Autor Thema: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)  (Gelesen 3998 mal)

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #15 am: 28 Jan 2024, 06:57:11 »
Piraten im Nebel
Tsusaka und Umland, Nord-Kintai und Maishi-See (Akira, Takur, Luo, Ren)
 
Nachdem Akira, Takur und Hao in Tsusaka eingetroffen waren, wurde rasch klar, dass es nicht leicht werden würde, weiterzureisen – zumindest auf dem Seeweg. Der Handel über den Maishi-See stagnierte, was die Stadt und ihre Bewohner wie die hier festsitzenden Auswärtigen beunruhigte.
Es war nicht leicht für Takur und Akira, Genaueres herauszufinden. Der Jaguarkrieger war ein Exot, der den Umgang mit den Angehörigen anderer Völker nur begrenzt beherrschte, und Akira hatte zwar gute höfische Umgangsformen, aber in einer Momoku-Stadt nützten ihm dies als Ranku-Vasall nicht sehr viel. Und für den Umgang mit dem einfachen Volk war er kaum besser geeignet als sein Freund. Immerhin erfuhren sie, dass die Unterbrechung des Handels durch eine Reihe ungewöhnlich brutaler Piratenangriffe verursacht wurde. Manche munkelten, die in Tsusaka seit einigen Jahren aktive Triade der Lotosfalken wissee mehr oder stecke gar hinter den Angriffen.

Takur fand dank seines „exotischen Flairs“ einen allerdings bestenfalls halblegalen Nebenverdienst: er nahm an heimlich organisierten Schaukämpfen teil, an denen die Triaden zweifellos mitverdienten. Kämpferisch war er exzellent, verstand es aber nicht, sich bei den Zuschauern beliebt zu machen. Er traf sich noch ein paar Mal mit der Vargin Hanaka, bevor die Köhlerin (die eine passable Feuerzauberin war) wieder in ihr Dorf zurückkehrte.
Hao hatte ihre eigenen Projekte. Sie half aus Zhoujiang stammenden Flüchtlingen, von denen es in Tsusaka eine wachsende Gemeinde gab, die mehrheitlich außerhalb der Stadt am Seeufer lebten, ihre priesterlosen Tiergötterschreine zu pflegen – was nicht illegal, aber nicht von allen Einwohnern Kintais (und einige assimilierten Zhoujiangi) gerne gesehen wurde.
 
Als Ren und Luo in Tsusaka eintrafen, brachte man sich auf den neusten Stand. Luo – ausgestattet mit einiger Erfahrung in den Straßen verschiedener Städte – führte die Nachforschungen im Hafen fort. Allem Anschein war „Irukas Atem“, der mysteriöse magische Nebel, der dem Willen des Flußdelphin-Tiergottes folgen sollte und immer wieder über dem See hing, an Gefährlichkeit zugenommen. Früher war er berechenbarer gewesen, doch nun tauchte er viel häufiger auf. Und im Nebel lauerten die Piraten von Kapitän Jiang Biehe. Nicht nur seine Brutalität verängstigte die Seefahrer, denn Gerüchten zufolge griff zeitgleich mit seinen Angriffen irgendetwas im Wasser die Schiffe an und schlug sie leck. Einige Überlebende sprachen von krebsartigen Ungeheuern. Andere behaupteten zudem, dass auch mache der Piraten selber halbe Ungeheuer seien. Allerdings sollte es einige Kapitäne geben, die dennoch durch den Nebel segelten und den Piraten auszuweichen verstanden.

Luo beschloss, sich auch bei den Triaden umzutun. In Tsusaka dominierten die Lotosfalken das organisierte Verbrechen, die besonders unter den zhoujiangischen Flüchtlingen Einfluss besaßen. Schmuggel war freilich weniger ihr Metier. Stattdessen überließen sie diesen ihren „Kollegen“ von den Lotosmessern, die ihrerseits in harter Konkurrenz mit dem örtlichen Ableger der Roten Karpfen standen. Genauere Informationen zu diesem diffizilen Beziehungsgeflecht waren allerdings nicht zu erlangen.
Luo suchte zunächst Kontakt mit den Lotosfalken. Takur konnte ihm dabei über seine Kontakte zu den halblegalen Schaukämpfen helfen. Der vargische Organisator war bereit, ein Treffen zu arrangieren. Luo besorgte sich ein angemessenes Geschenk und traf sich mit Akira als Auftraggeber in einer Teestube mit einer „Madame Chie“, die mittlerer Führungsebene der Lotosfalken zählte. Es wurde schnell klar, dass die Lotosfalken (respektive ihre Kontakte bei den Lotosmessern) keine Überfahrt nach Timog anzubieten hatten. Auch ihre Versuche, die Piraten oder die Ursachen für Kapitän Jiang Biehes Erfolg ausfindig zu machen, waren erfolglos geblieben. Sie hatten bisher weder seinen Unterschlupf noch eine Spur der von ihm erbeuteten Waren gefunden, um die Behörden auf den Störenfried anzusetzen. Akira die Hilfe der Helden: seine Möglichkeiten als Mitglied der  Kintari-oberschicht, Ren und Haos magisches und mythisches Wissen und Luos weitverzweigte Connection. Dieses Angebot stieß tatsächlich auf Interesse. Die Lotosfalken wollten herauszufinden, ob ähnliche Kriseen schon einmal vorgekommen waren. Doch da sie weder am lokalen Fürstenhof  noch bei der lokalen Myuriko-Kirche oder generell der alteingesessenen Bevölkerung gut angesehen waren,  gingen ihnen etwas die Optionen aus.
Als gewinntüchtige Geschäftsfrau war Chie allerdings sehr knauserig mit ihren eigenen Informationen, etwa bezüglich der Gerüchte, dass manche Kapitäne eine Möglichkeit gefunden hatten, die Bedrohung durch die Piraten und den Nebel zu umgehen. Falls Akira, und seine Gefährten aber ihrerseits wertvolle Informationen hätten…

Akira und Ren begannen ihre Ermittlung in dem berühmten schwimmenden Myuriko-Tempel von Tsusaka. Das prunkvoll bemalte Holzgebäude war für seine wunderbaren Bodenfenster bekannt, die direkten Blick in die Unterwasserwelt und angeblich manchmal sogar in die Domänen der Seegeister boten. Dort wusste man einiges über den Maishi-See und seine überirdischen Gefahren. Laut den Priestern beherrschte der Flussdelphin Iruka den Maishi-See nicht direkt, auch wenn sein „Atem“ den See prägte. Stattdessen war der See vor allem das Reich des Feen-Molchkönigs Ginleizhu, der mit großem Gefolge in einem Schloss auf dem Grund residierte. Zu seinem Gefolge gehörten zahlreiche Krebswesen, wie sie angeblich auch die Piraten unterstützten. So war etwa Ginleizhus oberster Mandarin und Hofwesir ein gigantischer Krebs. Doch galt der Molchkönig eigentlich weder als grausam, feindselig oder als leicht bereit, sich von Sterblichen für ihre Verbrechen einspannen zu lassen. Laut den Myuriko-Priestern hatte der Göttliche Kranich im Zuge ihrer Eroberungen mit dem Molchkönig ein Abkommen geschlossen, das seit über 400 Jahren Bestand hatte. Früher hatte es in Tsusaka auch einen Ginleizhu-Kult gegeben, der sich allerdings inzwischen wohl aufgelöst hatte. Die beiden Abenteuer konnten Zugang zur Bibliothek erlangen, um zusätzliche Informationen zu erlangen und eventuell Hinweise zu finden. Allerdings blieben ihre Recherchen vorerst erfolglos.
Gleichzeitig horchte Luo die Fischer aus. Auch diese verwiesen auf Ginleizhu und seine Diener und erinnerten sich an den Kult des Molchkönigs. Angeblich hatte sich der zentrale Zeremonienschrein des Kultes in der Nähe Tsusakas gestanden, doch blieben die Hinweise auf den Standort vorerst sehr vage.

Akira bemühte sich, auch am Fürstenhof Informationen einzuholen. Aufgrund seiner Gefolgschaft zu dem mit Haus Momoku rivalisierenden Haus Ranku hielt man ihn allerdings auf Abstand. Offenkundig liefen die Vorbereitungen für einen Einsatz der kleinen Kriegsflotte von Tsusaka, die den Piraten aufstöbern sollte. Die Momoku suchten zudem nach den Händlern, die einen Weg gefunden hatten, Nebel und Piraten zu umgehen. Bezüglich des alten Molchkönig-Kultes verwies man Akira kurzerhand erneut an den Tempel, doch blieb auch eine erneute Nachsuche in dessen Archiven ergebnislos.
Nachforschungen nach den Überlebenden der Piratenangriffe brachten nur wenige Erkenntnisse, abgesehen von erneuten Geschichten von Seeungeheuern, die die Piraten unterstützten. Nur von wenigen Augenzeugen bestätigt, wurden die Gerüchte über magisch veränderte Piraten: Männer und Frauen mit Schwimmhäuten, Schuppen, seltsamen Augen oder deformierten Gliedmaßen. Interessant war, dass Jiang Biehe laut einigen Kapitänen zwar schon früher die Gegend heimgesucht hatte, doch damals weder besonders erfolgreich oder grausam bekannt gewesen war. Irgendetwas mochte ihn verändert haben. Hatte er einen Pakt mit jenseitigen Mächten geschlossen oder vielleicht einen Fluch auf sich gezogen?
Akira suchte mit Rens Hilfe auch nach den Kapitänen, die angeblich trotz der Gefahren immer noch in See stachen. Offenbar handelte es sich nur um eine Handvoll, die angeblich über machtvolle Amulette verfügten, die sie vor dem Nebel und den Piraten warnten oder beschützten. Und es waren angeblich die Roten Karpfen gewesen, die die Amulette zu einem unverschämten Preis beschaffen konnten. Die Roten Karpfen gehörten zu dem Zweig der Triaden, die bevorzugt auf mehr oder weniger legale und halblegale Geschäfte setzten. In den letzten Jahren expandierten sie allerdings auch im Schmuggelgeschäft. In Tsusaka waren sie allerdings wohl relativ wenig präsent, lag doch das Zentrum ihrer Operationen in Zhojiang und vor allem in der Spinnen- und Kranichprovinz.
Nach einigem Herumfragen erfuhren die Helden den Namen einer lokalen Kontaktperson der Roten Karpfen-Triade: Tie Nantiang.

Ehe die Helden dieser Spur nachgingen, hatten Luos Erkundigungen nach dem alten Schrein des Ginleizhu-Kultes Früchte getragen. Laut den etwas unpräzisen Wegbeschreibungen lag er nur einen halben Tagesmarsch von der Stadt entfernt im sumpfigen Uferbereich des Maishi-Sees. Die Helden folgten der Beschreibung und fanden nach einigem Herumwaten tatsächlich die vergessene Kultstätte. Die erhaltenen Teile des Schreins umfassten lediglich ein kleines Gebäude mit wenigen Räumen. Die Reliefs an den Wänden zeigten zumeist Ginleizhu bei seinem segensreichen Werk – in seinem Gefolge auch krebsartige Diener, die aber nicht als Ungeheuer dargestellt wurden. Im Schrein fanden sich zudem alte Talisman-Papiere, laut denen der Kult – und nach ihm eine Weile auch noch Priester der Myuriko - hier eine…Macht oder Fluch (?) festgehalten oder kontrolliert hatten. Außerdem fand sich eine alte Tempelchronik. Den Spuren zufolge war das Gebäude vor etwa einem Jahr gewaltsam aufgebrochen und etwas vom Altar gestohlen worden.

Ren und Akira machten sich nach der Rückkehr an das Studium der gefundenen Aufzeichnungen, die ebenso ausführlich wie trocken über das Wirken des alten Kultes und seinen schrittweisen Niedergang berichteten. Offenbar war der Schrein vor gut 200 Jahren in Einvernehmen mit der Myuriko-Kirche nach dem Tod des letzten örtlichen Ginleizhu-Priesters versiegelt worden. Interessant war, dass im Schrein anscheinend der legendäre Zerrspiegel aufbewahrt wurde, unter dessen Einfluss Ginleizhu einstmals seine Ehefrau in sieben Takte Magie verwandelt hatte, was zu seiner Vertreibung aus der Feenwelt geführt hatte und ihn bis heute mit unsterblicher Trauer erfüllt. Ein Teil des Textes war verschlüsselt, doch unter großen Mühen und manchen Rückschlägen konnten Ren und Akira auch diese Aufzeichnungen entziffern. Dort hieß es, dass der Spiegel eingesetzt werden konnte, um die Aufmerksamkeit des Seeherren zu wecken und diese zu kanalisieren. Da es sich dabei aber eher um seine negativen Gefühle handelte, konnte man wohl seinem Zorn in diesem Fall nicht auf Dauer entgehen. Es gab jedoch ein Ritual (bestehend aus dem Spielen der Melodie, in die Ginleizhu seine Frau verwandelt hatte) welches den fokussierten Zorn verfliegen lassen konnte. Ren fand diese Informationen sehr interessant und war entschlossen, sie nach Zhoujiang zu bringen. Die Helden vermuteten zudem, dass die Mordlust der Piraten wie ihre monsterhafte Verwandlung eine ungewollte Folge der Verwendung des Spiegels durch die Piraten war, da  die Seeräuber nicht um das Besänftigungsritual wussten.

Die Abenteurer überlegten, ob sie diese Informationen an die offiziellen Stellen übergeben sollten. Sie entschieden sich, zunächst einmal Kontakt mit den Roten Karpfen zu knüpfen. Diese verfügten offenbar über eine Methode, sich vor den Piraten und Ungeheuern zu schützen. Die Delden trafen sich mit der lokalen Kontaktperson der Roten Karpfen in einem Teehaus, wobei Akira als angeblicher Auftraggeber auftrat. Ren begleitete den Schwertalben zu dem Treffen mit Tie Nantiang, Takur und Luo fungierten als Rückendeckung.
Die Konversation mit der Triadenoffizierin brachte an den Tag, dass die Roten Karpfen es verstanden, aus den Silbernen Tränen, die der Lurchkönig über seine verlorene Ehefrau weinte und die gelegentlich im Maishi-See gefunden wurden, eine Art Schutzamulett zu fertigen. Da die Tränen aber sehr selten waren, besaßen sie jedoch nur sehr wenige Schutzartefakte. Eventuell – so war zu erfahren – würde das Amulett auch bei einer Konfrontation mit den Piraten den Einsatz der Seeungeheuer verhindern. Die Abenteurer erzählten im Gegenzug Tie Nantiang, was sie im Tempel herausgefunden hatten.
Die Roten Karpfen waren einer Kooperation mit den Momoku nicht abgeneigt, fehlte ihnen doch die militärische Stärke, selber gegen die Piraten vorzugehen. Allerdings wollten sie für ihre Unterstützung handfeste Vorteile: einen stärkeren Einfluss beim Fürsten oder aber den Spiegel selber. Tie Nantiang schlug vor, dass Akira als adliger Alb ein solches Bündnis mit den Momoku vermitteln könne. Vorerst trennte man sich allerdings ohne eine Vereinbarung.

