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Themen - La Cipolla

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Ich weiß, etwas spät dran, aber der Vogel in den Höhlen (S.164) sollte als Typ auf keinen Fall ein Feenwesen sein, und generell kein Wesen der verschiedenen Anderswelten - wenn überhaupt, dann ein ein Monster, aber nur Vogel ist eigentlich gut. Den Teleport würde ich ebenfalls rausnehmen (oder zumindest ein "nur in den Höhlen" o.ä. hinzufügen).

Und ja, die Satyre bräuchten ein Schwert, wurde ja schon angemerkt. ;D

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Allgemeines / SpliMo und die harte Realität
« am: 03 Sep 2014, 12:11:02 »
Nach einer Spritztour mit dem SpliMobil und dem Wühlen in der SpliMo-Kiste bleibt eigentlich nur noch eine Frage: Wie spielt sich das Ganze denn nun eigentlich?

SpliMo und die harte Realität

Ein Disclaimer: Ich benutze die Regeln AS WRITTEN. Hausregeln oder ignorierte Regeln sind schön und gut, aber wenn auch andere von einer Meinung profitieren sollen, ist das offizielle Material interessanter. Weil, ich will ja was über Splittermond schreiben, nicht über das Splittermond deiner Spielrunde oder das Splittermond meiner Oma. Deine Spielrunde und meine Oma spielen zweifelsohne zwei verschiedene Splittermond…s (Splittermonde?), weshalb wir einen kleinsten gemeinsamen Nenner brauchen, von dem alle wenigstens ein bisschen was haben. Und hey, da bieten sich die offiziellen Regeln doch eigentlich ziemlich gut an.
Okay, meine Oma spielt kein Splittermond. Der Punkt bleibt.
Dann wiederum ist das Disney-Logik, die Damsel in Distress, die böse Königin und am Ende einfach ein bisschen zu simpel gedacht. Rollenspiele werden verändert, sie werden unterschiedlich gespielt, und wenn man diesen Fakt in einem Text über ein Rollenspiel ignoriert, sollte man vielleicht besser Bücher review… ups, nope, selbst einen Roman liest jeder anders. Zwei Konsequenzen:
1. Wenn es eine Sache gibt, die gefühlt JEDER kacke findet oder hausregelt, sollte man sie zwar kritisieren, aber es wäre irgendwie genau so naiv und weltfremd, die tatsächliche Realität (Die Spieler scheißen drauf!) zu ignorieren. Hier kann man aber Entwarnung geben: Wenn man die verschiedenen Foren verfolgt, scheint Splittermond keinen Teilaspekt zu haben, der durchgängig von den meisten Spielern ignoriert oder verändert wird. Zwar gibt es relevante Fraktionen, die Probleme mit a) der generellen Komplexität, b) dem Tick-System als Ganzem und c) gewissen Aspekten des Tick-Systems haben, aber es gibt keine allgemeingültigen „Deal Breaker“. Diesen Punkt hätte ich mir also eigentlich auch sparen können. Na toll.
2. Ich werde öfter mal darauf eingehen, wie gut oder schlecht man Splittermond den eigenen Bedürfnissen anpassen kann. Das ist nämlich der erheblich interessantere Aspekt.

Zwei Textteile, die in etwa dem Spielgefühl entsprechen: Es gibt den Kampf, und es gibt den ganzen Rest.


Nicht Kampf - Was man tut, wenn man … nicht kämpft.

Tolle Überschrift, ich weiß. Erinnern sich alle daran, dass SpliMo ein durchaus komplexes Spiel sein will, ja? Gut. Dann akzeptieren wir das nämlich von hier an als Fakt. Wer Probleme damit hat (wie ich, gelegentlich), geht einfach noch etwas in der SpliMo-Kiste wühlen.
tl;dr - Außerhalb der Kämpfe flutscht SpliMo wie ein Eigelb, das beim Trennen eigentlich in der Schale bleiben sollte. Und diese Metapher passt, denn tatsächlich hätte ich einen solchen Flutschfaktor von einem Spiel dieses Komplexitätsgrads nicht unbedingt erwartet.

Der Internet-Praise für die Charaktererschaffung war lang und laut, und so halte ich mich kurz: Die Mischung aus Modulen und Punkten ist klasse. Beide für sich allein wären nicht ganz optimal, weil die Module ähnlich wie bei DSA und Konsorten recht einschränkend sind und die alleinige Punktverteilung wahnsinnig mühsam werden kann. Zusammen allerdings fühlt man sich wie im Lego-Charakterbastelwunderland, weil die Übergeneralisierung, die natürlich mit den Modulen einhergeht, problemlos durch die einzeln ausgetauschten Charakteraspekte entschärft werden kann, ohne dass man gleich alles selbst verteilen muss. Meine Spieler haben im Lauf der Erstellung sicher dreimal gefragt, ob das JETZT AUCH WIRKLICH GEHT, weil es wohl in den meisten ähnlichen Systemen die Balance zerhauen hätte.
Die Quotenseltsamkeit ist vielleicht das aufeinander folgende Verteilen von Bonuspunkte und extra Erfahrungspunkten am Ende der Erstellung; man schnallt zwar bald, warum das so ist (nicht alles geht mit Bonuspunkten), aber es fällt trotzdem etwas aus der Intuitivität der sonstigen Erstellung.

Für den Probenmechanismus kann man fast die Copy-and-paste-Kombo bedienen. Wie schon oft erwähnt bringen Risiko und Sicherheit eine durchaus unterwartete Menge an Abwechslung ins Spiel, und die Regeln drumherum funktionieren ebenso einwandfrei. Auch die damit zusammenhängenden Mechanismen (Verfolgungsjagden, Soziales etc) klappen genau so gut, wie sie sich lesen.
Eine Sache allerdings hat mich etwas überrumpelt: Es ist gerade anfangs sehr schwierig, stinknormale Proben intuitiv zu behandeln. Durch die hohen Werte muss man praktisch immer einen Schwierigkeitsgrad festlegen und die Erfolgsgrade hochzählen (oder rausrechnen), um wirklich ein Bild davon zu bekommen, wie gut oder schlecht das Ganze gelaufen ist; die feingranularen Unterschiede beim Würfelergebnis tun ihr Übrigens dazu, dass SpliMo auch außerhalb der Kämpfe ein sehr regelintensives Spiel bleibt - vielleicht regelintensiver, als man erst denkt. Eine kleine Konsequenz daraus ist, dass zumindest ich nach kürzester Zeit weniger gewürfelt habe. Der modernen SL-Logik „Say yes or roll the dice!“ wird in diesem Kontext ein ganz neues Feuer unter dem Hintern gelegt.

Mein größtes Problem mit den tatsächlichen SpliMo-Regeln allerdings ist die MASSE an ganz unterschiedlich funktionierenden Modifikatoren (vor allem durch die verschiedenen Charakteraspekte), die genau diese Proberei wahnsinnig in die Länge ziehen, und zwar meistens mit, nun ja, Pillepalle-Werten. Das hat schon beim Lesen seltsam gewirkt und im Spiel noch ein bisschen mehr genervt. Mal gibt eine Stärke +1, +2 oder +3 auf eine Probe, mal erhöht eine Meisterschaft die Erfolgsgrade, mal gibt es einen Malus für den Gegenüber. Wer in die Stärken-Sektion eines durchschnittlichen Charakterblatts guckt, kann sich tendenziell wohl schon vorstellen, was ich meine.
Jetzt könnte man natürlich sagen, dass das nichts Neues ist, dass das einfach fucking normal im Mainstream-Rollenspielbereich ist. Und hey, das stimmt, leider. Macht es aber nicht besser. Ich bin nun mal verwöhnt von Mechanismen wie „intuitiv vergebener Bonus zwischen +1 (nett!) und +3 (geil!)“, „ein Bonus gibt immer +2“ oder etwa dem „würfle 2w20 und nimm den höheren“ Advantage-Mechanismus der neuen D&D-Edition. Aber selbst auf dem Komplexitätsgrad von Splittermond ist es möglich, denke ich, klarere Richtlinien und Schablonen für Boni zu verwenden. Vielleicht gibt es sie sogar und ich hab sie nur noch nicht durchschaut? Kann gut sein. Über „High Contact“ reden wir später sowieso noch mal, aber ich will jetzt schon mal erwähnen, dass ich nicht für mich beanspruche, das System wirklich gänzlich gecheckt zu haben.
Tatsächlich kann man diesen Nachteil auch nur wenig entschärfen, weil er so tiefgehend mit den Charakteren verwoben ist. Kleinscheißboni sind am Ende eben einfach wichtig, leider. Also rechnet man.

