Da hier schon recht ausführliche Reviews stehen, mache ich es mal verhältnismäßig kurz.
Aufbau des Bandes:
Nach einer Kurzeinführung wird auf 12 Seiten eine Beschreibung der Mertalischen Kultur geboten. Dabei hätte der Absatz Architektur, wie eigentlich immer, in meinen Augen etwas umfassender sein können. Gebäude plastisch vorstellbar zu machen, kann in Städten die Immersion deutlich erhöhen.
Es folgen 6 Seiten zur Geschichte Mertalias.
Sodann werden auf beinahe 60 Seiten die einzelnen Metropolen vorgestellt. Das Kapitel ist mit Illustrationen durchweg hoher Qualität ausgestattet. Neben einer Infobox wird jede Stadt mit ihren Eigenheiten beschrieben. Wie @Loki schon sagte, gelingt es einerseits ein "typisch mertalisches" Flair zu erwecken und dennoch die Unterschiede der Städte hervorzuheben. Jede Stadt hat ihre Eigenheiten, die vielleicht an der einen oder anderen Stelle etwas zu plakativ sind, aber einerseits ist das für eine Fantasywelt, in der Abenteuer spielen sollen nützlich, andererseits entspricht es wohl einem Staat, in dem seit Jahrzehnten Handelsmagnaten die de facto Herrschaft an sich gerissen haben: Man nutzt Standortvorteile und bildet Spezialisierungen heraus. Siehe die Schweiz, wo es "Uhrmacherstädte" gibt oder die Städte Glashütte und Solingen oder auch Wolfsburg in Deutschland.
Auf 8 Seiten werden die wichtigsten Organisationen Mertalias beschrieben. Das ist für mich eine willkommene Abwechslungen zu den üblichen Adelsgeschlechtern, wie z.B. in Selenia.
"Der Mertalische Traum" beschreibt auf 4 Seiten die Aufstiegsmöglichkeiten Mertalias, die eben eine der großen Besonderheiten des Settings sind. Einerseits ist Mertalia groß und reich genug, um Aufstiegschancen zu bieten (im Gegensatz zu z.B. Dakardsmyr), andererseits gibt es eben keine Stände, die sich über Geburtsrecht definieren, wie in den anderen größeren Reichen.
"Waffen aus Gold" gibt auf 4 Seiten Einblick in typische Mertalische Güter und den Handel. Das mag zunächst knapp erscheinen, doch diese Themen werden auch in den anderen Kapiteln immer wieder angeschnitten.
Ebenfalls nur 4 Seiten dienen den üblichen Spielertipps, wie Ausgestaltung von Charakteren, neuen Ausbildungsvarianten etc. Das ist wirklich zu knapp. Hier wäre mehr auch mehr gewesen.
Auf satten 19 Seiten bekommen Spielleiter dann Hilfe für ihre Mertalia-Kampagne. Neben den erwartbaren Regeln für urbanes Reisen, gibt es auch einen Baukasten für die eigene Stadt und Tipps, wie man eine Kampagne darin aufbaut. Einschließlich der Hilfe, wie nicht nur die Spieler innerhalb der Stadt aufsteigen, sondern wie auch die Stadt zu mehr Bedeutung geführt werden kann. Natürlich sind auch die Geheimnisse der Region (DSA nannte das "Mysteria et Arcana") beschrieben, wobei ich diese Vampirgeschichte eher unnötig finde, aber die Geschmäcker sind ja verschieden.
Wie bewertet man das nun? Als Spielleiter ist es für mich eine glatte eins. Das Flair wurde gut eingefangen, für SpliMo Verhältnisse wird relativ viel Fluff geboten. Die Beschreibung schaffen gut den Balanceakt zwischen guter Information einerseits und dem Spielleiter Platz lassen andererseits. Die vielfältigen Kampagnenideen lassen mich praktisch sofort loslegen. Aus dieser Perspektive ist "Der Mertalische Städtebund" für mich die Nummer 1 der RSH, knapp vor "Ungebrochen".
Aus Spielersicht ist es hingegen bestenfalls eine knappe vier. Ganze 4 Seiten an Spielerresourcen ist echt wenig. Also wirklich viel zu wenig. Hatte ich bei der Lektüre von "Ungebrochen" sofort Lust mir einen Helden aus Zwingard und einen aus der Termark zu bauen, zündet hier bei mir gar kein Funke. Der Band richtet sich beinahe komplett an Spielleiter, selbst dann wenn man bedenkt, dass die Metropolenbeschreibungen auch für Spieler nützlich sein können.
Da ich nun einmal Spielleiter bin, habe ich den Band mit einer 1 bewertet. Würde ich die Spielerperspektive mit einbeziehen, wäre es wohl eher eine 2- oder +3 geworden.
Zu guter Letzt muss ich noch kurz zwei andere Rezensionen kommentieren.
Dass ausgerechnet Drevilna keine ausführliche Beschreibung und keine Karte bekommen hat, ist angesichts des gigantischen Potenzials dieses Spielorts ein ziemlicher Hohn. Da fallen mir gleich zwei Metropolen ein, bei denen man noch ein paar Seiten hätte streichen können (Eisenbrann und Nuum).
Drevilna ist ja als eine Art "hellgrauer Fleck" gedacht, der dem Spielleiter und den Spielern als Spielball überlassen wird. Ohne das wäre Mertalia vielen wohl zu eng gewesen.
Ein altes Manko so vieler Bände holt mich ein: Nur Abenteuer sind (mit akzeptabler Vorbereitungszeit) "sofort" spielbar. Anstatt loser Plotstränge komplett mit den Schlüsselfiguren und ein paar skizzierten Szenen gibt es eben - Ansätze. Das ist schön für die Charakterentwicklung - für den Spielleiter ist es (meines Erachtens) zu wenig.
Das ist eine Frage des Spielstils. Es gibt ja viele SL, die keine vorgefertigten Abenteuer spielen, sondern sich gerne eigene Abenteuer oder Kampagnen bauen, das sieht man ja auch hier im Forum. Die RSH bietet enorm viel Futter für diese SL. Für SL, die ausschließlich Kaufabenteuer spielen, ist das natürlich verlorener Platz, aber ich finde es vollkommen in Ordnung, diesen SL mehr Futter zu geben. Das fand ich in "Ungebrochen" oder "Selenia" nämlich etwas kurz, dort sollten wohl eher Kaufabenteuer mit Futter versorgt werden. Letztlich muss eine Redaktion ja immer mehrere Spielstile bedienen, sodass ich das nicht als negativ betrachte.