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Abenteuer und Kampagnen / Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Letzter Beitrag von Takur am 23 Mai 2025, 18:23:40 »Die Armee der Exilanten
Atasato und Umgebung, nördliches Kintai (Ren und Luo)
Prinzessin Hui Amuis Aufenthalt in Atasato war nicht zu ihrer völligen Zufriedenheit verlaufen. Sie wurde ehrenvoll behandelt und war im Fürstenpalast zu Gast, aber Suguri Goro war nur dem Namen nach Herrscher der Stadt. Manche meinten, der Mensch sei nur deshalb von einem Seitenzweig des Suguri-Clans adoptiert worden, um an der Stelle eines ihrer „richtigen“ Mitglieder als machtloser Regent zu agieren. Einige Handelsherren des die Stadt de facto dominierenden Rings aus Jade und Eisen hatten sich zu einem Treffen bereitgefunden, doch andere der nicht-so-heimlichen Herrscher Atasatos blieben auf Abstand.
Selbst die zhoujiangische Exilgemeinschaft – etwa 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung – verhielt sich uneinheitlich. Ohnehin war die Gemeinde alles andere als geschlossen. Einige Familien lebten seit Generationen südlich des Jadebandes, waren zum Teil recht wohlhabend und nicht selten mit Verträgen oder gar Ehen mit den Handelsherren der Kintarai verbunden. Die meisten übrigen Zhoujiangi waren im Lauf der letzten Jahre vor Krisen, Not, Unruhen und Verfolgung nach Kintai geflohen und hatten nur wenige ihrer Habe mitnehmen können. Die meisten der Neuzugänge stellten Porzellan und Textilgüter in den Manufakturen Atasatos her, oder arbeiteten als Werftarbeiter, Schauerleute oder im Vergnügungsviertel.
Die Triaden hatten schon seit langem in Atasato Fuß gefasst und standen in einem komplexen Wechselspiel aus Kooperation und Konkurrenz mit dem Ring. Zudem gab es Organisationen unter den Exilanten, die zur Abwehr der Unterweltbünde gegründet worden, im Laufe der Zeit diesen aber immer ähnlicher geworden waren. Und es gab jene Flüchtlinge, die sich den Ringherren (oder -herrinnen) oder den örtlichen zunftartigen Koben verschworen hatten. Zwei wesentliche Strukturen der zhoujiangischen Gesellschaft fehlten in Atasato: die Priester der Großen Tiergeister und die traditionellen Kampfschulen. Offenbar wollten die Kintarai nicht, dass zu viele Unterschichtler sich zu Wehrverbänden zusammenschlossen. Und in religiöser Hinsicht galt natürlich das Primat Myurikos.
Erschwerend für die Sache von Prinzessin Amui kam hinzu, dass viele Exil-Zhoujiangi sich fragten, was Kintai im Gegenzug für etwaige Unterstützung verlangen würden: Man munkelte über Gebietsabtretungen, ein Eheversprechen von Prinzessin Yi, die Stellung von Geiseln…
Ren unterstützte die Prinzessin bei ihren diplomatischen Bemühungen. Deshalb bezog die Prinzessin sie und Luo auch mit ein, als sie begann, mit Billigung der Suguri unter den Exilanten Kämpfer zu rekrutieren. Anfangs mangelte es an Offizieren, Geld, Waffen und Rekruten. Die Kaiserliche Armee Kintais würde das Vorhaben nicht behindern, aber auch nicht fördern. Und falls die Prinzessin gegenüber Kintai zu weitgehende Zugeständnisse machen sollte, würde ihr dies von den verfeindeten Bürgerkriegsparteien als „Ausverkauf“ Zhoujiangs ausgelegt werden.
Trotz der wenig verheißungsvollen Ausgangslage konnte die Prinzessin mit Rens Unterstützung einige Mitglieder der Exilgemeinde zum Spenden ermutigen. Luo war besonders bei der Anwerbung von Freiwilligen nützlich. Es gelang, über 100 Rekruten zu gewinnen. Das Kommando über die Truppe würde Han Mari übernehmen, eine Bekannte der Helden. Die im Exil lebende Angehörige einer zhoujiangischen Adelsfamilie war gut in Kintai integriert. Sie hatte zudem schon früher Soldaten kommandiert und besaß bei den Suguri etwas Einfluss. Ihr zur Seite stand Ilko Barenfried von Wuselbach, der selenische Schwertrichter. Luo fragte sich, was dessen Ziele waren. Während der Palitaner Winterspiele hatte der Selenier Han Mari Avancen gemacht, aber Luo bezweifelte, dass er deshalb nach Atasato gekommen war. Hatte Selenia eigene Interessen im zhoujiangischen Bürgerkrieg?
Natürlich stieß das Vorhaben nicht nur auf Zustimmung. Die Triaden und die Handelsherren Atasatos profitierten von der relativen Schwäche der Flüchtlinge. Sie sahen es nicht gerne, wenn diese sich organsierten und im Kampf geschult wurden. Und dann war da natürlich noch die Frage, wofür die Truppe eingesetzt werden würde...