Die Abenteurer berieten sich. Während Luo die Kooperation mit den Roten Karpfen für erwägenswert hielt, lehnte Ren dies aufgrund ihrer Loyalität zur Fraktion von Prinzessin Yi ab. Während Takur indifferent blieb, neigte Akira aufgrund eigener Vorurteile gegenüber den Triaden dazu, Ren beizupflichten. Die Helden beschlossen, sich direkt an den örtlichen Momoku-Fürsten zu wenden und die Rote Karpfen-Triade aus den Verhandlungen herauszuhalten.
Mit viel Mühe arrangierte Akira eine Audienz bei dem jungen Fürsten Momoku Masajuro (Oberhaupt der örtlichen Momoku-Linie). Zu ihrer Überraschung erwies sich der politisch eher gemäßigte Masajuro als durchaus offen für die Vorschläge der Helden, vor allem da die Abenteurer die Unterstützung des örtlichen Myuriko-Tempels gewinnen konnten.
Der Fürst ließ sich überzeugen, einen Trupp Spähmagier zusammenzustellen und ein Kriegsschiff auszurüsten, um die Piraten aufzuspüren und zu stellen. Er war ein wenig überrascht, dass die Abenteurer keine Versuche machten, die Führung bei dem Unternehmen an sich zu reißen und auch nicht darum rangen, dass der Ruhm vor allem ihnen gebühren sollte. Auf Vorschlag der Helden arrangierte der Fürst zudem über einen Strohmann den Erwerb eines der kostbaren Schutzsiegel der Roten Karpfen.

Wenige Tage später stach ein mit Soldaten besetztes Kriegsschiff unter dem Kommando von Lord Towada Mizuki in See. Mit an Bord waren die Helden und mehrere Magier, die das Aufspüren der Piraten übernehmen sollten. Tatsächlich gelang es, die Piraten mithilfe magischer Späher zu finden und ihr Schiff stellen. Schnell wurde klar, dass einige der Piraten tatsächlich abnorm verändert waren: mit Scheren anstatt Händen, Schuppenhaut und ähnlichen monströsen Deformierungen. Es entbrannte ein erbittertes Gefecht.
Während der Großteil der Kämpfer das gegnerische Schiff enterte, manövrierte ein kleines Kommando mithilfe eines Beibootes ans Heck des Piratenseglers und schlich sich an Bord, um den Spiegel zu finden und das Ritual abzuhalten und so den Piraten ihre magische Waffe zu nehmen. Mit dabei waren Akira und Luo – allerdings nicht Ren, die sich bei einem fehlgeschlagenen Zauber verletzt hatte. Sie unterstützte das Enterkommando mit einem beschworenen „Höllenhund“.
Mit einiger Mühe fand der Stoßtrupp den Spiegel, der von drei erfahrenen Piraten verteidigt wurde. In einem harten Kampf konnten diese besiegt und das Ritual durchgeführt werden. Zusammen mit dem Einsatz der anderen Kämpfer entschied dies den Kampf: als der Spiegel besänftigt war, ließ die Kampfkraft und Entschlossenheit der Piraten schlagartig nach und etliche suchten ihr Heil in einem Sprung über Bord. Ihr Kapitän fiel den Schwertern der kintarischen Soldaten zum Opfer.
Die Verluste der Seesoldaten und Matrosen der Momoku waren relativ gering. Das gekaperte Schiff erhielt eine Prisenmannschaft und man segelte zurück nach Tsusaka. Auf der Heimfahrt drängten sich die Magier um den Spiegel. Auch Ren beteiligte sich an der Untersuchung. Gemeinsam kam man zu dem Schluss, dass der Spiegel mehr ein Fokuspunkt denn ein aus eigener Macht bedeutsames Artefakt war, dessen Wirkung wohl an die Nähe zum See gebunden war. Ren bedauerte es, den Spiegel nicht Prinzessin Yi sichern zu können, aber sie war einfach nicht in der Position, ihn für sich fordern zu können. Zudem hielt sie das Artefakt für zu mächtig, um es gezielt einzusetzen. Letztlich blieb es in der Hand der Kintari, auch wenn Ren im Privaten spöttelte, dass die Diener des Himmlischen Kranichs eine Angewohnheit hatten, alte Tempel, Kulte und Bedrohungen zu vergessen. Ren regte an, den Stützpunkt der Piraten ausfindig zu machen und auszuheben, um die Gefahr endgültig auszuheben. Die gefangenen Piraten zu verhören und ihre Geständnisse auszuwerten, würde freilich noch ein paar Tage dauern. Aber der Seeweg über den Maishi-See war nun wieder frei – abgesehen von „normalen“ Sommerstürmen, Seeungeheuern, Piraten und Freibeutern. Das bot den Abenteurern die Möglichkeit, in naher Zukunft nach Timog aufzubrechen.

In jedem Fall hatten die Abenteurer Eindruck gemacht und der Fürst von Tsusaka kündigte eine baldige erneute Audienz an, bei der die Helden ihre Wünsche für eine Belohnung würden äußern können. Die Wünsche der Abenteurer erwiesen sich teilweise als etwas ungewöhnlich:
Akira fühlte sich durch seine noble Herkunft verpflichtet, auf eine materielle Belohnung zu verzichten, sah er sich doch als ein Repräsentant des Klan Ranku. Stattdessen betonte er, dass ihm die Dankbarkeit des Fürsten genug sei, äußerte jedoch die Hoffnung, dass dieser angesichts der jüngsten Spannungen mit Klan Ranku eventuell einen Ausgleich suchen könne.
Ren versuchte, Fürst Masajuro für die Sache von Prinzessin Yi zu gewinnen. Sie bat ihn untertänig, Vorsicht beim Umgang mit den Triaden und General Wu zu beweisen und wenn möglich ein offenes Ohr zu haben, falls die Kaiserlichen Kontakt mit ihm aufnehmen würden.
Allerdings waren sowohl Ren als auch Akira recht skeptisch, ob der Fürst derart wichtige Entscheidungen aufgrund der Bitte von Auswärtigen entscheiden würde, die ihm nur einen mäßig wichtigen Dienst erwiesen hatten.
Luo schließlich bat um Fürsprache beim Myuriko-Tempel von Tsusaka, damit man ihm dort die Zukunft weissagen könne, denn die Priester von Tsusaka waren berühmt für ihre Meisterschaft der Schicksals Magie.
Takur hatte hingegen eine eher mundane Bitte: Er brauchte Geld für eine verbesserte Waffe.
« Letzte Änderung: 28 Jan 2024, 16:11:34 von Takur »

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #16 am: 03 Feb 2024, 07:01:12 »
Wellen auf dem Maishi-See
Tsusaka, Maishi-See und Timog (Hao, Ren und Luo)

Die Abenteurer hatten mit ihrem Beitrag zur Öffnung der Schifffahrtsrouten von Tsusaka einige Verdienste erworben. Der erbeutete Spiegel des Molchkönigs wurde feierlich dem Fürsten Tsusakas übergeben, der ihn ebenso formell (und mit einer prunkvollen Prozession) dem örtlichen Tempel der Myuriko zur Aufbewahrung übergab. Bei der Siegerehrung stand freilich erst einmal der Kommandeur der Expedition, Lord Towada Mizuki, im Mittelpunkt. Die fremdländischen (Ren, Luo) beziehungsweise aus einem rivalisierenden Klan (Akira) stammenden Abenteurer wurden in die Zeremonie eingeschlossen, aber nicht besonders herausgehoben. Vermutlich hätte es schlecht ausgesehen, wenn der Eindruck vermittelt worden wäre, dass die Momoku die Hilfe Auswärtiger (und eines Halb-Ranku) benötigt hatten. An Ansehen hatten die Abenteurer aber auf jeden Fall gewonnen, was Luo auch nutzte, um sich in der Stadt ein wenig zu brüsten.
Ihnen allen wurde zudem eine informelle Audienz beim Fürsten in Aussicht gestellt.
Hao, die an den Ereignissen um die Piraten und den Spiegel von Ginleizhu nicht direkt involviert gewesen war, widmete sich weiterhin der örtlichen Gemeinde exilierter Zhoujiangi. Die Priesterin des Affengottes zelebrierte Andachten für die Exilgemeinde und half mit Ren zusammen bei der medizinischen Versorgung der ärmeren Exilanten. Hao war  im Haus eines der Ältesten der von zhoujiangischen Flüchtlingen bewohnten Vorstadt Neu-Tsusaka untergekommen. Jen Fu war ein würdevoll wirkender Gnom, der seit einem halben Jahrhundert in Kintai lebte. Er hatte seit Ausbruch des Bürgerkrieges viele Verwandte in das sichere Tsusaka gerufen.
Luo hörte sich derweil nach Neuigkeiten um. Offenbar war der mithilfe der Helden überwundene Jiang Biehe nicht der einzige Pirat, um den man sich Sorgen machen musste. Generell hatte die Piraterie auf dem Maishi-See in den letzten Monaten zugenommen. Manche meinten, dass der Grund dafür Rivalitäten zwischen den Triaden seien. Einen besonders schlechten Ruf hatten die 13 Blätter: mehrheitlich Kintari-Exilanten, die sich mitunter brutale Gefechte mit Wachschiffen ihres alten Heimatlandes lieferten.
Eine vermutlich noch größere Rolle spielte aber General Wus verstärkter Einsatz von Freibeutern und Kriegsschiffen.
In dem Versuch, sich aus den Unruhen des Nachbarreiches herauszuhalten, hatte der Fürst von Tsusaka Kriegsschiffen aller Parteien verboten, in der Stadt anzulegen. Nur einmal hatte ein beschädigtes Kriegsschiff General Wus unter strenger Quarantäne Reparaturen durchführen und seine Verwundeten versorgen dürfen. Es gab in Tsusaka nur eine einzige diplomatische Vertreterin Zhoujiangs namens Gao Dia. Sie diente der Fürstin der Kranichprovinz, die – angeblich widerwillig – den Triaden Gefolgschaft leistete.

Ren und Luo wurden eines Abends von Haos Gastgebern eingeladen. Bei dem reichhaltigen Essen lernten sie eine weitere Älteste von Neu-Tsusaka kennen: die noch recht junge Albin Nai Ming, deren goldene Haare und Augen sie zu einer auffälligen Erscheinung machten. Im Gegensatz zu anderen Exilanten war sie offenbar bemüht, sich nahtlos in die Kintari-Gesellschaft zu integrieren: Sie trug Kintari-Kleidung und folgte deren Sitten und Essgewohnheiten. Nach einer Runde Smalltalk kam man zu ernsteren Dingen. Nai Ming sprach von ihrem Plan, eine Schule für Flüchtlingskinder aufzubauen. Es wurde rasch offenkundig, dass es diesbezüglich Konfliktstoff gab. Nai Ming, die sich voll und ganz assimiliert hatte, hatte andere Ansichten als Jen Fu, der die Bräuche und Kultur der alten Heimat bewahrt sehen wollte. Hao und Ren nahmen eine moderate Position ein: Es konnte nicht schaden, sich die Bräuche der neuen Heimat anzueignen. Grundsätzlich hielten sie die Schule für eine gute Idee. Luo war weniger überzeugt: selbst des Lesens und Schreibens unkundig, erachtete er dergleichen als nicht so wichtig. Dennoch spendete er (und Ren deutlich mehr) für das Projekt. Ren versprach zudem Nai Ming, ihr bei der Einwerbung von Mitteln zu helfen.
Die albische Älteste hatte ein weites Anliegen. Im Auftrag des Fürsten von Tsusaka lud sie die Abenteurer zu einem seiner geselligen Treffen ein. Nai Ming nahm offenbar häufiger an solchen Veranstaltungen teil, zu denen der intellektuell veranlagte Fürst nicht nur Adlige, sondern auch interessante Nichtadlige und sogar Ausländer einlud – vor allem Gelehrte, Magier und Künstler.
Bei dieser Gelegenheit würden die Helden Gelegenheit haben, ihre Wünsche zu äußern, ohne dass der Fürst sie in einer formellen Audienz empfing. Nai Ming bat darum, bei dieser Gelegenheit ihr Schulprojekt zu unterstützen. Allerdings wählte sie ihre Worte ungeschickt, so dass sie ungewollt sowohl die Abenteurer als auch Jen Fu beleidigte. Ren besänftigte den gnomischen Ältesten etwas. Sie half in den nächsten Tagen, das Schulprojekt in der zhoujiangischen Gemeinde zu bewerben. Dabei sprach sie gelegentlich auch die Bitte der alten Gnomin an, die sie auf der Reise nach Tsusaka kennengelernt und die zwischen den Kappa und den Menschen vermittelt hatte. Vielleicht ließ sich ja unter den Flüchtlingen eine geeignete Schülerin finden?
Hao und Luo hörten sich über die Treffen des Fürstens um. Die Gäste setzten sich im Normalfall zur Hälfte aus albischen Adligen und zu Hälfte aus „Gemeinen“ und Ausländern zusammen. Es ging in der Regel recht zwangslos zu, aber natürlich wurde gutes Benehmen und angemessene Kleidung erwartet. Die Gäste diskutierten und präsentierten Gedichte, Musikstücke und Gemälde. Seltener fanden Schaukämpfe oder Bogenschießen statt, denn dergleichen Zeitvertreib interessierte den Fürsten nur wenig, trotz der kriegerischen Traditionen seines Klans.
Hao war ein wenig nervös, wie sie sich präsentieren sollte. Sie war nicht wirklich eine Buchgelehrte, und anders als ihre Kameraden hatte sie auch keine Gelegenheit gehabt, bei der Beseitigung des Piratenproblems zu glänzen.

Am Nachmittag des Treffens holte Nai Ming die Abenteurer, die sich so gut als möglich herausgeputzt hatten, in zwei Sänften ab. Das Fest fand im Garten der Burg von Tsusaka statt, von dem man einen guten Blick auf den See hatte. Wie erwartet bestanden die Gäste aus einer bunten Mischung aus Angehörigen der Mittel- und Oberschicht sowie einigen Ausländern. Es war auffällig, dass nur wenig Krieger anwesend waren. Auch die Wachen hielten sich zurück. Akira und Takur waren ebenfalls eingeladen worden. Die Abenteurer, die sich gegen die Piraten bewährt hatten, erhielten die Gelegenheit, mit dem Fürsten zu sprechen und konnten ihre Wünsche vorbringen. Während Akira seine Hoffnung auf eine Entspannung zwischen den Häusern Momoku und Ranku gekonnt formulierte und Ren sich ebenfalls zu präsentieren wusste, waren Luo und besonders Takur etwas unbeholfener. Man schien ihnen das aber nicht wirklich nachzutragen. Takur bat um Geld für eine bessere Waffe und Luo um Fürsprache, beim Tempel der Myuriko eine Prophezeiung erhalten zu können. Ren überreichte dem Fürsten eine Petition, in der sie für die Sache von Prinzessin Yi und gegen General Wu und die Triaden einzunehmen. Verbal unterstützte sie zudem Nai Mings Projekt, das allerdings offenbar ohnehin bereits die Billigung des Fürsten besaß.

