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Abenteuer und Kampagnen / Tiai Schimmersee oder "Wie ich meine Gefährten fand"
« am: 17 Mai 2018, 00:38:02 »
Endlich! Endlich wieder Wasser unter mir!
Es ist der dritte Tag unserer Seereise - wie sehr ich es genieße, hier morgens am Bug unseres Schiffes zu stehen und die Gischt zu spüren, die mir ins Gesicht weht.
Ich bin Tiai Schimmersee, Albin, Klingentänzerin des albischen Seebundes. Und ich möchte niederschreiben, wie ich meinen Gefährten begegnet bin und das Rätsel um das Krähenwasser gelöst haben.
Meine Heimat ist die See. Seit ich denken kann, bin ich auf den Planken tanzender Galeeren unterwegs, fühle mich in der hohen Takelage einer Galeere so zu hause, wie in den verwinkelten Eingeweiden eines Schiffsrumpfs. Ich erinnere mich, wie mein Großvater - an dessen trauriges Schicksal ich heute nicht denken möchte - damals an Deck stand und mich von Rahe zu Rahe scheuchte, zunächst spielerisch, später mit seiner legendären Urumi kämpfend. Nicht selten drohte ich bei den Versuchen, die Kettensichel hoch über den Planken zu bändigen, hinab zu stürzen - es wäre wohl das Ende dieser Kriegerin gewesen.
Wie lange ich nicht mehr in Tairion war. Als meine Eltern verschwanden, hielt ich es nicht mehr aus. Alles dort erinnerte mich an sie. Es war für mich entgegen der Befürchtungen meiner Großeltern immer ein Geschenk gewesen, drei Elternteile zu haben - und sie alle auf einmal zu verlieren... ist wohl ein nicht unbedeutender Teil dessen, was mich heute ausmacht. Die harte, unerbittliche Schale, die Ironie, die irgendwann in dieser Zeit mein Freund wurde, die Arroganz, mit der ich bisweilen Menschen strafe, die mir näher kommen, als es sich gut anfühlt.
Seitdem bin ich alleine unterwegs. Die wilden Jahre in Ioria waren für mich der Ausgangspunkt für zahllose Expeditionen. Große Metropolen lagen ebenso auf meinem Weg wie die tiefste Einöde - es war ein langer Weg, die zu werden, die ich heute bin. Ich kämpfte hoch auf der Schimmerklinge gegen Horden des Bösen und wäre fast in der Blutgrasweite verreckt - doch immer waren meine Fertigkeiten und nicht selten das Glück auf meiner Seite. Ich war oft einsam - aber nicht oft unglücklich damit. Nicht wenige gibt es, die einer Albin nachsteigen in den Hafenstädten der Kristallsee - und nicht wenige haben dafür mit dem Leben bezahlt. Ebenbürtige zu finden, die mir im Kampf standhalten, der Kunst des Wortes nicht abgeneigt sind und die mir im Abenteuer den Rücken decken wollen - sie sind rar gesät.
Doch manchmal überrascht auch mich das Schicksal. Wie an dem Tag, als ich nach wilder Überfahrt in Arwingen an Land ging, um dieses mir bis dahin unbekannte Städtchen anzuschauen und eine Ladung... sagen wir zweifelhafter Elixiere abliefern sollte - eine Aufgabe, die man wohl nicht ohne Grund mir anvertraut hatte. Doch schon als sich unser Schiff dem Hafen an der Stelle näherte, an der sich die Aar, bzw. der Aar-Kanal in die Kristallsee ergießt, bemerkte ich arges Übel, welches sich über die Stadt gelegt hatte. Schwärme von Krähen zogen in seltsamen Kreisen über die Stadt und die Straßen schienen mir seltsam leer für eine Ortschaft dieser Größe.
Umso aufmerksamer erkundete ich nach Erledigung meiner Pflichten die Teile der Stadt. Und Wshsh an meinem Arm machte mir unverständlich klar, dass hier etwas schief lag mit dem Element, dass mir doch am vertrautesten ist.
Auch Wshsh genießt diese Überfahrt. Ich bin immer noch fasziniert davon, wie sich diese Symbiose anfühlt. Auch nach den wenigen Jahren, die wir nun... eins sind, ist jeder Morgen ein frischer, neuer und jeder Abend ein dankbarer, wohliger in Anbetracht dieser einzigartigen Gesellschaft. Und das, obwohl uns ein düsteres Geheimnis aneinander bindet.