Die Ausbildung lief nicht ohne Tücken an, da Ilko sich aus kultureller Unkenntnis einige Missgriffe leistete. Unterstützt von Han Mari und den Abenteurern konnte er dies jedoch allmählich ausgleichen. Luo behielt die Rekruten im Auge, um vielversprechende Kandidaten zu erkennen und faule Äpfel frühzeitig aussortieren zu können. Die Rekrutierung und Ausbildung wurde dadurch behindert, dass Gerüchte die Runde machten, der „Reiher-Jun“ (so Amuis Name für die neue Einheit) sollte als Schwertfutter und Handlanger der Kintarai enden. Luo verfolgte die Gerüchte bis zu ihrem Ursprung, einem angesehenen Händler und Vertreter der Lotosmesser-Triade. Jian Wen war ein Verwandter des Admirals der Triadenflotte. Mit Hilfe seines Kontaktnetzwerkes konnte Luo die Gerüchte partiell kontern. Die Prinzessin versuchte währenddessen, weitere nützliche Kontakte zu knüpfen. Sie traf sich mehrmals mit der Kintarai-Generalin Ranku Kane, allerdings blieben die beiden auf Distanz, da Amui den Motiven der Generalin nicht unbedingt traute.
Dass die Miliz Aufmerksamkeit erregte, zeigte sich auch daran, dass Klan Gankoda – eine einflussreiche Daimyo-Familie, deren Machtbereich südlich Atasatos lag – Interesse an der Formation bekundete. Der Erbe des gegenwärtigen Lords, den die Abenteurer flüchtig in Palitan kennengelernt hatten, weilte momentan in der Stadt und lud die Prinzessin zu einem Treffen und einer Vorführung der Truppen ein. Ren sollte der Prinzessin einmal mehr mit ihrem Verhandlungsgeschick den Rücken stärken, während Luo die Soldaten begleitete. Die Prinzessin traute den Gankoda nicht, beschaffte aber dennoch mit Hilfe der Abenteurer ein angemessenes Gastgeschenk. Ein Stück außerhalb der Stadt erwartete Genma Gankoda mit einer Handvoll Leibwächter – darunter der Krieger Rokaku Jun, mit dem die Abenteurer schon mehr als einmal aneinander geraten waren – die Prinzessin. Eigenmächtig hatte sich auch Ranku Kane als Vertreterin der kaiserlichen Armee zu dem Treffen „eingeladen“. Die Milizionäre lieferten ein beeindruckendes Schauspiel. Es gelang indes nicht, die Gankoda als Verbündete zu gewinnen. Die Ranku hingegen würden zumindest unter der Hand helfen, wie die Generalin die Prinzessin im Vertrauen wissen ließ. Es blieb abzuwarten, was sie als Gegenleistung erwartete…
Weniger positiv war, dass einige Rekruten im Vergnügungsviertel in Probleme gerieten. Als Luo das entsprechende Spiellokal aufsuchte, erkannte er schnell, dass sowohl die Türsteher als auch Teile des Personals zur 13 Blätter-Triade gehörten. Anscheinend hatten die Rekruten um Geld gespielt und hoch verloren. Als es ans Bezahlen ging, war eine Prügelei ausgebrochen. Bei dem Versuch die horrende Forderung von 100 Lunaren herunterzuhandeln, scheiterte Luo an dem Besitzer des Vernügungshauses, einem dicklichen Alben namens Maeda Nagato, der kurzerhand noch einmal 10 Prozent aufschlug. Eine gewaltsame Lösung des Problems stand nicht zur Debatte und so blieb nichts anders übrig, als das Geld zusammenzukratzen. Han Mari, Ritter Wuselbach und die recht abgebrannten Abenteurer konnten (zusammen mit den Familien der Rekruten) die Summe unmöglich rechtzeitig zusammenbringen. Damit blieb es an den Abenteurern, die Prinzessin um Hilfe zu bitten. Die Gefangenen wurden ausgelöst, aber das Ansehen und auch die Rücklagen der Abenteurer hatten gelitten. Luo und Ren plädierten dafür, die Rekruten nicht zu streng zu bestrafen, doch kamen diese um eine öffentliche Prügelstrafe nicht herum. Gerne hätte Luo sich an Nagato gerächt, aber das hätte vermutlich mehr Schaden als Nutzen gebracht.
Ungeachtet solcher Komplikationen machte die Ausbildung der Truppe Fortschritte und die Zeit für ihre erste Bewährung war gekommen. Prinzessin Amui schien allerdings untypisch unschlüssig, als sie eröffnete, dass die Suguri mit einem Angebot an sie herangetreten waren: Viele der städtischen Truppen seien mehr oder weniger fest in der Hand der Kaufleute des Rings oder zumindest bestechlich und redselig. Dies führte dazu, dass Schmuggel über das Jadeband ein konstantes Problem war. Eine Truppe ohne feste Bindungen an die inoffiziellen Stadtherren würde vielleicht etwas unternehmen können, woran die lokalen Truppen scheitern würden. Die Suguri versprachen detaillierte Informationen über ein baldiges Schmugglertreffen – und die Beute sollte Amuis Soldaten gehören. Natürlich ging die Prinzessin ein beträchtliches Risiko ein. Dies würde die am Schmuggel beteiligten Handelsherren verärgern. Der Offiziersrat war sich uneinig. Ilko plädierte für ein entschlossenes Vorgehen, Mari und die Prinzessin waren unsicher, Luo riet zu Vorsicht. Es war auch das entschlossene Argumentieren Rens, das den Ausschlag gab, der „Bitte“ der Suguri nachzukommen. Die Magierin hatte für Schmuggler und Kriminelle nur Verachtung übrig. Und auch wenn die Suguri in Atasato wenig zu sagen hatten, so hatten sie im Kaiserreich insgesamt doch weit mehr Einfluss als die Handelsherren Atasatos. Sie für sich zu gewinnen war das Risiko wert.
