Autor Thema: Farukan: Persönliche Ehre contra Ehre des Auftraggebers/Vorgesetzten/etc.  (Gelesen 4135 mal)

Jeong Jeong

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Hi,

was meint ihr: wenn ein wirklich ehrenhafter Farukani erfährt, dass sein Auftraggeber/Vorgesetzter/etc. sehr unehrenhaft ist, wird er sich dann offen gegen diese Person stellen?

Ich persönlich sehe hier einen Konflikt zwischen der persönlichen Ehre des Farukanis (er hat dieser Person unter Umständen Treue und Loyalität geschworen) und der Frage, ob man einer ehrlosen Person überhaupt ehrenvoll dienen kann.

Dann könnte man die Frage auch noch mal aufteilen in: der Auftraggeber/Vorgesetzte/etc. verlangt a) von dem Farukani auch ehrlose Taten oder b) hat noch nie von dem Farukani ehrlose Taten verlangt und wird das vielleicht auch niemals tun.

Zuletzt ist mir noch aufgefallen, dass der farukanische Ehrenkodex Loyalität gar nicht explizit nennt (nur Ehrlichkeit und Treue als Gegensatz zur Lüge). Ist eine Lossagung von einem ehrlosen Auftraggeber/Vorgesetzten/etc. also evtl. überhaupt kein Problem, solange man sie offen verkündet?

Schonmal Danke für hoffentlich viele Ideen und Anregungen zu diesem Thema! :)

Xandila

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wenn ein wirklich ehrenhafter Farukani erfährt, dass sein Auftraggeber/Vorgesetzter/etc. sehr unehrenhaft ist, wird er sich dann offen gegen diese Person stellen?
Interessante Frage.

Mein ashurmazaanischer Ruhmsucher arbeitet mit Leuten zusammen, deren Methoden er nicht immer schätzt, und die weit weniger strenge Ehrvorstellungen haben als er.
Daß dabei auch Diebe und Betrüger sind, weiß er bisher aber zum Glück noch nicht, er hat auch längst nicht alles mitbekommen, was die getan haben. Da die Abenteuer der Runde bisher aber immer Ergebnisse hatten, die sich mit seinem Ehrenkodex decken, hat es bisher irgendwie immer geklappt. Es gab zwischendurch zwar ab und zu Diskussionen und er spielt nicht mehr um Geld mit ihnen abends in der Taverne (wobei er denkt, er hat unglaubliches Pech dabei oder ist einfach schlecht, daß die beiden Falschspielen, hat er nicht bemerkt), aber noch klappt das gemeinsame Reisen. Sie waren bisher beim Klauen aber auch recht diskret und es hat noch keiner von ihm selber etwas verlangt oder zu etwas gebracht, wodurch er gegen seinen Kodex hätte verstoßen müssen. Daß er die Schwäche "leichtgläubig" hat, hilft aber sicherlich.

Ich persönlich sehe hier einen Konflikt zwischen der persönlichen Ehre des Farukanis (er hat dieser Person unter Umständen Treue und Loyalität geschworen) und der Frage, ob man einer ehrlosen Person überhaupt ehrenvoll dienen kann.

Dann könnte man die Frage auch noch mal aufteilen in: der Auftraggeber/Vorgesetzte/etc. verlangt a) von dem Farukani auch ehrlose Taten oder b) hat noch nie von dem Farukani ehrlose Taten verlangt und wird das vielleicht auch niemals tun.
Dienst für eine ehrlose Person dürfte im auch zum Ehrverlust des Farukani selber führen können.
Wichtig wäre dabei für mich zB: ist es bekannt? Hat er selber bei ehrloses Taten mitgemacht?
Wer einem ehrlosen Auftraggeber dient und dabei ehrlose Taten vollbringt, das dürfte der einfachste Fall sein: ganz klar Ehrverlust.
Keine ehrlosen Taten und auch unbekannt, daß der Auftraggeber ehrlos ist: sollte noch gehen. Wenn ihm aber Taten des Auftraggebers bekannt werden, die eindeutig gegen seinen eigenen Kodex verstoßen, wird es schwierig. Was man dann am sinnvollsten tut, um seine Ehre zu behalten, kann ich aber gerade nicht pauschal sagen, das würde ich auch stark von der genauen Situation abhängig machen (und auch davon, was für ein Farukani es genau ist, gibt da ja je nach Shahirat starke Unterschiede, wie streng der Kodex genau ist und was er alles umfasst)