Das Gesamtbild bleibt trotzdem sehr gut, und sehr charakteristisch. Das ist ein Pluspunkt, den Reviewer selten ansprechen: Splittermond fühlt sich wie ein eigenes Spiel an, nicht wie die nächste Klamotte für das alte Mainstream-Skelett. Das ist jetzt kein wahnsinnig rationales Urteil, aber hey, wir stellen uns gerade vor, wie wir als Feengnome und Furry-Krieger durch eine Fantasy-Welt rennen. Ein bisschen irrational dürfte also klar gehen, Feeling ist wichtig. Letztendlich wäre Splittermond außerhalb des Kampfes für mich persönlich so ein typischer 4/5-Fall: Ich finde Sachen zum Kritisieren, aber es funktioniert in der Summe trotz allem einwandfrei. Und Spaß macht es auch noch.


Kampf - KAMPF KAMPF KAMPF KÄMPFEN!

Um einzuschätzen, ob SpliMo in den Kämpfen gut funktioniert, muss man zuerst mal schauen, was es überhaupt will. Dabei ignoriere ich das Genre, die Illustrationen, irgendwelche Angaben auf der Verpackung, die Aussagen der Entwickler, den Einführungstext des Kampfkapitels, kurze Atmosphäre-Texte und irgendwelche Ego-Monologe von „Internet-Experten“ (lol) wie mir. Es geht mir weder darum, die Marketing-Kampagne zu bewerten, noch darum, das Selbstbewusstsein der Autoren auf die Probe zu stellen, sondern um die Regeln und das Spiel, das daraus entsteht. Das kann man anders sehen - viele Reviewer messen Rollenspiele an dem, was sie sein SOLLEN - aber ich gucke mir lieber die Fakten an. Alles andere ist mühsam, und ich habe oft genug vorgewarnt, dass diese Reihe hier keine Reviews enthält. Deal with it.
1. SpliMo will offensichtlich Taktik. Gamey Stuff. Man macht einfach kein verdammtes Tick-System, wenn man nicht irgendwo Taktik will, und zwar ziemlich feingranulare Taktik; auf Anhieb kenne ich kein Tick-System, das seine Zeiteinheiten dermaßen klein aufstellt. Und wenn die drei Köpfe der Hydra an verschiedenen Stellen agieren, ist das eindeutig ein Videospiel mit Zelda-God-of-WOAH!-Effekt.
Fun Fact am Rande: Einige Leute meinten, dass SpliMo das Tick-System nur hätte, um sich von DSA abzusetzen. Jedes Mal, wenn ich das lese, muss ich aufpassen, dass ich nicht belustigt meinen Orangensaft gegen den Bildschirm spucke - so was ist vielleicht eine Ursache, eine Motivation in der Konzeptionsphase, aber niemals ein echter Grund für ein komplettes Regelsystem. Wenn man sich von DSA absetzen will, kann man auch mit den proverbialen brennenden Hamstern würfeln und muss nicht so einen Riesenaufwand betreiben. Das Thema DSA und Ticks ist dementsprechend in meinen Augen also gänzlich langweilig. Ich bevorzuge die Hamster.
2. SpliMo will Realismus, wenigstens ein bisschen. Die potenzielle Tödlichkeit hat viele überrascht (auch mich), man braucht Ticks für das Wechseln von Waffen, Schilde geben nicht einfach nen Bonus, sondern können blocken etc etc etc … Jap, das ist ansatzweise Realismus. Spätestens, wenn man die Regeln für das Unterbrechen der Bewegung sieht, ist klar, dass hier ein Kampf simuliert werden soll.
3. SpliMo will cool stuff. Die Meisterschaften, mit denen auch ein Krieger sonst was für Sachen anstellen kann, die Zauber, die wirklich reinhauen, wenn sie durchkommen, die Manöver und die Sondereffekte durch Erfolgsgrade. SpliMo will, dass du dich cool fühlst.
Das sind drei (mindestens implizite) Spieldesignziele, die ich hinter den Regeln sehe. Man könnte jetzt natürlich versuchen, das Ganze mit Gewalt in irgendein pseudo-etabliertes Genre zu drängen („Heroic Superhero Fantasy!“, „Dramatic Gritty Grimdark!“, „Hotzenplotz 2014!“), aber das würde komplett übergehen, dass Rollenspiele ein eigenes Medium mit eigenen Konventionen und Erwartungshaltungen sind, und dass einzelne Werke damit sowieso machen, was sie wollen. Also lass ich es gleich. Wie so viele Mainstream-Rollenspiele entziehen sich die Splittermond-Regeln einer Einordnung in zwei Sätzen, und wer versucht, genau das trotz allem zu tun, wird den Punkt des Systems („ein bisschen hiervon, ein bisschen davon, und hey, ein Gesamtbild!“) höchstwahrscheinlich völlig verfehlen.

Viel interessanter ist doch die Frage: Schafft es SpliMo, seine verschiedenen, teilweise nicht unbedingt gut harmonierenden Ziele zu erfüllen? (Zur Erklärung: Coolness und Realismus zusammenzubringen, ist nicht unbedingt die einfachste Aufgabe. An Wundbrand in einem Schützengraben zu verrecken, ist höchstens cool, wenn Michael Bay das Ganze mit dem Geld der Army inszeniert. Aber eigentlich ist es auch dann noch nicht cool. Oder realistisch, was das angeht.)
Meine persönliche Antwort nach einigen Runden lautet: Unter Umständen. Das Tick-System als taktisches Tool, um irgendwo realistische Kämpfe mit coolen Charakteren darzustellen, kann funktionieren, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind. Und das sind gar nicht mal allzu wenige.

Voraussetzung 1: Alle kennen das Spiel - vor allem der SL!
Ernsthaft. Liebe angehende SLs: Spielt mit euch selbst. Damit meine ich nicht die gesellschaftlich verpönte Variante, sondern die … andere gesellschaftlich verpönte Variante, die mit Würfeln und Tickleiste. Ich hab ohne Übertreibung eine gute Stunde gebraucht, eh ich die Kampfregeln in der Praxis wirklich „gecheckt“ habe, und es hilft ungemein, einen Beispielkampf mit zwei Charakteren und einem stärkeren Gegner selbst durchzuspielen. Aber selbst dann sollten die Spieler wissen, dass SpliMo kein Rollenspiel ist, das man nach einer einzelnen 6-Stunden-Runde beherrscht. Hier ist viel System Mastery angesagt, viel Übung. Natürlich ist dieser Fakt auch einer der Punkte, die das Spiel am Anfang so tödlich machen. Wenn erstmal alle geblickt haben, wie das Ganze funktioniert, kommt die „Coolness“ zunehmend besser durch. Weil, von einer Gruppe Rattlinge gefickt zu werden, während man ständig daneben haut und kaum zum Zug kommt, ist nur begrenzt cool. Da muss man dann die taktischen Kniffe rausholen, und die erfordern Übung.

Voraussetzung 2: Das Setup des Kampfs passt zum System.
Das Splittermond-Kampfsystem kann NICHT alles, nicht mit den momentanen Regeln. Tatsächlich realisiert es so einige Sachen eher suboptimal, und das ist ein handfester Nachteil, eine Schwäche, die man nicht untergehen lassen sollte. Ich rechne persönlich stark damit, dass im angekündigten Kampfbuch zusätzliche und optionale Regeln für entsprechende Situationen kommen, aber momentan ist es beispielsweise ein Krampf, gegen mehr als pi mal Daumen drei oder vier Gegner zu kämpfen, vor allem wenn diese auch noch über taktische Optionen wie Umreißen, Entwaffnen oder gar das Verteilen von Zuständen verfügen. Gerade für Anfänger. Oder gegen gleichartige Gegner in einer Gruppe, das wird ziemlich schnell ziemlich langweilig. Dieser Aspekt hat natürlich auch viel mit dem Abenteuerdesign zu tun, und gerade die offiziellen Abenteuer müssen hier einen Gang zulegen - oder sich einfach ihrer Regeln noch bewusster sein (SpliMo-Team? Vielleicht ein kleiner Leitfaden für Abenteuerdesign und Kampfdesign?). Für mich ist es bspw. ein kleines Unding, einem Standardgegner in vierfacher Ausführung eine so komplexe Regel wie das Umreißen zu verpassen, die man wahrscheinlich fünf Mal nachschlagen muss, bevor man sie sich langsam merkt.
Es gibt Sachen, die machen richtig Spaß mit SpliMo, und als SL tut man gut daran, sich auf solche Situationen zu fokussieren: Kämpfe gegen wenige Gegner. Kämpfe gegen Gruppen aus ganz unterschiedlichen Gegnern, mit unterschiedlichen Fähigkeiten (und vor allem auch mal ganz ohne Sonderfähigkeiten! Mut zu langweiligen Schergen!). Und so weiter. In der Praxis merkt man dann auch relativ schnell, was funktioniert und was nicht.
Ein Praxistipp: Von den kleinen, kostenlosen Abenteuern finde ich "Die Nacht der Toten" mit Abstand am besten, obwohl es beizeiten unter den genannten Problemen im Kampfdesign leidet. "Die Türme im Eis" gefallen ebenfalls, aber sie sind halt ziemlich lang und eignen sich daher nur beschränkt für Testspiele.

