Autor Thema: Handwerkskosten: Eigenherstellung manchmal teurer als Fremdherstellung ?!?  (Gelesen 2606 mal)

Puffke

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 24
    • Profil anzeigen
Hallöchen,

ich bin mit den erweiterten Handwerksregeln aus MSK S. 85ff  auf ein Problem gestoßen und wollte mal nachhaken, ob ich nur falsch rechne oder tatsächlich falsches Balancing betrieben wurde:

Wir haben einen herzustellenden Gegenstand mit Grundwert = 10L und einem besonderen Material (4 Last bei 50L pro Last).
Die Qualität des Materials bei diesem Preis ist bei ca. Q4 angesiedelt, was dann auch die Gesamtqualität des Gegenstandes werden soll. Die Komplexität soll für das Beispiel "Geselle" betragen.

Das Problem taucht nun auf, wenn das Material bereits vorhanden ist:

In Eigenherstellung sind das bekanntermaßen nur 10% Verschleißmaterial, also 30L.

Wenn man aber nun mit dem Material zu einem Handwerker geht, der einem den Gegenstand herstellen soll (weil man z.B. die Zeit anders nutzen möchte oder man sich nicht talentiert genug fühlt etc.), muss man ja nur die prozentualen Arbeitskosten aufbringen (s. Kasten auf MSK S. 86). Das würde sich dann auf 20L belaufen, da ja bei den besonderen Materialien explizit steht, dass deren Preis zu den üblichen Herstellungskosten hinzu addiert wird und somit die Arbeitskosten nur auf den normalen Herstellungswert angewendet werden.

Ich würde RAW also in dem Fall unlogischerweise die Fremdherstellung bevorzugen, da ich 10L und jede Menge Zeit spare.

Das Problem liegt meines Erachtens darin, dass im eigenen Verschleißmaterial die besonderen Materialien mit drin sind, was den Preis deutlich anhebt und auf der anderen Seite bei der Fremdherstellung jene keine direkte Rolle spielen, sodass quasi der fremde Handwerker sein Verschleißmaterial nur aus dem Standardmaterial bezieht, was deutlich günstiger ist.

Auf Komplexität "Fachmann" bzw. "Meister" sind die beiden Werte in dem Bsp. gleich teuer bzw. zu Gunsten der Eigenherstellung, aber auf Komplexität "ungeübt" wird das o.g. Problem noch absurder.

Vorausgesetzt, ich habe selbst bisher keinen Fehler gemacht, versuche ich mich mal selbst an einer Lösung, indem man die Preise/Kosten aller vier möglichen Fälle betrachtet:
1) Fremdherstellung und kein Material vorhanden: Herstellungskosten + komplettes besonderes Material
2) Eigenherstellung und kein Material vorhanden: prozentuale Gegenstands-Materialkosten + komplettes besonderes Material
3) Eigenherstellung und Material vorhanden: Verschleißmaterial (10% der Gesamtkosten)
4) Fremdherstellung und Material vorhanden: prozentuale Gegenstands-Arbeitskosten

--> Da man in Punkt 1 und 2 das komplette Sondermaterial extra zahlt und dies in Punkt 3 ebenfalls bedenkt, muss man eigentlich nur Punkt 4 anders berechnen, da das Sondermaterial hier ursprünglich nicht zur Geltung kommt.
Mein Vorschlag für Punkt 4 wären "prozentuale Arbeitskosten am Gesamtwert" (also inkl. Sondermaterial). Dann sollte die Eigenherstellung immer günstiger sein, als eine Fremdherstellung.

Also los ihr Regelfüchse, was meint ihr dazu?

SeldomFound

  • Beta-Tester
  • Hero Member
  • ***
  • Beiträge: 10.283
  • Wohin auch die Reise geht, ich bin da
    • Profil anzeigen
Ich verstehe den Gedankengang nicht ganz...

Okay, wenn du selbst einen Gegenstand im Wert von 300 Lunare herstellst und das Material schon hast, dann bezahlst du 30 Lunare Verschleißkosten.

Wenn du damit zu einem Handwerker gehst, dann bezahlst du den Preis den er verlangt. Und er wird dann mehr als nur den Preis für Verschleiß verlangen!

