Autor Thema: [Erfahrungen] Splittermondregeln ohne Lorakis  (Gelesen 2488 mal)

Wandler

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[Erfahrungen] Splittermondregeln ohne Lorakis
« am: 01 Aug 2021, 20:08:00 »
Meine Gruppe spielt jetzt seit Jahren Splittermond und nutzt dabei normalerweise die "Heimatwelt" Lorakis.

Im vergangenen Jahr habe ich mich entschlossen das zu tun was wir mit Shadowrun und Earthdawn schon ausprobiert hatten: Eigene Welten schaffen, mit teils größeren, teils kleineren Änderungen am Regelsystem.

Die Motivation das auch für das "Hauptregelsystem" der Gruppe Splittermond zu tun:
  • Wir spielen hauptsächlich Kampagnen. Für Splittermond gibt es kaum welche, und die erfordern dann auch noch "Füllabenteuer" da die Abenteuer nicht direkt hintereinander her gespielt werden können. Also ist der Spielleiter gefragt, und für mich ist es oft leichter aus einer von Lorakis unabhängigen Idee ausgehend eine Kampagne zu schreiben.
  • Ein ähnlicher Punkt ist ein gewisser Detailreichtum den ich mir wünsche - der ist bei dem in Splittermond bewusst auf mittlerer oder hoher Ebene gehaltenen "Tiefe" leichter von Anfang an zu designen als "in die Lücken zu gießen".
  • Eigene Elemente und Ideen passen nicht immer zum Splittermonduniversum. Das liegt nicht an den in Splittermond sehr vielseitigen Spieloptionen, sondern eher an Verfremdungseffekten wie Götter und Feenwesen.

Als Schlüssel zum Erfolg haben sich bei uns herausgestellt:
  • Der Anfang ist die Recherche - und die fördert nicht nur einen gewissen Realismus sondern bringt auch oft ungeahnte Inspirationen und viele Ideen auf allen Ebenen: Von Geschichten, Motiven, Einzelpersonen über interessante Orte. Je dichter man bei der Realität bleibt desto stärker ist der Effekt
  • Die Spieler müssen gute Infos bekommen zum System, der angestrebten Stimmung, dem Einstiegsort und sinnvollen Spielercharakteren
  • Wo von den Kanonregeln abgewichen wird muss klar kommuniziert werden.
  • Es hat sich als hilfreich herausgestellt - sowohl für den Spielleiter als auch die Gruppe eine Einführungsgeschichte zu schreiben die die Stimmung untermalt, die Interpretation der Welt durch den Spielleiter aufzeigt und Beispielcharaktere im Abenteuer präsentiert

Die folgenden Punkte sind ein Zwischenfazit:
  • Die Ansätze funktionieren, das Splittermond-Regelsystem ist robust genug um sehr unterschiedliche Szenarien abzudecken. Das System ist nicht mit Lorakis "verheiratet"
  • Der Aufwand ist für kleine Ausflüge in andere Welten nur sehr bedingt geeignet, wohl aber für Kampagnen bei denen sich der Spielleiter in die Vorbereitung einer Kampagne stürzt
  • In unserer Runde wird dieser Spielstil Lorakis nicht "verdrängen" sondern ergänzen - es sind Kampagnen am laufen (wir haben mehrere Spielleiter) die deutlich länger gehen als jene in selbst gestrickten Welten
  • Es kommen das Grundregelwerk, Mondstahlklingen, Die Magie, Bestienmeister, Bestien und Ungeheuer als Regelwerke zum Einsatz

Die folgenden zwei Kampagnen sind Beispiele:

Französisches Hochmittelalter
  • Der Stil fokussiert sich eher auf das Schicksal einzelner Charaktere, nicht auf epische Questen. Die Charaktere starteten mit HG1.
  • Das ausgehende Mittelalter mit seinen dunklen Seiten - aber auch den aufscheinenden Lichtblicken wird skizziert
  • Ausgangspunkt war Rochefort im Jahr 1466. Allerdings habe ich mir ein paar Freiheiten mit zeitlichen Abläufen und Orten erlaubt, insgesamt mit dem Ziel der "Kompression" - also bestimmte Ereignisse in Zeit und Ort dort zu haben wo ich sie brauche
  • Magie ist aus offensichtlichen Gründen eingeschränkt, der Zugang zu Wissen ebenfalls
  • Orte und ein paar Plots waren durch ein jüngst erschienes Kartenwerk für Rollenspiele inspiriert, der große Plot löste sich jedoch bald davon und ging eigene Wege
  • Status: Die erste Kampagne ist abgeschlossen (7 Abende mit 7-8 Stunden)
  • Es zeigte sich dass die Detailfreude des Spielleiters deutlich spürbar wurde. Das ist natürlich auch meiner Begeisterung für Historisches zu verdanken. Dadurch ergab sich eine teils sehr hohe Immersion. Allerdings kam es auch zu dem Paradox dass dieses Szenario dass dichter an der Realität ist als Lorakis eine längere "Einfühlungsphase" brauchte.

Fernöstliches Mittelalter - Hafenstadt mit Umgebung
  • Hier geht es eher um epische Taten, die Charaktere starteten mit Ende HG2, bekommen eher mehr Erfahrungspunkte und andere Mittel um zu "wachsen"
  • Man könnte sagen dass das mittelalterliche China und Japan beide Pate gestanden haben, aber auch die Reitervölker und Fantasywelten
  • Waren die Veränderungen in der ersten Kampagne noch eher "Fluff" so sind sie in dieser Szenerie sehr deutlich. er Zugang zu Magieschulen hängt von ein paar Faktoren, unter anderem der von den Charakteren gewählten Philosphie ab. Das Konzept wurde erst einmal zur Ansicht verschickt und Rückmeldungen berücksichtigt, das System erfuhr dadurch deutliche Verbesserungen
  • In diesem Fall wurde die zentrale Stadt mit der ganzen Umgebung komplett selbst entwickelt, erfunden und gezeichnet (die Übersichtskarte stammt von einem Spieler der sich meiner erbarmt hat nachdem sich der erste Nebel etwas gelichtet hat und die Gegend klarer wurde). Auch hier geht es um "Kompression" - also das genaue Gegenteil der Weitläufigkeit von Lorakis. Bestimmte Berührungspunkte von Kulturen, Geländeformen und ähnliches sollten geschaffen werden und mit vertretbarem Aufwand innerweltlich erreichbar sein
  • Status: Mitten in der Kampagne (5 Tage mit jeweils 7-8 Stunden gespielt)

Wandler

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Re: [Erfahrungen] Splittermondregeln ohne Lorakis
« Antwort #1 am: 05 Sep 2021, 18:52:28 »
...
Auch ist Splittermond relativ stark mit seiner Spielwelt verbunden.

...

Meine Gruppe hat mit relativ geringen Änderungen verschiedene Welten mit dem Splittermond-Regelsystem bespielt. Das funktioniert sehr gut.
Die Splitterpunkte lassen sich als "Schicksalspunkte" ummünzen.
Für ein Regelsystem mit der (meines Erachtens) korrekt beschriebenen Komplexität ist Splittermond sehr "weltenunahhängig", die Verzahnung eher gering.

Wandler

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Re: [Erfahrungen] Splittermondregeln ohne Lorakis
« Antwort #2 am: 31 Jan 2022, 18:06:00 »
Letztes Wochenende ging die erste Kampagne in dem "Fernost-Szenario" nach dem 18. Spielabend zu Ende.

Das Splittermond-Regelsystem hat die Feuertaufe bestanden: Wir hatten viel Spaß, das System ließ sich an die besonderen Eigenheiten der Kampagne anpassen. Die Welt hat sich gleichsam während der Kampagne "entfaltet" und weiter entwickelt - und das Regelsystem hat Schritt gehalten.
Zwar wurden einzelne monströse (dämonische) Gegner selbst konstruiert, aber auch dabei war es nicht notwendig Splittermond zu verbiegen, es kamen einige wenige Zusatzregeln für bestimmte Begegnungen zum Einsatz - das wars.

Insgesamt ist das Fazit also sehr positiv - wir werden in unserer Gruppe weiterhin sowohl Lorakis als auch selbst erschaffene Welten bespielen.