In vier Tagen sollte flussabwärts am Rand der Sümpfe ein größerer Schmuggeltransport nachts über den Fluss kommen. Die Helden stellten rasch eine 50köpfige Einsatztruppe zusammen. Han Mari würde das Kommando übernehmen, Ilko jedoch mit dem Rest der Truppe zurückbleiben. Aus Tarngründen würde auch Amui in Atasato bleiben.
Der Ausmarsch verlief möglichst unauffällig unter dem Vorwand eines Übungsmarsches. Mit etwas Hilfe von Luo konnte Han Mari die Truppe beisammen halten. Ohne Probleme erreichte man den angeblichen Ort des Schmugglertreffens. Etwa 1.000 Schritte entfernt schlug die Schar ein getarntes Lager auf.
Luo verschaffte sich einen gründlichen Überblick über den Treffpunkt der Schmuggler. Die Soldaten wurden in Fünfergruppen organisiert, und Han Mari und Luo bereiteten sie auf den Nachteinsatz vor: Glänzendes Metall und die Gesichter und Hände wurden geschwärzt, überflüssige Ausrüstung abgelegt. Späher beobachteten den Übergabeort um Bescheid zu geben, wenn die Verbrecher sich zeigten.
Es begann bereits zu dunkeln, als sich eine von einem guten Dutzend hartgesottener Bewaffneter begleitete Kolonne von Karren näherte. Die Schmuggler machten einen entspannten Eindruck und hielten nur nachlässig Wache.
Es war Luo, der in der Dunkelheit das Leuchtsignal am anderen Ufer des Jadebandes entdeckte, das von den Schmugglern sogleich beantwortet wurde. Er benachrichtigte die übrige Truppe. Dank der guten Vorbereitung (und einer Portion Glück) gelang es, die Kämpfer unbemerkt in Position zu bringen.
Die Schmuggler hatten inzwischen die Karren abgeladen und Feuer entzündet. Die Wachleute sicherten die Landestelle, an der die Rümpfe von drei flachgehenden Booten über den Strand schabten. In diesen befand sich gut anderthalb Dutzend Bewaffneter. Etliche von ihnen waren tätowiert – offenkundig Angehörige der 13 Blätter. Dann kam ihre „Ware“ in Sicht: junge Männer und vor allem Frauen mit gebundenen Händen, die eingeschüchtert und desorientiert an Land wankten. In diesem Moment gab Han Mari den Befehl zum Angriff.
Der Kampf war verbissen. Auch wenn die Kriminellen überrascht worden waren, stellten sie sich entschlossen zum Kampf. Han Mari tat ihr Bestes, die Soldaten effektiv zu führen. Auch die Abenteurer leisteten ihren Beitrag, und während Luo seine Klinge mit tödlicher Genauigkeit führte und mehr als einen Gegner zu Boden streckte, schleuderte Ren Flammenlanzen. Der Kampf wogte hin und her. Am Ende gab auch die überlegene Zahl der „Reiher-Soldaten“ den Ausschlag. Nachdem Luo den albischen Anführer der Sklavenhändler in einem Zweikampf niedergestreckt hatte, brach auch die Ordnung der letzten Kämpfenden zusammen. Einige flohen das Ufer entlang, andere suchten die Boote zu erreichen. Han Mari entglitt etwas die Kontrolle, so dass die meisten Gegner entwischen konnten. Dennoch war das Schmuggelgut einschließlich der Karren, die Gefangenen der 13 Blätter und auch zwei ihrer Boote in die Hand des Reiher-Jun gefallen.
Der Kampf hatte drei Tote unter den Soldaten des Reiher-Jun gekostet. Drei weitere Kämpfer hatten lebensbedrohliche Verwundungen erlitten. Ren gelang es, alle drei zu stabilisieren. Erst danach schaute sie nach den Gegnern, zunächst nach dem Kommandeur der Sklavenhändler, den sie gerade noch stabilisieren konnte. Ein halbes Dutzend der Kriminellen war in Gefangenschaft geraten und zehn erschlagen worden. Die Beute beinhaltete etliche Ballen Seide sowie Jade- und lackierte Holzschnitzereien. Dazu kamen die befreiten Sklaven: etwa 30 Jugendliche und junge Erwachsene, zwei Drittel davon Frauen und Mädchen. Wie Ren erfahren konnte, waren einige ehemalige Schuldsklaven, andere einfach entführt worden. Die meisten stammten aus der Spinnenprovinz, oder waren dort auf der Flucht vor dem Krieg gestrandet. Es war zweifelhaft, wie viele von ihnen würden heimkehren können.