Ich bitte Euch - lest hier nicht weiter, wenn Ihr nicht starken Mutes seid und alles zu lesen ertragt, was mir auf unserem Abenteuer um das Krähenwasser begegnete.
Früh (meine Gefährten mögen es mir Verzeihen) ahnte ich , was sich später als wahr herausstellte. Das Wasser war verzaubert, vergiftet und die Anwesenheit der Krägen war kein Zufall. Menschen und Tiere waren es, zunächst dahin gerafft wie durch eine üble Krankheit und schließlich durch elenden Fluch in Krähen verzaubert. Sinn ergab das nicht, weder war ich mit der Historie dieser Lande vertraut, noch schien irgendjemand sonst meine Ahnungen bestätigen zu können. Ich beschäftigte mich schon mit der Frage, ob ich den Ort des Geschehens nicht schnellstens verlassen sollte, als ich in ein Gemenge geriet - Krähen, die auf eine Gruppe recht wackerer Gefährten losgingen. Und für einen Kampf - das wird Euch nicht überraschen - bin ich immer zu haben. So traf ich sie also - die, die ich heute nicht ohne Stolz (auf dass sie das nie erfahren mögen) Gefährten nennen darf. Im Auftrag des Zirkelrats Jalander (einer überaus anstrengend Person), waren sie damit beauftragt, das Rätsel um die Krankheit zu lösen. Sie nahmen mich durchaus herzlich auf - und so war in mir kein Zweifel, meine Bestimmung für die nächste Zeit gefunden zu haben.
Die erste Zeit suchten wir in Arwingen selbst nach Hinweisen. Es wurde recht bald klar, dass es das Wasser sein musste, was die Leute krank werden und - so schien es - verschwinden ließ. Ein alter Gnom war schon ganz elendig dem Ende nah - und Verzweiflung griff im Krankenhaus der Stadt um sich. In einer alten Taverne im Klapperviertel fanden wir dann den Unterschlupf der Schergen, die offensichtlich teil einer größeren Verschwörung waren. Und so lenkte uns ein Zettel auf unser nächstes Ziel - während wir uns kurzzeitig wie Helden fühlen durften, da wir daneben einige Fässer inzwischen rar gewordenen reinen Wassers fanden.
Wir zogen also aus Arwingen heraus, immer am Wasser entlang. An Kämpfen mangelte es nicht und hier stellte sich bald heraus, dass ich an eine bemerkenswerte Gruppe von Abenteurern geraten war. Arrou, der mächtige Varg beeindruckte mich von Anfang an mit einer Stärke gepaart mit Eleganz, wie sie mir in all den Jahren kein zweites Mal begegnet ist. Selesha, auf den ersten Blick eine kaufsüchtige, oberflächliche Dame, die sich bei näherem Hinschauen als weise agierende Frau mit einer angenehmen Mischung aus Intelligenz und Stärke erwies - und nicht selten ihre arkane Kunde unter Beweis stellen durfte.
Einige Gesellen schlossen sich uns zeitweise an - wie Cederion, der Ritter, den schließlich schwarze Geschäfte in die Ferne zogen. Er hat unsere besten Wünsche für die Kämpfe, die ihn dort erwarten. Oder Eshi bid-Herar, ein Händler, der - was brächte es, hier nicht bei der Wahrheit zu bleiben - vor allem auf seinen eigenen Vorteil bedacht irgendwann das Weite suchte.
