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Ankündigungen / Re: Neuer Blogbeitrag: PDF des Grundregelwerks ab sofort zum Download verfügbar
« am: 10 Jul 2014, 20:11:07 »
Ach ja, auch danke an die Affen.

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Ein anderer Punkt, was ich vermisst habe war von Andreas ganz klar die Ansage, auch auf RPG Gnosis, das Diskriminirung schlecht ist. Das kommt aber nicht, das wird dann als Element genommen um Stimmung zu machen, um Emotione zu Erzeugen um Charakterkonzepte zu ermöglichen die sich frei kämpfen müssen... ich verstehe es nicht. Ich finde es Pervers um ehrlich zu sein und höchst bedenklich.Danke, dass du das ausgesprochen hast, dann kann ich mich davon distanzieren. Abgesehen davon, dass sich in meinem Blogbeitrag durchaus Sätze wie "Rassismus ist in jeder Hinsicht abzulehnen" finden, finde ich das eine ziemlich üble Unterstellung, und wäre das nicht das Internet, sondern die Realität, könnte ich dir dafür echt beleidigt sein. Andererseits gehe ich davon aus, dass du mir im wirklichen Leben so etwas nicht sagen würdest, denn du hättest keinen Grund. Ich bin hartgesottener Humanist, der zwar nicht bei Attac aktiv ist, dein Anprangerung der Missstände auf der Welt allerdings völlig unterschreibe.
Halten wir nur kurz vor Augen, um was es jetzt hier eigentlich geht:Das sind zwei Dinge, die man getrennt betrachten sollte.
Es steht außer Frage, dass der Umgang mit Tabu-Themen etwas ist, wo man als Spielgruppe Rücksicht auf die Empfindlichkeit aller Mitglieder für das Thema haben muss.
Um was jetzt hier geht ist eher die Frage: Braucht eine Fantasy-Welt wie Splittermond Diskriminierung von Geschlecht, Rasse und ähnlichem, um glaubhaft zu sein?
Hier muss ich aber sagen, dass es scheint, als ob für dich, Andreas, die Glaubwürdigkeit einer Welt ein objektives Beurteilungskriterium sein kann. Diese Meinung teile ich nur eingeschränkt.
Als Kind habe ich gerne Benjamin Blümchen geguckt. Nicht einmal dachte ich mir dabei: "Es ist doch nicht glaubwürdig, dass ein Elefant, sprechen und laufen kann wie ein Mensch." Was für jemanden glaubwürdig ist und was nicht, muss man erst lernen. Wie weit die Suspense of Disbelief für jeden Mensch reicht ist rein subjektiv und auch nicht zuletzt von seinem Wissen oder besser gesagt Glauben über das, was er weiß, abhängig.
Du hast gelernt, dass Diskriminierung etwas ist, was sich für die Menschheit neurologisch, psychologisch und sozialwissenschaftlich erklären ist, zum Beispiel, dass wir als Menschen nur eine begrenzte Anzahl von Personen als "wirklich" denkende und fühlende Wesen wahrnehmen können.Im Prinzip ja, bis auf den letzten Absatz: sicher war das eine bewusste Entscheidung der Autoren, aber die Kritik, die ich daran übe, ist nicht böse gemeint. Es trifft nicht völlig meinen Geschmack, und ich denke, man könnte Tabuthemen generell anders behandeln, vielleicht sogar produktiver. Aber wenn die Autoren das so machen wollen, ist das ihr gutes Recht - ich habe mir trotzdem den Weltband gekauft, und werde, wenn ich Splittermond spiele, dann eben keine entsprechenden Plots um Tabuthemen bauen. Das mache ich dann eben in anderen Systemen. Mir geht es in der Diskussion wie gesagt um die zugrundeliegenden Fragen und um die Begründbarkeit, warum gerade sexuelle Diskriminierung eine Sonderrolle in vielen deutschen Rollenspielen verdient, und ob man die eigentliche Problematik damit in der realen Welt irgendwie verbessern kann, oder eben nicht.