Han Mari lobte die Soldaten und ordnete an, die toten Feinde zu enthaupten. Die eigenen Toten und die Verwundeten wurden auf die Karren geladen. Die gefangengenommenen feindlichen Kämpfer würden gefesselt hinterherlaufen. Die beiden erbeuteten Boote wurden zerstört.
Han Mari und Ren versuchten, den feindlichen Kommandeur zu befragen, doch abgesehen von Obszönitäten und Drohungen gab der Alb nicht viel von sich. Am zweiten Tag des Rückmarsches stieß der Zug auf einen Trupp von ca. 20 Bewaffneten. Geführt von einem Schwertalben, führten sie das Suguri-Banner. Der Kommandeur, Kido Kuruda, trat recht konfrontativ auf. Auch als man ihm die Papiere präsentierte, blieb er argwöhnisch. Seine Informationen besagten, dass Banditen friedliche Händler überfallen hatten, und das Gegenargument, dass Menschenhandel auf beiden Seiten des Jadebands untersagt sei und etliche der Gefangenen Angehörige der 13 Blätter waren, schien ihn nicht zu überzeugen. So gelang es Ren nur mit viel Mühe, ihn abzuwimmeln. Vielleicht spielte es auch eine Rolle, dass die Truppe gut doppelt so stark war wie Kurudas Ashigaru… Ren und Han Maria argwöhnten, dass der Offizier Kontakte zu den Schmugglern hatte.
Der Einzug in Atasato erregte Aufmerksamkeit, und rasch wurde (entgegen der früheren Zusagen) ein Großteil der Beute beschlagnahmt. Der Rest reichte aber noch für ein nettes Handgeld für die an der Aktion Beteiligten.
Glücklicherweise galt die Beschlagnahme der Beute nicht für die Sklaven, die der Fürst von Atasato für frei erklärte. Die wenigsten der Gefangenen wollten nach Hause zurück – bestand doch die Gefahr, gleich wieder in derselben Lage zu landen. Prinzessin Amui konnte mit Rens Unterstützung Hilfe in der zhoujiangischen Exilgemeinde organisieren, doch nicht wenige der Befreiten würden vermutlich als schlecht bezahlte Arbeiter in den Manufakturen, im Hafen oder gar in der Prostitution enden. Einige heuerten beim Reiher-Jun an. Die Operation hatte besonders in der Exilgemeinde einigen Eindruck gemacht.
Es wurde allerdings schnell klar, dass die ganze Affäre eine politische Note bekommen hatte. Teile des Rings stritten mit dem Fürsten. Die Schmuggler und Sklavenhändler wurden zwar von den Behörden übernommen, doch unterschied sich ihr Schicksal deutlich. Die vier Kintarai kamen schnell wieder frei. Den aus Zhoujiang stammenden Kriminellen erging es schlechter: einer wurde zu öffentlicher Auspeitschung und anschließender Zwangsarbeit verurteilt, und drei wegen Menschenraub und Piraterie öffentlich hingerichtet.
Mit ihrer diplomatischen Mission hatte die Prinzessin weniger Glück gehabt. Die Zusagen der Kintarai schienen wenig belastbar und die verlangten Gegenleistungen drohten sehr hoch zu werden. Sie überlegte zudem, was sie mit der aufgestellten Einheit anfangen sollte. Sie in die kaiserlichen Provinzen zu verlegen würde schwierig sein. Sollte man Guerillakrieg über die Grenze zu führen? Das wäre nur möglich, wenn Kintai es gestattete. An eine abgestimmte Offensive mit den Hauptstreitkräften von Kronprinzessin Yi war auf längere Zeit jedenfalls nicht zu denken. Den Jun als Nukleus einer kaiserlichen „Südarmee“ weiter ausbauen, würde viel Geld erfordern.
Vielleicht sollte man die Soldaten lieber als Figuren im Spiel der Fürstinnen benutzen? Immerhin galten Liu Luli in der Kranich- und Zo Zo in der Spinnenprovinz als junge Frauen mit großen Ambitionen, aber auch nicht weniger großen Problemen – und die neutrale Flußdelphin-Provinz fürchtete, zwischen den Fronten zerrieben zu werden. Die Lage am Maishi-See blieb kritisch mit den verstärkten Angriffen von Wus Kaperern, den Aktivitäten der 13 Blätter, die zunehmend die Triaden-Flotte dominierten und der verstärkten Präsenz kungaitanische Söldner. Vielleicht ließ sich dort etwas bewirken…
Ren plädierte für diese Variante, um die Bestrebungen der Kaiserlichen am Maishi-See zu stützen.
Gerüchte aus dem Westen sorgten für zusätzliche Unruhe. Man munkelte, General Wu würde weiter Söldner aus dem In- und Ausland anheuern und erneut seine diplomatischen Fühler nach der Untotenstadt Esmoda ausstrecken. Andere meinten, die barbarischen Jogdaren würden eine Offensive vorbereiten, vielleicht diesmal gegen die neutrale Fangschreckenprovinz. In der von General Wu kontrollierten Büffelprovinz hatten sie sich kürzlich blutige Köpfe geholt und die im Norden gelegene und Prinzessin Yi gegenüber loyale Phönixprovinz war kein verlockendes Ziel. Die Dinge waren in Bewegung gekommen, und Ren und Luo ahnten, dass auf sie weitere Herausforderungen warteten, falls sie weiter in der Politik mitmischen wollten.