Unser erstes Ziel war das Morkai-Kloster. Jalander hatte in uns die Hoffnung genährt, dass wir dort Hinweise finden würden. Auch hier plagte mich die frühe Ahnung, dass das nahe Sanasur das eigentliche Ziel unserer Reise sein würde. Auf dem Weg dorthin sahen wir ein gar wunderbares Land, dessen Geschichte in Form alter Drachlings-Ruinen an uns vorbei zog. Mehrmals sah ich das Leuchten in den Augen Telkins, des Zwergs an unserer Seite, als er diese monumentalen Bauwerke bewunderte, die von der stolzen Zeit der Drachlinge erzählte, die hier hausten und den Häusern ihre riesigen Dimensionen verliehen. Zeit genug hatten wir - denn bei aller Bewunderung ist Telkin nicht der schnellste. Auch Arrou lernten wir hier von einer neuen Seite kennen. Uns ein sicheres Nachtlager zu besorgen, misslang ihm gründlich. Doch mir den Schlaf zu rauben ist nichts, was das Geviech ein zweites Mal wird tun können. Und ach - am Ende hat es uns weiter zusammengeschweißt. Und heute, wo Arrou abgeschlossen hat mit dieser düsteren Stunde, kann ich wohl sagen, dass es jedem von uns hätte passieren können. Und wie wir alle hat eben auch dieser mächtige Varg diese erste Reise als jemand anderes beendet, als er sie begonnen hatte.
Man sagt über uns Alben, dass wir Weitblick und Erfahrung auf tiefgründige Weise mit Geschick und Kampfkunst verbinden. Doch was hilft all dies, wenn wir mit dem konfrontiert sind, was im Morkai-Kloster auf uns wartete. Denn was fanden wir nach all den Mühen und Kämpfen, wenn nicht das Grauen. Das Kloster war einem bösen Angriff zum Opfer gefallen - und alle Mönche hatte man dahingemeuchelt. Hier zeigte sich, dass auch Moran, spät zu uns gestoßen, eine uns bis dahin unbekannte Seite hatte. Ihm war es ein unausredbares Anliegen, die armen Gestalten in eine angemessene Totenruhe zu überführen.
Was soll ich sagen - ihre Götter sind nicht meine. Wer wäre ich, ihnen ihre Religion streitig zu machen. Was würde Mai Nulf denken, mein alter Mentor, dem ich den Einblick in die Geheimnisse verdanke, welche mich jenseits der Wasser tragen. „Was wollen wir wissen, ob es wahr ist, wenn es doch trägt“. Wie recht er hat. Wo er wohl ist? Ob er noch unter uns ist?
Alle Mönche tot, schrieb ich? Das ist nicht ganz korrekt. Eris Dreiblatt fanden wir in einem Weinfass versteckt - so war er dem Mord entgangen. Und auch wenn er sich - trunken wie nüchtern - als keine große Hilfe erwies, ist er doch Zeuge dieses großen Frevels geworden, wie er niemals vergessen werden darf. Und vielleicht wird es dieser Rausch des Alkohols sein, der die Greuel in seinen Erinnerungen abmildert, auf dass er wieder Glück finden kann. Weniger Glücklich oder - seien wir ehrlich - auch im Angesicht dieses Schreckens dumm war, dass wir diesen gut geschützten Ort nicht absicherten, so dass uns eine Dornbärmutter ins Kloster folgen konnte, deren Junges wir in einem ordentlichen Kampf besiegt hatten. Hier war - so mag ich sagen - erstmals unser Heldenmut gefragt. Doch mit Ausdauer, Stärke und taktischem Geschick schafften wir es, dieses riesenhafte Untier zu besiegen, ohne, dass auch nur einem von uns nachhaltig Schaden entstand.
Auch wenn Steinbeißer viele der von uns erhofften Spuren vernichtet hatten, fanden wir einige Hinweise - nicht zuletzt dank Eris, die die Vermutung bestärkten, dass Sanasur unser letztes Ziel werden würde. Wir spürten sofort die Aura des Bösen, als wir nach einigen Tagen und Kämpfen diesen Ort erreichten. Es ist eines, gegen widernatürliche Krähen (möge uns diese Schande vergeben werden), Ratten oder Bären zu kämpfen. Etwas ganz anderes ist es, wenn die Saat des Todes, wenn Skelette und längst verstorbenes oder in Urzeiten verzaubertes die Waffe gegen Dich erhebt. Wir standen zusammen und wir spürten, dass wir gemeinsam das Licht der Hoffnung an einen Ort der Rache und des Todes trugen.