Von daher ist für dich eine Fantasy-Welt, in der diese wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht vollständig zur Geltung kommen (Ausgrenzung von Rassen - nein; Ausgrenzung von Untertanen eines anderen Reiches - Ja) nicht glaubwürdig, bzw. nicht natürlich.
Du sieht daher in der Auslassung von Diskriminierung ein bewusste Entscheidung der Autoren und siehst es eher zwiespältig, da deiner Meinung nach man hier Potential für eine bessere, da glaubwürdigere Welt verschenkt hat.
Um jetzt die Diskussion fruchtbar zu machen, müsste man sich jetzt fragen:Hier beginnen z.B. schon Inkonsistenzen, die ich meine - einem Charakter zu erlauben, "Vorurteile gegen Frauen" oder "Vorurteile gegen Vargen" zu haben, ermöglicht zum einen genannten Problemspielern, diskriminierendes Verhalten innerweltlich zu begründen ("mein Charakter hat halt diesen Nachteil!"), zum anderen zeigt es, dass Diskriminierung eben doch anscheinend verbreitet genug ist, um einen eigene Schwäche zu rechtfertigen. Allerdings gibt es anscheinend kaum herrschenden Schichten, die diese latent vorhandenen Schwächen ihrer Untertanen ausnutzt - das ist so eine Widersprüchlichkeit, die meine suspension of disbelief erschwert, denn ich sehe dafür keinen wirklich schlüssigen innerweltlichen Grund, der nicht wieder mit anderen im Widerspruch stehen könnte.
1. Gibt es wirklich keine Diskriminierung in Lorakis?
Es gibt als Beispiel bei den Schwächen "Vorurteile". Dass heißt, es gibt durchaus Stereotypen, die dazu führen können, dass mein Charakter zum Beispiel Vargen skeptisch gegenüber steht und dazu führen, dass dieser eine bestimmte Rasse, Religion oder Kultur benachteiligt.
Was aber in Lorakis weitgehend fehlt, und darum geht es hier eigentlich, sind mächtige Leute die großflächige Sanktionen gegen bestimmte Rassen, Kulturen oder Religionen durchsetzen wollen und können und damit bestimmt Kombinationen von Rasse, Kultur, Abstammung und Ausbildung verhindern, bzw. erschweren.
In Selenia gibt es keine Prognomen gegen Varge oder Gnome und in Zwingard werden Frauen nicht durch ein Sittengesetz vom Kriegshandwerk ausgeschlossen.
Daraus folgt dann die zweite Frage:Dazu kann ich mich nicht ausführlich und konkret äußern, da ich wegen Zeitmangel den Weltenband noch nicht gelesen habe. Wahrscheinlich wären aber die meisten bis alle Kulturen noch genauso funktional, nur wäre die Verbreitung der verschiedenen Spezies weniger "durchwachsen", sondern zumindest z.B. in einzelnen Dörfern oder Stadtvierteln konzentriert. Was ja z.B. auch Sinn macht im Hinblick auf deren unterschiedliche Bedürfnisse, nicht jeder Händler wird gleichermaßen sein Angebot auf Menschen, Alben, Gnome und auch noch Vargen ausrichten.
2. Wie müsste für dich, Andreas, dass Verhältnis der Rassen in Lorakis aussehen, damit es für dich glaubwürdig wäre? Welche Kulturen wären dann noch möglich, welche würden dann fehlen?
Und bedenke dabei, was du selbst gesagt hast:Und relevant ist ja auch, dass die anderen Spezies stark vermenschlicht werden *müssen*, damit sie überhaupt als Charaktertypen zugänglich werden, wenn man ein halbwegs immersives oder darstellerisches Spiel betreiben will.