Atasato und Umgebung, nördliches Kintai (Ren und Luo)
Prinzessin Hui Amuis Aufenthalt in Atasato war nicht zu ihrer völligen Zufriedenheit verlaufen. Sie wurde ehrenvoll behandelt und war im Fürstenpalast zu Gast, aber Suguri Goro war nur dem Namen nach Herrscher der Stadt. Manche meinten, der Mensch sei nur deshalb von einem Seitenzweig des Suguri-Clans adoptiert worden, um an der Stelle eines ihrer „richtigen“ Mitglieder als machtloser Regent zu agieren. Einige Handelsherren des die Stadt de facto dominierenden Rings aus Jade und Eisen hatten sich zu einem Treffen bereitgefunden, doch andere der nicht-so-heimlichen Herrscher Atasatos blieben auf Abstand.
Selbst die zhoujiangische Exilgemeinschaft – etwa 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung – verhielt sich uneinheitlich. Ohnehin war die Gemeinde alles andere als geschlossen. Einige Familien lebten seit Generationen südlich des Jadebandes, waren zum Teil recht wohlhabend und nicht selten mit Verträgen oder gar Ehen mit den Handelsherren der Kintarai verbunden. Die meisten übrigen Zhoujiangi waren im Lauf der letzten Jahre vor Krisen, Not, Unruhen und Verfolgung nach Kintai geflohen und hatten nur wenige ihrer Habe mitnehmen können. Die meisten der Neuzugänge stellten Porzellan und Textilgüter in den Manufakturen Atasatos her, oder arbeiteten als Werftarbeiter, Schauerleute oder im Vergnügungsviertel.
Die Triaden hatten schon seit langem in Atasato Fuß gefasst und standen in einem komplexen Wechselspiel aus Kooperation und Konkurrenz mit dem Ring. Zudem gab es Organisationen unter den Exilanten, die zur Abwehr der Unterweltbünde gegründet worden, im Laufe der Zeit diesen aber immer ähnlicher geworden waren. Und es gab jene Flüchtlinge, die sich den Ringherren (oder -herrinnen) oder den örtlichen zunftartigen Koben verschworen hatten. Zwei wesentliche Strukturen der zhoujiangischen Gesellschaft fehlten in Atasato: die Priester der Großen Tiergeister und die traditionellen Kampfschulen. Offenbar wollten die Kintarai nicht, dass zu viele Unterschichtler sich zu Wehrverbänden zusammenschlossen. Und in religiöser Hinsicht galt natürlich das Primat Myurikos.
Erschwerend für die Sache von Prinzessin Amui kam hinzu, dass viele Exil-Zhoujiangi sich fragten, was Kintai im Gegenzug für etwaige Unterstützung verlangen würden: Man munkelte über Gebietsabtretungen, ein Eheversprechen von Prinzessin Yi, die Stellung von Geiseln…
Ren unterstützte die Prinzessin bei ihren diplomatischen Bemühungen. Deshalb bezog die Prinzessin sie und Luo auch mit ein, als sie begann, mit Billigung der Suguri unter den Exilanten Kämpfer zu rekrutieren. Anfangs mangelte es an Offizieren, Geld, Waffen und Rekruten. Die Kaiserliche Armee Kintais würde das Vorhaben nicht behindern, aber auch nicht fördern. Und falls die Prinzessin gegenüber Kintai zu weitgehende Zugeständnisse machen sollte, würde ihr dies von den verfeindeten Bürgerkriegsparteien als „Ausverkauf“ Zhoujiangs ausgelegt werden.
Trotz der wenig verheißungsvollen Ausgangslage konnte die Prinzessin mit Rens Unterstützung einige Mitglieder der Exilgemeinde zum Spenden ermutigen. Luo war besonders bei der Anwerbung von Freiwilligen nützlich. Es gelang, über 100 Rekruten zu gewinnen. Das Kommando über die Truppe würde Han Mari übernehmen, eine Bekannte der Helden. Die im Exil lebende Angehörige einer zhoujiangischen Adelsfamilie war gut in Kintai integriert. Sie hatte zudem schon früher Soldaten kommandiert und besaß bei den Suguri etwas Einfluss. Ihr zur Seite stand Ilko Barenfried von Wuselbach, der selenische Schwertrichter. Luo fragte sich, was dessen Ziele waren. Während der Palitaner Winterspiele hatte der Selenier Han Mari Avancen gemacht, aber Luo bezweifelte, dass er deshalb nach Atasato gekommen war. Hatte Selenia eigene Interessen im zhoujiangischen Bürgerkrieg?
Natürlich stieß das Vorhaben nicht nur auf Zustimmung. Die Triaden und die Handelsherren Atasatos profitierten von der relativen Schwäche der Flüchtlinge. Sie sahen es nicht gerne, wenn diese sich organsierten und im Kampf geschult wurden. Und dann war da natürlich noch die Frage, wofür die Truppe eingesetzt werden würde...
