Autor Thema: Sexismus und Homophobie in Lorakis?  (Gelesen 37147 mal)

Artemis500

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #45 am: 08 Jul 2014, 17:54:25 »
Ich finde Gewalt in Rollenspielen aus dem Grund unterhaltsam, dass ich sie im realen Leben so gut wie nie erlebe. Ja, es GIBT sie, aber ich laufe nicht durch die Straßen und fürchte mich davor, dass hinter der nächsten Ecke eine Zwergin mit Streitaxt darauf wartet, mich einen Kopf kürzer zu machen.

Sexistische Diskriminierung existiert nicht nur, Frauen sind, wie du dir denken kannst, direkt von ihr betroffen. Die ganze Zeit über. (Ich bin eine Frau. Glaubs mir einfach. Ich will das auch nicht diskutieren.)

Von Frauen zu verlangen, dass sie Frauen in einer sexistischen Gesellschaft spielen, ist wie von Schwarzen zu erwarten, dass sie in einem historischen Südstaaten-Setting Sklaven spielen. Oder Cross-Race spielen und Weiße darstellen, die es völlig okay finden, Schwarze zu versklaven.

Noldorion

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #46 am: 08 Jul 2014, 18:05:09 »
Andreas, ich verweise hierzu nochmal auf deinen Blogbeitrag und vor allem die Kommentare dazu. Da haben wir das Thema ja schon ausführlich diskutiert, auch wenn wir nicht auf einen gemeinsamen Nenner kamen. Ich bin weiterhin der Ansicht, dass du mit zweierlei Maß misst, wenn du Leute kritisierst, die davon persönlich betroffen sind und daher nicht wollen, dass das in einem Rollenspiel vorkommt, aber nicht die Leute kritisierst, die das in einem Rollenspiel haben wollen, auch wenn diese Themen anderen unangenehm sind.

Andreas (RPGnosis)

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #47 am: 08 Jul 2014, 18:15:33 »
Ich finde Gewalt in Rollenspielen aus dem Grund unterhaltsam, dass ich sie im realen Leben so gut wie nie erlebe.
Aber das macht Gewalt doch nicht legitim - mit der gleichen Logik könnte man begründen, dass es für einen Mann unterhaltsam ist, im Rollenspiel Frauen zu diskriminieren, weil er das im wirklichen Leben nicht tut (oder, stärker, weil es in einem sozialen Geflecht lebt, in dem keine Diskriminierung vorkommt) - oder so gut wie nie - oder im qua seines Geschlechts auch nur die Möglichkeit fehlt, diese Erfahrung zu machen. Wie übrigens auch andersherum bei Männer-Tabus für Frauen.

@ Noldorion: Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen: ich kritisiere niemanden. Ich sehe gute Argumente für beide Positionen (pro und contra Diskriminierung im Rollenspiel) und würde von keiner vertretenen Position einen Schluss auf die Person des Argumentators ziehen. Ich habe aus den Debatten um dieses Thema durchaus auch etwas gelernt - in unserer Blogdiskussion wurde es ja sehr inhaltlich, hier ziele ich mit der Frage auf etwas anderes ab: mir geht es hier darum, ob man die Tatsache, dass Diskriminierung eine Sonderrolle unter den Tabuthemen erhält, konsistent und verallgemeinerbar - das heißt, ohne Rückgriff auf Diskrminierung als persönliches Tabuthema wegen eigener Lebenserfahrungen - begründen kann; mir fällt das nämlich sehr schwer bzw. scheint mir kaum möglich zu sein. Und zwar das alles aus reinem Interesse an Gründen und Begründungen ganz allgemein (Berufskrankheit), völlig unabhängig davon, ob ich jetzt eher pro oder contra Vorhandensein von Diskriminierung in Rollenspielen bin.
« Letzte Änderung: 08 Jul 2014, 18:19:08 von Andreas (RPGnosis) »

Noldorion

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #48 am: 08 Jul 2014, 18:31:39 »
Aber die Begründung - nämlich die, dass deutlich größere Teile der Spielerschaft von Diskriminierung wesentlich stärker persönlich betroffen sind als von den anderen Tabuthemen - hast du ja nicht wirklich als Grund, es aus dem Rollenspiel herauszulassen, akzeptiert. Was soll man denn dann noch begründen?