Du wirst den Handwerker für die aufgewendete Zeit entschädigen müssen, was je nach Angebot, Nachfrage, Lust und Laune sowie eventuell Gildengesetze variieren kann. Für Q4-Gegenstände kannst du wahrscheinlich durchaus in den meisten Städten einen entsprechenden Handwerker finden, aber der wird halt neben dir noch andere Aufträge haben und die lukrativeren zuerst erledigen. Außer, ihr seid wegen Ansehen, Stand, Kontakte, Mentor oder Rang privilegiert, wird er dir die Arbeit nicht unter Wert verkaufen.

Gesendet von meinem FIG-LX1 mit Tapatalk

Patience is a virtue, possess it if you can
Seldom found in woman
Never found in man

Turaino

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1.008
    • Profil anzeigen
Wenn ich Dich richtig verstehe gehst Du davon aus, dass der Handwerker nur Arbeitszeitkosten berechnet, aber keinen Verschleiß oder Händleraufschlag oder eine andere Gewinnmarge. Zudem ist mir nicht ganz klar, warum der Handwerker den Gegenstand schneller fertig haben sollte als Du. Meines Erachtens kann der Spielleiterr da ohne weiteres solche Unstimmigkeiten verhindern, dazu muss er nichtmal über den Regeltext hinaus.

Puffke

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 24
    • Profil anzeigen
Ja, ihr beide habt an sich in euren Argumentationen recht, aber noch reden wir minimal aneinander vorbei.
Ich möchte hier nicht aus MSK-Regeln spoilern, aber das Problem wird mit einer erklärten Rechnung genau deutlich:

Mein Bsp.-Gegenstand hätte Gesamtkosten von 300L, bestehend aus Grundwert (10L), Q4-Qualitätszuschlag (90L) und Sondermaterial (200L).
Bei Eigenherstellung mit Material im Besitz sind wir uns ja mit Verschleiß von 30L einig, alles gut.
Hätte ich das Material noch nicht, würde ich in Eigenherstellung mit Komplexität "Geselle" noch 280L zahlen (80% Materialkosten von den 100L-Hauptkosten zzgl. komplettes Sondermaterial). Daran dürfte auch nichts zu rütteln sein, da in MSK S. 94 ja steht, das der volle Aufpreis besonderer Materialien bei Herstellung oder Kauf gezahlt werden muss.

Wenn aber in dieser Rechnung nun 80% Materialkosten in Eigenherstellung auf mich zukommen, heißt das im Umkehrschluss, dass 20%  die resultierenden Arbeitskosten sind (=20L beim Bsp.-Gegenstand).
Da ich das Material schon besitze, kommen in Fremdherstellung ja nur diese 20L Arbeitskosten auf mich zu, da ich dem Handwerker alles in die Hand drücke, wofür ich sonst ja Materialkosten ausgegeben hätte. Und da müssten ja auch Verschleißmaterialien drin sein, weil Gegenstandskosten RAW der Einfacheit halber aus einem Materialanteil und Arbeitsanteil bestehen (s. Kasten auf MSK S. 86).

Zitat
Wenn du damit zu einem Handwerker gehst, dann bezahlst du den Preis den er verlangt. Und er wird dann mehr als nur den Preis für Verschleiß verlangen!

Du wirst den Handwerker für die aufgewendete Zeit entschädigen müssen, was je nach Angebot, Nachfrage, Lust und Laune sowie eventuell Gildengesetze variieren kann.
Müsste ich die Arbeit, Zeit und Verschleiß des Handwerkers "extra berechnen", sind Gegenstände plötzlich teurer, als sie rechnerisch sein müssten, weil Dinge wie Verschleiß dann auf jede Rechnung doppelt hinzukommen würden...
Lokale Preisänderungen gibt es ja immer, mir geht es aber um die Hauptrechnung.

Zitat
Zudem ist mir nicht ganz klar, warum der Handwerker den Gegenstand schneller fertig haben sollte als Du
--> Ich sagte nicht, schneller fertig, sondern dass ich Zeit spare...also weil ich ja etwas anderes machen kann, während der bezahlte Handwerker den Gegenstand für mich produziert. Aber auch das ist hier nebensächlich.