Danach bot sich die Gelegenheit, sich unter die Feiernden zu mischen. Das Fest war für Kintari-Gebräuche recht zwanglos. Eine Albin gab ein Gedicht über die Tierwelt des Maishi-Sees zum Besten, das mit spöttischen Anspielungen auf lokale Persönlichkeiten gespickt war. Andere Teilnehmer traten im Brettspiel gegeneinander an, maßen sich im sehr formellen Kintari-Fußball, bei dem man sich in Hofkleidung einen Ball  zuspielte und versuchte, diesen möglichst lange in der Luft zu halten. Einige Gäste übten sich auch im Bogenschießen. Während Hao bei ihren Gesprächsrunden etwas aneckte, konnte sich Ren bei einer Diskussion zu den magischen Eigenschaften des kürzlich von den Piraten zurückgewonnenen Spiegel des Ginleizhu behaupten. Luo beteiligte sich in der Runde um die spott-dichtende Albin, und schnitt passabel ab.
Hao und Ren fanden sich schließlich in einer Gesprächsrunde mit dem Fürsten wieder. Er befragte sie, wen sie auf einen Posten berufen würden: einen fähigen Neuaufsteiger oder jemanden, den der Posten aus Tradition und Familiengründen zustand? Während Hao eher auf Meritokratie setzte, folgte Ren der Tradition. Der Fürst ließ sie daraufhin in einem Streitgespräch den jeweils entgegengesetzten Standpunkt vertreten. Hao erwies sich als die klare Siegerin und erhielt einen gut gearbeiteten Silberring.
Auch Luo sollte sich beweisen und den Kintari die Kampfkunst Zhoujiangs demonstrieren. Sein Gegenüber war eine junge zhoujiangische Menschenfrau, gekleidet in eine leicht gewagte Mischung aus farbiger Seide und leichten Panzerteilen, die mit Dschiahn und Kriegsfächer bewaffnet war. Es war aber nicht ihr Outfit, das ihn wie ein Schlag traf – sondern der Umstand, dass er sie kannte. Vor ihm stand Sun Lin, mit der er mehrere Jahre bei ihrer Tante Sun Chen das „Handwerk“ einer Schattenklinge erlernt hatte. Er war damals in Lin verliebt gewesen, was diese freilich nicht erwidert hatte.
Während Luo etwas perplex und nervös war, schien Lin nicht überrascht, ihm gegenüberzustehen. Im Zweikampf mit flachen Klingen erwies sich Luo als der Bessere. Das war freilich nicht die Art Wiedersehen, die er erhofft hatte, auch wenn er vom Fürsten mit einer Kette aus Silbermünzen belohnt wurde.
Lin schien jedoch nicht ernsthaft verstimmt. Sie spottete, dass sie sich das Wiedersehen genauso ausgemalt hatte und ließ sich den Mitstreitern ihres Jugendfreundes vorstellen. Dieser wollte natürlich wissen, wie es Lin ergangen war. Die Kämpferin hatte in den letzten Jahren entlang des Jadebandes zwischen Inani und Palitan als Geleitschutz, Leibwächterin und Kopfgeldjägerin gearbeitet. Aus dem Bürgerkrieg hatte sie sich nach Möglichkeit herausgehalten. Ihr letzter Auftraggeber hatte sie in Tsusaka entlassen, als er wegen des Nebels und der Piraten seine Reise unterbrechen musste. Jetzt hatte sie einen neuen Auftraggeber gefunden und wollte die Abenteurer als zusätzliche Sicherheit eine Fahrt über den Maishi-See rekrutieren.
Hao und Ren warben noch etwas für Nai Mings Schule. Das Fest endete erst spät in der Nacht, während magische Lampen die Feste erhellten.

Am nächsten Tag trafen sich die Abenteurer mit Lin. Deren Auftraggeber, ein gewisser Shu, war zwar an zusätzlichen Wachen interessiert, hatte aber gewisse Vorbehalte gegenüber Akira. Dies erwies sich freilich als kein Problem, da Akira und Takur ohnehin noch für eine Mission in Tsusaka benötigt wurden.
Lins Auftraggeber war offenbar ein Händler aus Timog, der mit Metall handelte. Er suchte nun nicht nur zusätzlichen Geleitschutz, sondern auch einen erfahrenen Kapitän für eine größere Ladung. Es hatte den Anschein, dass die Sache nicht ganz astrein war. Hao wunderte sich, dass Ren keine Probleme mit dem Auftrag hatte. Aber die ließ sich von Luo beeinflussen, der seine Jugenfreundin nicht enttäuschen wollte. Außerdem hielt Ren nicht allzu viel von der Obrigkeit in Timog, da diese mit den Triaden kooperierte. Deshalb war es ihr relativ gleichgültig, ob Shus Geschäfte nicht ganz legal waren. Letztlich sagte dann auch Hao zu. Die Bezahlung sollte 50 Telare für die Zeit in Tsusaka sowie 1 Lunar pro Tag für die Überfahrt betragen.

Luo konnte tatsächlich einige geeignete Schiffe finden. Besonders passend schien die Hai Lang von Kapitän Hong zu sein – zumindest wenn man nicht zu hohe Ansprüche an die Integrität des Kapitäns stellte. Hong hatte den Ruf schnell und sicher zu segeln. Er war sogar auf Fahrt gegangen, als die Piraten und der Nebel Tsusaka blockiert hatten, was für seinen Wagemut und Geschick sprach. Seine Persönlichkeit war aber weniger beeindruckend. So wurde gemunkelt, dass er zhohoujiangische Flüchtlinge auf der Passage nach Kintai ausgeplündert und sich möglicherweise sogar an den Frauen und Töchtern seiner Passagiere vergangen hatte. Luo und Lin waren sich jedoch einig, notfalls mit dem Kapitän fertig werden zu können, falls er irgendetwas versuchen sollte.

Lin, Hao und Luo knüpften den Kontakt mit Hong. Sein Schiff war  eine ca. 20 Schritt lange und fünf Schritt breite, zweimastige Dschunke. Auffällig war die Bugfigur einer halbnackten blauhaarigen Frau. Die Crew und besonders der Kapitän waren ein weniger angenehmer Anblick. In der Crew fehlten Alben oder Gnome (offenbar hatte Hong zumindest gegenüber Gnomen gewisse Vorurteile), dafür gab es neben Menschen auch Rattlinge und den einen oder anderen Vargen. Hong selbst war ein Mensch mit  ergrauendem Haupthaar und Bart. Er behandelte Hao unfreundlich und machte Lin plumpe Avancen, die diese ignorierte. Schließlich willigte er ein, Shu und seine Fracht zu übernehmen. Die Reisenden würden auf Deck schlafen müssen, Verpflegung mussten sie selber besorgen.

Nachdem die grundlegenden Verhandlungen abgeschlossen waren, wollte Lin die Abenteurer ihrem Auftraggeber vorstellen. Sie holten Ren ab und trafen Shu, einen noch recht jungen Alben, der eine Mischung aus Kintai- und Zhoujiang-Tracht trug. Er teilte mit, dass die Fracht übermorgen eintreffen werde. In der verbliebenen Zeit setzte sich Ren noch einmal für Nai Mings Schule ein. Luo kaufte zusätzlichen Proviant, eine Zeltplane, und ähnliche Kleinigkeiten für die Überfahrt.
Als Shus Waren eintrafen, wurden sie durch eine Zöllnerin kontrolliert, die von einigen Milizionären begleitet wurde. Sie ließ einige Kisten öffnen, die teils Metallschrott, teils Metall in Form von Barren und Stangen enthielt und schien weder an der Fracht noch den Papieren Shus etwas auszusetzen zu haben. Beim Beladen war es an Luo, mit anzupacken. Hao und Ren hatten nicht wirklich die Muskeln und Ausdauer für die schweißtreibende Arbeit. Die Abenteurer sollten sofort mit der Bewachung anfangen, was ihr Misstrauen weckte. Rohmetall und Metallschrott waren nichts, was einfach gestohlen wurde, auch wenn das Schiff in einem zwielichtigen Teil des Hafens lag. Von der Crew blieben am Abend nur zwei Mann zurück, die es mit der Wachsamkeit nicht genau zu nehmen schienen. Hao und Ren übernahmen die erste Schicht. Hao nutze einen Kontrollgang unter Deck, um zu spionieren. Allerdings zerbrach sie ihre improvisierten Werkzeuge an dem Schloss einer der Frachtkisten und gab ihr Vorhaben auf.
Die Wacht war schon fortgeschritten, als Ren bemerkte, dass sich eine schattenhafte Gestalt dem Schiff näherte. Die Magierin bereitete einen Einfrieren-Zauber vor, beging aber den Fehler, einen Alarmschrei auszustoßen, um auch Hao aufmerksam zu machen. Noch ehe sie den Zauber auslösen konnte, war der Unbekannte außer Reichweite des Zaubers. Hao setzte nach, war aber zu langsam. Zumindest waren die Matrosen nun wach. Für einen Augenblick hatte es den Anschein, als ob sich auch im Wasser neben dem Schiff etwas tat, aber war im Dunkel unmöglich genau erkennen. Der Rest der Nacht verlief ereignislos.

Als Kapitän Hong am nächsten Morgen von dem Vorfall erfuhr, war er wütend, dass man ihn nicht sofort alarmiert hatte und schlug einen der Wachmänner nieder. Die Stimmung zwischen ihm und Shu war gespannt. Im Laufe des Tages traf der Rest der Fracht ein: billige Güter, die Hong auf die Schnelle hatte organisieren können, um seinen verbliebenen Laderaum zu füllen. Auch der Schiffsproviant wurde aufgefüllt – und wieder mussten Luo und Ling anpacken. Hongs Führungsstil war effektiv aber rabiat. Noch an diesem Nachmittag legte das Schiff ab, nachdem die Abenteurer sich von Akira und Takur verabschiedet hatten, die bald nach Timog nachkommen wollten.
« Letzte Änderung: 03 Feb 2024, 10:13:29 von Takur »

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #17 am: 03 Feb 2024, 07:01:51 »
Die Helden hatten eine Strecke von mindestens 50 Wegstunden über den See vor sich, wobei auffällig war, dass die Hai Lang nicht wie üblich erst einmal der Küstenlinie folgte, sondern einen direkten Nordkurs steuerte.
Luo nutzte die Zeit bis zum Abend, um Lin über die letzten Jahre auszufragen. Sie erzählte von ihren Erfahrungen entlang des Jadebandes, und erkundigte sich ihrerseits nach den Erlebnissen der Abenteurer.

Am Abend wurde ein Treibanker ausgeworfen und die Segel gerefft. Luo nutzte das Abendessen, um sich ein wenig mit der Crew anzufreunden. Die Hai Lang hatte einen unerwarteten Begleiter bekommen: einen Flussdelphin, der das Schiff umspielte. Diese Tiere galten als dem Flußdelphingott Iruka heilig. Luo kaufte eigens einen Fisch vom Bordproviant um ihn dem Tier zuzuwerfen. Auffällig war, dass die Crew und besonders der Kapitän eher gleichgültig reagierten – ein etwas merkwürdiges Verhalten für gläubige Zhoujiangi. Des Nachts schlief die Crew auf dem Vorschiff oder unter Deck. Nur zwei Mann wachten, und auch die Abenteurer hielten paarweise Wache. Ganz schwach war so etwas wie eine Melodie über dem Wasser zu hören – vielleicht aus einem der treibenden Badehäuser des Maishi-Sees, vielleicht aus einer weniger harmlosen Quelle…

Am nächsten Tag fiel Hao auf, dass das Schiff den Kurs leicht nach Westen geändert hatte. So würde es nicht direkt Timog ansteuern, sondern das die Stadt umgebende Schilfmeer. Sie teilte das ihren Kameraden mit und Luo informierte Shu. Er merkte, dass der Händler weder erstaunt noch beunruhigt wirkte. Das legte nahe, dass an der Ladung wirklich etwas illegal war, und sie außer Sicht der Zöllner Timogs gelöscht werden sollte.
Gegen Mittag wurde in der Ferne ein Segel gesichtet. Wie sich herausstellte gehörte es zu einem flachgehenden, schlanken Ruderschiff. Der Flußdelphin war wieder da und umkreiste aufgeregt das Schiff, schlug einmal kräftig mit der Schwanzflosse und tauchte ab. Luo und Ren werten das als eine Warnung, doch zum Ausweichen wäre es ohnehin zu spät gewesen. Hong hisste einen schwarz-gelben Wimpel – vielleicht ein Schutzzeichen der Triaden? Aber dies war umsonst. Als die Hai Lang ein Ausweichmanöver versuchte, setzte man auf der anderen Seite ein schwarz-rotes Banner mit der Aufschrift „Sieg oder Tod“. Zweifellos handelte es sich um Piraten.