Als wir schließlich das „Herz von Sanasur“ erreichten, war uns klar, dass uns hier der Kampf erwarten würde, der über das Schicksal einer ganzen Stadt, ja, einer ganzen Region entscheiden würde. Vorsichtig machten wir uns an die Erkundung dieser verfallenen Höhlen. Die Rutschpartie ins Brackwasser, der Golem, der langsam schrumpfte, während Arrous Federtier ihn ablenkte, die Wachen, die plötzlich und zahlreich auf uns losstürmten - ein Sturm brach los, hier, tief unten im Gewölbe um die Quellen, die schon in alter Vorzeit einen üblen Zauber über die Bewohner dieser Lande bringen konnten. Wir alle gaben hier, was wir hatten - ob es Slesha war, die Arrou mit ihren Felslingen beschützte, Moran, der wie wild durch die Gänge rannte, um das üble Gesinde abzulenken, Telkin, der mit aller Macht nicht wenigen Feinden den Garaus machte. Vielleicht wäre einiges anders gekommen, hätten wir nicht in einer Zelle Kaya Mordin gefunden, die Äbtissin des Klosters, die die Schergen um Faron von Leytal, den hasserfüllten Kopf hinter all diesen Geschehnissen, entführt hatten. Sie wusste, was zu tun war und so...
Passierte mir etwas, was mir nicht oft passiert ist. Und hier stocke ich. Oft bin ich dem Tod nahe gewesen auf meinen Reisen. Doch selten war es so knapp. Es mag sein, dass ich zu wagemutig war, als ich sah, dass diese Frau des Wissens und der Götter hier unter diesen erbärmlichen Umständen zuschauen musste, wie Faron das Böse entfesselte. Es mag auch einfach nur das Pech hatte, was mir all die Jahre fern geblieben war. Und vielleicht wollte es das Schicksal, dass gerade in diesen Momenten, in denen mich die Schläge der Feinde niederstreckten, meine Gefährten um mich waren. Moran, der mich aus dem Getümmel zog, während die anderen die Wut der Gehilfen Farons auf sich zogen... Ich weiß nicht, was gewesen wäre ohne sie - aber ich habe nicht vor, ihnen zu vergessen, dass sie mich zu keinem Moment vergessen haben. Den letzten Kampf, der nun folgte... ich erinnere mich, als wäre ich nicht ganz da gewesen... als hätte ich ihn nur aus der Distanz erlebt. Wie wir Faron besiegten, den Golem auf unsere Seite bringen konnten, wie wir schließlich den Fluch umkehren konnten und das elend verzauberte Wasser wieder zu dem machen konnten, dem ich mich von allen Dingen in der Natur am nächsten fühle - purem, reinen, freundlichen Wasser.
Hier endet nun meine Erzählung. Mit einiger Beute (möge Moran damit glücklich werden, ich kann es ihm nicht verübeln), Pferden und der frohen Botschaft, dass der Fluch Geschichte sei und niemand mehr Sanasur ungestraft und ungesehen missbrauchen würde, machten wir uns auf den Rückweg nach Arwingen. Was folgte, mögen andere erzählen - mich zieht es in die Segel hinauf, um ein wenig mit dem Wind zu tanzen.
Ich weiß nicht, wohin unsere Reise uns noch treiben wird. Und nicht immer weiß ich genau, warum es gerade diese Gefährten sind, denen ich mich weiterhin anschließen möchte. Doch gibt der Blick zurück uns am Ende nicht recht? War es nicht Schicksal, dass gerade wir uns gemeinsam auf den Weg machten? War es nicht vielleicht ein tieferer Sinn, vielleicht sogar Bestimmung, dass es wir waren, die nach all den heldenhaften Kämpfen, den schwierigen Entscheidungen und dem weiten, unsicheren Weg nun siegreich aus den Tiefen Sanasurs zurückkehren? Es mögen noch glückliche Zeiten und noch düstere Zeiten kommen. Mein Leben bietet Anlass für beides. Doch wenn ich eines heute mit Sicherheit schreiben kann, dann ist es doch, dass ich mir - egal, was noch kommen mag - am heutigen Tag keine besseren Gefährten an meiner Seite wünschen kann, als die, dich ich finden durfte.
Tiai Schimmersee
Komm, wilder Wind, Du darfst es tun,
schlag Gischt wie Glut ins Antlitz mein,
Ihr Fluten kalt, bezeuget nun,
Tiai wird niemals feige sein!
Ich brüll‘ Dir, Wetter, ins Gesicht,
Was ist Dein Lärm im Siegesschrei?