Zuletzt ist mir noch aufgefallen, dass der farukanische Ehrenkodex Loyalität gar nicht explizit nennt (nur Ehrlichkeit und Treue als Gegensatz zur Lüge). Ist eine Lossagung von einem ehrlosen Auftraggeber/Vorgesetzten/etc. also evtl. überhaupt kein Problem, solange man sie offen verkündet?
Je nach genauer Situation ist das sicherlich eine gute Lösung. Wichtig wäre dabei aber aus meiner Sicht auch, daß man keine Verpflichtungen zurückläßt - wenn man zB Geld für etwas bekommen hat, was man noch nicht vollständig erledigt hat, gibt man es dabei auch zurück; hat man eine Schuld bei demjenigen, versuch man sie so schnell wie möglich zurückzuzahlen in irgendeiner Form, ...
Ganz ohne einen Schatten auf der Ehre dürfte es schwierig sein, da rauszukommen. Offenheit und auch für andere deutlich zu machen, daß der Auftraggeber ehrlos ist, ist daher glaube ich wichtig. Was besonders interessant und schwierig wird, wenn man früher vielleicht über etwas Verschwiegenheit gelobt hat, die davon jetzt tangiert wird ...

Yinan

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Ich würde da weniger sehen, ob der Auftraggeber selbst ehrlos ist oder nicht, sondern ob dass, was man tut, auch ehrlos ist oder nicht.

Nur weil mein Auftraggeber sich als vlt. ehrlos herausstellen sollte, sollte das für mich selbst noch zu keinen Ehre-Verlust führen, solange die Dinge, die ich in seinem Auftrag getan habe, nicht selbst ehrlos sind oder zu etwas ehrloses geführt haben.

Insofern sollte wohl wirklich das Sicherste sein, offen anzukündigen dass man dem Auftraggeber nicht mehr folgen kann bzw. seinen Auftrag nicht erfüllen kann, wenn sich herausstellt, dass er ehrlos ist aber die eigene Ehre nicht beeinflussen, solange man noch nichts ehrloses getan hat.
Wenn nicht anders gesagt, dann befassen sich meine Aussagen zu Regeln niemals mit Realismus oder Simulationismus, sondern nur mit Balancing.
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Zelon

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Ich würde das vielleicht von Provinz zu Provinz unterscheiden. Ich habe sie gerade nicht mehr im Kopf, aber ich glaube es gab Farukanis, die nichts gegen Meuchelmord und Diebstahl haben (weil im Ehrbegriff die persönliche Bereicherung wichtiger ist), für die aber ein Wortbruch ein absolutes Tabu darstellt.

Soll heißen, es ist okay mit deinem Boss einen Bauernhof anzuzünden, aber ihn in Stich zu lassen BEVOR der Vertrag ausläuft, ist ehrlos falsch und schlimm, während andere das genau andersrum sehen.

Vielleicht erinnere ich mich auch falsch, aber Farukan ist groß ;).
« Letzte Änderung: 04 Apr 2017, 13:53:03 von Zelon »

Cerren Dark

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Üblicherweise haben Treueschwüre die Struktur, dass der Eidgeber dem Eidnehmer seine Dienste und seinen Gehorsam gibt, während der Eidnehmer seinerseits seinen Schutz gewährt und nichts Unbotmäßiges vom Eidgeber fordert. Strukturell gesehen ist es ein (beidseitiges) Tauschgeschäft, keine Einbahnstraße. Beachtenswert ist hierbei, dass ein Treueschwur eine freiwillige Handlung des Eidgebers ist.

Wenn die Freiwilligkeit nicht gegeben ist, dann ist es kein Treueschwur im eigentlichen Sinne, sondern eine Erpressung oder Nötigung.