arnadil

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #49 am: 08 Jul 2014, 18:48:55 »
Ein weiteres sehr zentrales Argument für die Legitimität der Unterscheidung von bloßer Gewalt und Diskriminierung ist die identitätsstiftende Wirkung typischer Diskriminierungsmerkmale. Es wird eben nicht einfach Frau X, Schwuler Y oder Schwarze Z gedemütigt, sondern sie/er wird es aufgrund von Gruppenzugehörigkeitsmerkmalen. Diese Merkmale werden möglicherweise von manchen am Spieltisch geteilt. Oder bauen jedenfalls Klischeebilder auf, die den tatsächlichen Alltag der Spieler*Innen betreffen.
Bei Gewalt ist das prima facie anders: Sie ist ein Mittel zu anderen Zwecken und als solches unabhängig von Identitätsmerkmalen. Sie wirft moralische Probleme auf, betrifft aber nicht, wenn man so will, unsere Würde im Sinne unserer Selbstachtung und unserer authentischen Identitätsbildung. (Es sei denn, es sind sehr einschneidende Gewalterlebnisse (häufig sexueller Natur), die ja auch ausdrücklich genannt wurden.)

Und in der Tat: Wenn auch nur der geringste Anlass besteht, zu vermuten, dass jemand am Spieltisch ein Problem mit exzessiven Gewaltdarstellungen hat, dann sollte die Gruppe darauf sensibel reagieren. (Wie hatten das Beispiel mal mit Folter - ohne persönliche Betroffenheit, aber einfach mit einer extremen Sensibilität bei diesem Thema.)

Nebenbei erwähnt sei mal, dass es natürlich nicht verkehrt wäre, über die Rolle von Gewalt in Rollenspielen mal zu diskutieren. Natürlich hat man mit Orks, Dämonen und Co. Wesen, die nicht in unsere moralischen Schutzkategorien fallen (weil sie einfach böse sind und somit eine Art durchgehender Notwehrlage gegeben ist oder sie einfach gar nicht die moralisch relevanten Eigenschaften mitbringen). Aber in anderen Fällen ist das natürlich nicht von der Hand zu weisen, dass die Rollenspielcommunity sich damit mal befassen sollte. (Selbiges gilt i.Ü. auch für die meiner Erfahrung nach nicht selten anzutreffende Verbindung von Armut mit Dummheit, die gerade in einer ständischen Welt umso fragwürdiger ist, als sie es ohnehin schon ist.)

Es ist jedenfalls kein Gegenbeispiel, denn es gilt der Grundsatz "Keine Gleichheit im Unrecht"; soll heißen: nur weil wir möglicherweise Gewalt problematisch behandeln im Rollenspiel, öffnet das nicht Tür und Tor für alle anderen Problembereiche.
« Letzte Änderung: 08 Jul 2014, 18:52:35 von arnadil »

Andreas (RPGnosis)

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #50 am: 08 Jul 2014, 19:07:08 »
@ Noldorion: Das Problem ist, dass genau dieses Argument kaum jemand bringt - das wäre natürlich vollkommen legitim, aber eben als persönliches Tabu mit Bedeutung primär für die eigene Spielrunde. Denn dass der wesentliche Anteil der Spielerschaft bereits Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts oder gar ihrer sexuellen Ausrichtung ausgesetzt waren und darunter so sehr leiden, dass das für sie zum persönlichen Tabu wird, das halte ich einfach für eine stark überzeichnete Behauptung. Zumal, dem Geschlechterverhältnis der Rollenspieler entsprechend, ja auch deutlich mehr Männer als Frauen (behaupte ich jetzt einfach mal, wäre aufgrund der Geschlechterverteilung der Spielerschaft ja naheliegend) vehement gegen Diskriminierung im Rollenspiel eintreten.

Ich halte es z.B. für wesentlich wahrscheinlicher, dass die Mehrheit der Rollenspieler (Geschlecht und allgemeinen Coolnessfaktor von Nerds zu Jugendzeiten beachten) vermutlich deutlich häufiger schon Diskriminierungen aufgrund ihrer Kleiderwahl, Gewicht, Interessen etc. ausgesetzt waren als z.B. aufgrund ihrer sexuellen Orientierung - trotzdem tritt niemand dafür ein, dass künftig in Rollenspielpublikationen vor allem schlecht angezogene, übergewichtige Typen mit abwegigen Interessen präsentiert (oder Ausgrenzung genau wegen solcher Faktoren aus der Spielwelt verbannt) werden soll. Ja, das ist ein übles Klischee, aber ich stelle mich auch in die Ecke der Leute, denen das schon passiert ist.