Voraussetzung 3: Alle sind gut vorbereitet.
Ohne die Tickleiste geht gar nichts, aber auch die Regelzusammenfassung ist ein Muss. Dazu kommen die Meisterschaften der Gegenspieler (unbedingt vorher raussuchen!), mindestens ein Schmierzettel für die Positionierung und ähnlicher Kram. Die Spieler sollten die Wirkung ihrer Zauber u.ä. aufschreiben.
Es ist nicht unüblich, dass Mainstream-Spiele eine gewisse Vorbereitung erfordern, und SpliMo ist hier keine Ausnahme (und manchmal nagt es sogar am Maximalkuchen). Das sollte man wissen.
Das Gute: Uhrwerk weiß das. Wenn man in die Ankündigungen guckt (SL-Schirm! Tick-Leiste! Marker! etc!), wird schnell klar, dass man den Spielern hier unter die Arme greifen will. Das ist nicht nur notwendig, sondern auch vorbildlich. Eine besonders große Rolle spielt hierbei auch die Gratis-pdf des Grundregelwerks. Was auf den ersten Blick erstmal nach „lol, gratis“ aussieht, kriegt eine ganz neue Bedeutung, sobald zwei Spieler mit Tablets am Tisch sitzen, die nebenbei ihren Kram nachschlagen können. Ich empfehle also Freunde mit Tablets!

Voraussetzung 4: Alle haben die richtigen Erwartungen.
Ich hoffe mal, niemand erwartet einen wirklich cineastischen Kampf. Oder einen ernst zu nehmenden Kampf, der wesentlich weniger Zeit als eine Stunde benötigt. SpliMo fühlt sich auch mit System Mastery eher wie ein relativ trockenes Taktikspiel an. Improvisation ist möglich, aber wie so oft wären an der Stelle mehr Richtlinien nötig gewesen. Spaß und Spannung gibt es selbstverständlich trotzdem, aber man sollte diesen Spaß und diese Spannung eben in der Taktik suchen, nicht in großen Drama-Regeln. Oh, und in diesem Funken Realismus, der dich Ticks dafür aufwenden lässt, deinen Bogen zu ziehen.

Sind diese Voraussetzungen allerdings erfüllt (was nicht unbedingt immer eine leichte Aufgabe ist, sein wir ehrlich!), kann das SpliMo-Kampfsystem so richtig glänzen. Mich hat es streckenweise sehr positiv an D&D4 erinnert, mit seinen durchgestylten, von vorn nach hinten quer gerechneten Kämpfen und seinem coolen Ressourcen-Mechanismus, der bei SpliMo in der Form von Mana und Leben genau so gut klappt, wie er sich liest.
Hätte ich so ein System gemacht, hätte ich den Realismus trotzdem um eine Stufe heruntergeschraubt, was eventuell die momentan recht massiven Anforderungen an SL und Spieler gesenkt sowie die anderen Designziele unterstützt hätte. Aber gut, persönliche Vorliebe. Es gab einen Playtest, und da war ja sehr deutlich, dass der Großteil der Spieler darauf steht.
Was die Kämpfe angeht, bin ich also durchaus etwas hin- und her gerissen. Sind die Anforderungen erfüllt, die das System an Spieler und SL stellt, kann der Kampf locker bei einer 4/5 landen, eventuell sogar höher. Dann ist es einfach ein gut durchdachtes, fein ausbalanciertes System, das in seiner Taktik wahnsinnig Spaß macht, trotz kleiner Schwächen und „toten Winkeln“ in den Anwendungsmöglichkeiten der Regeln. Sind besagte Anforderungen allerdings nicht erfüllt, kann die Gesamtwirkung sehr schnell sehr tief den Bach runtergehen, und damit auch der Spielspaß. Dessen sollte man sich also bewusst sein.


Apropos „sich bewusst sein“ ...

Falls es noch nicht deutlich geworden ist: SpliMo ist HIGH CONTACT. Aber so richtig. Kein Spiel für zwischendurch, kein Spiel zum „mal anspielen“ an einem Abend, sondern High-Contact-Hardcore-Rollenspiel-Stuff, den man über Jahre hinweg jede Woche Dienstag spielt. Das drückt sich in den ganzen genannten Punkten, aber auch in dem Aufstiegssystem aus, das bei Mainstream-Spielen nur sehr, sehr selten so durchdacht wirkt und auch auf späteren Levels noch gut funktionieren sollte (ich gebe zu, ich habe es noch nicht auf höheren Levels gespielt, aber es liest sich faszinierend simpel). Sogar am Produktplan von Setting- und Regelbänden merkt man, welche Spielkultur hier die Zielgruppe ist.
Und auf derselben Schiene ist es ausdrücklich kein Regelsystem, an dem man einfach mal so herumtinkern kann (der Vergleich mit D&D4 liegt abermals nah). Alles hängt irgendwie zusammen, und ein Tick weniger kann durchaus die Balance zerhauen. Dementsprechend wäre sogar ich als alter Regel-Weglasser vorsichtig, was das Weglassen von Regeln angeht. Aber hey, das passt. Schließlich sind die Regeln ziemlich wasserfest, solang man sie nicht kopfüber und mit losem Verschluss in den Rucksack steckt.

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Allgemeine Regelfragen / Mehrere Rüstungen ausrüsten?
« am: 15 Aug 2014, 01:50:13 »
Okay, ich muss fragen.

Wir hatten die Situation, dass sich ein neuer Spieler wie selbstverständlich eine Tuchrüstung und ein Kettenhemd angezogen hat, um die Werte zu addieren. Es war nach anfänglichem Unwissen zwar tatsächlich mehr ein Versuch, den SL zu trollen ... der dann aber leider auch funktioniert hat, weil ich im Buch nichts gefunden habe, was dagegen spricht. ;D Natürlich, als Konsequenz könnte man mit so einer Reglung auch fünf Tuchrüstungen übereinanderstapeln, und spätestens an der Stelle war es dann auch mehr ein Running Gag als eine ernsthafte Diskussion ("Die Hunde versuchen weiterhin, deine Tuchschichten zu überwinden!"), aber es würde mich trotzdem interessieren: Steht irgendwo direkt, dass man nur eine Rüstung tragen darf?

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Produkte / Wühlen in der SpliMo-Kiste
« am: 28 Jun 2014, 17:13:47 »
Ihr habt bis heute Abend Zeit, um mich zu fesseln und zu knebeln, bevor ich den Text im Internet verbreite (harhar) ... ! ;D


Wühlen in der SpliMo-Kiste
   
Der folgende Text ist KEIN Review zu Splittermond: Die Regeln.
Eigentlich sollte er, wie auch schon die Spritztour mit dem SpliMobil (der Schwesterntext zum Weltenband), ziemlich assoziativ werden … was aber nicht so richtig geklappt hat. Weil, man versuche mal bitte, assoziativ zu arbeiten, wenn man eine Anleitung vor sich liegen hat. Das sind Regeln, verdammt. Die sollen funktionieren, nicht assoziieren, und dementsprechend gibt es jetzt halt doch eine rudimentäre Struktur, irgendwie. Am Ende will ich mir einfach ein Bild von Splittermond machen, das Buch auseinandernehmen und ganz grundlegend verstehen. Eine Anleitung zur Anleitung sozusagen.

Disclaimer 1: Ich habe das Ding noch kein einziges Mal gespielt. Aber hey, wir befinden uns in einer Szene, in der jeder dritte mindestens einen Regalmeter Rollenspielbücher besitzt und zur selben Zeit höchstens zehn davon gelesen, geschweige denn gespielt hat. Realistisch betrachtet wäre es also eine totale Verzerrung der Tatsachen, Splittermond tatsächlich zu SPIELEN, bevor man sich eine Meinung dazu bildet. Und mit so was wollen wir hier gar nicht erst anfangen.
Disclaimer 2: Ich werde die Regeln NICHT erklären, und ich werde erst recht keinen Überblick zum Gesamtprodukt geben. Holt euch euren Schuss woanders. Der Schnellstarter etwa ist ein guter Startpunkt, oder ihr lest halt einfach ein vernünftiges Review.
Disclaimer 3: Ich habe kein Rezensionsexemplar gekriegt, was unter anderem daran liegen könnte, dass ich nicht danach gefragt habe. Eigentlich ziemlich blöd von mir?! Dann wiederum ist man wahrscheinlich sowieso parteiischer, wenn man tatsächlich noch 40€ auf den Tisch gelegt hat und direkt danach zugeben soll, dass es ein verdammter FEHLER war (nennen wir es einfach das „Kickstarter-Review-Syndrom“). Na mal sehen!