Zitat von: Jeong Jeong
Ich persönlich sehe hier einen Konflikt zwischen der persönlichen Ehre des Farukanis (er hat dieser Person unter Umständen Treue und Loyalität geschworen) und der Frage, ob man einer ehrlosen Person überhaupt ehrenvoll dienen kann.

Hier ist der Blickwinkel entscheidend: Die Ehre eines Dieners wird nicht danach bemessen, ob er moralisch gerechtfertigte Taten begeht oder nicht. Er wird nach seiner Loyalität zu seinem Herrn gemessen. Entsprechend ist der Diener auch nicht für seine Taten verantwortlich, sondern der Herr wird in die Verantwortung genommen. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen: Ein Herr, der seinen Diener auffordert, Kapitalverbrechen zu begehen, mag damit die Grenze überschreiten, aber das ist nicht pauschal zu beantworten.

Jedem, der einen Treueschwur leistet, muss bewusst sein, dass er dadurch jederzeit ohne Vorwarnung in einen Gewissenskonflikt geraten kann. Dagegen kann sich niemand absichern.

Gruß,
Cerren

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Wobei es da in Farukan auch auf die Hierarchie ankommt.

An der Spitze der Gesellschaft steht der Padischah und wenn der Auftragsgeber sich gegen diesen stellt, dürfte eine Treuebruch mehr als gerechtfertigt sein.

Denn ich bin mir relativ sicher: Die meisten Farukani werden auf unbedingte Loyalität gegenüber dem Padischah schon Kindesbeinen an eingeschworen.
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Cerren Dark

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An der Spitze der Gesellschaft steht der Padischah und wenn der Auftragsgeber sich gegen diesen stellt, dürfte eine Treuebruch mehr als gerechtfertigt sein.

Ist das so trivial, wie du es darstellst? Da hinterfrage ich mal: Was genau bedeutet denn "sich gegen den Padishah stellen"?
Bedeutet es...
  • ... anderer Meinung zu sein als der Padishah?
  • ... einen Witz über den Padishah zu reißen?
  • ... bei den Steuern zu mogeln?
  • ... öffentlich einen ungerechten Erlass der hohen Minister des Padishah anprangern?
  • ... dem Padishah etwas wegnehmen, das er nie vermissen wird?
  • ... den Leib des Padishah zu verletzen?
  • ... Krieg gegen den Padishah und seine Armeen zu führen?

Wo ist die Grenze und wer legt eigentlich fest, wann etwas "gegen den Padishah" gerichtet ist?

Gruß,
Cerren
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An der Spitze der Gesellschaft steht der Padischah und wenn der Auftragsgeber sich gegen diesen stellt, dürfte eine Treuebruch mehr als gerechtfertigt sein.

Ist das so trivial, wie du es darstellst? Da hinterfrage ich mal: Was genau bedeutet denn "sich gegen den Padishah stellen"?
Bedeutet es...
  • ... anderer Meinung zu sein als der Padishah?
  • ... einen Witz über den Padishah zu reißen?
  • ... bei den Steuern zu mogeln?
  • ... öffentlich einen ungerechten Erlass der hohen Minister des Padishah anprangern?
  • ... dem Padishah etwas wegnehmen, das er nie vermissen wird?
  • ... den Leib des Padishah zu verletzen?
  • ... Krieg gegen den Padishah und seine Armeen zu führen?

Wo ist die Grenze und wer legt eigentlich fest, wann etwas "gegen den Padishah" gerichtet ist?

Gruß,
Cerren

Interessante Beispiele, ich sehe es wie folgt:

1. Wahrscheinlich ist ein Großteil der Bemühungen des Beraterstabes des Padishahs darauf ausgelegt, dass er KEINE Meinung hat, der man widersprechen kann. Beziehungsweise, die Meinung des Padishah dürfte in vielen Fällen mit der Meinung der jeweiligen Person übereinstimmen, seltsamerweise...