Es geht aber eben in dieser und ähnlichen Diskussionen nicht um Diskriminierung allgemein, sondern fast ausschließlich um Geschlecht (und zwar ausschließlich weiblich, mit männerdiskriminierenden Amazonen hat keine Hintergrundwelt ein Problem), sexuelle Orientierung (warum ist die in einem abenteuerlichen Rollenspiel überhaupt thematisierenswert?) und/oder Rassismus.
Mein Problem mit dieser Argumentation ist, dass Diskriminierung geschlechtsspezifischer Art oder aufgrund der sexuellen Ausrichtung (Rassismus kann man aufgrund der deutschen Vergangenheit guten Gewissens aus dieser Diskussion rauslassen) als ein Sonderfall von Tabuthema behandelt wird, während anscheinend niemand ein Problem mit anderen Tabuthemen wie genannter Gewalt undsoweiter hat, obwohl die "Auswirkungen" derselben potentiell wesentlich schlimmere Folgen für die Betroffenen haben können. Wie gesagt, geschlechtliche Diskriminierung als persönliches Tabuthema ist für mich vollkommen nachvollziehbar, aber ich bin nicht der Ansicht, dass man diese bevorzugt im Rollenspiel nach aktueller politischer Korrektheit behandeln muss.

Denn das wirft die Folgefrage auf, inwiefern Rollenspiele eine pädagogische Funktion oder Fantasiewelten zwingend Vorbildcharakter haben müssen. Was auch spannend wäre, und vielleicht die eigentliche Frage ist, die zuvor gestellt werden sollte, bevor man über geschlechtliche Diskriminierung als Detailfall spricht.

Noldorion

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #51 am: 08 Jul 2014, 19:11:13 »
Was ich nicht verstehe, ist: Wieso glaubst du, dass deine persönliche Vorliebe, dass du so etwas als spannendes Thema in einer Rollenspielwelt erachtest, wichtiger ist als das persönliche Tabu von Personen, die persönlich davon betroffen sind? Und falls du nicht der Ansicht bist, dass das so ist: Wieso verwundert es dich dann, dass wir an dieser Stelle die Entscheidung treffen, lieber das persönliche Tabu einer Gruppe von Personen zu achten (die wir als groß genug betrachten, dass es relevant ist - Zahlen können wir ebenso wenig bieten wie du für deine Annahmen) als die persönlichen Vorlieben einer anderen Gruppe, die das in der Spielwelt gerne thematisiert sehen würde?

Andreas (RPGnosis)

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #52 am: 08 Jul 2014, 19:26:17 »
@ Arnadil: Guter Einwand mit den identitätsstiftenden Funktionen von Diskriminierung - das geht in die Richtung, auf die ich auch im Artikel hinauswollte. Diskriminierung aller Art, vor allem von offensichtlichen Merkmalen wie Hautfarbe, Geschlecht oder Rasse (im Fantasy-Sinne), aber auch von Dingen wie Nationalität oder auch nur Musikgeschmack ist ein sehr basales, sozialpsychologisches und soziobiologisches Phänomen. Darauf wollte ich in meinem Blogbeitrag mit dem Begriff der Plausibilität und Glaubwürdigkeit hinaus. Wenn es solches auf Lorakis nicht gibt, erachte ich persönlich das als eine Plausibilitätslücke, wenn man davon ausgehen soll, dass Menschen (und andere Rassen) dort im Grunde genauso denken wie hier.

