(Wall of Text, teils sicherlich redundant. Tut mir leid.)
Wulfhunter hat einen sehr langen Kommentar im Blog abgegeben und mich gebeten, ggf.
hier zu antworten (ist also nicht meine Schuld
). Der Fall ist gegeben, da eine Reihe von Miskonzeptionen zu existieren scheinen. Die erste und wichtigste Wahrheit in meinem Buch: Jemandem zu sagen, daß etwas falsch ist und warum, ist die konstruktivste Kritik, die man bekommen kann. Eine Feedbackrezension, die was taugen soll, wird kurz erwähnen, was gut ist und dann all' das angehen, was nicht gut ist.
Nur mal vorneweg.
Ich empfinde deine Art zu schreiben als zynisch und egozentrisch.
Ahm. Zynisch bin ich höchstselten, aber oft sehr sarkastisch. Das wird gerne verwechselt. Als hemmungsloser Optimist ist Zynismus nicht das meine, oder ich muß schon einen rabenschwarzen Tag erwischen und ein wichtiges Thema (wozu RSP nie gehört). Egozentrisch - ich nehme an, der Eindruck ist irgendwie verbunden mit zwei Sachen, die du weiter unten festhältst.
Ich finde es seltsam, dass du "außen" und "innen" so stark trennst (s. "Echokammer").
Warum ist es wichtig, daß Kritik von außerhalb kommt? Weil dort keine Betriebsblindheit herrscht. Ganz deutlich gesagt: Die Aktiven in einem Forum wie diesem sind grundsätzlich positiv bis enthusiastisch eingestellt (in ihrer Mehrheit). Du selbst führst ja aus, wie sich Deine Standpunkte und Eindrücke des fraglichen Produktes Schnellstarter von meinen unterscheiden, weil Du die Hintergrundinfos aus dem Board hast ("Kann ich mit leben - die exotischen Sachen kommen ja noch." Das weiß aber niemand, der das Board nicht frequentiert).
Ich führe gerne noch einmal aus: Die Mehrzahl der Kunden wird sich aus Menschen rekrutieren müssen, die genau diese Infos nicht haben. Aus deren Sicht muß gewertet werden, aus keiner anderen.
Du benutzt in deinem Abschnitt 7-mal das Wörtchen "ich". Das vermittelt mir, dass du dich für DEN Mainstream hältst... Sorry, dann haben wir keine Grundlage für irgend einen Austausch (...)
Sorry, daß Du das glaubst. Ich bin Mainstream, nicht DER Mainstream, aber genug in der Mitte, um genau zu jener Klientel zu gehören, die dieses Spiel heißmachen soll. Die Ich-Häufung ist in diesem Falle einer Evidenzfigur in Verbindung mit einer Hyperbel geschuldet, die genau diesen Punkt wirklich reinhämmern soll. "Ihr Macher habt gesagt, auf wen ihr zielt. Hier bin ich! DANEBEN!"
"Das ist ja nur ein Einstiegsabenteuer" - Leider bringst du auch hier nichts als deinen eigenen Eindruck und allgemein bissige Aussagen. Dass die Abenteuerelemente von der Stange kommen, empfinde ich auch so. Allerdings kann ich gut damit leben und traue mir locker zu, als SL das Ganze an unsere Gruppe anzupassen.
Für Einsteiger allerdings gibt es noch keine Stange - es ist ihr erstes Abenteuer! Bei ihnen klingelt es nicht gleich, wenn ein klassischer Einstieg gewählt wird.
Aber auch für erfahrene Spieler steckt doch schon Lorakis drin im Abenteuer. Die Herkunft des Wesens aus den Verheerten Landen, die Monde und ihre Macht, die kleinen, lästigen, bösen, feigen Rattlinge - für mich passt's.
Aber - einfach begeistert bin ich nicht. Man hätte mehr draus machen können. Die Ähnlichkeit zu DSA-Regionen und Kulturen ist mir auch sofort aufgefallen. Allerdings ist ein solches Setting nicht DSA-typisch, sondern europäisch-mittelalterlicher Grundton und deshalb ein relativ leichtes Setting für Einsteiger. Kann ich mit leben - die exotischen Sachen kommen ja noch.