Die Ausbildung lief nicht ohne Tücken an, da Ilko sich aus kultureller Unkenntnis einige Missgriffe leistete. Unterstützt von Han Mari und den Abenteurern konnte er dies jedoch allmählich ausgleichen. Luo behielt die Rekruten im Auge, um vielversprechende Kandidaten zu erkennen und faule Äpfel frühzeitig aussortieren zu können. Die Rekrutierung und Ausbildung wurde dadurch behindert, dass Gerüchte die Runde machten, der „Reiher-Jun“ (so Amuis Name für die neue Einheit) sollte als Schwertfutter und Handlanger der Kintarai enden. Luo verfolgte die Gerüchte bis zu ihrem Ursprung, einem angesehenen Händler und Vertreter der Lotosmesser-Triade. Jian Wen war ein Verwandter des Admirals der Triadenflotte. Mit Hilfe seines Kontaktnetzwerkes konnte Luo die Gerüchte partiell kontern. Die Prinzessin versuchte währenddessen, weitere nützliche Kontakte zu knüpfen. Sie traf sich mehrmals mit der Kintarai-Generalin Ranku Kane, allerdings blieben die beiden auf Distanz, da Amui den Motiven der Generalin nicht unbedingt traute.
Dass die Miliz Aufmerksamkeit erregte, zeigte sich auch daran, dass Klan Gankoda – eine einflussreiche Daimyo-Familie, deren Machtbereich südlich Atasatos lag – Interesse an der Formation bekundete. Der Erbe des gegenwärtigen Lords, den die Abenteurer flüchtig in Palitan kennengelernt hatten, weilte momentan in der Stadt und lud die Prinzessin zu einem Treffen und einer Vorführung der Truppen ein. Ren sollte der Prinzessin einmal mehr mit ihrem Verhandlungsgeschick den Rücken stärken, während Luo die Soldaten begleitete. Die Prinzessin traute den Gankoda nicht, beschaffte aber dennoch mit Hilfe der Abenteurer ein angemessenes Gastgeschenk. Ein Stück außerhalb der Stadt erwartete Genma Gankoda mit einer Handvoll Leibwächter – darunter der Krieger Rokaku Jun, mit dem die Abenteurer schon mehr als einmal aneinander geraten waren – die Prinzessin. Eigenmächtig hatte sich auch Ranku Kane als Vertreterin der kaiserlichen Armee zu dem Treffen „eingeladen“. Die Milizionäre lieferten ein beeindruckendes Schauspiel. Es gelang indes nicht, die Gankoda als Verbündete zu gewinnen. Die Ranku hingegen würden zumindest unter der Hand helfen, wie die Generalin die Prinzessin im Vertrauen wissen ließ. Es blieb abzuwarten, was sie als Gegenleistung erwartete…
Weniger positiv war, dass einige Rekruten im Vergnügungsviertel in Probleme gerieten. Als Luo das entsprechende Spiellokal aufsuchte, erkannte er schnell, dass sowohl die Türsteher als auch Teile des Personals zur 13 Blätter-Triade gehörten. Anscheinend hatten die Rekruten um Geld gespielt und hoch verloren. Als es ans Bezahlen ging, war eine Prügelei ausgebrochen. Bei dem Versuch die horrende Forderung von 100 Lunaren herunterzuhandeln, scheiterte Luo an dem Besitzer des Vernügungshauses, einem dicklichen Alben namens Maeda Nagato, der kurzerhand noch einmal 10 Prozent aufschlug. Eine gewaltsame Lösung des Problems stand nicht zur Debatte und so blieb nichts anders übrig, als das Geld zusammenzukratzen. Han Mari, Ritter Wuselbach und die recht abgebrannten Abenteurer konnten (zusammen mit den Familien der Rekruten) die Summe unmöglich rechtzeitig zusammenbringen. Damit blieb es an den Abenteurern, die Prinzessin um Hilfe zu bitten. Die Gefangenen wurden ausgelöst, aber das Ansehen und auch die Rücklagen der Abenteurer hatten gelitten. Luo und Ren plädierten dafür, die Rekruten nicht zu streng zu bestrafen, doch kamen diese um eine öffentliche Prügelstrafe nicht herum. Gerne hätte Luo sich an Nagato gerächt, aber das hätte vermutlich mehr Schaden als Nutzen gebracht.
Ungeachtet solcher Komplikationen machte die Ausbildung der Truppe Fortschritte und die Zeit für ihre erste Bewährung war gekommen. Prinzessin Amui schien allerdings untypisch unschlüssig, als sie eröffnete, dass die Suguri mit einem Angebot an sie herangetreten waren: Viele der städtischen Truppen seien mehr oder weniger fest in der Hand der Kaufleute des Rings oder zumindest bestechlich und redselig. Dies führte dazu, dass Schmuggel über das Jadeband ein konstantes Problem war. Eine Truppe ohne feste Bindungen an die inoffiziellen Stadtherren würde vielleicht etwas unternehmen können, woran die lokalen Truppen scheitern würden. Die Suguri versprachen detaillierte Informationen über ein baldiges Schmugglertreffen – und die Beute sollte Amuis Soldaten gehören. Natürlich ging die Prinzessin ein beträchtliches Risiko ein. Dies würde die am Schmuggel beteiligten Handelsherren verärgern. Der Offiziersrat war sich uneinig. Ilko plädierte für ein entschlossenes Vorgehen, Mari und die Prinzessin waren unsicher, Luo riet zu Vorsicht. Es war auch das entschlossene Argumentieren Rens, das den Ausschlag gab, der „Bitte“ der Suguri nachzukommen. Die Magierin hatte für Schmuggler und Kriminelle nur Verachtung übrig. Und auch wenn die Suguri in Atasato wenig zu sagen hatten, so hatten sie im Kaiserreich insgesamt doch weit mehr Einfluss als die Handelsherren Atasatos. Sie für sich zu gewinnen war das Risiko wert.