Das verfolgende Schiff holte schnell auf. Die Crew schien aus gut zwei Dutzend Menschen und Alben, sowie einigen Varge, Gnomen oder Zwergen zu bestehen. Die meisten führten Klingenwaffen, nur wenige hatten Schusswaffen. Die Kampfvorbereitungen auf der Seite der Verfolgten verliefen hektisch – Hao verletzte sich bei einem Sturz, Ren verpatzte zunächst die Beschwörung eines Feuerwesens. Doch schließlich schafften es alle, sich bereitzumachen. Hao segnete Luo und Ren beschwor einen Huodou, einen „Höllenhund“. Luo, der bei den Kampfvorbereitungen half und auch einige Pfeile absandte, entging nur knapp einem Treffer. Alle Bemühungen, das Piratenschiff abzuhängen, waren vergeblich. Schließlich flogen Enterhaken und eine Horde von tätowierten Kämpfern stürmte das Deck. Die Hautbilder legten nahe, dass sie zu den 13 Blättern gehörten, einer als Piraten bekannten Triade.
Die Abenteurer (außer der wenig nahkampfgeübten Ren) standen mit Shu und Lin in vorderster Front und schlugen sich gut, während die Crew mit Ausnahme des Kapitäns deutlich mehr Probleme hatte. Rens „Höllenhund“ hielt zwei Piraten beschäftigt und verletzte einen schwer. Luo und Lin schlugen je einen erfahrenen Gegner zurück und auch Hao wehrte gekonnt einen Piraten ab. Ohne Rens Wasser-Schutzzauber und die besonderen Fähigkeiten der Splitterträger wäre Luo aber mit Sicherheit schwer verwundet, wenn nicht gar getötet worden.
Als es kurz gelang, den Feind zurückzudrängen, brüllte Kapitän Hong einen Befehl – und plötzlich schien das feindliche Schiff Probleme zu bekommen: es erbebte im Wasser, die Enterhaken-Taue bis zum äußersten gespannt. Crew und Abenteurer kappten die Taue und konnten ihr Schiff freibekommen, zumal auch die feindlichen Ruderer Probleme zu haben schienen.
In der Crew der Hai Lang hatte es einen Toten und etliche Schwerverletzte gegeben. Hao und Ren stabilisierten zwei Todgeweihte. Natürlich waren die Abenteurer neugierig was ihnen die Flucht erlaubt hatte und fragten herum. Doch die Crew erwies sich als recht verschlossen und Kapitän Hong fuhr jedem über den Mund, der zu reden gewillt war. Offenbar glaubten die Matrosen aber fest an Hongs Glück. Ein Matrose murmelte etwas von „Iruka“, der Flussdelphin-Gottheit, bevor der Kapitän ihm barsch zu schweigen befahl.
Generell schien der Kapitän wenig glücklich zu sein. Am Abend stritt er sich heftig mit Shu. Luos Versuch, die beiden zu belauschen, missglückte. Diese Nacht stoppte der Segler nicht, sondern segelte weiter. Der Kapitän wanderte unruhig auf und ab und murmelte vor sich hin.

Die Stimmung am nächsten Morgen war angespannt. Hao war sich sicher, dass man weiter in Richtung Schilfmeer lief – und tatsächlich kam dieses gegen Mittag in Sicht: eine schier endlose Fläche aus Schilfrohr und brackigem Wasser, unterbrochen von Mangrovenhainen und kleinen Inseln.
Der Kapitän ließ erneut den schwarz-gelben Wimpel setzen, schien aber weiterhin nervös. Einige Stunden später näherten sich zwei ähnlich beflaggte Schiffe. Mit ihren  flachen Rümpfen, zahlreichen Riemen und gut bewaffneten Crew glichen sie beunruhigend den Piraten vom Vortag. Offenkundig hatte eine drahtige Fuchsvargin das Kommando. Eines der Schiffe ging längsseits. Die Vargin kam an Bord und nach einem kurzen Wortwechsel mit Hong und Shu wurde eine Teil von Shus Ladung übernommen: alles Kisten, die mit ungeraden Nummern beschriftet waren. Es wurde schnell klar, dass in ihnen unter dem Metallschrot Waffen verborgen worden waren: Schwerter, Speerspitzen, Pfeile, Bolzen, sogar Drachenrohre. Insgesamt reichte das Material, um mindestens 200 Kämpfer auszurüsten. Shu zahlte Hong und die Abenteuer großzügig aus und merkte an, man würde sich vielleicht noch einmal wiedersehen. Er warnte die Helden allerdings auch, über die Einzelheiten der Überfahrt zu schweigen und stieg auf eines der anderen Schiffe um. Er nahm den schwarz-gelben Wimpel mit sich.

Hao war erleichtert, dass es nicht zu einem Kampf mit Wachschiffen Timogs gekommen war. Sie vermutete, dass es bei den ‚Abnehmern‘ von Shus Waffen eher um Rebellen als um Schmuggler handelte. Die Abenteurer waren ein wenig nervös, ob sie Kapitän Hong trauen konnten, und blieben wachsam. Doch am Abend erreichten sie ohne weitere Vorfälle Timog, die „Schwebende Stadt aus Silber“.
Der Abschied von Crew und Schiff war kurz und wenig herzlich, und die Abenteurer machten sich auf, ein Quartier zu finden. Lin setzte sich ab, um sich nach Shu umzuhören. Auch wenn sie die Ereignisse philosophisch nahm, wollte sie mehr über den Hintergrund ihres Auftraggebers herausfinden.

Timog war zum Großteil auf dem Wasser errichtet worden. Viele Gebäude erhoben sich auf Plattformen und Stelzen über dem See. Überall fanden sich Kanäle und Wasserwege. Auch die Straßen verliefen oft über oder entlang des Wasser. Man nie weit vom See entfernt – und das ermöglichte es, dass den Abenteurern etwas im Wasser folgte: der Flußdelphin, der in den letzten Tagen wiederholt aufgetaucht war. Das Tier verhielt sich sehr eigenartig. Sobald er sah, dass er die Aufmerksamkeit der Helden hatte, tauchte er kurz unter, erschien wieder, schleuderte der Gruppe ein dünnes Stück Holz zu, dass er im Maul trug und verschwand dann. In das Holzstück hatte jemand eine Skizze der Docks gekratzt und eine Stelle markiert. Der eingravierte Sonnenstand konnte von Hao als Morgengrauen identifiziert werden.

Das Morgengrauen des Folgetages sah Luo als Rückendeckung in einem Versteck an den Docks, während Ren und Hao zum anvisierten Treffen gingen. Am Dock erwartete sie eine vermummte Gestalt in einem feuchten, zerschlissenen Umhang. Sie stellte sich als eine junge und hübsche Frau heraus – sehr wahrscheinlich kein Mensch, denn nicht nur ihre Augen, sondern auch ihre Haare waren blau. Das fließende Gewand unter dem Umhang wechselte beständig die Farbe, und ihre Schönheit wirkte seltsam fremdartig. Faszinierenderweise glich ihr Gesicht der Galionsfigur der Hai Lang. Sie zeigte Zeichen einer Schwangerschaft. Die Verständigung war schwierig, da sie kein Wort sprach. Ihre Gesten ermöglichten den Abenteurer jedoch zu schlussfolgern, dass sie an Kapitän Hong gebunden war, vermutlich mit dem Amulett, dass dieser trug und das wohl eine Haarlocke von ihr enthielt. Sie bat offenbar darum, von  dieser Fessel befreit zu werden. Ganz offenkundig WAR sie der „Flussdelphin“, vielleicht eine Gestaltwandlerin, eine Nymphe oder etwas Vergleichbares.
Angesichts der Verbindung der Flußdelphine mit dem Tiergott Iruka und dem bisherigen Verhalten des Kapitäns hatten die Abenteurer kaum Bedenken, ihr zu helfen. Hao achtete jedoch darauf, kein Versprechen zu machen (um sich nicht an ein Feenwesen zu binden). Deshalb nahmen sie auch nicht die leuchtende Perle an, die die junge Frau anbot. Die Fremde verdeutlichte, dass die Hai Lang noch etwa fünf Tage im Hafen bleiben würde. Das erschien logisch, denn das Schiff war beim Piratenangriff beschädigt worden, musste den Rest der Ladung loswerden und neue finden. Es blieb also etwas Zeit. Der Kapitän war vermutlich selten an Bord: er betrank sich und trieb andere Dinge, die die Fremde mit einer obszönen Geste andeutete.

Der Tag brachte wenig Ergebnisse. Hao beschattete die Hai Lang. Vom Kapitän war nichts zu sehen. Offenbar war er in der Stadt unterwegs. Die Ausbesserungsarbeiten liefen schleppend und die Crew war alles andere als eifrig. Luo zog bei seinen Nachforschungen in den schlechteren Vierteln die Aufmerksamkeit von zwei Schlägern der Roten Karpfen auf sich, konnte diese aber abschütteln. Ren erledigte andere Aufgaben: sie informierte die örtlichen Tempel des Kranichs und des Flußdelphins von den Ereignissen in Tsusaka. Dies brachte ihr einiges Lob, wobei freilich der Verbleib des Feen-Spiegels in der Hand der Momoku für wenig Freude sorgte. Sie leitete zudem diverse Nachrichten von Exilanten aus Miari an deren hiesige Familien weiter, wie sie es versprochen hatte, und ebenso Nachrichten an ihre kaiserlichen Verbündeten.
Etwas anderes, das sie erfuhr, verärgerte sie freilich sehr: Offenbar waren die Waffen, welche die Hai Lang geschmuggelt hatte, für die Anhänger von General Wu gedacht gewesen. Seine Farben waren Schwarz und Gelb (wie auf den Wimpeln, die Shu und seine Kunden genutzt hatten), und angeblich operierten mehrere seiner Kaperschiffe in der Kranichprovinz unter einer Fuchsvargin, die man die „Wasserdrachin“ nannte. Da die Bekämpfung General Wus eines der Hauptziele Rens war, fühlte sie sich von dem Gedanken, ihm geholfen zu haben, gedemütigt. Hao hatte mit ihren ursprünglichen Bedenken Recht gehabt, und Ren hatte sich von Luo leichtfertig überreden lassen, der seinerseits durch den Wunsch geblendet gewesen war, mehr Zeit mit Lin zu verbringen. Die Magierin nahm sich vor, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um den angerichteten Schaden wieder gut zu machen. In der nächsten Zeit war ihr Verhältnis zu Luo und Lin etwas angespannt…

Am nächsten Tag übernahm Ren die Überwachung der Hai Lang, bei der sich freilich wiederum nicht viel tat. Luo setzte seine Nachforschungen fort. Er konnte mit etwas Geldeinsatz den Kapitän aufspüren, der sich in einem Badehaus, das nebenher als Bordell diente, amüsierte. Die Abenteurer besuchten das Haus und Hao beschaffte ihnen durch Bestechung Zugang zu Hongs Kleiderschrank – doch leider hatte er das Amulett nicht abgelegt. Luo stahl das wertvolle Dao des Kapitäns – nicht nur aus Habgier, sondern weil er sich die Option offenhalten wollte, den Kapitän beim Verlassen des Etablissements anzugreifen und ihm das Amulett gewaltsam abzunehmen.
Tatsächlich verließ Hong einige Zeit später (und nach einiger Schreierei) sichtlich wütend das Badehaus. Obwohl er nur von einem Matrosen begleitet wurde, plädierte Hao gegen einen direkten Angriff. Es war noch nicht dunkel und nicht auszuschließen, dass bei einer Auseinandersetzung die Stadtwache oder andere Augenzeugen eingreifen würden. So folgte Luo ihrem Ziel geschickt bis zum Schiff, wo Hong seine schlechte Laune an den anwesenden Crewmitgliedern abreagierte. Auf Luos Vorschlag hin warteten die Abenteurer bis in die tiefe Nacht. Während Hao und Ren unter einem Vorwand die beiden Wachen in ein Gespräch verwickelten, schwamm die Schattenklinge durch das nächtliche Hafenbecken, klettere an Bord und schlich in Hongs Kajüte. Es gelang ihm tatsächlich, unbemerkt das Amulett zu stehlen und zu verschwinden.

Am nächsten Morgen übergaben die drei das Amulett mit der Haarsträhne an die blauhaarige Frau. Befreit von dem Bann, der ihr verboten hatte, ohne Erlaubnis von Hong mit anderen zu sprechen, konnte sie sich ihnen nun vorstellen. Ihr Name war Aonami in Kintial, Hai Lang in Xienyan (was beides „Welle“ bedeutete). Sie hatte ihre Haarlocke an einen hilfsbereiten Seemann verschenkt. Doch dieser von Hong ermordet worden, der das Haar zu einer Fessel für die Nymphe gemacht hatte. Aonami sprach nicht viel über ihre Knechtschaft, aber Ren fürchtete, dass Aonamis ungeborenes Kind von ihrem zeitweiligen Sklavenhalter war. Es war klar, dass sie nun auf Rache sinnen würde. Die Nymphe dankte den Helden, die getreu ihrem Wort das machtvolle Bindeamulett aus der Hand gegeben hatten und belohnte sie großzügig mit fünf blauen und zwei blaugrün leuchtenden Perlen. Zudem versprach sie, den Abenteurern wenn möglich zu helfen, sollten sie einmal Beistand benötigen. Die drei wünschten ihr Glück, und sahen ihr nach, als sie im See verschwand.

Was aus Kapitän Hong und der Hai Lang (dem Schiff) wurde, erfuhren sie jedoch nicht, denn einige Tage später war das Schiff ausgelaufen, und Luos Nachforschungen nach Hong brachten ihm nur ein Verhör bei der Stadtgarde ein, da angeblich ein anderer Kapitän Hong als Pirat verhaftet worden war. Die Schattenklinge konnte sich aus der unangenehmen Lage herausreden. Doch wie Ren sagte, an Stelle Hongs würde sie die nächsten Jahrzehnte vom Wasser fern bleiben. Ob der Seemann freilich so weise war, blieb zu bezweifeln.
Hao erhielt eine der grünblauen und eine blaue Perle, die anderen gingen an Luo und Ren. Luo fasste eine blaue Perle in einen Ring. Die zweite ließ er ebenfalls in einen Ring einarbeiten und schenkte sie Lin. Diese nahm das Geschenk an, schien aber etwas unsicher, da das Verhältnis zwischen ihr und Luo ungeklärt geblieben war – immerhin war es ein recht wertvolles Schmuckstück, und Luo hatte die Inschrift „Ein Licht in den Schatten von einem Freund in den Schatten“ im Ring bewusst vieldeutig abfassen lassen, was die Art der Freundschaft anging.
« Letzte Änderung: 03 Feb 2024, 10:16:32 von Takur »

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #18 am: 10 Feb 2024, 09:43:59 »
Ein Friedensangebot
Tsusaka und Südufer des Maishi-Sees (Akira und Takur)

Während Ren, Luo und Hao ihre etwas dubiose Überfahrt nach Timog vorbereiteten, war Akira anderweitig gebunden: sein Appell, die aktuellen Differenzen zwischen Klan Momoku und Klan Ranku beizulegen, war bei dem Fürsten von Tsusaka nicht auf taube Ohren gestoßen. Akira durfte den Momoku-Fürsten bei einem Ausritt begleiten, bei dem der Fürst ihn eingehend befragte. Akira bewältigte dies gut, obwohl er sich ein Pferd leihen musste und sehr begrenzte Reitfähigkeiten besaß.
An den Ausritt schloss sich eine Audienz an. Zu Akiras Überraschung war nicht nur Haruko Nakama, eine Repräsentantin des Klan Suguri anwesend, sondern auch ein Verwandter Akarias: sein Onkel Takeda Arashi, der wegen seiner flexiblen Moral einen eher zwiespältigen Ruf hatte. Dass er nun im Dienst von Haus Momoku stand – Rivalen von Klan Ranku, dem die Takedas zugeschworen waren – nahm Akira nicht für seinen Onkel ein.