So gibst Du auf, Du brichst mich nicht!
Knie nieder Wind, ich bin Tiai
Es ist der dritte Tag unserer Seereise - wie sehr ich es genieße, hier morgens am Bug unseres Schiffes zu stehen und die Gischt zu spüren, die mir ins Gesicht weht.
Ich bin Tiai Schimmersee, Albin, Klingentänzerin des albischen Seebundes. Und ich möchte niederschreiben, wie ich meinen Gefährten begegnet bin und das Rätsel um das Krähenwasser gelöst haben.
Meine Heimat ist die See. Seit ich denken kann, bin ich auf den Planken tanzender Galeeren unterwegs, fühle mich in der hohen Takelage einer Galeere so zu hause, wie in den verwinkelten Eingeweiden eines Schiffsrumpfs. Ich erinnere mich, wie mein Großvater - an dessen trauriges Schicksal ich heute nicht denken möchte - damals an Deck stand und mich von Rahe zu Rahe scheuchte, zunächst spielerisch, später mit seiner legendären Urumi kämpfend. Nicht selten drohte ich bei den Versuchen, die Kettensichel hoch über den Planken zu bändigen, hinab zu stürzen - es wäre wohl das Ende dieser Kriegerin gewesen.
Wie lange ich nicht mehr in Tairion war. Als meine Eltern verschwanden, hielt ich es nicht mehr aus. Alles dort erinnerte mich an sie. Es war für mich entgegen der Befürchtungen meiner Großeltern immer ein Geschenk gewesen, drei Elternteile zu haben - und sie alle auf einmal zu verlieren... ist wohl ein nicht unbedeutender Teil dessen, was mich heute ausmacht. Die harte, unerbittliche Schale, die Ironie, die irgendwann in dieser Zeit mein Freund wurde, die Arroganz, mit der ich bisweilen Menschen strafe, die mir näher kommen, als es sich gut anfühlt.
Seitdem bin ich alleine unterwegs. Die wilden Jahre in Ioria waren für mich der Ausgangspunkt für zahllose Expeditionen. Große Metropolen lagen ebenso auf meinem Weg wie die tiefste Einöde - es war ein langer Weg, die zu werden, die ich heute bin. Ich kämpfte hoch auf der Schimmerklinge gegen Horden des Bösen und wäre fast in der Blutgrasweite verreckt - doch immer waren meine Fertigkeiten und nicht selten das Glück auf meiner Seite. Ich war oft einsam - aber nicht oft unglücklich damit. Nicht wenige gibt es, die einer Albin nachsteigen in den Hafenstädten der Kristallsee - und nicht wenige haben dafür mit dem Leben bezahlt. Ebenbürtige zu finden, die mir im Kampf standhalten, der Kunst des Wortes nicht abgeneigt sind und die mir im Abenteuer den Rücken decken wollen - sie sind rar gesät.
Doch manchmal überrascht auch mich das Schicksal. Wie an dem Tag, als ich nach wilder Überfahrt in Arwingen an Land ging, um dieses mir bis dahin unbekannte Städtchen anzuschauen und eine Ladung... sagen wir zweifelhafter Elixiere abliefern sollte - eine Aufgabe, die man wohl nicht ohne Grund mir anvertraut hatte. Doch schon als sich unser Schiff dem Hafen an der Stelle näherte, an der sich die Aar, bzw. der Aar-Kanal in die Kristallsee ergießt, bemerkte ich arges Übel, welches sich über die Stadt gelegt hatte. Schwärme von Krähen zogen in seltsamen Kreisen über die Stadt und die Straßen schienen mir seltsam leer für eine Ortschaft dieser Größe.
Umso aufmerksamer erkundete ich nach Erledigung meiner Pflichten die Teile der Stadt. Und Wshsh an meinem Arm machte mir unverständlich klar, dass hier etwas schief lag mit dem Element, dass mir doch am vertrautesten ist.
Auch Wshsh genießt diese Überfahrt. Ich bin immer noch fasziniert davon, wie sich diese Symbiose anfühlt. Auch nach den wenigen Jahren, die wir nun... eins sind, ist jeder Morgen ein frischer, neuer und jeder Abend ein dankbarer, wohliger in Anbetracht dieser einzigartigen Gesellschaft. Und das, obwohl uns ein düsteres Geheimnis aneinander bindet.