In vier Tagen sollte flussabwärts am Rand der Sümpfe ein größerer Schmuggeltransport nachts über den Fluss kommen. Die Helden stellten rasch eine 50köpfige Einsatztruppe zusammen. Han Mari würde das Kommando übernehmen, Ilko jedoch mit dem Rest der Truppe zurückbleiben. Aus Tarngründen würde auch Amui in Atasato bleiben.
Der Ausmarsch verlief möglichst unauffällig unter dem Vorwand eines Übungsmarsches. Mit etwas Hilfe von Luo konnte Han Mari die Truppe beisammen halten. Ohne Probleme erreichte man den angeblichen Ort des Schmugglertreffens. Etwa 1.000 Schritte entfernt schlug die Schar ein getarntes Lager auf.
Luo verschaffte sich einen gründlichen Überblick über den Treffpunkt der Schmuggler. Die Soldaten wurden in Fünfergruppen organisiert, und Han Mari und Luo bereiteten sie auf den Nachteinsatz vor: Glänzendes Metall und die Gesichter und Hände wurden geschwärzt, überflüssige Ausrüstung abgelegt. Späher beobachteten den Übergabeort um Bescheid zu geben, wenn die Verbrecher sich zeigten.
Es begann bereits zu dunkeln, als sich eine von einem guten Dutzend hartgesottener Bewaffneter begleitete Kolonne von Karren näherte. Die Schmuggler machten einen entspannten Eindruck und hielten nur nachlässig Wache.
Es war Luo, der in der Dunkelheit das Leuchtsignal am anderen Ufer des Jadebandes entdeckte, das von den Schmugglern sogleich beantwortet wurde. Er benachrichtigte die übrige Truppe. Dank der guten Vorbereitung (und einer Portion Glück) gelang es, die Kämpfer unbemerkt in Position zu bringen.
Die Schmuggler hatten inzwischen die Karren abgeladen und Feuer entzündet. Die Wachleute sicherten die Landestelle, an der die Rümpfe von drei flachgehenden Booten über den Strand schabten. In diesen befand sich gut anderthalb Dutzend Bewaffneter. Etliche von ihnen waren tätowiert – offenkundig Angehörige der 13 Blätter. Dann kam ihre „Ware“ in Sicht: junge Männer und vor allem Frauen mit gebundenen Händen, die eingeschüchtert und desorientiert an Land wankten. In diesem Moment gab Han Mari den Befehl zum Angriff.
Der Kampf war verbissen. Auch wenn die Kriminellen überrascht worden waren, stellten sie sich entschlossen zum Kampf. Han Mari tat ihr Bestes, die Soldaten effektiv zu führen. Auch die Abenteurer leisteten ihren Beitrag, und während Luo seine Klinge mit tödlicher Genauigkeit führte und mehr als einen Gegner zu Boden streckte, schleuderte Ren Flammenlanzen. Der Kampf wogte hin und her. Am Ende gab auch die überlegene Zahl der „Reiher-Soldaten“ den Ausschlag. Nachdem Luo den albischen Anführer der Sklavenhändler in einem Zweikampf niedergestreckt hatte, brach auch die Ordnung der letzten Kämpfenden zusammen. Einige flohen das Ufer entlang, andere suchten die Boote zu erreichen. Han Mari entglitt etwas die Kontrolle, so dass die meisten Gegner entwischen konnten. Dennoch war das Schmuggelgut einschließlich der Karren, die Gefangenen der 13 Blätter und auch zwei ihrer Boote in die Hand des Reiher-Jun gefallen.
Der Kampf hatte drei Tote unter den Soldaten des Reiher-Jun gekostet. Drei weitere Kämpfer hatten lebensbedrohliche Verwundungen erlitten. Ren gelang es, alle drei zu stabilisieren. Erst danach schaute sie nach den Gegnern, zunächst nach dem Kommandeur der Sklavenhändler, den sie gerade noch stabilisieren konnte. Ein halbes Dutzend der Kriminellen war in Gefangenschaft geraten und zehn erschlagen worden. Die Beute beinhaltete etliche Ballen Seide sowie Jade- und lackierte Holzschnitzereien. Dazu kamen die befreiten Sklaven: etwa 30 Jugendliche und junge Erwachsene, zwei Drittel davon Frauen und Mädchen. Wie Ren erfahren konnte, waren einige ehemalige Schuldsklaven, andere einfach entführt worden. Die meisten stammten aus der Spinnenprovinz, oder waren dort auf der Flucht vor dem Krieg gestrandet. Es war zweifelhaft, wie viele von ihnen würden heimkehren können.
Han Mari lobte die Soldaten und ordnete an, die toten Feinde zu enthaupten. Die eigenen Toten und die Verwundeten wurden auf die Karren geladen. Die gefangengenommenen feindlichen Kämpfer würden gefesselt hinterherlaufen. Die beiden erbeuteten Boote wurden zerstört.