Die Audienz verlief in einer angespannten Atmosphäre, da Arashi und Nakama immer wieder aneinandergerieten. Akira schlug sich auf die Seite der Suguri-Repräsentantin. Er kannte die junge Kriegerin erst seit kurzem. Aber sie hatte den Helden geholfen, war eine fähige Schwertkämpferin und recht hübsch, weshalb Akira nicht ganz unvoreingenommen war.
Letztlich hörte der Fürst von Tsusaka auf Akiras und Nakamas Argumente, die die momentanen Spannungen der Momoku mit den Ranku und Suguri abschwächen wollten. Als Teil der Friedensdiplomatie sollte eine Botschaft, die neben Geschenken auch den magisch konservierten Kopf des kürzlich getöteten Piratenkapitäns Jang Bienhe umfasste, an Suguri Aya gehen, Herrin einer 50 Meilen westlich von Tsusaka am Ufer des Maishi-Sees gelegenen Burg. Da sie eine halbe Momoku war, sollten über sie Vermittlungen zwischen den Klans initiiert werden. Zudem hatten Verhöre ergeben, dass das Versteck der aufgeriebenen Piratenbande Jang Bienhes auf ihrem Territorium lag. Ein gemeinsames Vorgehen gegen die verbliebenen Piraten würde sich vertrauensbildend auswirken – jedenfalls eher als ein unangekündigter grenzüberschreitender Alleingang der Momoku.

Die Gesandtschaft bestand aus Akira, seinem Onkel Arashi sowie Haruka Nakama, wobei die Atmosphäre zwischen ihr und Arashi angespannt blieb. Akira tat sein Bestes, die Lage zu beruhigen. Er fragte sich allerdings insgeheim, warum ausgerechnet er den „Erwachsenen“ spielen musste. Auch Takur war mit von der Partie, hielt sich aber leicht amüsiert aus den Streitigkeiten heraus. Arashi verhielt sich seinem Neffen gegenüber freundlich, doch dieser traute ihm nicht. Er vermutete, dass sein Onkel eigennützige Motive verfolgte.
Abgesehen von den verbalen Geplänkeln zwischen Arashi und Nakama verlief die eintägige Seereise zu der Suguri-Burg ereignislos. Die Festung erhob sich mitten in dem das Ufer des Maishi-See bedeckenden Schilfgürtel und wirkte sehr wehrhaft.

Die mit 15 Jahren noch sehr junge Suguri Aya empfing die Gesandtschaft an der Seite ihres Onkel Haruki, der offenbar großen Einfluss auf die Entscheidungen der Burgherrin hatte. Er begegnete der Friedensbotschaft des Fürsten von Tsusaka mit einer gewissen Skepsis. Dennoch konnten Nakama und Akira mit ihren Argumenten für eine friedliche Kooperation zwischen den Klans punkten. Dass sich Akira bei der Diskussion teilweise gegen seinen Onkel positionierte, verbesserte das Verhältnis zwischen den beiden nicht. Das Angebot, gemeinsam mit Tsusaka gegen die Reste der Piratenbande vorzugehen, verwarf Suguri Haruki als zu langwierig. Stattdessen würden die Suguri-Truppen sofort losschlagen. Die Gesandten erklärten sich bereit, an der Aktion teilzunehmen – als Zeichen des guten Willens, aber auch aus Abenteuerlust. Takur, der bisher im Schatten seiner „höher geborenen“ Weggefährten gestanden hatte, erhielt zu seiner Belustigung eine zusätzliche Audienz bei Suguri Aya. Die junge Adlige wollte mehr über ihren exotischen Gast und seine Heimat erfahren. Der Jaguarkrieger erzählte bereitwillig über die Gebräuche seines fernen Heimatlandes, auch wenn ihn das insgeheim mit etwas Heimweh erfüllte.

Die Planung für das Ausheben des Piratenstützpunktes waren rasch abgeschlossen: während die Hauptstreitkräfte das auf einer Doppelinsel gelegenen Versteck direkt angreifen würden, sollte Akira mit einer Drachenrohr-Schützeneinheit den Fluchtweg ins Schilfmeer abschneiden. Da die Einheit aus Rattlingen bestand, war Akiras Onkel nicht daran interessiert, den Befehl zu übernehmen. Er werte das angebotene Kommando – vermutlich zu Recht – als einen wenig subtilen „Scherz“ der Suguri. Akira stimmte ihm insgeheim zu, wollte aber das Angebot nicht ablehnen und das Beste aus der Sache machen. Takur hingegen entschloss sich, wie Arashi lieber beim Sturmangriff auf den Piratenstützpunkt teilzunehmen. Er wollte einen richtigen Kampf. Akira blieb wenig Zeit, sich mit seinen Untergebenen vertraut zu machen. Doch diese wussten es anscheinend zu schätzen, dass er sie nicht so sehr von Oben herab behandelte.

Der Hauptstreitmacht gelang es nicht, die Piraten zu überraschen. Doch da verbliebenen Piraten zahlenmäßig unterlegen, von ihrer jüngsten Niederlage demoralisiert und schlecht organisiert waren, flackerte nur punktueller Widerstand auf – zumal Takur den Elementarmagier der Piraten mit einem Wurfspeer verwunden konnte. Beim Stürmen der Siedlung geriet der Jaguarkrieger mit einem Unteranführer der Piraten aneinander, den er nach kurzem, blutigem Zweikampf tötete. Kurz darauf brach der Widerstand zusammen. Ein Gutteil der flüchtenden Piraten und Zivilisten wurden von Akiras Einheit gestellt und gefangengenommen. Der von Takurs Wurfspeer verwundete Magier wurde sofort hingerichtet. Akira bot an, diese Aufgabe zu übernehmen und erfüllte sie mit großer Präzision. Die übrigen Piraten wurden gebunden mitgenommen. Die Einwohner des kleinen Dorfes, das die Piraten als Unterschlupf genutzt hatten, blieben unbehelligt. Allerdings mussten sie einige Kinder als Geiseln stellen, da sie in den Augen der Suguri etwas zu bereitwillig mit den Kriminellen kooperiert hatten. Die Beute bestand aus einigen Waffen und aus Waren der geplünderten Schiffe. Zudem fand sich im Haus des getöteten Piratenkapitäns eine kleine Kiste mit Münzen.

Die Gesandtschaft blieb noch einige Tage auf der Burg, auch weil Takur seine Wunden auskurieren musste, was Suguri Aya nutzte, um ihn weiter über den Jaguardschungel auszufragen. Als kleinen Dank erhielt er eine Halskette mit einer leuchtenden Perle. Die Suguri-Adlige sagte zu, die Friedensofferte des Momoku-Fürsten zu unterstützen und schickte einen Teil der Piratenbeute nach Tsusaka. Mit dieser kehrte die Gesandtschaft nach Tsusaka zurück, wo sie Vollzug meldete. Der Fürst schien mit dem Ergebnis zufrieden. Takur erhielt etwas Silber und Takur ein gut geschmiedetes Tanto aus der Waffenkammer der Burg.
Akira bandelte derweil mit Nakama an, auch wenn die beiden die Sache recht locker hielten, da sie beide wussten, dass die gemeinsame Zeit begrenzt sein würde.
Tatsächlich wandte sich Nakama schon wenige Tage später mit einem Auftrag an Akira: Aus der Hauptstadt Kintais war die Nachricht eingetroffen, dass die Gottkaiserin einen ihr als Weihegeschenk bestimmten Wurfspeer gen Zhoujiang geschleudert hatte. Niemand wusste den Grund oder was dies für die Beziehungen zu Zhoujiang bedeuten mochte. Manche meinten, es wäre eine Warnung für den Molchkönig des Maishi-Sees gewesen, dessen Spiegel es dem Piraten Jian Bienhe ja kürzlich ermöglicht hatte, die Küste Tsusakas zu terrorisieren. Klan Suguri wollte den Speer jedenfalls unbedingt finden. Offenbar hatte es sich bei dem seltsamen Objekt, das wenige Wochen zuvor über den Himmel von Tsusaka geflogen war, um fraglichen Wurfspeer gehandelt. Vermutlich war das Weihegeschenk in der Gegend um Timog gelandet. So schnell wie möglich suchte sich Akira ein Schiff und brach mit Takur auf.

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #19 am: 17 Feb 2024, 10:40:58 »
Mondstahlsuche (Spoiler für das Abenteuer Mondstahlsuche!)
Timog und Maishi-See (Akira, Takur, Hao)

Ren, Luo und Hao nutzten ihre Zeit in Timog unter anderem, um ihre Kontakte zu in der Stadt lebenden Bekannten und Verwandten zu erneuern. Hao musste freilich feststellen, dass manche ihrer Bekannten sich aus unbekannten Gründen zurückhaltend verhielten, was die junge Unggoy-Priesterin verunsicherte. Allerdings blieb nicht viel Zeit zum Grübeln, da sie sich aufopferungsvoll in die Arbeit des lokalen Unggoy-Tempels einbrachte, der unter anderem in der Gesundheitsfürsorge tätig war und ein Lazarett für Kranke und Verletzte unterhielt. Aufgrund der zahlreichen Kriegsflüchtlinge gab es genug zu tun. Zudem hatte in letzter Zeit die Zahl der geistig verwirrten Einwohner zugenommen. Timog hatte schon immer den Ruf einer „Stadt der verwehten Seelen“ gehabt. Legenden machten dafür einen unter der auf Pfählen errichteten Stadt liegenden Schrein von Yuzui „der in die Seelen kriecht“ verantwortlich. Hatte vielleicht die durch die Aktivitäten des Piraten Jiang Biehe verursachte zeitweilige Zunahme des Nebels etwas mit dieser Entwicklung zu tun?

Ansonsten erschien Timog geschäftig wie früher – umso mehr, da der Handel mit Tsusaka wieder florierte. Luo ließ es sich nicht nehmen, die Verdienste der Abenteurer bei der Bezwingung Biehes herauszustreichen, der mehrere Monate lang den Seeweg nach Tsusaka blockiert hatte.
Es fiel auf, dass die Militärpräsenz in Timog deutlich zugenommen hatte. Man munkelte von einer drohenden Offensive der Truppen von General Wu gegen die Flussdelphin- und die Kranich-Provinz. Neben fürstlichen Truppen waren in Timog zahlreiche Triaden-Söldner wie die „Tigeraugen“ und die „Feuerhornissen“ anzutreffen. Die Söldner waren weder bei den Einwohnern noch bei den fürstlichen Soldaten beliebt. Weniger umstritten war der Besuch eines der kampfstarken und mit mehreren Kanonen bestückten „Eintausend-Li-Schiffs“, einer durch zahlreiche Schaufelräder getriebene gepanzerte Kriegsmaschine aus der benachbarten Flussdelphinprovinz. Das Motiv dieses Besuchs war allerdings unbekannt, da sich die Flussdelphinprovinz im Bürgerkrieg bisher strikt neutral verhalten hatte. 

In diese angespannte Lage fiel die Ankunft Akiras und Takurs. Zunächst einmal überbrachte Akira seinen Gefährten Briefe vom Fürstenhof von Tsusaka. In erstaunlich formlosen Ton dankte der Fürst Ren und Luo noch einmal für ihre Rolle bei der Bezwingung des Piraten Jiang Biehe und kam zudem auf die Wünsche zu sprechen, die die Helden ihm gegenüber geäußert hatten:
Ren, die die Hoffnung geäußert hatte, dass der Fürst bezüglich des Bürgerkrieges in Zhoujiang eher Prinzessin Yi statt General Wu oder die Triaden befürworten würde, erhielt die Antwort, dass ihre Worte im Gedächtnis bleiben würden, insbesondere falls die Prinzessin sich selbst an den Fürsten wenden sollte. Allerdings müsse Tsusaka immer zuerst den Willen der Göttlichen Myuriko und den Schutz seiner Einwohner bedenken. Und dies würde manchmal dazu zwingen, einen schwierigen Weg einzuschlagen. Neben diesem nicht sehr ermutigenden Bescheid erhielt Ren ein Empfehlungsschreiben, welches Beamte und Gesandte Kintais bat, der Besitzerin mit Wohlwollen zu begegnen.
Luo, der eine Weissagung seiner Zukunft durch den für Prophezeiungen berühmten Tempel Tsusakas erbeten hatte, erhielt tatsächlich eine Prophezeiung zugesandt. Ihr Inhalt war freilich kryptisch: Die Mönche warnten vor dem Blutvergießen und der Zwietracht, die Luos Heimat bedrohe und in der er und seine Gefährten leicht zwischen die Linien geraten könnten. Gesichter und Namen würden täuschen und hinter einer Maske könne sich Freund und Feind verbergen. Tödlich sei der Kampf der drei Tiergeister. Doch es gäbe andere Mächte, die sich noch nicht in den Krieg eingemischt hätten. Wenn dies geschehe…
Sicherlich meinten sie damit den in Zhoujiang tobenden Bürgerkrieg.
Persönlicher war der zweite Teil der Botschaft, der Luo warnte, dass er einen blutigen Schatz suche. Luo solle sich vor dem Blute Shi Yaos (was „Basilisk“ oder „Schlangendämon“ bedeutete) hüten. Die Spur, der er folge, könne Dinge enthüllen, die besser verborgen bleiben sollten…
Luo bezog die letzten Worte auf seine Nachforschungen zu der Herkunft seines Schwertes „Vipernzahn“. Er ließ sich jedoch nicht entmutigen.
Der an Hao gerichtete Brief war weniger kryptisch. Der Fürst äußerte noch einmal ein Kompliment für Haos rhetorische Fähigkeiten, die er hatte erleben können und schickte ihr ein Buch mit Kintari-Geschichten über den Affenkönig. Hao erkannte schnell, dass in den Sagen das Wirken dieses größten Heiligen der Kirche Unggoys letztendlich immer den Interessen der göttlichen Myurikos entgegenkam. Sie interpretierte das Geschenk als eine Anspielung, war aber nicht beleidigt.