Ich bitte Euch - lest hier nicht weiter, wenn Ihr nicht starken Mutes seid und alles zu lesen ertragt, was mir auf unserem Abenteuer um das Krähenwasser begegnete.
Früh (meine Gefährten mögen es mir Verzeihen) ahnte ich , was sich später als wahr herausstellte. Das Wasser war verzaubert, vergiftet und die Anwesenheit der Krägen war kein Zufall. Menschen und Tiere waren es, zunächst dahin gerafft wie durch eine üble Krankheit und schließlich durch elenden Fluch in Krähen verzaubert. Sinn ergab das nicht, weder war ich mit der Historie dieser Lande vertraut, noch schien irgendjemand sonst meine Ahnungen bestätigen zu können. Ich beschäftigte mich schon mit der Frage, ob ich den Ort des Geschehens nicht schnellstens verlassen sollte, als ich in ein Gemenge geriet - Krähen, die auf eine Gruppe recht wackerer Gefährten losgingen. Und für einen Kampf - das wird Euch nicht überraschen - bin ich immer zu haben. So traf ich sie also - die, die ich heute nicht ohne Stolz (auf dass sie das nie erfahren mögen) Gefährten nennen darf. Im Auftrag des Zirkelrats Jalander (einer überaus anstrengend Person), waren sie damit beauftragt, das Rätsel um die Krankheit zu lösen. Sie nahmen mich durchaus herzlich auf - und so war in mir kein Zweifel, meine Bestimmung für die nächste Zeit gefunden zu haben.
Die erste Zeit suchten wir in Arwingen selbst nach Hinweisen. Es wurde recht bald klar, dass es das Wasser sein musste, was die Leute krank werden und - so schien es - verschwinden ließ. Ein alter Gnom war schon ganz elendig dem Ende nah - und Verzweiflung griff im Krankenhaus der Stadt um sich. In einer alten Taverne im Klapperviertel fanden wir dann den Unterschlupf der Schergen, die offensichtlich teil einer größeren Verschwörung waren. Und so lenkte uns ein Zettel auf unser nächstes Ziel - während wir uns kurzzeitig wie Helden fühlen durften, da wir daneben einige Fässer inzwischen rar gewordenen reinen Wassers fanden.
Wir zogen also aus Arwingen heraus, immer am Wasser entlang. An Kämpfen mangelte es nicht und hier stellte sich bald heraus, dass ich an eine bemerkenswerte Gruppe von Abenteurern geraten war. Arrou, der mächtige Varg beeindruckte mich von Anfang an mit einer Stärke gepaart mit Eleganz, wie sie mir in all den Jahren kein zweites Mal begegnet ist. Selesha, auf den ersten Blick eine kaufsüchtige, oberflächliche Dame, die sich bei näherem Hinschauen als weise agierende Frau mit einer angenehmen Mischung aus Intelligenz und Stärke erwies - und nicht selten ihre arkane Kunde unter Beweis stellen durfte.
Einige Gesellen schlossen sich uns zeitweise an - wie Cederion, der Ritter, den schließlich schwarze Geschäfte in die Ferne zogen. Er hat unsere besten Wünsche für die Kämpfe, die ihn dort erwarten. Oder Eshi bid-Herar, ein Händler, der - was brächte es, hier nicht bei der Wahrheit zu bleiben - vor allem auf seinen eigenen Vorteil bedacht irgendwann das Weite suchte.
Unser erstes Ziel war das Morkai-Kloster. Jalander hatte in uns die Hoffnung genährt, dass wir dort Hinweise finden würden. Auch hier plagte mich die frühe Ahnung, dass das nahe Sanasur das eigentliche Ziel unserer Reise sein würde. Auf dem Weg dorthin sahen wir ein gar wunderbares Land, dessen Geschichte in Form alter Drachlings-Ruinen an uns vorbei zog. Mehrmals sah ich das Leuchten in den Augen Telkins, des Zwergs an unserer Seite, als er diese monumentalen Bauwerke bewunderte, die von der stolzen Zeit der Drachlinge erzählte, die hier hausten und den Häusern ihre riesigen Dimensionen verliehen. Zeit genug hatten wir - denn bei aller Bewunderung ist Telkin nicht der schnellste. Auch Arrou lernten wir hier von einer neuen Seite kennen. Uns ein sicheres Nachtlager zu besorgen, misslang ihm gründlich. Doch mir den Schlaf zu rauben ist nichts, was das Geviech ein zweites Mal wird tun können. Und ach - am Ende hat es uns weiter zusammengeschweißt. Und heute, wo Arrou abgeschlossen hat mit dieser düsteren Stunde, kann ich wohl sagen, dass es jedem von uns hätte passieren können. Und wie wir alle hat eben auch dieser mächtige Varg diese erste Reise als jemand anderes beendet, als er sie begonnen hatte.