Han Mari und Ren versuchten, den feindlichen Kommandeur zu befragen, doch abgesehen von Obszönitäten und Drohungen gab der Alb nicht viel von sich. Am zweiten Tag des Rückmarsches stieß der Zug auf einen Trupp von ca. 20 Bewaffneten. Geführt von einem Schwertalben, führten sie das Suguri-Banner. Der Kommandeur, Kido Kuruda, trat recht konfrontativ auf. Auch als man ihm die Papiere präsentierte, blieb er argwöhnisch. Seine Informationen besagten, dass Banditen friedliche Händler überfallen hatten, und das Gegenargument, dass Menschenhandel auf beiden Seiten des Jadebands untersagt sei und etliche der Gefangenen Angehörige der 13 Blätter waren, schien ihn nicht zu überzeugen. So gelang es Ren nur mit viel Mühe, ihn abzuwimmeln. Vielleicht spielte es auch eine Rolle, dass die Truppe gut doppelt so stark war wie Kurudas Ashigaru… Ren und Han Maria argwöhnten, dass der Offizier Kontakte zu den Schmugglern hatte.
Der Einzug in Atasato erregte Aufmerksamkeit, und rasch wurde (entgegen der früheren Zusagen) ein Großteil der Beute beschlagnahmt. Der Rest reichte aber noch für ein nettes Handgeld für die an der Aktion Beteiligten.
Glücklicherweise galt die Beschlagnahme der Beute nicht für die Sklaven, die der Fürst von Atasato für frei erklärte. Die wenigsten der Gefangenen wollten nach Hause zurück – bestand doch die Gefahr, gleich wieder in derselben Lage zu landen. Prinzessin Amui konnte mit Rens Unterstützung Hilfe in der zhoujiangischen Exilgemeinde organisieren, doch nicht wenige der Befreiten würden vermutlich als schlecht bezahlte Arbeiter in den Manufakturen, im Hafen oder gar in der Prostitution enden. Einige heuerten beim Reiher-Jun an. Die Operation hatte besonders in der Exilgemeinde einigen Eindruck gemacht.
Es wurde allerdings schnell klar, dass die ganze Affäre eine politische Note bekommen hatte. Teile des Rings stritten mit dem Fürsten. Die Schmuggler und Sklavenhändler wurden zwar von den Behörden übernommen, doch unterschied sich ihr Schicksal deutlich. Die vier Kintarai kamen schnell wieder frei. Den aus Zhoujiang stammenden Kriminellen erging es schlechter: einer wurde zu öffentlicher Auspeitschung und anschließender Zwangsarbeit verurteilt, und drei wegen Menschenraub und Piraterie öffentlich hingerichtet.
Mit ihrer diplomatischen Mission hatte die Prinzessin weniger Glück gehabt. Die Zusagen der Kintarai schienen wenig belastbar und die verlangten Gegenleistungen drohten sehr hoch zu werden. Sie überlegte zudem, was sie mit der aufgestellten Einheit anfangen sollte. Sie in die kaiserlichen Provinzen zu verlegen würde schwierig sein. Sollte man Guerillakrieg über die Grenze zu führen? Das wäre nur möglich, wenn Kintai es gestattete. An eine abgestimmte Offensive mit den Hauptstreitkräften von Kronprinzessin Yi war auf längere Zeit jedenfalls nicht zu denken. Den Jun als Nukleus einer kaiserlichen „Südarmee“ weiter ausbauen, würde viel Geld erfordern.
Vielleicht sollte man die Soldaten lieber als Figuren im Spiel der Fürstinnen benutzen? Immerhin galten Liu Luli in der Kranich- und Zo Zo in der Spinnenprovinz als junge Frauen mit großen Ambitionen, aber auch nicht weniger großen Problemen – und die neutrale Flußdelphin-Provinz fürchtete, zwischen den Fronten zerrieben zu werden. Die Lage am Maishi-See blieb kritisch mit den verstärkten Angriffen von Wus Kaperern, den Aktivitäten der 13 Blätter, die zunehmend die Triaden-Flotte dominierten und der verstärkten Präsenz kungaitanische Söldner. Vielleicht ließ sich dort etwas bewirken…
Ren plädierte für diese Variante, um die Bestrebungen der Kaiserlichen am Maishi-See zu stützen.
Gerüchte aus dem Westen sorgten für zusätzliche Unruhe. Man munkelte, General Wu würde weiter Söldner aus dem In- und Ausland anheuern und erneut seine diplomatischen Fühler nach der Untotenstadt Esmoda ausstrecken. Andere meinten, die barbarischen Jogdaren würden eine Offensive vorbereiten, vielleicht diesmal gegen die neutrale Fangschreckenprovinz. In der von General Wu kontrollierten Büffelprovinz hatten sie sich kürzlich blutige Köpfe geholt und die im Norden gelegene und Prinzessin Yi gegenüber loyale Phönixprovinz war kein verlockendes Ziel. Die Dinge waren in Bewegung gekommen, und Ren und Luo ahnten, dass auf sie weitere Herausforderungen warteten, falls sie weiter in der Politik mitmischen wollten.