Die SpliMo-Regeln und die BAM!-Kurve der Komplexität

Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass alle wissen, was Lego ist. Diese kleinen dänischen Bauklötze für Leute ohne Modellbau-Skills? Für Leute, die zu viel „Rape Face“ in den seelenlosen Playmobil-Gesichter sehen? Ja? Gut. Splittermond: Die Regeln ist ein bisschen Lego. Eigentlich sogar ziemlich Lego.

Zuallererst ist es aber ein klassisches Spiel. Das Bild kennt man ja …
Die multikulturelle Kinderclique (mit verdächtig ausgeglichenem Geschlechterverhältnis) sitzt im Keller einer amerikanischen Vorstadt, eine unverhältnismäßige Begeisterung auf den Gesichtern, die in dieser Intension eigentlich nur ausgebeutete Kinderstars an den Tag legen können. Der Spielleiter, oder noch besser der DUNGEON MASTER, grinst diebisch hinter seinem Spielleiterschirm hervor, während er möglichst viele seiner Allmachtsfantasien in einem Groschenroman zusammenkleistert. Die Gruppe (damals praktisch der zusammengestauchte Cast von Herr der Ringe, eventuell ergänzt um Aushilfs-Jesus) muss sich mit Drachen, dunklen Verließen und extensivem Eskapismus jenseits des guten Geschmacks herumschlagen. Und während so die bescheidenen Grundlagen für die zelebrierte Totalvernerdung der Gesellschaft gelegt werden, haben die Fundamentalisten endlich mal wieder ein neues Feindbild. Good times.
Doch die 80er sind vorbei.
SpliMo ist klassisch, aber dabei auch sehr selbstbewusst, gerade im Sinne von „sich selbst bewusst“. Ein Beispiel? Man könnte ein Trinkspiel aus Formulierungen wie „im Ermessen des SLs“ oder „der SL entscheidet“ machen, ohne dass ein Vulkanzwerg (Konstitution 5) eine reelle Chance hätte, den Settingteil hinten im Buch zu erreichen. Das Spiel allerdings weiß um seinen starken Spielleiter und versucht auch gar nicht erst, irgendetwas anderes zu behaupten. Eventuellen Negativkonsequenzen begegnet man nicht mit Metaregeln, sondern mit Relativierungen und dem gelegentlichen Aufruf zu Vernunft und kollaborativem Spiel … was gut zur Gesamtmentalität passt. Die komplette Einführung zeichnet ein locker-pragmatisches, undogmatisches Bild davon, wie so ein Rollenspiel funktionieren kann, und zwar durchaus in dem Bewusstsein, dass es auch ganz anders geht. An dieser Stelle also ein Integritäts- und Toleranzbienchen für den Uhrwerk-Verlag. Die SL-Tipps später im Buch zementieren diese Herangehensweise auch noch mal sehr bewusst und ergänzen damit hervorragend das Regelsystem, in dem der ganze moderne Rollenspielkram - und das sollte man auf keinen Fall untergehen lassen - wenig bis gar keinen Niederschlag findet.
Die Illustration auf Seite 8 unterdessen ist einfach nur total goldig.
   
Zweitens ist Splittermond ein komplexes Spiel. Man findet zwar einige Simulationsüberbleibsel, aber im Vordergrund steht zweifelsohne der Baukasten, diese wahnsinnige Truhe aus Kinderzimmertretminen. Lego eben! SpliMo ist kein Pathfinder-Playmobil, kein Fate-Freestyle-Hobby-Basteln und erst recht kein Old-School-Revival-Puppenspiel. Der Punkt ist, dass man Lego eben NICHT ausschließlich benutzt, um die Figuren aufeinander zu hauen oder die traumatische Trennung der Eltern zu verarbeiten, sondern auch, um einfach mal unzählige Steine aufeinanderzustapeln! Wer Rollenspielregeln nur als Mittel zum Zweck versteht, als ein Werkzeug, um spannende Geschichten zu erzählen, sollte vielleicht lieber die Finger von diesem System lassen. Charaktererstellung, die verschiedenen Facetten der Probe, Ressourcenverwaltung und Taktik im Kampf, das ist alles auch Selbstzweck. Umgedreht heißt das natürlich NICHT, dass man mit Splittermond keine spannenden Geschichten erzählen könnte (Lego macht den Großteil seines Geldes mit Videospielen, duh!), aber das allein ginge wohl tatsächlich auch ein bisschen einfacher. Die Faszination liegt im System an sich, in den Details, die auf den ersten Blick schon fast übertrieben wirken. Sag deinem Lego-Kind doch einfach mal testweise, dass es lieber mit Playmobil spielen soll, weil der Ritter am Ende nun mal derselbe blöde Ritter ist. Das Kind zeigt dir den Vogel! Und das liegt bestimmt nicht nur an diesen shit-scary Gesichtern.
Dass SpliMo komplex ist, stand aber auch selten zur Debatte; meistens ging es eher um das Ausmaß dieser Komplexität. Lasst mich meine Meinung dazu in einem bunten Bild festhalten, damit es auch jeder versteht. Ich präsentiere: Die BAM!-Kurve der Komplexität!



Okay, komplex ist es also, soweit, so gut. Das Buch startet allerdings ganz dreist mit der Erklärung der Standardprobe, und wir sind positiv angetan. Wer komplexe Rollenspielsysteme kennt, wird hier höchstens positiv überrascht, durch Risiko und Sicherheit, aber besonders krass? Nah. Simple enough, I guess.
Und dann kommt das Charaktersystem. Vielleicht hat man aus Versehen bis zum zweiseitigen Charakterbogen vorgeblättert, vielleicht ist man über die Berechnung der Fertigkeitswerte gestolpert. Wie auch immer, BAM! Der Schock sitzt tief. HOLY MOLY, das ist komplex, denkt man!
Komplex genug, um leicht ein paar coole Sachen zu übersehen: Das System für Lebenspunkte (und Fokus) funktioniert ja schon in der WoD und bei Shadowrun 4e sehr gut, allerdings wurde es hier um das taktische Kanalisieren erweitert. Die Startattribute sind auch auf lange Sicht überraschend relevant, und allgemein weiß das System mit den Heldengraden zu begeistern, die kein handfester Level-Kram, aber doch ein eindeutiger Power-Boost für die Kampagne sind, der über das Verteilen von Punkten hinausgeht. Dass man sich nicht wirklich verskillen kann, gefällt ebenfalls. Lego wäre schließlich ziemlich uninteressant, wenn man nur mit einer Anleitung etwas Hübsches gebacken kriegen würde, ODER?! *genervter Seitenblick zur Character-Build-Mentalität von d20 & Co*

Die Charaktererschaffung hat zwei Modi: Erstens die Punkteerschaffung („hardcore-komplex“) und zweitens die Modulerschaffung („für-ein-komplexes-System-eigentlich-ganz-zugänglich“, oder auch liebevoll „der Duplo-Modus“). Das ist wirklich sympathisch, speziell weil der Duplo-Modus ein elegantes Mittelding zwischen der praktischen Benutzbarkeit und einer hilfreichen Orientierung für alle Charaktere bietet. Außerdem kann man die beiden so überraschend produktiv miteinander kreuzen wie die Strahlen im Finale von Ghostbusters. Und ja, Duplo und Lego sind kompatibel. Die Metapher hält, look it up.
Danach passiert zwar so einiges, aber freundlicherweise nichts, für das ich in meinem Bildchen rumkritzeln müsste. Die Stärken sind „total normal“ und wirken höchstens in ihrer Wirkung etwas doppelt gemoppelt neben den später auftauchenden Meisterschaften. Die Mondzeichen haben auch was, wobei man sich hier eventuell ein wenig streiten könnte, ob dieser zusätzliche Komplexitätslevel gerade bei der Charaktererschaffung notwendig war; eine mögliche Hausregel wäre, die Zeichen erst nach der ersten Runde einzuführen. Die Splitterpunktökonomie über das Ausspielen der Schwächen ist ein kleiner Handschlag mit der Rollenspielmoderne. Hervorheben will ich allerdings dann doch lieber die Ressourcen. Die World of Darkness (deren Inspiration man abermals vermuten darf) hantiert seit diversen Generationen mehr oder weniger unbeholfen mit der Frage herum, was genau an diesem System denn nun fest reglementiert sein sollte, und was der SL lieber gleich handwedelt. SpliMo dagegen zuckt smug mit den Schultern und wirft ein Konzept in den Raum, dass durch seine gut platzierten Laissez-faire-Elemente fast schon ein wenig fehl am Platz wirkt. Heiß! Sonst ist das Spiel nämlich ziemlich hart durchgeregelt, und oh, da kommen wir auch schon zu den Fertigkeiten. Zeit zum Kritzeln!