2. Ja, das kann dich in Schwierigkeiten bringen. Außer vielleicht in Demerai, aber naja, das ist halt eben Demerai.

3. Ja, sicherlich.

4. Nein, denn dann ist es keine Kritik an den Padishah, sondern an den korrupten Minister, der die Ehre des Padishahs bedroht. Zumindest könnte man versuchen, es so vor Gericht zu vertreten. Wie erfolgreich so eine Anklage ist, hängt vom jeweiligen Fall ab.

5. Potentiell ja, wobei es hier Ausnahmen geben mag, wie etwa, wenn der Diebstahl geschieht, um den "Willen" des Padishah zu erfüllen, wie zum Beispiel die Rettung seines Volkes.

6. Oh, dass kann wirklich interessant werden! Man stellt sich einen Arzt vor, der sich weigert, den Padishah zu operieren, weil er dafür den Körper aufschneiden müsste!

7. Ganz klar ja! Aber so etwas von! Um das begründen zu können, muss man mindestens davon überzeugt sein, dass dies zum Wohle des Padishah geschieht, weil er von einem bösen Feenwesen übernommen wurde oder dergleichen.



Nur kurz: Ich ging niemals davon aus, dass es besonders trivial sei. Ich war nur die Meinung, dass die Berufung auf die Loyalität zum Padishah ein sehr guter Grund sein dürfte, um mit seinen direkten Herren zu brechen.
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Cerren Dark

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So sehe ich das auch: Es ist nicht gerade trivial und streng genommen kann man nahezu alles so drehen, als ob es in letzter Hinsicht dem Padishah zum Nachteil gereicht... ich glaube nicht, dass man sich so billig aus der Affäre stehlen kann.

Bevor wir aber vom eigentlichen Thema abschweifen, gehe ich noch auf Jeong Jeongs primäre Frage ein:

Zitat von: Jeong Jeong
was meint ihr: wenn ein wirklich ehrenhafter Farukani erfährt, dass sein Auftraggeber/Vorgesetzter/etc. sehr unehrenhaft ist, wird er sich dann offen gegen diese Person stellen?

Wenn es eindeutige Beweise gibt, dann mit ziemlicher Sicherheit. Andernfalls wird der kluge Farukani wohl in den sauren Apfel beißen und gute Miene zum bösen Spiel machen müssen, denn ohne Beweise ist er nicht mehr als ein Denunziant, was ihn seine Ehre kosten dürfte und der wahrhaft Ehrlose wird dadurch nicht geschwächt. Der ehrenwerte Farukani wird in dieser misslichen Lage je nach Persönlichkeit und Gesamtsituation den Weg des geringsten Widerstands wählen, der ihm zur Verfügung steht:
  • Im Geheimen nach unwiderlegbaren Beweisen für das Treiben des ehrlosen Vorgesetzten suchen
  • Versuchen, das Dienstverhältnis zu beenden, bevor es zu spät ist
  • Suizid

Gruß,
Cerren
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Zelon

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Wenn es eindeutige Beweise gibt, dann mit ziemlicher Sicherheit. Andernfalls wird der kluge Farukani wohl in den sauren Apfel beißen und gute Miene zum bösen Spiel machen müssen, denn ohne Beweise ist er nicht mehr als ein Denunziant, was ihn seine Ehre kosten dürfte und der wahrhaft Ehrlose wird dadurch nicht geschwächt. Der ehrenwerte Farukani wird in dieser misslichen Lage je nach Persönlichkeit und Gesamtsituation den Weg des geringsten Widerstands wählen, der ihm zur Verfügung steht:
  • Im Geheimen nach unwiderlegbaren Beweisen für das Treiben des ehrlosen Vorgesetzten suchen
  • Versuchen, das Dienstverhältnis zu beenden, bevor es zu spät ist
  • Suizid

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Ich würde noch "einen Priester um Rat fragen" dazu nehmen.  Weil, wenn jemand Einsicht in das komplizierte Ehrsystem haben sollte, dann eine Vertretung der Götter auf Lorakis. Denn wenn ich das mit dem Segen der Götter vereinbaren kann, schleiche ich auch mal im Verborgenen herum. Die sind ja schließlich immer die höchste Instanz.