Man sagt über uns Alben, dass wir Weitblick und Erfahrung auf tiefgründige Weise mit Geschick und Kampfkunst verbinden. Doch was hilft all dies, wenn wir mit dem konfrontiert sind, was im Morkai-Kloster auf uns wartete. Denn was fanden wir nach all den Mühen und Kämpfen, wenn nicht das Grauen. Das Kloster war einem bösen Angriff zum Opfer gefallen - und alle Mönche hatte man dahingemeuchelt. Hier zeigte sich, dass auch Moran, spät zu uns gestoßen, eine uns bis dahin unbekannte Seite hatte. Ihm war es ein unausredbares Anliegen, die armen Gestalten in eine angemessene Totenruhe zu überführen.
Was soll ich sagen - ihre Götter sind nicht meine. Wer wäre ich, ihnen ihre Religion streitig zu machen. Was würde Mai Nulf denken, mein alter Mentor, dem ich den Einblick in die Geheimnisse verdanke, welche mich jenseits der Wasser tragen. „Was wollen wir wissen, ob es wahr ist, wenn es doch trägt“. Wie recht er hat. Wo er wohl ist? Ob er noch unter uns ist?
Alle Mönche tot, schrieb ich? Das ist nicht ganz korrekt. Eris Dreiblatt fanden wir in einem Weinfass versteckt - so war er dem Mord entgangen. Und auch wenn er sich - trunken wie nüchtern - als keine große Hilfe erwies, ist er doch Zeuge dieses großen Frevels geworden, wie er niemals vergessen werden darf. Und vielleicht wird es dieser Rausch des Alkohols sein, der die Greuel in seinen Erinnerungen abmildert, auf dass er wieder Glück finden kann. Weniger Glücklich oder - seien wir ehrlich - auch im Angesicht dieses Schreckens dumm war, dass wir diesen gut geschützten Ort nicht absicherten, so dass uns eine Dornbärmutter ins Kloster folgen konnte, deren Junges wir in einem ordentlichen Kampf besiegt hatten. Hier war - so mag ich sagen - erstmals unser Heldenmut gefragt. Doch mit Ausdauer, Stärke und taktischem Geschick schafften wir es, dieses riesenhafte Untier zu besiegen, ohne, dass auch nur einem von uns nachhaltig Schaden entstand.
Auch wenn Steinbeißer viele der von uns erhofften Spuren vernichtet hatten, fanden wir einige Hinweise - nicht zuletzt dank Eris, die die Vermutung bestärkten, dass Sanasur unser letztes Ziel werden würde. Wir spürten sofort die Aura des Bösen, als wir nach einigen Tagen und Kämpfen diesen Ort erreichten. Es ist eines, gegen widernatürliche Krähen (möge uns diese Schande vergeben werden), Ratten oder Bären zu kämpfen. Etwas ganz anderes ist es, wenn die Saat des Todes, wenn Skelette und längst verstorbenes oder in Urzeiten verzaubertes die Waffe gegen Dich erhebt. Wir standen zusammen und wir spürten, dass wir gemeinsam das Licht der Hoffnung an einen Ort der Rache und des Todes trugen.