BAM! Ich meine nicht mal vorrangig, dass jede einzelne Fertigkeit ihre eigenen Regeln und Würfelergebnisse hat, das konnte man damals schon bei D&D 3e schrecklich finden und wird es selbst heute bei Fate Core noch nicht so richtig aus der Rollenspielsuppe kriegen. Nein, die Ursache der tektonischen Plattenverschiebung auf dem Bild liegt eher bei den Meisterschaften. Im Nachhinein sieht das wieder anders aus, aber wenn man das erste Mal in das Kapitel kommt, wird man umgehend von einem gewaltigen Batzen willkürlich wirkender Charakteroptionen erschlagen und dann tief, tief darunter verbuddelt. Mal gibt es +1, mal +2, mal +3 auf irgendeine Probe, mal kann man 5 statt 4 Meter weit schwimmen und mal kann man plötzlich Gerüchte in der Stadt verbreiten (warum auch immer man dafür eine Meisterschaft braucht). Der Witz ist: Der Wahnsinn hat System. Wenn man ein paar dutzend Meisterschaften gelesen hat, erkennt man langsam das Prinzip dahinter, aber bis dahin muss man definitiv die Zähne zusammenbeißen. Ich kann die Entscheidung verstehen, das Ganze zu den Fertigkeiten zu packen, aber eine glitzernde Warnung in Signalrot („Achtung, SYSTEM MASTERY!“) wäre echt nützlich gewesen.
Aber wie gesagt, es funktioniert. Oh, und es gibt Höhepunkte. Die gruppierten Fertigkeiten etwa. Hier hat es doch tatsächlich mal ein Spiel geschafft, dass ich Ballet tanzen kann, ohne automatisch ein verdammt guter Trommler zu sein, und dass ich auf der anderen Seite potentiell besser trommeln kann, wenn ich das subtile Taktgefühl einer Prima Ballerina mitbringe. Exquisit! Außerdem sorgen die Meisterschaften für etwas, das ich neudeutsch als „flavourful specialists“ bezeichnen würde; wer sich spezialisiert, hat nicht nur einen hohen Wert, sondern auch ein paar coole kleine Vorteile und ein bisschen Feeling mit im Paket. Manche Effekte wirken zwar etwas hartwurstig-kleinteilig, etwa die verdreifachte Haltbarkeit von Tierprodukten bei der Jagdkunst, aber hey, letztendlich sind genau diese freaky-urdeutschen Meisterschaften einer von zwei Gründen, aus denen Splittermond seine Behauptung halten kann, den Kampf nicht zwangsweise in den Mittelpunkt des Spielkonzepts zu stellen (zum zweiten Argument später mehr). Wer allerdings nur einen mäßig ausgeprägten Regelfetisch mitbringt, wird sich schon des Öfteren fragen, ob halb so viele Meisterschaften mit doppelter Wirkung nicht auch gereicht hätten … ich meine, sogar D&D hat gerade das erste Mal seit der der dritten Edition seine Talente zusammengestaucht und dabei praktisch nichts an Charakterindividualität verloren. Aber das ist dann wohl wieder der Lego-Faktor, mit dem man klarkommen muss.

Hui. BAM? Wir kommen zum Kampf, und das Tick-System überfordert meine wissenschaftlich-objektive Darstellung endgültig. Aktionen wie „Fernwaffe vorbereiten“ mit eigenem Tick-Wert, das Abbrechen der Bewegung präsentiert sich als ganzseitige Regelaberration (Monstergrad 4+) … irgendwie wirkt das erstmal alles wahnsinnig abgefahren. Beim näheren Hinschauen - und langsam bilde ich mir ein, hier ein Muster zu erkennen - macht es dann natürlich irgendwo Sinn. So ein detailliertes Kampfsystem überlebt keinen ernsthaften Playtest, ohne am Ende irgendwie zu funktionieren, und wer nach einem Blick ins Betaforum und nach der Verschiebung des Regelbuchs immer noch an den Playtest-Intentionen des Verlags zweifelt, sollte mal gründlich darüber nachdenken, ob er nicht irgendeine Probe gebotcht hat, beispielsweise auf Lebensfreude. Anekdote: Das Internet hatte so seine Probleme mit einem gewissen Schnellstarter-Zwerg und seiner weniger schnellstarterigen Zeitlupengeschwindigkeit, zurückzuführen auf Rüstungsbehinderung, langsame Waffen und … nun ja, es war immer noch ein Zwerg. Selbst vor drei Wochen sind noch irgendwelche mehr oder minder empörte Kommentare zu dem Thema aufgekommen (inkls. der obligatorischen Todsagung des Systems, so fett auch „Beta-Regeln“ auf dem Heftchen steht). Ich hab mir mal die drei Minuten genommen und das Ding nachgeschlagen. In den aktuellen Regeln ist die Rüstungbehinderung nur noch halb so hoch, und auch die betroffene heavy hitter Waffe dürfte jetzt zwei Ticks schneller arbeiten. Sieh doch mal einer an. Letztendlich bin ich mir selbst ohne Testspiel ziemlich sicher, dass die Ticks in SpliMo erheblich besser funktionieren dürften als etwa in Exalted und Scion; und hey, das ist vielleicht keine Herausforderung, aber doch schon mal ein guter Anfang. Außerdem gibt es abermals so kleine Aha!-Momente, etwa die Koloss-Regeln: Eine Hydra handelt nicht einmal auf der Tick-Leiste, sondern dreimal, und das lässt den Videospieler in mir fröhlich glucksen. Wunderbar gamey.
Okay, wo stehen wir also am Ende der Kurve?



Who fucking cares?
Jetzt mal ernsthaft. Diese ganze mühsame Diskussion zwischen „wäh! schlimmer als DSA!“ und „uh! nicht so schlimm wie Shadowrun!“ verfehlt total den Punkt: SpliMo IST komplex (Surprise!), es IST Hardcore-Lego, und die Regeln sind damit definitiv ein gutes Stück Selbstzweck. Und zwar ein verdammt gut konzipiertes und noch besser umgesetztes Stück Selbstzweck. Tut mir leid, aber viel näher an ein Fazit kommt der Text wohl nicht mehr, obwohl ihr erst ein Drittel hinter euch habt. Die ganzen Detailvergleiche lenken meiner Meinung nach nur von dem Fakt ab, dass man problemlos damit klarkommen wird, wenn man auch an D&D 3e und 4e, an Shadowrun oder DSA seinen Spaß haben konnte, ohne einen epileptischen Anfall zu kriegen, und dass man wahrscheinlich Probleme mit den SpliMo-Regeln bekommen wird, wenn einen schon diese Aufzählung allein zu den Medikamenten greifen lässt. Willkommen im Mainstream, sucker!

… man beachte aber auch den letzten Teil dieses Beitrags, für ein bisschen Relativierung.
   
So, CUT! Bis hierhin war alles vergleichsweise sortiert. Ich habe natürlich noch mehr geschrieben, weil das Inventar einer Legokiste nun mal nicht auf eine sticky note passt. Aber wenn jemand keinen Bock mehr auf diesen Text hat, wäre jetzt wohl der perfekte Zeitpunkt, um schreiend zu flüchten. Von hier an geht es nur noch bergab.

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Produkte / Eine Spritztour mit dem SpliMobil
« am: 29 Mär 2014, 00:12:26 »
Ich hatte mal wieder Bock auf was Albernes.
... sollte man vielleicht davor wissen. ;D



Der folgende Text ist KEIN Review zu Splittermond: Die Welt.
In spätestens vier Wochen werden wir sowieso in einer regelrechten Flut aus Blogger-Experten-Meinungen ersaufen, und so verzichte ich mal freundlich lächelnd auf einen objektiven Text. Holt euch euren Schuss woanders. Wenn Splittermond ein Museum ist, ist das hier nicht der ausgeschilderte Rundgang, sondern das achtjährige Kind, das mit seiner einarmigen Action-Figur in der Hand durch die Gänge rennt und die Ausstellungsstücke betatscht. Okay? Gut. Wir machen … eine Spritztour mit dem SpliMobil! Einsteigen bitte!


