Hallo!
Grimrokh und SeldomFound haben ja schon einiges beantwortet
Trotzdem noch ein paar nachgeschobene Gedanken.
Zunächst einmal: Deine Kurz-Kritik bezieht sich ja auf Alchemie als Gesamt-Fertigkeit, in deiner Lang-Kritik kritisierst du aber eigentlich nur die Wirkung von Standard-Heiltränken. Du lässt dabei außer Acht, dass die Herstellung von Heiltränken nur eines von vielen möglichen Anwendungsgebieten der Alchemie ist. Mit Alchemie kann man sehr viel mehr machen als nur Heiltränke herstellen.
Aber selbst, wenn ich davon ausgehe, dass deine Kritik nur für alchemistische Heiltränke gilt, nicht für Alchemie an sich, bin ich anderer Ansicht. Alchemistische Heiltränke haben eben ganz andere Stärken und Schwächen als Heilkräuter oder Heilmagie.
Heiltränke setzt man natürlich vor allem dann ein, wenn es nötig ist, dass jemand in kurzer Zeit viele Lebenspunkte zurückbekommen muss. Das ist nämlich weder mit Heilkräutern (dauert zu lange) noch mit Heilkunde (dauert noch länger) zu erreichen. Heiltränke sind nützlich, um nach einem Kampf schnell wieder auf die Beine zu kommen. Wenn man eine ganze Nacht zur Verfügung hat, um sich auszuruhen, sollte man Heiltränke eher nicht einsetzen - es sind Notfall-Medikamente.
Natürlich ist die Heilmagie hier effektiver. Heilmagie kostet aber auch mit jeder Anwendung Fokus, und man muss ein Spezialist sein, der die entsprechende Zauberschule und die entsprechenden Zauber beherrscht. Einen Heiltrank kann jeder Laie einflößen, und das ohne jede Gefahr für den Patienten.
Das erklärt auch den höheren Preis im Vergleich zu einem Heilkraut: Wenn du schwer verletzt im Sterben liegst oder Feinde auf dich einstürmen, wirst du froh sein, einen Heiltrank zu haben. (Ja, man kann die nicht unbegrenzt einsetzen, aber üblicherweise ist diese Begrenzung immer noch großzügig genug.)
Und das gilt nur für den Fall, dass man die ganzen Sachen auch wirklich kauft. Wenn man sie selbst herstellt, wird noch ein weiterer Vorteil offenbar: Heiltränke sind wesentlich einfacher herzustellen als Heilkräuter zu finden.
Heiltrank mit 4 Lebenspunkten: Schwierigkeit 20
Heiltrank mit 8 Lebenspunkten: Schwierigkeit 22
Heiltrank mit 12 Lebenspunkten: Schwierigkeit 24
Heilkraut mit 4 Lebenspunkten: Schwierigkeit 25
Heilkraut mit 8 Lebenspunkten: Schwierigkeit 30, lässt sich nicht mehr kaufen
Wenn es also darum geht, schnell Lebenspunkte zurückzuerhalten, ist der Heiltrank die zweitbeste Wahl nach der Heilungsmagie, manchmal sogar die beste Wahl, weil er auch von Laien eingesetzt werden kann. Wenn man mehr Zeit hat, sollte man keinen Heiltrank verschwenden - die sind eben explizit für den Notfall gedacht.
Dein Beispiel geht von sehr konkreten Voraussetzungen aus, in denen der Heiltrank schwach ist: Ich habe erstens genug Zeit, um profane Heilung und Heilkräuter anzuwenden, und ich habe zweitens Heilkräuter gekauft (wenn ich das nicht habe, darf ich sie nämlich sammeln, was 3 Stunden und eine Probe gegen 25 oder 30 erfordert). In einem solchen Fall: Ja, spar dir die Heiltränke! Das sind definitiv Situationen, für die sie nicht gedacht sind.
Ändern wir die Voraussetzungen, sieht das schon wieder anders aus: Du bist in der Blutgrasweite und hast gerade ein Gefecht gegen Orkspäher hinter dir, und es wird nicht lange dauern, bis Verstärkung kommt? Vergiss die Heilkräuter - wirf lieber einen Heiltrank ein. Jemand liegt im Sterben und muss dringend am Leben erhalten werden, bis ein Heiler ihn retten kann? Heiltränke all the way.
Zusammengefasst:
Alchemie ist bei Splittermond definitiv etwas für Vorausplaner. Um spontan auf Situationen reagieren zu können, muss ein Alchemist sich lange vorbereiten und gut vorausgeplant haben. Natürlich kann er im Feld auch mal spontan etwas anrühren, und das ist deutlich effektiver als das, was man mit Kräutern erreichen kann (Beispiel: Heilung von Siechtum 1 hat bei Heilkräutern Schwierigkeit 32, bei Alchemie Schwierigkeit 24, bei Siechtum 2 sind Heilkräuter schon bei 38, Alchemie bei 28, Beispiel 2: Heilkräuter erlauben nur die
Behandlung von Giften, Alchemika aber
heilen Gifte), aber seine wahre Stärke entfaltet der Alchemist, wenn er vorher viel Zeit zur Vorbereitung hatte und Synergie-Effekte nutzt (indem er die Zutaten zum Beispiel selbst sammelt oder von Gruppenmitgliedern sammeln lässt).
Jeder Alchemist, den ich bisher bei Splittermond erlebt habe, wurde so gespielt: Er hat längere Ruhepausen genutzt, um alle möglichen Tränke zu brauen, und diese in Notsituationen dann rausgehauen. Und das war
awesome. Mehr als einmal haben wir es erlebt, dass unser Heilmagier-Alchemie-Gnom keinen Fokus mehr hatte, aber noch Heiltränke verteilen konnte. Oder dass er spontan einen Anti-Erschöpfungs-Trank hervorgezaubert hat, als es gerade notwendig war. Und das hat ihn bei der Anwendung keinerlei Ressourcen mehr gekostet, weder Zeit noch Geld noch Fokus - das konnte er alles im Vorfeld machen.
Ja, es gibt immer Situationen, in denen alchemistische Heiltränke nicht das Mittel der Wahl sind. Das liegt auch schlicht darin begründet, dass wir Alternativen anbieten wollen. Sie sind definitiv kostbare Notfall-Medikamente, die man für einen schwierigen Moment aufhebt. Aber dann sind sie richtig gut.