Da Luo und Ren momentan durch ihre eigenen Belange und Nachforschungen abgelenkt waren, besprach Akira erst einmal nur mit Hao den heiklen Auftrag, den er bei seiner Abreise aus Tsusaka erhalten hatte: Er sollte nach dem magischen Wurfspeer Myurikos suchen, der angeblich bei Timog eingeschlagen war.
Die gnomische Affenpriesterin war von der Geschichte von dem Artefakt fasziniert, welches die Göttin gen Zhoujiang geschleudert hatte. Sie äußerte den Wunsch, die Waffe genauer in Augenschein zu nehmen, warnte allerdings auch vor möglichen politischen Komplikationen. Ein solch mächtiges Artefakt könnte das Interesse verschiedener Machtgruppen wecken. Alleine die Tatsache, dass die Gottkaiserin eine Waffe gen Zhoujiang geschleudert hatte, könne sich zu einer politischen Krise entwickeln. Auf was (oder wen?) mochte sie gezielt haben? Akira stimmte Hao zu und spekulierte halb im Spaß, ob die Gottkaiserin vielleicht beschlossen hätte, dass die Grenzen Kintais nach fast 500 Jahren Stagnation einer Erweiterung bedürften. Die Affenpriesterin fand diese Idee wenig amüsant.
Aufgrund der politisch heiklen Natur der Mission und da Akira sich unsicher war, ob die in den Bürgerkrieg in Zhoujiang involvierte Ren nicht eigene Pläne für ein derart mächtiges Artefakt haben könnte, beschloss er, erst einmal auf Hilfe durch Ren und Luo zu verzichten. Der junge Samurai hatte deswegen ein schlechtes Gewissen, aber letzten Endes sah er seine Loyalität nun einmal in erster Linie bei seiner Heimat…

Um Unterstützung zu finden, suchten Hao, Akira und Takur die in Timog gelegene Kintari-Gesandtschaft auf. Sie wurden umgehend von Botschafterin Suguri Hanako und ihrem Ehemann Suguri Kenji empfangen. Offenbar kursierten in Timog bereits Gerüchte über den Speer, obwohl die Botschaft anfangs davon ausgegangen war, dass der Wurfspeer in den Wellen des Maishi-Sees verschwunden sei.
Während Fürstin Liu Luli offiziell den Vorfall ignorierte, hatten sich offenbar schon verschiedene Personen für den Speer zu interessieren begonnen. Namentlich erwähnte die Botschafterin einen Kintari-Samurai namens Rokaku Jun. Dieser stellte auf eigene Faust Nachforschungen an und hatte angeblich kürzlich einen zu redseligen Untergebenen getötet. Die Botschafterin traute dem Mann nicht, der offenbar eigene Ziele verfolgte.
Hanako betonte, dass der Speer unbedingt gefunden werden müsse. Wenn eine der Bürgerkriegsparteien ihn in die Hände bekäme, könne diese ihn als politisches Druckmittel einsetzen oder gar verkaufen, was Kintai und den göttlichen Kranich brüskieren oder eine diplomatische Krise heraufbeschwören würde. Schnelligkeit sei bei der Suche ebenso wichtig wie Diskretion.
Die Helden überlegten, wie sie potentielle Konkurrenten auf eine falsche Fährte locken könnten. Akira schlug vor, das Gerücht zu verbreiten, dass der Speer bereits von der Botschaft gefunden worden sei. Das würde andere Interessenten vielleicht bei ihrer Suche entmutigen. Dies lehnte der Ehemann der Botschafterin allerdings ab, da ein solches Gerücht seine schwangere Frau zu einem Ziel machen könnte.
Weniger riskant erschien es, das Gerücht zu verbreiten, der Speer sei im Schilfmeer heruntergekommen – einem unübersichtlichen Wirrwarr aus Schilf, kleinen Inseln, Schlamm und flachen Wasserarmen nahe Timog. Um das plausibler zu machen, sollte die Botschaft eine „Suchexpedition“ ins Schilfmeer schicken. Hoffentlich würde dies potentielle Konkurrenten ablenken, während die Helden unauffällig weitere Nachforschungen nach dem Wurfspeer anstellten. Man vereinbarte, dass Suguri Kenji und Akira über einen örtlichen Myuriko-Tempel unauffällig Kontakt halten sollten.

Während Akira sich in den „besseren“ Kreisen umhörte, recherchierte Hao bei der einfachen Bevölkerung nach Gerüchten, die auf den Speer und Zeugen seines Einschlages hindeuteten. Zwar wurde schnell deutlich, dass den Helden das Kontaktnetzwerk ihres Gefährten Luo fehlte, doch letztlich wurde Hao fündig. Angeblich hatte eine Fischerin etwas über ein merkwürdiges Objekt oder Wesen erzählt, das auf einer Insel niedergegangen sei.
Weitere Nachforschungen zu dieser Spur brachten den Helden den Namen und die Beschreibung der Fischerin: Hong Ni gehörte zu den Fischvargen, einer am Maishi-See lebenden Unterart der Varge, die bekannt für ihre Schwimmkünste und ihre Kenntnisse der Ufer- und Sumpflandschaften war. Die Suche nach Hong Ni wurde verzögert, als die Helden auf eine jener Unglücklichen stießen, denen Yuzui „der in die Seelen kriecht“ den Verstand geraubt hatte. Auch wenn gerade Takur und Akira von der Begegnung verunsichert waren (Hao hatte bereits Erfahrungen mit diesen Unglücklichen gesammelt), sorgten die Helden dafür, dass die Kranke zu einem Heiler geschafft wurde. Ob man der Zwergin allerdings würde helfen können…

Endlich war die Suche nach Hong Ni erfolgreich. Die fuchsartige Vargin, die wie viele Fisch-Varge Schwimmhäute zwischen Fingern und Zehen aufwies, gab – widerwillig – Auskunft. Sie hatte in der Tat beim Fischen „Etwas“ auf einer Insel niedergehen sehen, was ihr einen ziemlichen Schrecken eingejagt hatte. Da auf der Insel zudem Harpyien hausten, hatte sie von einer Untersuchung abgesehen. Akira schlug Hong Ni vor, die Helden gegen Bezahlung zu der Insel zu fahren (auch um die Vargin so anderen Suchenden zu entziehen).

Dass Akiras Befürchtungen nicht unbegründet waren, zeigte sich, als Takur, der während der Verhandlung außerhalb der Fischerhütte Wache hielt, Alarm gab: Es näherten sich drei Bewaffnete, darunter ein hochgewachsener, muskulöser Schwertalb mit einer zweihändigen Klinge. Offenbar war Rokaku Jun ebenfalls auf die Spur Hon Nis gestoßen.
Es kam zu einer Konfrontation, die in ein Blutvergießen zu eskalieren drohte. Akira war nicht bereit, Jun den Weg frei geben und ihm Hong Ni zu überlassen und Jun wollte auf keinen Fall zurückzustecken.
Rokaku Jun versuchte, die Helden einzuschüchtern, indem er darauf verwies, im Auftrag des mächtigen Daimyo Gankoda Saburo zu handeln. Dieser Fürst gehörte zwar nicht zu einem der großen Kintari-Klans (Zakur, Uome, Suguri, Ranku, Momoku), stellte aber einen wichtigen Machtfaktor an der nordöstlichen Grenze Kintais dar. Er kontrollierte weite und fruchtbare Ländereien in der Nähe von Atasato und gebot über eine große Zahl von Soldaten und Vasallen. Der stolze und willensstarke Fürst war sehr auf seine Unabhängigkeit im Machtspiel der großen Klans bedacht, auch wenn ihm niemand mangelnde Loyalität gegenüber der Gottkaiserin nachsagen konnte. Gerüchten zufolge war er ein entschiedener Expansionist und würde Palitan und das nördliche Umland gerne als Teil des Kranichreiches sehen. Er sah in Myurikos Wurfspeer wohl ein Werkzeug, um Spannungen mit Zhoujiang zu schüren und einen Vorwand für eine militärische Intervention zu schaffen. Angesichts dessen wollte Hao auf keinen Fall, dass die Waffe in die Hände Rokakus geriet. Ihr Heimatland hatte schon genug zu leiden. Ein Krieg mit Kintai…
Akira war zwiegespalten. Eigentlich befürwortete er eine offensivere Außenpolitik Kintais (wenn auch nicht unbedingt gen Zhoujiang). Er konnte die Argumente Rokaku Juns nachvollziehen, der die Bequemlichkeit und Stagnation Kintais kritisierte. Doch da Akira geschworen hatte, den Speer Klan Suguri zu übergeben und weil er Hao nicht in den Rücken fallen wollte, hatte er keine Wahl, als Jun weiter den Weg zu verwehren.
Zu Haos (und seiner eigenen) großen Überraschung konnte Akira Rokaku Jun durch seine geschickte Argumentation dazu bewegen, erst einmal zurückzustecken. Vermutlich schätzte Jun seine Chancen in einem Kampf gegen die drei Helden als ungewiss ein. Außerdem befürchtete er wohl, dass ein Gefecht zu viel Aufsehen erregen würde und wollte nicht, dass andere Parteien bei der Jagd auf den Speer erfolgreich waren, weil Jun und die Abenteurer sich gegenseitig ausschalteten. Im Zweifelsfall bevorzugte er es wohl, dass der Speer durch Akira wieder in Kintari-Hände überging, statt dass er in die Hände einer der Bürgerkriegsparteien Zhoujiangs geriet. Grollend entfernte sich der Samurai deshalb mit der Warnung, dass sich die Helden Feinde gemacht hätten.

Nach dieser spannungsgeladenen Begegnung hatten die Helden Mühe, Hong Ni zu beruhigen (die tatsächlich versuchte, sich schwimmend davonzustehlen). Sie verfluchte den Tag, an dem sie den Speer hatte niedergehen sehen. Die Helden brachten sie in einem sicheren Quartier unter und planten, so schnell wie möglich Hong Nis Geschichte von dem auf der Insel eingeschlagenen Objekt zu überprüfen.
Hao und Akira nutzen den Abend, um an dem Aschefest teilzunehmen, das an die Selbstverbrennung des Phönixgottes Hüengs erinnerte. Das Fest war eindrucksvoll, wenn auch eher besinnlich als ausgelassen und partiell überschattet durch die politischen Fronten des Bürgerkriegs. Immerhin war Hüeng der Schutzpatron des Kaiserhauses.
Takur leistete währenddessen Hog Ni Gesellschaft, der nach dem Zusammenstoß mit Rokaku Jun der Sinn nach Festlichkeiten vergangen war. Takur fand die Vargin attraktiv und wollte sie zudem vor dem möglichen Zugriff anderer Parteien schützen – allerdings auch dem Risiko vorbeugen, dass sie kalte Füße bekam und sich absetzte. Hong Ni fand den rauen Humor des Jaguarkriegers gewöhnungsbedürftig, aber die beiden kamen gut miteinander zurecht.

Um etwaigen Konkurrenten keine Gelegenheit zum Aufholen zu geben, wollten die Helden schon am nächsten Tag aufbrechen. Sie besorgten sich Verpflegung sowie zwei Schleudern (als zusätzliche Vorkehrung gegen die angeblich auf der Insel nistenden Harpyien), hinterließen der Kintari-Botschaft eine Nachricht über ihr weiteres Vorgehen und stachen in See. Der kleine Fischerkahn Hong Nis war mit vier Personen schon sehr gut gefüllt. Die Helden unterstützten die Fischvargin nach Kräften und obwohl keiner von ihnen viel Ahnung von Seefahrt hatte, kamen sie gut voran. Die Fahrt verlief ereignislos, nur einmal wäre das Boot beinahe auf einen im Schlamm versunkenen Baumstamm aufgelaufen.
Gegen späten Nachmittag kam die mangrovenbestandene Insel in Sicht, auf der laut Hong Ni der Wurfspeer Myurikos (oder zumindest „Etwas“) heruntergekommen war. Im Schutze einer kleinen Nachbarinsel spähten die Helden ihr Ziel aus. Schnell erkannten sie, dass Hong Ni bezüglich der Harpyien recht gehabt hatte: mehrere dieser Wesen kreisten in der Luft. Die Helden beschlossen, in der Nacht einen Vorstoß zu wagen, wenn die Ungeheuer hoffentlich schliefen. Bei der Beobachtung fiel außerdem auf, dass die Harpyien immer wieder um einen alten Baum kreisten, dessen Standort sich laut Hong Ni ungefähr mit dem Einschlagort des von ihr beobachteten Objektes deckte.

Im Schutze der Dunkelheit brachte Hong Ni das Boot nahe genug an das Ufer heran, sodass die Helden an Land waten konnten. So leise wie möglich schlichen sie in Richtung des alten Baums, wo sie den Wurfspeer vermuteten. Tatsächlich ließ ein von dem Baum ausgehendes schwaches Leuchten und eine seltsame…Aura in der Luft vermuten, dass das Ziel der Suche in greifbarer Nähe war. Um die Harpyien nicht aufzuschrecken, blieben Hao und Akira zurück, während Takur die letzte Strecke alleine zurücklegte. Jetzt machte sich bezahlt, dass der Jaguarkrieger durch die harte Lebensschule seiner fernen Dschungelheimat gegangen war: fast unsichtbar und beinahe lautlos pirschte er sich an den Baum heran.
Die Helden hatten richtig vermutet: der Wurfspeer Myurikos hatte den Stamm praktisch gespalten und steckte tief im Holz. Die Waffe war von beeindruckender Eleganz und ein silbriges Leuchten ging von ihrer Spitze aus. Vorsichtig lockerte Takur die Waffe und tatsächlich konnte er sie unbemerkt aus dem Holz lösen und sich davonschleichen, ohne dass eine der schlafenden Harpyien erwachte. So leise wie möglich kehrten die Helden zum Ufer der Insel zurück, wo Hong Ni mit dem Boot auf sie wartete.

Obwohl alle übermüdet waren, war an Rast nicht zu denken. Wenn die Harpyien erwachten, würden sie das Verschwinden des Speers bemerken. Die Helden wollten nicht direkt nach Timog zurückfahren, um eventuell sie verfolgende Harpyien – oder in Timog wartende Konkurrenten – zu verwirren und hielten sich bei ihrer Rückfahrt so gut wie möglich im Schutz kleiner Eilande und Inseln.
Tatsächlich hatten sie Glück: auch wenn sie einige Harpyien sichteten, wurde das Boot offenbar nicht bemerkt. Im Schutz einer größeren Insel hatten die Helden dann endlich die Muße, die Weihegabe an Myuriko genauer in Augenschein zu nehmen. Die Spitze der Waffe bestand aus Mondsteinstahl und war wie der kunstvoll gedrechselte Schaft mit anmutig-filigranen Kranich-Gravuren überzogen. Alleine die Waffe auch nur zu berühren, flößte ein Gefühl der Ehrfurcht ein. Wie Takur etwas zweideutig bemerkte, war die Waffe zweifellos einer Göttin würdig (er meinte damit die „lebende Göttin“ seiner Heimatstadt Huatla). Der Jaguarkrieger stellte sich kurz vor, wie viel Ehre und Würde ihm winken könnten, wenn er dieses großartige Geschenk nach Hause bringen würde. Aber er wusste, dass seine Kameraden dem niemals zustimmen würden und dass die Waffe einer anderen „lebenden Gottheit“ – nämlich Myuriko – gebührte. Es fiel ihm dennoch schwer, den Speer aus der Hand zu legen…
Hao bewunderte vor allem die Kunstfertigkeit und Macht des Artefaktes. Sie überlegte immer noch, warum der Göttliche Kranich solch ein prachtvolles Geschenk fortgeschleudert hatte. Sei das eine Warnung oder Botschaft gen Zhoujiang gewesen – oder würde vielleicht ein Fluch auf der Waffe liegen?
Akira, der leichte Hemmungen hatte, eine Waffe zu berühren, die die Göttliche Myuriko in den Händen gehalten hatte, versicherte im Brustton der Überzeugung, dass kein simpler Fluch die Berührung durch den Göttlichen Kranich überstehen würde. Er vermutete in dem Wurf Myurikos eher eine Botschaft. Welchen Wortlaut diese freilich haben mochte…
Nachdem sich die Helden nach der Anstrengung der letzten Tage etwas ausgeruht hatten und die in der Ferne kreisenden Harpyien verschwunden waren, machten sich die Helden auf die letzte Etappe ihrer Fahrt.