EDIT: @ Noldorion: Das habe ich nicht behauptet, sondern das Gegenteil: für jeden, der persönlich von einem Tabu betroffen ist, hat dieses natürlich völlige Priorität für das eigene Rollenspiel und alle die mitspielen! Aber: ich möchte wissen, warum man aus persönlichen Tabus der einen Art (z.B. sexueller Diskriminierung) ein großes Thema macht, aus anderen (z.B. Gewalt, mit der auch viele Erfahrungen haben könnten) aber nicht. Es geht nicht darum, ob ich diese Themen im Rollenspiel haben will oder nicht - sondern darum, wie man diese begründet. Denn "es könnte auf bestimmte Spieler zutreffen" ist kein Argument, das man nicht auch auf ein Dutzend anderer Tabuthemen anwenden könnte.
Nochmal: ich möchte da kein "negatives" Urteil über die Gestaltung von Lorakis abgeben, weil man sich hier für politische Korrektheit entschieden hat - das ist euere gutes Recht als Autoren. Und es muss mir deswegen auch nicht unterstellt werden, dass ich hier nur meine persönlichen Vorlieben vertreten würde. Inhaltlich haben wir uns im Blog ja ausgetauscht und haben hier einfach unterschiedliche Positionen.
Aber ich glaube auch, dass man mit der fortlaufenden Thematisierung von z.B. sexueller Diskriminierung der Sache als solcher einen Bärendienst erweist und das Nicht-Thematisieren vielleicht manchmal die bessere Alternative wäre. In der Psychologie kennt man beispielsweise den "Rebound-Effekt": wenn man versucht, bestimmte Gedanken (etwa diskriminierender Art) zu unterdrücken, werden diese Gedanken verfügbarer und treten häufiger auf, als wenn sie gar nicht erst erwähnt werden. Ich kann mir vorstellen, dass es einen ähnlichen Effekt auch auf Gruppenebene und in Gesellschaften geben kann, und dass sich dieser negativ auswirkt in der Form, dass er neue Lösungsansätze möglicherweise behindert.

sirbs

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #53 am: 08 Jul 2014, 20:23:38 »
Aber: ich möchte wissen, warum man aus persönlichen Tabus der einen Art (z.B. sexueller Diskriminierung) ein großes Thema macht, aus anderen (z.B. Gewalt, mit der auch viele Erfahrungen haben könnten) aber nicht.

Ich vermute, dass viele Spieler P&P-Spiele spielen, um zu kämpfen. Es wird erwartet und macht ihnen Spaß. Kaum ein Spieler wird P&P-Spiele spielen, um NSCs (und SCs) wegen bestimmter Merkmale zu diskriminieren. Hochgestochen, verallgemeinernd und vermutend: Selbstselektion wird dazu führen, dass kein Spieler mit einem Problem mit Gewalt ein P&P spielen wird. Spieler mit Problemen im Bereich Diskriminierung hält davon hingegen erst einmal nichts ab, da Diskriminierung im P&P einfach nicht der Erwartungshaltung entspricht.

Damit wäre die Strategie der Autoren sinnvoll.
"Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns kaum näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, daß der nicht würfelt." —Albert Einstein, 4. Dezember 1926

arnadil

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #54 am: 08 Jul 2014, 21:46:44 »
@ Arnadil: Guter Einwand mit den identitätsstiftenden Funktionen von Diskriminierung - das geht in die Richtung, auf die ich auch im Artikel hinauswollte. Diskriminierung aller Art, vor allem von offensichtlichen Merkmalen wie Hautfarbe, Geschlecht oder Rasse (im Fantasy-Sinne), aber auch von Dingen wie Nationalität oder auch nur Musikgeschmack ist ein sehr basales, sozialpsychologisches und soziobiologisches Phänomen. Darauf wollte ich in meinem Blogbeitrag mit dem Begriff der Plausibilität und Glaubwürdigkeit hinaus. Wenn es solches auf Lorakis nicht gibt, erachte ich persönlich das als eine Plausibilitätslücke, wenn man davon ausgehen soll, dass Menschen (und andere Rassen) dort im Grunde genauso denken wie hier.

Ob das eine Plausibilitätslücke ist, wage ich zu bezweifeln. Selbst Theoretiker der Abgrenzung nach außen zur Selbstvergewisserung (Hegel und Co.) würden wohl nicht sagen, dass es diese Merkmale sein müssen. Abgrenzung gibt es ja, nämlich über fiktive (und dadurch niemanden in der Realität angreifende) Staaten, Glaubensrichtungen etc.
Also selbst wenn man diese Idee der notwendigen Abgrenzung zur Identitätsbildung unterschreiben will (ich habe meine Zweifel, ob das wirklich notwendige Plausibilitätsvoraussetzung ist und nicht eher historisch-faktisches Phänomen), gibt es solche Merkmale - aber eben unproblematischere.
« Letzte Änderung: 08 Jul 2014, 22:06:51 von arnadil »

Andreas (RPGnosis)

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #55 am: 08 Jul 2014, 22:06:38 »
Hegel ist für diese Sache etwas zu alt (der ging ja auch von einer steten Vervollkommnung von Gesellschaft und Menschheit aus - eine These, die spätestens seit den Weltkriegen wohl keiner mehr vertritt); da sollte man lieber auf halbwegs zeitgenössische psychologische Studien blicken, wie leicht sich Gruppenbewusstsein und Ausgrenzung erzeugen und hochschaukeln lassen, siehe z.B. das Ferienlager-Experiment von Serif oder die Third Wave.