„Das neue SpliMo, für die Frau von Welt (Lassen sie ihr Kittchen hinter sich!)“

Denn ganz ehrlich? Wie geil ist diese Abkürzung denn bitte? Es ist weder ein klassisches „D&D“, noch ein simples „DSA“ (und auch kein inkorrektes „DAS“, wie uns die Word-Rechtschreibprüfung versichern würde). Es ist SpliMo. Das klingt nicht nur wie ein Waschmittel, sondern bietet sich auch ähnlich gut für grenzdebile Wortspiele an. SpliMottos sozusagen. Oder eher SpliMotive? Man könnte praktisch eine ganze SpliMontage nur mit dieser Abkürzung machen, ein SpliMosaik! … Obwohl Uhrwerk also offensichtlich viele Ressourcen in die Abkürzung investiert hat, ist auch der ausgeschriebene Name eine kleine Erwähnung wert. Der „Splittermond“ ist nicht einfach so ein gelangweiltes „Hm, wir brauchen nen Namen … Hey, da ist doch dieser Mond da, oben im Himmel, den wir irgendwann ins Buch gerotzt haben!“ (womit ich, ehrlich gesagt, durchaus gerechnet habe), sondern ein ziemlich zentrales Element, das sich in der Mythologie, bei den Spielercharakteren und in vielen Kulturen wiederfindet. Tatsächlich hat das ganze verdammte Setting vor meinem inneren Auge einen leicht angeknacksten, bläulichen Schimmer angenommen, was bestimmt nicht nur an der baby-türkisen Aufmachung des Buchs liegt. Die ich übrigens wirklich cool finde. „Baby-türkis“ ist also KEIN Schimpfwort in diesem Text!
Und dann ist da noch der große, geheime „Hintergrund-Metaplot“ der Kampagnenwelt (… and aaall them role play boys go „uuuh!“). Zwar kein DSA- oder oWoD-Metaplot, aber einer, den man mit zwei Sätzen zusammenfassen kann, ohne dass irgendwas unter den Tisch rollt (Hint: Seite 266, aber pssst, Spoilers!), und den man auch einfach komplett ignorieren kann … so ungefähr wie das schlechte Gefühl, das sich unwillkürlich einstellt, wenn man 60€ für die SpliMo-Weltenband-Limited-Edition auf den Tisch legt, baby-türkiser „Lederumschlag“ hin oder her. Allerdings ist dieser Setting-Hintergrund nicht nur unaufdringlich, sondern auch noch ziemlich cool. Ohne groß zu spoilern: Eine 60er-Jahre-Hardcore-Feminismus-Interpretation wäre bestimmt wahnsinnig interessant, aber dann bitte so richtig mit Menstruationsblut, Mondphasen und weiblicher Hysterie, wie es sich gehört. <3
Apropos „Mond-“: Die Mondpfade wurden ja derbe gehypt, und, nun ja, nicht ganz unbegründet, wie ich finde. Das ist entschieden nicht der allmorgendliche Gang zum Aldi, und es ist auch nicht das Portal, das aus den Forgotten Realms in unsere Welt führt (nein, Mr. Greenwood, wir haben es nicht vergessen), sondern wirklich ziemlich geiler Scheiß. Natürlich nichts Revolutionäres, aber eben geil genug, um als „geiler Scheiß“ bezeichnet zu werden. Jeder Pfad hat seine Eigenheiten, von Mindfuck-Illusionskram über Indiana-Jones-Gedächtnis-Dschungelexpeditionen bis hin zur klassischen Märchen-Feenwelt (natürlich in der DARK & GRIM & GRITTY Variante, aber ohne peinlich). Und dazu kommt … ein nüchterner Wirtschaftsfaktor. Weil, fuck, die Dinger sind nun mal logistisch wichtige Straßen, und genau so werden sie auch behandelt, unabhängig davon, ob einen nun auf dem Weg Geister, FSK-12-Nymphen und Horrorvisionen der Schwiegermutter ereilen oder nicht.
Und weil es so passend ist, brettert unser SpliMobil aus den Tiefen der Feenwelt (gnomische Mechanik!) auf den ungemein überraschend benannten Mondpfad der „Seidenstraße“ … der uns schnell nach Sarnburg führt.


„Das neue SpliMo - Zeigt, wie man in Sachen Standards Standards setzt!“

Wow. Ich meine, man findet inzwischen ja reichlich Foren-Threads, die sich praktisch zu 90% aus „WÄH, SpliMo ist EDO! Lame!“ und „WÄH! Bastardkind Aventuriens!“ zusammensetzen, mit einem Schuss „WÄH! Voll innovativ!“ und einer Prise „WÄH! Alles geklaut!“ am Ende. Das mag für einige Leute essentiell wichtig sein, mir persönlich ist es herzlich egal … aber WOW, ist das Kaiserreich Selenia gut gemachter Standard! Und das sage ich jetzt aus der Perspektive von jemandem, der den Europa-Teil im üblichen Fantasy-Weltenband eher so überfliegt, weil … ist eh immer das Gleiche! Letztendlich will ich den exotischen Scheiß. SpliMo, nun ja, macht es erstmal genau so, surprise. Aber irgendwie schaffen sie es dann doch, einem das ganze Zeug so richtig schmackhaft zu machen, fast schon wie das Preiselbeergelee auf den Köttbullar bei IKEA, das man selbst dann noch isst, wenn man sonst überhaupt nichts mit Marmelade anfangen kann. Vielleicht liegt es an der Präsentation, die das Ganze so zuckersüß verpackt, oder an den Prioritäten, die zwischen Atmosphäre, allgemeiner Beschreibung und handfesten Storyhooks erschreckend souverän zu wissen scheinen, was sie eigentlich wollen. Nice, Leute. Ungewohnt. So macht man eine Regionsbeschreibung.
Aber natürlich ist nicht alles Preiselbeergelee. Selenia deutet es schon an: Die gute alte Redundanz, die uns praktisch drei oder vier Mal an unterschiedlichen Stellen dasselbe über Lage und Beschaffenheit des Landes erzählen möchte, kann einem ordentlich auf den Senkel gehen. Um das Ganze doppelt zu unterstreichen, stopft sie auch noch ein paar zweifelhaft sinnvolle Dinge in die Infokästen, die eigentlich das Wichtigste zusammenfassen sollen; wer zur Hölle braucht eine Aufzählung der Flüsse, wenn bei einigen Regionen noch auf derselben Seite eine Karte zu sehen ist? Seltsam. Das Buch wirkt in dieser Hinsicht manchmal etwas … deutsch, habe ich das Gefühl, im negativen Sinne. Gelegentlich merkt man auch überdeutlich, dass mehrere Leute daran saßen, und wie wir in der Fantasy-Szene wissen, schlägt sich der mehrköpfige Troll mit großem Genuss ins eigene Gesicht. Die Vorgaben und Richtlinien hätten wohl von etwas mehr Deutlichkeit und Tiefgang profitiert (oder alternativ davon, dass sich auch wirklich jeder daran hält). Schade ist das nicht zuletzt deshalb, weil das Weltenbuch als Ganzes ungewohnt klug und übersichtlich strukturiert ist. Das ist dann vielleicht die positive Kehrseite dieses schwer greifbaren „deutsch“, von dem immer alle reden.
Um den mehrköpfigen Troll zu illustrieren, steigen wir zurück ins SpliMobil und machen zwei kleine Trips. Der erste geht ins Ordensland des Wächterbundes, wo trotz des verdammten Staubs alles in Butter ist. Das Konzept dürfte so alt und lahm wie überhaupt möglich sein (fatalistischer Orden vs. das Böse … FIGHT!), aber die Umsetzung mit Fraktionen, charakteristischen Burgen, egoistischen Glücksrittern und viel Staub sorgt abermals für ein euphorisches „YES!“; am liebsten würde ich ja augenblicklich den Ordensmantel aus dem Kofferraum holen. Aber Gott, was ist das Wetter schlecht! Und deshalb geht es zurück nach … Irland? Okay, vielleicht nicht die beste Überleitung, aber ein gutes Exempel. Tir Durghachan (ja, ich habe den Namen nachgeschlagen und stehe dazu) ist atmosphärisch beschrieben, außerdem kann ich endlich laut lachend meine Shadows-of-Esteren-Bücher verbrennen, gerade mit Nyrdfing nebenan … ernüchternd bleibt das Ganze aber trotzdem. Ich meine, das Land ist fucking RIESIG. Und obwohl jeder Weltbürger weiß, dass die britischen Inseln aus Schafen und Rosamunde-Pilcher-Romantik bestehen, lässt es einen irgendwo mit den Zähnen knirschen, wenn vergleichsweise wenig Handfestes in den Zeilen zu finden ist. Ich weiß jetzt zwar, wie die Gesellschaft funktioniert, aber interessante Landmarks und Story Hooks, die nichts mit Leprechauns oder keltischen Daily Soaps zu tun haben, muss ich mir größtenteils auf Grundlage einzelner Teilsätze zusammenreimen oder direkt aus den eigenen Rippen leiern. Und die Feen? Die kriegen anderthalb Seiten. Das ist in meinen Augen schon ziemlich „Autsch!“, so wichtig die Lords und Ladys auch für diese Region sind, und so viel Spaß ich auch beim Lesen hatte. Splittermond hat also beizeiten auch schon mal recht durchwachsene Prioritäten.
Um diesen Teil des Texts nicht auf einer negativen Note enden zu lassen, die irgendwo irreführend wäre: Zhoujiang! (Ja, ich habe es nachgeschlagen … sorry.) Das Phönixreich wird laut Buch „Dscho-Dchang“ ausgesprochen, was verblüffend genau nach „Dsching-Dschang-Dschong“ klingt und damit einwandfrei beschreibt, was wir vor uns haben. Und es ist toll und exotisch und interessant gemacht, und es hat einen wunderbaren Mittelweg zwischen Klischees und SL-freundlichen Beschreibungen, der trotz (oder gerade wegen?) der nicht gerade funkelnden Rollenspielvergangenheit der Region hervorsticht. Okay? Nett. Und weil das SpliMobil gerade auf Seite 104 angekommen ist, wird es Zeit ... *tief durchatmen* über Bilder zu reden.


