht auf!