Ein gewisser Faktor ist auch immer "Spielbarkeit": Die Entwickler von Splittermond wollten den Spieler bei der Erschaffung ihrer Helden so viel Freiheit wie möglich anbieten. Sie wollten nicht eine Beschränkung auferlegen, die sagt "Wenn du eine Frau in Zwingard spielen willst, kannst du keine Kriegerin spielen"Völlig richtig - aber: vielleicht wählt jemand eine solche Rolle ja auch, weil er/sie diesen Konflikt immer wieder im Mittelpunkt haben will? Diese Möglichkeit fehlt in einem Setting, das diesen Konflikt nicht vorsieht, einfach. Während die nachträgliche Einführung z.B. einer im Hintergrund nicht explizit vorgesehenen geschlechtlichen Gleichberechtigung meiner Ansicht nach einfacher ist. Die Sache ist doch: klar gibt und gab es kämpfende Frauen, in sehr vielen Kulturen - aber es gab eben auch Kämpferprofessionen, in denen es keine Frauen gab - z.B. griechische Hopliten oder mittelalterliche Ritter. Wenn, rein theoretisch, eine Spielerin nun genau einen solchen Charakter, aber in weiblich, spielen will, dann tut sie das doch vermutlich, weil sie eben mit dem Klischee brechen und eine exotische Figur verkörpern möchte. Und wenn dem nicht so ist, und es ihr z.B. nur auf die Werte ankommt - dafür gibt es doch die freie Generierung und die große Vielfalt an Kulturen und möglichen Charaktertypen.
Natürlich, Andreas, du hast darauf hingewiesen, dass sich daraus doch tolles Konfliktpotential bilden kann, wenn jemand eine Mulan oder eine Jean D'Arc spielen will, aber das heißt eigentlich nur, der Spieler und der Spielleiter gezwungen werden, diesen Konflikt immer wieder in den Mittelpunkt zu stellen und das schränkt einfach beim Spielen ein!
Und kurz auf dein Beispiel mit Shadowrun als eine "glaubwürdige" Welt mit Diskriminierung zurück zu kommen: Der Punkt von Shadowrun ist a) es spielt in einer möglichen Zukunft unserer Welt, b) es parodiert eigentlich tatsächlich diese Thematik und überspitzt sie, in dem sie zum Beispiel die Stereotypen von Schwarze auf Orks überträgt, und c) die Rollen der Spieler sind dadurch im Vorfeld eingeschränkt, dass sie zum Beispiel keinen Konzernmagier oder dergleichen spielen, sondern SIN-lose Leute, die eh damit unter Sanktionen der Gesellschaft stehen.SR ist ein eigenes Thema, die Dystopie spielt da sicher eine große Rolle und bedient im Endeffekt ein anderes Rollenspiel-Genre als das klassische Heldenrollenspiel. Wahrscheinlich hat die Sache tatsächlich auch was mit diesen Genres zu tun, aber ich glaube, dass eine Welt mit wenig Diskriminierung auf der einen Seite zwar mehr Charaktere zu bauen erlaubt, gleichzeitig aber diesen Charakteren oft Besonderheiten fehlen, die ihr Konzept ganz über den Haufen werfen können (männliche Amazone?), und vor allem gleichzeitig die Anzahl an Konflikten und daraus resultierenden Plots in der Welt reduziert wird. Vielleicht nicht immens, aber doch spürbar - und da ich als Rollenspieler vor habe, mehr Plots zu spielen als Charaktere zu bauen, wiegt dieser Nachteil für mich einfach schwerer.
Doch mit Splittermond haben wir ein System, in dem man nicht nur selenische Adlige oder nicht nur farukanische Magier oder nicht nur mertalische Schurken spielen soll, sondern potentiell einfach alles und jeden!
Ich finde Gewalt in Rollenspielen aus dem Grund unterhaltsam, dass ich sie im realen Leben so gut wie nie erlebe.Aber das macht Gewalt doch nicht legitim - mit der gleichen Logik könnte man begründen, dass es für einen Mann unterhaltsam ist, im Rollenspiel Frauen zu diskriminieren, weil er das im wirklichen Leben nicht tut (oder, stärker, weil es in einem sozialen Geflecht lebt, in dem keine Diskriminierung vorkommt) - oder so gut wie nie - oder im qua seines Geschlechts auch nur die Möglichkeit fehlt, diese Erfahrung zu machen. Wie übrigens auch andersherum bei Männer-Tabus für Frauen.