„Das neue Spl… ILLUSTRATIONEN SIND SERIOUS BUSINESS“

Ein Disclaimer: Nach einer langen Zeit der sozialen Unruhe dürfte sich in den letzten Jahrzehnten endgültig herauskristallisiert haben, dass weder die alte Gretchenfrage, noch der klassische Streit um die beste Eissorte die größten ungelösten Probleme unserer modernen westlichen Gesellschaft sind. Viel kontroverser ist doch die Angelegenheit mit den Rollenspielillustrationen. Einige Extremisten argumentieren weiterhin, jegliche grafische Darstellung würde lediglich Platz im Buch verschwenden und den Käufern das Geld aus der Tasche ziehen, andere mögen immer noch den Vokuhila-Bullshit, den Dungeons & Dragons in den 80ern verbrochen hat … Was ich eigentlich sagen will: Der ganze verdammte Text ist bloß meine Meinung, aber in diesem Abschnitt hier wird das noch mal besonders wichtig. Duh!

Wir zweifeln keine Sekunde daran, dass das SpliMobil in Zhoujiang angekommen ist, denn die Seite atmet förmlich Dsching-Dschang-Dschong (Oh Gott, es tut mir so leid, aber SO IST ES NUN MAL). Das liegt einmal an der niedlichen kleinen Landkarte, zum anderen aber auch an der Illustration. Hübsch. Passend! Und vor allem ist es nicht nur ein Bild, sondern eben eine Illustration … was leider nicht immer so klar ist. Tatsächlich gibt es so einige Abschnitte, bei denen man sich früher oder später fragt: „Ja, und wie sieht das denn nun aus?“ Ich meine, die Beschreibungen sind ja ganz ordentlich, aber wir sind die verdammte Internet-Generation, die in Katzenbildern und Memes denkt, und ihr sagt uns, dass es in einem Landstrich Buchen und Kiefern gibt? Come on. Ich hab schon Mühe, eine handelsübliche Ziege von einem Fahrrad zu unterscheiden. Die Bilder im Buch sind wie gesagt sehenswert, aber die Einbindung (mal „abgeknickte“ Ecken, mal rund zugeschnittene Bilder; Metallränder bei den Karten) muss man nicht durchgängig toll finden, zumal viele Illus offensichtlich größer konzipiert waren und aufgrund ihrer Einbettung so ein bisschen zu Thumbnails degenerieren. Was wirklich schade ist, nicht zuletzt, weil das Layout an sich klargeht (wir erinnern uns an das Baby-Türkis). Es gibt auch nur ganz wenige Stil-GAUs, wie den Gnom auf Seite 195, der im Alleingang dafür verantwortlich ist, dass das SpliMobil definitiv niemals in Shahandir halten wird … an dieser Stelle ein vorsichtiges „Sorry!“ an die Keshabid (es liegt nicht an euren Sommersprossen!). Ich habe letztendlich richtig lange vor dem Buch gesessen, um herauszufinden, was mich an der Bebilderung stört, denn nüchtern betrachtet sollte sie eigentlich funktionieren. Tut sie aber nur bedingt. Es gibt viele kleine Sachen, die nicht auffallen, aber dann im Gesamtbild durchaus auf den Senkel gehen. Bei der Durchführung hätte man sich vielleicht am Weltenband zur Inneren See von Pathfinder orientieren sollen, der das praktisch perfekt hinkriegt - und zwar, obwohl das Spiel im Gegensatz zu SpliMo weder richtig Charakter, noch eine gute Abkürzung für den Namen hat. Am Ende allerdings sieht Uhrwerks neues Produkt trotz meines elitären First-World-Gebrabbels oft genug so richtig gut aus, etwa auf Seite 104, oder in Farukan (160), oder auf den Stromlandinseln (138). Oh Gott, wir müssen später unbedingt auf die Stromlandinseln.
Zuerst allerdings donnert das SpliMobil durch die Tore von Esmoda.


„Das neue SpliMo - Für das gewisse Extra …“

In diesem Fall ist das gewisse Extra das ewige Leben, Höhepunkt des Eskapismus, Tim Burtons seit über 30 Jahren stets wiederkehrender, feuchter Traum in Form einer ewig untoten Metropole. Klingt erstmal irgendwie lame, aber wir stellen schnell fest, dass Esmoda doch schon ein ziemlich interessantes Reiseziel ist (auch wenn der Fäulnisgeruch höchstens als „special interest“ durchgeht). Das SpliMobil wird geparkt, und dann geht es ab zum Sightseeing. Soziale Spannungen zwischen Lebendigen, bald Toten und Untoten? Drei Herrscher, ebenso uralt wie enigmatisch wie vollkommen uninteressiert am Leben? Überhaupt, ein ganzer dicker Brei aus Vergangenheit, großen Rätseln, Verzweiflung, Melancholie und ähnlicher Emoscheiße? Geil. Ich bin ja wählerisch, was Settings mit Toten angeht *hust*, aber das hier funktioniert. Und es klingt einfach so wunderbar bittersüß.
Andernorts auf Lorakis soll es übrigens ähnlich aussehen: Kintai ist zwar Elfen-Japan (let’s face it), aber die Sache mit der Mind-Control-Kranich-Gott-Kaiserin, deren eindeutig vorhandene Pläne für die Sterblichen nicht so richtig Sinn ergeben, verpasst der typischen Weeaboo-Region einen frischen, angsteinflößenden Touch. Die Afali wirken erstmal wie die altbekannt-grenzwertigen „Fantasy-Zigeuner“ in der Seevariante, aber die Prophezeiung, die sie an das Meer kettet, kann einem schon mal einen Schauer über den Rücken jagen. Lorakis ist wohl vielerorts mehr, als man auf den ersten Blick denkt. Und obwohl der Lack des SpliMobils ironischerweise noch nie so bunt aussah wie in Esmoda, geht es nun weiter.

Wir legen erstmal eine Kassette ein, schließen die Augen und gehen auf die Metaebene. Die gibt es nicht in SpliMo, dafür aber im echten Leben, oder zumindest in der Literatur.

Liebe SpliMo-Junkies. Bitte werdet keine Ärsche. SpliMo ist echt geil und, machen wir uns mal nichts vor, hat gute Chancen, „the next big Thing“ in Deutschland zu werden. Also tut unserer geliebten Rollenspielszene den großen Gefallen, weniger arrogant zu sein als der Rest von uns. Seid nett zueinander, nehmt das Hobby auch mal locker, seid offen für neues und anderes. Und wenn ihr ein eigenes Spiel macht, gebt ihm BITTE eine coole Abkürzung. (Ich bin wohl selbst schuldig im Sinne der Anklage. T_T)

Liebe SpliModeratoren. Die Sache mit Downloads, Fan-Einbindung, Kommunikation und ähnlichem Schmarrn ist cool. Bleibt dabei, echt. Aber lasst euch nicht zu sehr von den Fans beeinflussen. Bis jetzt sieht ja alles nach einem vernünftigen Mittelweg aus, der bei Regionalbänden und ähnlichen Dingen aber noch mal interessanter werden könnte. Außerdem habt alles richtig gemacht mit der Abkürzung. Respekt!

Das SpliMobil beginnt mit Holpern, und als wir die Augen öffnen, läuft so komische Weltmusik im Radio. Wir haben offensichtlich die Metaebene verlassen; keine Ahnung, wie wir nach Mahaluu gekommen sind, aber es gefällt uns hier.