Als wir schließlich das „Herz von Sanasur“ erreichten, war uns klar, dass uns hier der Kampf erwarten würde, der über das Schicksal einer ganzen Stadt, ja, einer ganzen Region entscheiden würde. Vorsichtig machten wir uns an die Erkundung dieser verfallenen Höhlen. Die Rutschpartie ins Brackwasser, der Golem, der langsam schrumpfte, während Arrous Federtier ihn ablenkte, die Wachen, die plötzlich und zahlreich auf uns losstürmten - ein Sturm brach los, hier, tief unten im Gewölbe um die Quellen, die schon in alter Vorzeit einen üblen Zauber über die Bewohner dieser Lande bringen konnten. Wir alle gaben hier, was wir hatten - ob es Slesha war, die Arrou mit ihren Felslingen beschützte, Moran, der wie wild durch die Gänge rannte, um das üble Gesinde abzulenken, Telkin, der mit aller Macht nicht wenigen Feinden den Garaus machte. Vielleicht wäre einiges anders gekommen, hätten wir nicht in einer Zelle Kaya Mordin gefunden, die Äbtissin des Klosters, die die Schergen um Faron von Leytal, den hasserfüllten Kopf hinter all diesen Geschehnissen, entführt hatten. Sie wusste, was zu tun war und so...
Passierte mir etwas, was mir nicht oft passiert ist. Und hier stocke ich. Oft bin ich dem Tod nahe gewesen auf meinen Reisen. Doch selten war es so knapp. Es mag sein, dass ich zu wagemutig war, als ich sah, dass diese Frau des Wissens und der Götter hier unter diesen erbärmlichen Umständen zuschauen musste, wie Faron das Böse entfesselte. Es mag auch einfach nur das Pech hatte, was mir all die Jahre fern geblieben war. Und vielleicht wollte es das Schicksal, dass gerade in diesen Momenten, in denen mich die Schläge der Feinde niederstreckten, meine Gefährten um mich waren. Moran, der mich aus dem Getümmel zog, während die anderen die Wut der Gehilfen Farons auf sich zogen... Ich weiß nicht, was gewesen wäre ohne sie - aber ich habe nicht vor, ihnen zu vergessen, dass sie mich zu keinem Moment vergessen haben. Den letzten Kampf, der nun folgte... ich erinnere mich, als wäre ich nicht ganz da gewesen... als hätte ich ihn nur aus der Distanz erlebt. Wie wir Faron besiegten, den Golem auf unsere Seite bringen konnten, wie wir schließlich den Fluch umkehren konnten und das elend verzauberte Wasser wieder zu dem machen konnten, dem ich mich von allen Dingen in der Natur am nächsten fühle - purem, reinen, freundlichen Wasser.
Hier endet nun meine Erzählung. Mit einiger Beute (möge Moran damit glücklich werden, ich kann es ihm nicht verübeln), Pferden und der frohen Botschaft, dass der Fluch Geschichte sei und niemand mehr Sanasur ungestraft und ungesehen missbrauchen würde, machten wir uns auf den Rückweg nach Arwingen. Was folgte, mögen andere erzählen - mich zieht es in die Segel hinauf, um ein wenig mit dem Wind zu tanzen.
Ich weiß nicht, wohin unsere Reise uns noch treiben wird. Und nicht immer weiß ich genau, warum es gerade diese Gefährten sind, denen ich mich weiterhin anschließen möchte. Doch gibt der Blick zurück uns am Ende nicht recht? War es nicht Schicksal, dass gerade wir uns gemeinsam auf den Weg machten? War es nicht vielleicht ein tieferer Sinn, vielleicht sogar Bestimmung, dass es wir waren, die nach all den heldenhaften Kämpfen, den schwierigen Entscheidungen und dem weiten, unsicheren Weg nun siegreich aus den Tiefen Sanasurs zurückkehren? Es mögen noch glückliche Zeiten und noch düstere Zeiten kommen. Mein Leben bietet Anlass für beides. Doch wenn ich eines heute mit Sicherheit schreiben kann, dann ist es doch, dass ich mir - egal, was noch kommen mag - am heutigen Tag keine besseren Gefährten an meiner Seite wünschen kann, als die, dich ich finden durfte.
Tiai Schimmersee
Komm, wilder Wind, Du darfst es tun,
schlag Gischt wie Glut ins Antlitz mein,
Ihr Fluten kalt, bezeuget nun,
Tiai wird niemals feige sein!
Ich brüll‘ Dir, Wetter, ins Gesicht,
Was ist Dein Lärm im Siegesschrei?
So gibst Du auf, Du brichst mich nicht!
Knie nieder Wind, ich bin Tiai