Natürlich schildere ich
meinen Eindruck. Ich bin nicht befähigt Deinen Eindruck zu schildern. Oder den von Oskar Lafontaine wenn ers mit der Sarah liest. Abgesehen wäre es auch nicht zielführend. Ich bin ein Subjekt, Objektivität ist mir verwehrt. Wo soll die denn herkommen? Statistische Erhebung unter 400 Lesern? Zum Abenteuer noch einmal alle Kritikpunkte, die ich im Text bemängelt habe.
1) Der Ansatz ist "klassisch", die Ausführung ist "gesichtslos". Was Du als "da ist Lorakis drin" siehst, ist Dir natürlich unbenommen - für mich sind das leicht umgespritzte Elemente aus jeder anderen Standardwelt. Ich hatte gehofft, einen Schwertalben zu treffen, oder einen Wächter, den Zugang zu einem Mondpfad zu finden am Ende... irgendwas, was mich am Einleitungstext so heiß gemacht hat, weil es etwas abseits des tausendfach Gelesenen ist, was Lorakis abhebt von anderen Standardwelten. Jede Standardwelt braucht auch das Besondere, den Flair, und den... naja. Warum nicht ein kurzes Karawanenabenteuer auf einem Mondpfad? Das wäre es gewesen (als Beispiel).
2) Das DSA-typische liegt nicht nur im gebotenen Ausschnitt des Settings, sondern in der kompletten Struktur, im Duktus und in allen Unarten, die das große deutsche RSP über Jahrzehnte kultiviert hat. Ich weiß, daß viele das nicht mehr hören wollen, aber wer sich das Teil ohne Betriebsblindheit vornimmt, der kann das eben nicht von der Hand weisen.
3) Sinnlose Proben ohne Konsequenz, Kämpfe schieben, gescriptete Reisen, Ereignisse ohne Bedeutung.
4) Der gebotene Ausschnitt der Welt und die Umsetzung des Themas enttäuschen die in der Einleitung zur Settingvorstellung geweckten Erwartungen, die groß und exotisch ist. Das hier ist klein und miefig.
5) Ein Einleitungsabenteuer hat dreierlei Aufgaben, die es auf hoffentlich vergnügliche Art und Weise löst. a) Es stellt die Regeln vor, b) es führt die Welt ein, c) es führt die Art das Spiel zu spielen ein. a) wird erfüllt, sollte b) erfüllt sein, dann gute Nacht und c) stimmt mit Blick auf 3) bedenklich.
In Summe: Für alte Hasen langweilig, Neuling erhalten ein sehr eigenwilliges Bild von RSP, das an finsterste Zeiten des großen, deutschen RSP gemahnt. Hier werden keine SL in ihr Hobby eingeführt, hier werden kleine "Meister" gezüchtet.
Aber ich möchte anmerken: Ich hoffe und glaube nicht, daß das Ziel war und ist. Ich denke nur, daß eine Menge Leute Schwierigkeiten haben, einer langjährigen Prägung zu entkommen, weil es einfach hilfreich ist, auf vertraute Muster zurückzugreifen, wenn es Widerstände oder große Aufgaben gibt.
Und darum, darum und ein letztes Mal, halte ich den Quickstarter für eine Totgeburt.
Addendum: Das System, ich hab mittlerweile einen Teil des Abs geleitet mit einem Freund als Opfer, ist übrigens sperriger, als es auf dem Papier erscheint. Da ist noch viel Arbeit. Ich kenne Verlagsabläufe - fünf Monate wird
sehr knapp. Uhrwerk sollte nach dem One-Ring-Schnellschuß hier ein wenig mehr Wert auf seine Reputation legen und nicht noch ein verbuggtes Betaprodukt publizieren, falls (!) sich dieses dann abzeichnet.