Ich hoffe, der Knackpunkt innerhalb der Rechnung wurde klar. Da steckt irgendwo der Wurm drin...

Ein weiterer Rechenansatz geht auch schief: Wenn die Gegenstandskosten von 300L aus 80L Materialkosten, 20L Arbeitskosten und 200L Sondermaterial bestehen und ich in Eigenherstellung mit vorhandenem Material nur 30L Verschleiß zahlen muss, müssten diese 30L ja folglich innerhalb der Arbeitskosten wiederzufinden sein, was aber auch nicht geht, da jene ja nur 20L betragen.

Splittermond soll und will ja keine perfekte Simulation sein, aber ich finde, dass die Rechnung immer noch nicht aufgeht.

Vielleicht kann man aus Regelautorensicht ja nochmal erklären, welche Werte konkret auf einen zukommen, wenn man einen Gegenstand bei einem Handwerker in Auftrag gibt, aber das Material dafür bereits im Besitz hat.

SeldomFound

  • Beta-Tester
  • Hero Member
  • ***
  • Beiträge: 10.283
  • Wohin auch die Reise geht, ich bin da
    • Profil anzeigen
Also du redest von der Systemanpassung "Wieviel ist Material wert?" und nicht von den Standardregeln?

Gut, in diesem Falle:

Du rechnest den Preis für besonderes Material immer voll an, er fließt nicht in die Herstellungskosten. Kurz: Die 200 Lunare für das besondere Material kannst du hier völlig ignorieren, wie du schon erkannt hast.

Unter der logischen (aber nicht explizit bestätigten) Annahme, dass mit dieser Systemanpassung statt ein pauschales Zehntel die Differenz zwischen dem Materialpreis und vollem Listenpreis bezahlt wird, reden wir also immer von 100 Lunare als Ausgangspunkt und immer von 20% Arbeitskosten durch Gesellen-Komplexität. Egal ob du oder jemand anderes es herstellt.



PS: Eine Sache, die zwar auch logisch, aber nicht offiziell bestätigt ist, und mir gerade auffällt: Da sie nur von Fachmänner/frauen/diverse hergestellt werden können, sollten alle Gegenstände ab QS 3 eine höhere Komplexität haben...

Naja, aber es ist halt eine Seltsamkeit, die nur bei dieser Systemanpassung relevant wird.


Edit: Moment mal, ich habe die Systemanpassung völlig falsch verstanden.

Sie ersetzt nur das pauschale Drittel bei einer Handwerksprobe, wo man das Material noch kaufen muss. Das heißt, wir bleiben immer noch bei einer Preisreduzierung auf ein Zehntel bei Eigenherstellung mit vorhandenen Material.

Gut, wenn ich dann die Arbeit und Material einem anderen Handwerker überlasse... dann muss auch er nur ein Zehntel bezahlen.


Tja, aber letztendlich gilt der untere Kasten auf S. 85 im MSK: Die Regeln sind für den Eigenbedarf der Abenteurer gedacht.

Gesendet von meinem FIG-LX1 mit Tapatalk
« Letzte Änderung: 22 Feb 2020, 09:18:31 von SeldomFound »
Patience is a virtue, possess it if you can
Seldom found in woman
Never found in man

Herr Zwerg

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 92
    • Profil anzeigen
Mein Bsp.-Gegenstand hätte Gesamtkosten von 300L, bestehend aus Grundwert (10L), Q4-Qualitätszuschlag (90L) und Sondermaterial (200L).
Bei Eigenherstellung mit Material im Besitz sind wir uns ja mit Verschleiß von 30L einig, alles gut.
Hätte ich das Material noch nicht, würde ich in Eigenherstellung mit Komplexität "Geselle" noch 280L zahlen (80% Materialkosten von den 100L-Hauptkosten zzgl. komplettes Sondermaterial). Daran dürfte auch nichts zu rütteln sein, da in MSK S. 94 ja steht, das der volle Aufpreis besonderer Materialien bei Herstellung oder Kauf gezahlt werden muss.
[/b]

Hmmm, das finde ich etwas verwirrend.
Wenn Du also heute losgehst und das Material kaufst, um dann morgen mit der Arbeit zu beginnen, zahlst Du 200 + 30 = 230 Lunare.
Wenn Du aber das Zeug kaufst, nach dem Du die Schnitzmesser bereitgelegt bzw. die Schmiede angefeuert hast, kostet es Dich 200 + 80  = 280 Lunare?