Dass ihre Vorsicht nicht unbegründet war, zeigte sich beim Erreichen des Hafens. Von Ferne sichteten die Helden ein Undare (ein elementares Wasserwesen), welches sich zwischen den einlaufenden Fischerbooten herumtrieb. Einen magischen Spion fürchtend, wichen die Helden dem Wesen so gut wie möglich aus und konnten das Elementarwesen in der Tat umgehen. Die zahlreichen Kanäle der auf Pfählen errichteten Stadt ausnutzend, schafften es die Abenteurer bis in die Nähe der Botschaft, wo sie Hong Ni auszahlten und verabschiedeten. Akira überzeugte sie, über die ganze Angelegenheit vorerst Stillschweigen zu bewahren.
Noch war der Wurfspeer Myurikos freilich nicht in Sicherheit, denn den Helden fielen mehrere Bewaffnete auf, die die Umgebung der Kintari-Botschaft aufmerksam beobachteten. Jetzt kam den Helden die gedrängte Bauweise Timogs und das lebhafte Straßenleben zugute: Im Schutze der Passanten konnten sie die Beobachter umgehen und das Tor der Botschaft erreichen, bevor diese einen letzten Versuch unternehmen konnten, den Speer an sich zu bringen. Wie die Abenteurer später erfuhren, war ihr Gegenspieler Chiu Hu, ein Söldner und Schläger mit Triadenverbindungen, der dem Speer wohl auf eigene Faust hinterherjagte.

In der Botschaft wurden die Abenteurer sofort von Botschafterin Suguri Hanako empfangen, der Akira feierlich den Wurfspeer überreichte. Natürlich war die Botschafterin hoch erfreut und sparte nicht mit Lob – zumal die Helden den Wurfspeer ohne größeres Aufsehen oder gar Blutvergießen zurückgebracht hatten, was die diplomatische Beilegung der Angelegenheit erleichtern würde.
Entsprechend großzügig war die Belohnung: Die Helden erhielten nicht nur etliche Lunare, sondern ihnen wurde zudem die Möglichkeit angeboten, sich eine materielle Belohnung aus den Schatzkammern und Werkstätten eines Myuriko-Tempels (etwa des Tempels in Tsusaka) zu wünschen oder in der Gunst von Klan Suguri aufzusteigen. Akira entschied sich für letzteres, hoffte er doch, so sein Ansehen (und damit das seiner Familie) zu erhöhen.
Hao – die sich nicht in die komplizierten Machtkonflikte und Beziehungsnetzwerke der Kintari-Politik verwickeln lassen wollte – entschloss sich für eine handfestere Belohnung. Sie erbat sich Wandelndes Holz, einem kostbaren, aus dem Stamm der gefährlichen Dämmerweiden gewonnenen Rohstoff. Auch Takur folgte einem eher praktischen Ansatz und erfragte Unterstützung bei der Fertigung einer verbesserten Waffe.

In den folgenden Tagen beschäftigten sich die Helden mit ihren jeweils eigenen Projekten. Takur verbrachte noch etwas Zeit mit Hong Ni, da er Gefallen an der sarkastischen Vargin gefunden hatte, was diese erwiderte. Akira hingegen unterstützte die Botschaft bei der Bewachung des Wurfspeers Myurikos. Er befürchtete, dass eine der anderen Interessensgruppen von dem Fund des Speers erfahren und einen Angriff auf die Botschaft versuchen könnte. Seine Aufmerksamkeit wurde allerdings abgelenkt, als er von Luo erfuhr, dass dessen Halbweltkontakte möglicherweise auf eine Spur des verschwundenen Katanas von Akiras Vater gestoßen waren: Angeblich hatte ein rothaariger zwergischer Triadensöldner von einer ähnlich aussehenden Waffe erzählt. Die Spur, die vielleicht zu den Mördern von Akiras Vater führen mochte, war zwar schwach, aber sie war es sicherlich wert, verfolgt zu werden…

In einer ganz anderen Angelegenheit trafen sich Ren und Hao zu einem gemeinsamen Essen. Die Magierin, die aus ihrer Abneigung gegenüber den Triaden und ganz besonders gegenüber General Wu kein großes Geheimnis gemacht hatte, wollte ihrer Weggefährtin reinen Wein einschenken. Sie gab zu, im Bürgerkrieg fest auf Seiten von Prinzessin Yi zu stehen und versuchte die Affenpriesterin von ihrem Standpunkt zu überzeugen.

Tatsächlich fielen ihre Argumente teilweise auf fruchtbaren Boden. Hao stimmte ihr zu, dass General Wus brutale Machtpolitik und wenig durchdachte Reformversuche der schlechteste Weg für Zhoujiang waren. Bezüglich der sehr heterogenen Triaden war Haos Meinung weniger eindeutig. Sie sah die Händler und Kriminellen ganz gewiss nicht an der Spitze des Staates, konnte aber einigen ihrer Argumente für mehr Rechte für Händler und Handwerker und mehr Autonomie für die einzelnen Regionen durchaus etwas abgewinnen. Und was Prinzessin Yi anging, so war diese noch sehr jung und unerfahren…

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #20 am: 24 Feb 2024, 03:24:35 »
Alte Bekannte
Timog (Ren und Luo)

Während Akira, Hao und Takur im Auftrag der Suguri nach dem Wurfspeer der Myuriko suchten, waren Ren und Luo mit weniger weltbewegenden Dingen beschäftigt.
Luo nahm die Neuigkeiten, dass er ungewollt General Wus Leuten geholfen hatte, nicht so schwer wie Ren, war aber ebenfalls nicht glücklich. Auf Anregung von Ren begann er Nachforschungen anzustellen. Er wollte einen besseren Eindruck von den Machtstrukturen in Timog gewinnen, erfahren wer hier das Sagen hatte und wie die militärische Situation war.

Es fiel ihm nicht schwer, einige Soldaten und Unteroffiziere des örtlichen Jun (Provinz-Bannerheeres) zum Reden zu bringen. Er hörte unter anderem, dass der gefürchtete Jadedrache – ein Elitekämpfer Wus, der angeblich mit dem General gebrochen hatte – in der Nähe Timogs einen Beamten ermordet haben sollte. Die Berichte blieben vage. Generell war der Jadedrache eine Gestalt mit zwiespältigem Ruf. Manche nannten ihn einen brutalen Mörder und Vergewaltiger, andere einen Helden. Manche seiner angeblichen Taten hatten sich an so weit voneinander entfernten Orte zugetragen, dass kaum ein und derselbe Mann verantwortlich sein konnte. Die Triaden und die mit ihnen verbündeten Fürsten hatten jedenfalls ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt, auch wenn die Angaben über die Höhe schwankten.
Währenddessen kam Lin mit ihren Nachforschungen zu ihrem ehemaligen Auftraggeber Shu nicht weiter. Vielleicht zeigte der Alb sich selten in Timog und kaufte die Waffen für seine Verbündeten nur in Tsusaka oder anderen weiter entfernten Orten.

Bezüglich der Machtkonstellationen in Timog und der Kranichprovinz war es ein offenes Geheimnis, dass Fürstin Liu Luli nur notgedrungen mit den Triaden kooperierte. Sie favorisierte gemäßigtere Triaden wie die Roten Karpfen und den Fließenden Stein. Allerdings waren angeblich auch die gewalttätigen 13 Blätter im Aufstieg begriffen. Timog hoffte vermutlich, sich durch Kooperation mit den als Piraten berüchtigten 13 Blättern vor deren Angriffen zu schützen und diese gleichzeitig gegen andere Piraten und die Kaperer und Kriegsschiffe von General Wu mobilisieren zu können, die zunehmend vom Westende des Sees her Druck ausübten. Angeblich strebten die 13 Blätter nach direktem Einfluss auf die fürstliche Flotte. Sowohl am Fürstenhof als auch unter den Händlern sahen das manche mit Sorge. Was würden die 13 Blätter mit einer solchen Macht anfangen? Zudem überfielen sie regelmäßig Schiff des benachbarten Kintai - und diese mächtige Militärmacht zu ärgern erschien wenig weise…

Drei der wichtigsten örtlichen Triadenzweige wurden von Frauen geführt:
Die Gnomin Chen Jiah fungierte Gerüchten zufolge als die lokale Anführerin der Roten Karpfen. Seitdem sich die Provinz den Triaden angeschlossen hatte, war die Beamtin am fürstlichen Hof zudem zur Ministerin für Finanzen und Handel aufgestiegen. Dass die seit 40 Jahren in der Verwaltung tätige Jiah korrupt und tief in die Schmuggelaktivitäten der Roten Karpfen verstrickt war, war ein offenes Geheimnis – ohne dass man ihr bisher etwas hatte nachweisen können. Ihr Verhältnis zu der jungen Fürstin Liu Luli galt als angespannt. Jiahs Verwandter Chen Tsu fungierte als Ältester der Alchimistengilde und besaß angeblich beträchtlichen Einfluss bei den örtlichen Heilkundigen, Kräuter- und Exotika-Händlern.
Rätselhafter erschien die als Yeying („Nachtigall“) bekannte Tengu, die den lokalen Ableger der Triade des Fließenden Steins kontrollierte. Das schwarzgefiederte Feenwesen dominierte seit einem Jahrzehnt das Vergnügungsviertel der Stadt. Man sagte ihr nach, vor allem auf Absprachen, Intrigen, Bestechung und wohldosierte Erpressung zu setzen. Angeblich hatte sie gute Kontakte zum fürstlichen Hof und war für ihre großzügigen Spenden für öffentliche Feste, die lokalen Tempel und die Armen Timogs bekannt.
Eher gefürchtet war hingegen Toryu („Drachentöterin“), die den lokalen Ableger der Triade der 13 Blätter kommandierte. Die als rücksichtslos und jähzornig berüchtigte Albin mit den markanten Brandnarben auf der rechten Gesichtshälfte, Hals und Oberkörper stammte wie viele Mitglieder der 13 Blätter aus Kintai. Ihren Namen verdankte sie ihrem Einsatz gegen General Wus Flotte. Toryus wahre Abneigung galt aber angeblich ihrer alten Heimat. Manche hielten sie für eine verstoßene Kintari-Adlige, eine in Ungnade gefallene Samurai oder eine ehemalige Woku-Piratin. Angeblich kommandierte Toryu bis zu 800 Bewaffnete und etwa zwanzig Schiffe, was sie zur mächtigsten Piratenfürstin des Maishi-Sees machte. Neben der Piraterie waren die 13 Blätter in Timog auch im Schmuggel, dem Menschenhandel und der Schutzgelderpressung aktiv.

Zu den weiteren mächtigen Personen Timogs gehörte Sima Yu. Der Zwerg hatte schon der Großmutter und Mutter Liu Lulis als Kanzler und Minister für städtische Gesundheit, öffentliche Sicherheit und Kanalwesen gedient. Unter anderem kontrollierte er die städtische Polizei und Zollbehörde, die Gerichte und das Stadtgefängnis. Yus Einfluss war angeblich maßgeblich für die Entscheidung der Fürstin gewesen, sich mit den Triaden zu arrangieren. Ob er selber einer Triade angehört, war umstritten.
Ein weiterer Vertrauter der Fürstin war ihr Verwandter Liu Jang, der Kommandeur des fürstlichen Heeres. Der junge General galt als mutig und taktisch versiert. Seine logistischen und administrativen Fähigkeiten waren allerdings ausbaufähig und sein Verhältnis zu den in der Kranichprovinz operierenden Triaden-Söldnern nicht frei von Differenzen.
Deutlich niedriger in der Gunst der Fürstin stand Admiral Tung Li, der Befehlshaber der fürstlichen Flotte. Der frühere Verwaltungsoffizier kommandierte die Marine der Kranichprovinz, seit sein Vorgesetzter zu General Wu übergelaufen war. Angesichts der Bedrohung durch General Wu und die zahlreichen unabhängigen Piraten, die auf dem Maishi-See operierten, befürwortete Li eine enge Kooperation mit der Triade der 13 Blätter, um die maritime Schlagkraft Timogs zu erhöhen.

Es waren dann aber persönliche Angelegenheiten, die beide Schattenklingen von ihren Nachforschungen ablenkten. Vor Jahren hatte zwischen Luo (der in Lin verliebt gewesen war) und Lin (die Luo nur als Freund sah) vor allem auch der gutaussehende, junge Schwertkämpfer Sung Bei gestanden. Luo hätte sich damals beinahe ein Duell mit Bei geliefert. Seine Meisterin hatte ihm jedoch den Abschied gegeben, ehe die Lage eskalierte. Wie auch immer Beis und Lins Beziehung ausgesehen hatte, sie war nicht von langer Dauer gewesen. Inzwischen hatte der Krieger die Nichte eines Silberschmiedes aus Timog geheiratet. Glücklich war er mit dieser guten Partie allerdings nicht geworden, wurde er doch momentan als angeblicher Insider bei einem Einbruch bei der Familie seiner Frau gesucht. Lin wollte ihrem alten Vertrauten/Geliebten helfen. Zwar hegte Luo keinerlei freundliche Gefühle für Sung Bei, doch er wollte Lin helfen und so auch verhindern, dass sie in Schwierigkeiten geriet.
Dank Luos Halbweltkontakte gelang es den beiden Schattenklingen, Sung Bei zu finden. Er verbarg sich in der heruntergekommenen Taverne „Wus Eintopf“ (nicht nach dem General benannt). Der Wirt schuldete Sung Bei wohl einen Gefallen. Der junge Schwertkämpfer beteuerte seine Unschuld (was Luo ihm nicht so recht abnahm), wollte aber keine Konfrontation mit dem Gesetz riskieren. Seine Frau und die wenige Monate alte Tochter mochte er aber ebenfalls nicht im Stich lassen. Luo überzeugte ihn, sich erst einmal abzusetzen – vielleicht in Richtung der Flussdelphinprovinz und von dort eventuell nach Tsusaka. Als Kämpfer konnte er sicher eine Anstellung finden, und seine Frau als geschickte Silber-Tauschiererin ebenso. Beis Frau und das kleine Kind würden besser erst später nachkommen, schließlich war das Mädchen noch klein. Sung Bei sah ein, dass dies klüger war, wollte sich aber erst von seiner Frau verabschieden (und benötigte für einen Neuanfang zudem Geld). Wohl oder übel stimmten die Abenteurer zu, ihm dabei zu helfen. Es war freilich zu befürchten, dass das Anwesen und die Werkstatt der Familie Yang von den Behörden beobachtet wurden.