„Das neue SpliMo - Mach dich mal locker, Süße!“

Jetzt mal ernsthaft. Knackige, halbnackte Insulaner, pflanzliche Aphrodisiaka, tropisches Wetter und irgendwie keine ernsthaften Feinde, trotz der Pirateninseln („Der Code ist eher so eine Richtlinie, LANDLUBBERS!“) und ihrer Sklaverei nebenan? Toll! Was will man mehr? Dass die Einheimischen ihre heilige Pflicht™, die selbstverständlich kriegerische Wächterschaft über Feen-Vulkan-Cthulhu™, zugunsten eines angenehmen, faulen Lebens aufgegeben haben, und sogar zwischen den Zeilen des Beschreibungstexts dafür gescholten werden, hat so verdammt viele Zweifelhaftigkeiten in verschiedenste Richtungen, dass mir (ehrlich) auch ohne den Einfluss der lokalen Drogen etwas schwindelig wird. Ich meine, der faule, sexgeile Insulaner trifft sich mit dem Witzfigur-Pazifisten, um über die gesellschaftlich geächteten, aber letztlich natürlich immer noch absolut notwendigen Selbstopfer-Soldaten zu lachen? Wie in einem Hollywood-Film. Zwar ist deutlich zu erkennen, was Splittermond hier darstellen will (Hint: Es ist nicht die infernalische Gärgrube der reaktionären Weltsicht), aber ein laues Gefühl im Magen bleibt dennoch, gerade weil man andernorts durchaus Wert darauf gelegt hat, von der eurozentrischen Sichtweise und ihrem Exotismus wegzukommen. Sogar die üblichen Rassismen des Fantasy-Bereichs (sonst so konventionell wie die brennenden Geburtstagskreuze auf der Torte eines KKK-Balgs) bewegen sich in SpliMo meistens auf einem sehr angenehmen Level zwischen Recherche und vertretbarer Exotik. Wenn dann aber ein paarhundert Kilometer neben Mahaluu die Jaguarkrieger (praktisch auf Klischees reduzierte und im wahrsten Sinne des Wortes „bestialisierte“ Azteken, Olmeken etc.) auf Menschenopferjagd gehen, ist das nicht mehr allein ein Problem von political correctem Klugscheißen, sondern durchaus auch ein Schlag in die Konsistenzmagengrube des Settings. Wäre das Buch jetzt einfach das nächste große Savage-Worlds-Ding gewesen, hätte ich einmal herzhaft gelacht und abgewunken, aber so fällt es irgendwie raus, und das ist schade. SpliMo wäre in meinen Augen durchaus noch einen Tacken besser geworden, wenn es nicht jeden Scheiß mitgemacht hätte.
Das SpliMobil mit seinen Hippie-Feenreich-Wurzeln sieht es übrigens ähnlich, und deshalb tackern wir weiter, behangen mit bunten Blumenkränzen und seichtem Rassismus, durch die Traumwelten der mahaluesischen Pflanzenwelt. *hust* Wir stellen uns vor, dass wir direkt auf den Stromlandinseln gelandet wären. Die funktionieren nämlich. Zwar ist auch diese Region so tropisch-paradiesisch, dass Gott der Herr persönlich eine Nasenblutfontäne in die Luft rotzt, aber es gibt Konflikte, es gibt Graustufen und scheinbar auch richtig menschliche Einheimische, unabhängig davon, ob sie drei Meter groß sind oder einen Fuchsschwanz am Hintern haben. Die Sache mit der feenhaften Spiegelprinzessin zieht uns, ähnlich wie schon in Esmoda, die Luft durch die Zahnzwischenräume, und wir wollen augenblicklich da unten aufschlagen. Möglichst mit einer Spielgruppe.


„Das neue SpliMo - Man kann ja nicht alles haben!“

Der Geduldsfaden des Lesenden dürfte sich wohl langsam seinem Limit nähren, was Albernheit und einseitige Darstellungen angeht, weshalb der folgende Part thematisch … ach, nennen wir es doch einfach beim Namen: Hier steht alles, was bisher keinen Platz hatte. Also, mögliche Tagestouren für das SpliMobil! Los!
-> Farukan! Überfordert mich, und das macht es einfach wunderbar. Es wirkt nicht faul, es wirkt nicht einseitig, es ist wunderbar fremdartig, und doch gerade noch nah genug, um als eigenes Setting herzuhalten. Turbane! Krummsäbel! Und eine Menge Kram, den man bei Turbanen und Krummsäbeln eher nicht erwarten würde. Shiny!
-> Die Gnome. Die Varge! Ich hab ja praktisch fellige Orks erwartet (sozusagen die alten DSA-Schweine, eingeschmuggelt unter neuem Namen), aber die Varge haben was. Das ist nicht einfach (nur) „Mensch+Tierkopf“ Nummer 213, sondern ein wichtiger Teil des Settings, und durchaus einer, der reinpasst, besonders außerhalb Dragoreas. Nice. Furries der Welt, VEREINIGT EUCH! Die Gnome sind übrigens auch cool genug, um sie besser nicht nur mit einem einzelnen Satz abzuspeisen. Aus Platzgründen beschränke ich mich beim zweiten auf „Das sind nicht die Halbwüchsigen aus D&D!“ … Klar? Gut.
-> Kungaitan! Ich meine, ja, Elfen-Japan und NICHT-Dsching-Dschang-Dschong sind cool, klar, aber hier sitzt man davor und schüttelt den Kopf, weil so viele nette und unklare Emotionen aufeinandertreffen. Ich kann es nicht mal richtig beschreiben, aber es macht mich an. <3
-> Das Cover! Falls es wer noch nicht gemerkt hat, ich bin eine Optikhure, und jedes Mal, wenn ich diese Farbverläufe sehe, läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Dass es dazu noch ein richtig cooles Motiv ist, hilft natürlich, und lediglich diese komische Verästeltung passt nicht so ganz ins Bil… oh Gott, DIESE FARBEN!
-> Die Orks! Gott, ich mag tatsächlich die Orks. Das ich das noch mal erleben darf. *Tränen wegwisch* Obwohl man meinen könnte, dass sie unter dem gleichen Blaaargh-Fantasy-Phänomen wie Mahaluu leiden sollten, kommt es irgendwie organischer rüber, und wirklich angsteinflößend. Die Orks SIND böse, und wir haben keinen Schimmer, wieso. Ich habe durchaus das Gefühl, dass es da einen Grund gibt, aber den verraten sie dir nicht, während sie deine gebratenen Körperteile an deine Kinder verfüttern. Scary shit!
-> Die Versorgung mit Landkarten ist GUT! Rein optisch ist es abermals kein Golarion, aber okay, SpliMo schwimmt ja auch (noch) nicht in den amerikanischen Rollenspielmillionen, mit denen Monte Cook & Co. ihre Badewannen füllen. Und trotzdem sieht die Weltkarte besser aus, rein von der Konzeption her! Spannend. Praktikabel. Und am Ende einfach nur SO! VERDAMMT! COOL! Dass es im Buch auch noch eine politische Karte, eine unbeschriftete Karte, Regionskarten und eine ziemlich atmosphärisch-belustigende ingame-Karte (!) gibt … mind = blown. Sind wir hier wirklich noch in Deutschland? Ich vermute, dass der Uhrwerk Verlag inzwischen von Amerikanern in baby-türkisen Shirts und angeklebten Bärten unterwandert wurde.
-> Der ganze verdammte Norden. Alles. Gontcharia, die Wandernden Wälder, sogar Frynjord, das entgegen des ersten Eindrucks nicht nur ein kleinwüchsiges Thorwal ist. Geil.
-> Die Sphären. Woah. Ich meine, sie sind a) übersichtlich. Kein Willy-Wonka-Wunderland-Bullshit mit Western-Zombies, sondern der übliche Kram, hübsch verpackt. Sie sind b) mystisch. Es gibt keine Portale in der zweiten Straße Sarnburgs von links, sondern ein paar wenige, tief im dunkelsten Dunkel des Dunkelwalds, oder auch schon mal auf nem echten 6000er. Oh, oder halt mithilfe einer verschollenen Schule der Magie. Kein Problem! So muss das. Ich will in die Sphären, SOFORT, aber ich weiß, dass ich es nicht kann, weil es nun mal nicht die Regionen 24 bis 27 sind, sondern die fucking Sphären. Und das macht sie so viel attraktiver … *rrrrr*


Unser Sprit neigt sich dem Ende zu, aber das geht klar. Splittermond ist in meinen Augen das interessanteste deutsche Großprojekt seit „Die Chroniken der Engel“, und oh, es gibt so viel zu sehen. Nicht nur Schönes, das ist klar, aber am Ende einer guten Reise verblassen die negativen Erinnerungen erfahrungsgemäß ziemlich schnell. Und Lorakis hat definitiv das Potential für so einige gute Reisen.




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