Vielleicht mag ja doch mal jemand von den "Offiziellen" eine kurze Info geben (natürlich erst nach erfolgter Erholung vom Autorentreffen ;-) ),wie das mit 10 % bei "Material vorhanden" in Verbindung mit besonderen Materialien gedacht ist und sich konkret berechnet (gerne auch ohne besondere Systemanpassungen, damit nicht gespoilert wird). In dem anderen Thread gab es da ja auch kein abschließendes Ergebnis.

Der Schild

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 26
    • Profil anzeigen

So wie die Regeln geschrieben sind, kann man die Systemanpassung "Wieviel ist Material wert?" aus MSK nicht mit der Verwendung von besonderen Materialien mischen. Jedenfalls nicht so einfach.

Im beschriebenen Beispiel mit Gegenstandskosten von 10 L + 90 L (für QS 4) + 200 L (für besonderes Material) ergeben sich Materialkosten von 200 L bei einem Gesamtpreis von 300 L. Wende ich darauf nun die Systemanpassung "Wieviel ist Material wert?" an, ergibt sich, dass der Gesamtgegenstand 250 L wert ist (Material 200 L sind 80%, die restlichen 20% sind 50 L). Damit haben wir das Ergebnis, dass ein Gegenstand gleichzeitig 300 L und 250 L wert ist. Da das nicht sein kann haben wir im Ergebnis, dass diese Regelkombination nicht funktioniert.

Andersherum müsste man sagen, dass bei der Systemanpassung "Wieviel ist Material wert?" die Kosten von besonderen Materialien nicht mit den im Buch abgedruckten Kosten übereinstimmen und sogar je nach Gegenstandskomplexität schwanken. Der oben beschriebene Gegenstand hat einen Wert von 300 L. Das Material hat einen Wert von 80%, somit 240 L, das verwendete Material ist also wertvoller geworden. Wenn man dasselbe Material für einen Gegenstand einer anderen Komplexität nehmen würde, ergibt sich ein anderer Materialwert.

Das sind aber beides nicht meine Lösungsvorschläge.

Als Handwerker in Splittermond würde ich niemals das Material von anderen Leuten zu diesem niedrigen Preis verarbeiten. Meine Kosten wären 10 L + 90 L + %-Anteil am Materialwert (hier also 20% von 200 L somit 40 L). Die 100 L würde ich einnehmen wenn ich einen QS4 Gegenstand ohne besonderes Material herstellen würde. Warum sollte ich darauf verzichten, schließlich habe ich denselben Zeitaufwand? Den Aufschlag für das Material würde ich berechnen, da ich das Risiko eines Totalausfalles trage. Was wenn die Probe misslingt? Die meisten Handwerker würden wohl pleite gehen wenn sie plötzlich die besonderen Materialien eines Gegenstandes ersetzen müssten.

Für den beschriebenen Gegenstand würde ein Handwerker bei mir also 140 L verlangen, wenn ihm die besonderen Materialien bereitgestellt würden. Und selbst dann ist das für den Handwerker nicht unbedingt ein gutes Geschäft. Vermutlich würde er auch noch aushandeln, dass er bei einem Totalausfalles zwar nicht bezahlt wird, aber auch nicht das Material ersetzen muss. Die Probe bei einem besonderen Gegenstand würde ich tatsächlich auswürfeln und die Dauer der Herstellung richtet sich dann ebenfalls danach, wenn der Handwerker sofort Zeit hat, um die Spieler vorzuziehen fallen ggf. auch noch Kosten an. So würde ich das handhaben als Spielleiter.

RAW ist die Möglichkeit mit vorhandenem Material einen NPC-Handwerker zu beauftragen meines Wissens nirgends beschrieben. In Anlehnung an die Beispiele auf Seite 95 MSK könnte man wohl den von mir durchgeführten Aufschlag für das Material weglassen. Weshalb dann ein Handwerker jedoch Gegenstände mit besonderen Materialien anderen Gegenständen derselben QS vorziehen sollte, erschließt sich mir nicht.