Nach erster Lektüre einiger Kapitel und Querlesen des ganzen Bandes komme ich nicht umhin, dem Weltband eine glatte 1 zu geben. Ohne Abzüge.
Das Versprechen der Autoren, eine fantastische Welt zu erschaffen, die für das Rollenspiel ideal geeignet sein soll, ist nach meiner Auffassung voll und ganz erfüllt worden. Nahezu jedes klassische Setting, ob fantastisch oder historisch verwurzelt, ist in Lorakis spielbar. Darüber hinaus spüre ich an sehr vielen Stellen die "architektonische Erfahrung" der Weltenbauer von Splittermond, welche die Anforderungen an eine langfristig gute Bespielbarkeit dieser Welt (etwa durch die Größe oder die weißen Flecken) mit den Anforderungen des gesunden Menschenverstandes zur Plausibiltät (etwa Klimazonen oder Demographie) in Einklang bringt. Lorakis ist - nach jetzigem Kenntnisstand - handwerklich einwandfrei gebaut worden.
Das Druckwerk selbst, in gewohnt guter Buchqualität, positioniert sich schon wegen der zahlreichen Bebilderung im oberen Feld rollenspielerischer Weltenbeschreibungen. Kaum eine Doppelseite, die nicht mindestens eine farbige Karte hat, die Vielfalt des Artworks konnte ich noch gar nicht überblicken (habe aber schon gänsehäutige Motive entdeckt). Da auch die formalen Anforderungen an einen Weltenband (systematisches Inhaltsverzeichnis, Register, einheitliche Textstruktur) erfüllt sind, konnte ich keine Abzüge in der B-Note entdecken.
Den Schreibstil als Ganzes zu bewerten ist mir nicht möglich, da ich das Ganze schlicht noch nicht kenne. Das bisher Gelesene geht jedenfalls flüssig in meinen Kopf hinein und erzeugt dort auf fast jeder Seite innere Bilder, die Lust auf Mehr machen. Und genau diese Kopfbilder möchte ich bekommen, wenn ich eine fantastische Weltenbeschreibung lese
@Geographische Einleitungssätze
Die Kritik an den (recht trockenen) geographischen Angaben zu Beginn einer Regionalbeschreibung kann ich zwar nachvollziehen, empfinde sie aber als zu einseitig. Natürlich ist diese Einordnung beim Durchlesen des Weltenbandes als Ganzes recht überflüssig. Man baut sich ja gerade im Kopf die lorakische Karte zusammen, und da reicht ein Kartenausschnitt hin, um die richtigen Schubladen aufzumachen. Aber das gilt nur für diesen Anwendungsfall des Buches, also die systematische Komplettlektüre. Das Werk soll aber auch als schnelles Nachschlagewerk am Tisch funktionieren, wenn der Spielleiter mal eben einen NSC aus seiner fernen Heimat berichten lassen will. Oder wenn man bei der Suche nach einem besonderen Aspekt via Register gezielt zur Seite XYZ springt und sich schnell noch einmal updaten muss, wo genau dieser Aspekt jetzt zu finden ist. Und da hilft der Kartenausschnitt wenig, überblickende Angaben zur geographischen Position schon mehr. Kurz: Ich sehe hier keinen Grund, die Note abzuwerten.
Thomas Römer hatte es bei der HeinzCon am Samstag schön auf den Punkt gebracht: Lorakis ist beides, auf der einen Seite ein bewußtes Konstrukt, auf der anderen Seite eine fantastische Welt mit viel Raum für Phantasie.