EDIT: Ich glaube nicht, dass Diskriminierung "notwendig" zur Identitätsbildung ist, aber sie ist sicher ein einfacher, verbreiteter und effektiver Weg - und damit evolutionär stabil.
« Letzte Änderung: 08 Jul 2014, 22:09:18 von Andreas (RPGnosis) »

arnadil

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #56 am: 08 Jul 2014, 22:23:54 »
Das Problem an psychologischen (und generell naturwissenschaftlichen) Studien in einer solchen Diskussion ist, dass sie eben keine Denknotwendigkeit abbilden, sondern lediglich kontingente ERfahrungswerte... die dadurch natürlich nicht herabgewürdigt werden sollen.
Hegel scheint mir da keineswegs zu alt. Gute Philosophie veraltet nicht und er wird bis heute von großen Theoretikern, die die Abgrenzungsthese stützen würden, rezipiert (Taylor, Schmitt, Fukuyama). Und das sage ich als Hegelkritiker.  ;)

Aber das ist ja auch nicht der Punkt.

Auch Serif hat, wenn ich das richtig sehe (nicht mein Spezialgebiet), nicht behauptet, dass man spezifische Abgrenzungsmerkmale (Rasse, Geschlecht etc.) benötigt. Und mir scheint, dass man das auch unmöglich experimentell nachweisen kann, weil es keine denkbare Datenmenge jenseits spezifischer sozialer und historischer Verhältnisse gibt.
Was er zeigt, ist, dass sich einmal etablierte Abgrenzungen nicht gerade einfach abbauen lassen (und vielleicht auch, dass sie leicht und schnell zwischen eher willkürlich gebildeten Gruppen entstehen). Das sagt nichts darüber aus, welche Merkmale dazu dienen. Also können Staatsangehörigkeit, Glaube, Heimatdorf, Beruf, Opposition gegen/Sklaverei unter Drachlinge(n) etc. auch valide Abgrenzungskriterien sein.
Mehr noch: Serifs Experiment scheint mir doch zu zeigen, dass diese Gruppen willkürlich gebildet werden (können) und nicht die von dir geforderten Merkmale benötigen, oder? (Es waren ja gerade keine Gruppen nach Herkunft, Geschlecht oder derlei.)

Also würde es nicht sogar zu Serifs Experiment gut passen, dass sich die verschiedenen Völker in ihrem Schicksal unter den Drachlingen und dem gemeinsamen Wiederaufbau als gemeinsamer Aufgabe zusammengerauft haben und dadurch viele Unterschiede irrelevant wurden? Man nehme als Vergleich Europa: Man hat eine gemeinsame Aufgabe gesehen und dadurch uralte Vorbehalte (tendenziell) abgebaut. Das scheint mir den Ergebnissen von Serif sogar zu entsprechen.

Belzhorash

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #57 am: 08 Jul 2014, 22:37:14 »
In welcher Region von Lorakis hat Hegel denn gelebt?

arnadil

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #58 am: 08 Jul 2014, 22:40:40 »
Das ist ja nicht von Belang für die Frage der Plausibilität einer Welt, aber im Zweifel sollten wir ihn in Selenia ansiedeln.  ;)

@ Andreas: Ich hatte dein Edit übersehen. Daher ein Nachtrag: Das teile ich zu 100%. Aber wenn es nicht notwendig ist, ist es eben auch keine Plausibilitätsvoraussetzung, sondern lediglich ein Indiz, auf das man aus guten Gründen (und die hat die Redax ja) verzichten kann. Oder verstehe ich dich/das falsch?

Belzhorash

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Re: Sexismus und Homophobie in Lorakis?
« Antwort #59 am: 08 Jul 2014, 22:50:51 »
Schade, dass du meinen Wink nicht verstanden hast.