Es fiel Luo nicht schwer, einen Fischer zu finden, der Sung Bei aus Timog herausschmuggeln konnte.  Ren knüpfte als angebliche Kundin (sie wollte ohnehin ihre blaugrüne „Nymphenperle“ in ein Diadem fassen) Kontakt mit Yang Tia, Sung Beis Ehefrau. Die junge Frau war offenbar gewillt, zu ihrem Ehemann zu stehen. Als junges Familienmitglied lebte sie in einem außen gelegenen Raum des Familienanwesens, das in der Tat von einem Spion der Stadtgarde im Auge behalten wurde. Ein paar geschickte Ablenkungen durch Lin und Luo (ein Schaukampf, den Luo erneut für sich entschied) und Ren (die etwas dramatisch mit ihrem beschworenen „Höllenhund“ vorbeispazierte) sorgten dafür, dass niemand Beis Kommen und Gehen bemerkte. Es gelang auch, Sung Bei anschließend aus Timog herauszuschmuggeln. Lin wollte weiterhin ein Auge auf seine Ehefrau und Kind haben und Luo hoffte inständig, nie wieder etwas von Sung Bei zu hören.

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #21 am: 02 Mär 2024, 19:56:41 »
Festvorbereitungen
Timog und Weihei-Schilfmeer westlich der Stadt (Hao, Luo, Ren)

Dank Luos Kontaktenetzwerk konnte Ren einige Informationen an ihre Verbündeten in den von den Kaiserlichen kontrollierten Provinzen weiterleiten. Sie schlug vor, diplomatische Kontakte zwischen den Kaiserlichen und den Momoku in Tsusaka zu etablieren. Das mochte zunächst zwar nichts Konkretes bringen, vielleicht würden sich die Dinge ja irgendwann ändern. Zudem berichtete sie über den Waffenschmuggel aus Kintai an die Verbündeten Wus. Sun Lin war derweil beschäftigt, der Familie ihres ehemaligen Freundes zu helfen. Im Anschluss daran führte sie ein eigener Auftrag ins Umland von Timog heraus. Sie versprach Luo aber, dass es nicht wieder Jahre dauern würde, ehe man sich wiedersah.

Ren und Luo waren sehr beeindruckt von dem Bericht ihrer Gefährten über die Jagd nach dem Speer. Besonders Luo bedauerte, nicht dabei gewesen zu sein. Doch die Helden vergaßen darüber nicht ihr Ziel, in den kaiserlichen Archiven in Palitan zum Tempel der Tausend Tore zu recherchieren. Es waren vor allem die zhoujiangischen Abenteurer, die sich auf die Reise nach Osten vorbereiteten. Hao und Luo konnten aus eigenem Wissen bzw. durch Herumfragen einige Informationen zusammentragen. Die kaiserlichen Archive Palitans waren bedauerlicherweise nicht einfach zugänglich. Die Leiterin My-Mei war zugleich Vorsteherin des Händlerrates und Anführerin der Triade des Fließenden Steins, die angeblich je nach Bedarf den Zugang erschwerte. Gerade bei exotischen, heiklen oder sehr lange zurückliegenden Themen war der Zugriff aber auch grundsätzlich teuer und langwierig.
Allerdings gab es mögliche „Abkürzungen“, beispielsweise wenn ein hochrangiger Gönner, die Anfragen unterstützte. Denkbare Kandidaten dafür waren die regionalen Adels- und Handelshäuser, aber auch wichtige Tempel, Botschaften u. ä. Persönlicher Zugang zu den Archiven selbst wurde freilich nur selten gewährt. Meist blieb dieser renommierte Forscher vorbehalten, die über gute Kontakte zum Archiv verfügten. Angeblich konnten solche Experten teilweise angeheuert werden – was allerdings wiederum recht teuer sein konnte.
Die Abenteurer beschlossen, ihre finanziellen Reserven in den nächsten Tagen und Wochen aufzustocken und nach gut bezahlten Aufträgen zu suchen. Luo setzte zudem seine Kontaktversuche beim örtlichen Militär fort, jetzt auch in Hinblick auf mögliche Aufträge.
In Timog war wohl auch weiterhin einiges im Argen. Es hieß, dass einige der „verwehten Seelen“ (eine örtliche Bezeichnung für psychisch Kranke) verschwunden waren. Man munkelte „Etwas“ riefe sie auf den Grund des Sees…

Unmittelbar vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs hatte Ren ein Jahr in Timog gelebt, um ihre Ausbildung in Wassermagie zu vervollkommnen. Sie hatte in der Zeit bei Ji Dao gewohnt, einem entfernten Verwandten, der im Justizministerium tätig war. Der familiäre Frieden hatte seinerzeit darunter gelitten, dass Ji Dao nach Wus Putsch den Neutralitäts-/Triadenkurs der Fürstin seiner Provinz unterstützt hatte, während Ren eine überzeugte Anhängerin Prinzessin Yis war. Sie und Luo hatten sich seinerzeit mit anderen Loyalisten unter erheblichen Gefahren nach Norden durchgeschlagen. Deshalb hatte sie keinen direkten Kontakt mit ihrem Verwandten gesucht, als sie nach Timog zurückgekehrt war. Allerdings war es nun Ji Dao, der den Kontakt wieder aufleben lassen wollte. Vermutlich hing dies auch damit zusammen, dass Ren eine gewisse Bekanntheit errungen hatte und mit recht aufsehenerregender Begleitung reiste. Er lud Ren und ihre Begleiter ein, im Anwesen der Familie zu wohnen. Neben etlichen Bediensteten bestand der Haushalt aus Ji Daos Ehefrau Ji Xi sowie den Kindern des Paares. Da war Su, mit Jahrgang 970 die älteste Tochter, eine fähige Heilerin und Heilmagierin, die im Gesundheitswesen der Stadt tätig war (eine Berufswahl, die nicht ganz die Zustimmung ihrer Eltern fand), sowie die 14jährigen Zwillingstöchter Jao und Jan. Su sollte in naher Zukunft Zhafeng Bei heiraten, einen nachgeborenen Sohn einer lokalen Adelsfamilie, der einen Stabsposten in der Flotte der Kranichprovinz innehatte. Dies war eine gute Partie für die Tochter eines mittleren Beamten. Ren hatte allerdings den Eindruck, dass die Eltern zufriedener waren als die Braut.

Das Zusammenleben gestaltete sich weitgehend harmonisch, auch weil Ren und das Gastgeberpaar politische Diskussionen vermieden. Hao und Ren beteiligten sich gerne an der Organisation des Hochzeitfestes, das wohl auch dazu dienen sollte, Stand und Reichtum der Familie zu demonstrieren. Luo, der von dem Ji-Ehepaar allerdings eher wie ein Untergebener behandelt wurde, nutzte seine Straßenkontakte für die kostengünstige und schnelle Beschaffung verschiedener Vorräte für das Fest. Hao bemühte sich, Su durch einige Ratschläge auf die Ehe vorzubereiten und ihr etwas die Nervosität zu nehmen. Die junge Braut heiratete anscheinend eher aus Pflichtbewusstsein als aus Liebe, empfand allerdings auch keine Abneigung gegenüber ihrem Zukünftigen, der wohl ebenfalls vor allem heiratete, weil seine Familie es so wollte.

Allerdings ergab sich bald ein akutes Problem bei dem die Gäste helfen sollten. Die Ji hatten bei einem gewissen Meister Zhan einen Shunkou-Hecht und Waraneier für die Hochzeit bestellt. Der Händler, der zu der von den Roten Karpfen dominierten Gilde der Alchemisten gehörte, hatte eine erhebliche Anzahlung erhalten, war aber nun unauffindbar. Ji Dao wollte nicht glauben, dass er einem Betrüger zum Opfer gefallen war. Er machte den Helden die Suche nach Zhan schmackhaft, indem er andeutete, dass dies vielleicht helfen könnte, deren Spannungen mit den Roten Karpfen (die noch aus ihrem Abenteuer in Tsusaka herrührten) zu lindern. Da diese „Queste“ nicht wirklich gefährlich klang, beschlossen die Abenteurer, Akira und Takur erst einmal nicht zu bemühen, zumal beide in die Bewachung des Myuriko-Speers eingebunden waren. Zudem begegneten die Jis Takur mit leichtem Argwohn. Der jaguargestaltige Ma’Ua war ein etwas gewöhnungsbedürftiger Anblick…

Hao, Ren und Luo suchten den Stand von Meister Zhan auf, der am Rande eines der städtischen Tiermärkte lag. Hier wurden in einem bunten Durcheinander von Geräuschen, Farben und (nicht immer angenehmen) Gerüchen Tiere und tierische Produkte aller Art gehandelt. Zhans Stand war gegenwärtig nicht geöffnet. Nach einigem Herumfragen ließ sich ermitteln, dass Meister Zhan seit einigen Tagen verschwunden war. Das war an sich nichts Ungewöhnliches, da gelegentlich seine Lieferanten aufsuchte. Freilich vermochte keiner zu sagen, wohin er genau aufgebrochen war. In seiner Abwesenheit kümmerte sich ein Gnom namens Xu um Stand und Tiere. Allerdings hatte in den letzten Wochen ein gefährlich wirkender Fischvarg nach Zhan gefragt. Die Abenteurer warteten bis zum Abend, wobei sie eine misstrauische Marktwache abwimmeln mussten, die sich aber von Hao beschwichtigen ließ. Der Markt kam auch bei Sonnenuntergang nicht zur Ruhe. Wie gehofft tauchte Xu auf, um die Tiere zu füttern. Es gelang, sein Misstrauen zu besänftigen und er erzählte, dass Zhan vor gut zwei Wochen aufgebrochen war, um sein Sortiment aufzufüllen – sicher auch wegen des Liefervertrags mit den Ji. Üblicherweise reiste er auf seinen Fahrten in das Schilfmeer mit einem örtlichen Fischer, entweder dem menschlichen Fischer Rong oder dem Fischvarg Wen. Die Abenteurer beschlossen dort anzusetzen und warnten Xu, sich vor dem möglichen Verfolger in Acht zu nehmen.

Nachdem sie die Familie Ji über die (bescheidenen) Fortschritte informiert und Proviant eingepackte hatten, brachen die drei am nächsten Morgen auf, um die Fischer abzufangen, bevor sie auf den See hinaus fuhren.
Tatsächlich gelang es, Rong ausfindig zu machen. Der Mann mittleren Alters war etwas misstrauisch, doch die Abenteurer konnten ihm zum Reden bringen. Er gab zu, Zhan gelegentlich zu den Dörfern der Fischvarge und Kranichgnome im Schilfmeer gebracht zu haben. Er hatte keine hohe Meinung von Wen, mit dem Zhan häufiger unterwegs war. Rong schilderte den Tierhändler als etwas absonderlich. Angeblich hätte er früher in einer der nordwestlichen Provinzen Zhoujinangs als Person von Stand gelebt. Die Abenteuer heuerten den Fischer an, um sie ins Schilfmeer zu bringen. Sie brachen noch am selben Tag auf, nachdem sie ihre Vorräte und Ausrüstung ergänzt hatten. Zunächst wollten sie das nächstgelegene Fischvarg-Dorf namens Sairan ansteuern. Der Fischer Wen war dort gebürtig, so dass Sairan für ihn und Zhan ein logisches Ziel wäre. Die Fahrt würde zwei Tage dauern und gen Westen führen. Rongs Boot erwies sich als nicht gerade groß – mit den drei Abenteurern und Rong konnte es bestenfalls noch ein oder zwei weitere Passagiere aufnehmen. Ein kleines Stoffsegel trieb es an, auch wenn man im Schilfmeer meist rudern oder staken musste. Haos Wildniskunde erwies sich von großem Nutzen, da sie ein Auge auf das Wetter behalten und Rong bei der Orientierung helfen konnte.

Die Fahrt verlief glatt, auch wenn nur Luo kräftig genug war, Rong beim Staaken zu helfen und die Schattenklinge sich dabei nicht allzu geschickt anstellte. War der See nahe Timog noch voller Fischer, Handelsschiffe und einzelner Einheiten der Provinzflotte, so ließ das bunte Treiben nach wenigen Stunden nach. Entlang des Schilfmeers waren bald nur noch hin und wieder kleine Fischerdörfer in der Ferne zu entdecken. Fischer und Jäger gingen ihrem Broterwerb nach. Am Abend fand sich ein Lager am Ufer, wo bereits einige Fischer Rast gemacht hatten. Man kam gut miteinander zurecht und tauschte Geschichten aus. Luo nutzte die Gelegenheit, um Rong im Auge zu behalten. Immerhin waren seine Gefährtinnen und er dem Fischer ausgeliefert, den sie kaum kannten. Doch nach seiner Einschätzung mochte der Fischer zwar geldgierig oder für eine kleine Betrügerei zu haben sein, war aber keine Bedrohung.
Auch am zweiten Tag folgte man dem Rand des sich immer weiter ausdehnenden Schilfmeers. Bald war das feste Land nur noch in der Ferne zu erahnen. Und schließlich tauchte das Boot in das Schilfmeer ein. Von nun ab hing viel von der Ortskundigkeit Rongs ab, wäre es doch ein leichtes, sich in dem Schilfdickicht zu verirren.
Glücklich erreichten die Abenteurer abends Sairan. Das Dorf lag auf einer flachen Insel und bestand aus einem halben Dutzend ärmlicher, auf Stelzen errichteten Hütten. Am Ufer lagen kleine Boote, und die vargischen Bewohner wirkten wachsam, aber nicht feindselig. Meister Zhan war ihnen bekannt (wie natürlich auch Wen). Beide waren vor ca. zwei Wochen hier gewesen, dann aber weitergefahren, weil in Sairan weder ein Silberhecht noch Waraneier zu haben gewesen waren. Gerade die Hechte waren wegen ihrer eifrigen Bejagung offenbar schon recht selten geworden. So blieb nichts übrig, als die Fahrt fortzusetzen.
Das nächste Ziel war Geko, ein weiteres Fischvarg-Dorf, das zwei Tage entfernt lag. Rong war darüber nicht ganz glücklich, weil er bisher nur selten so weit ins Schilfmeer vorgestoßen war. Zudem warnten die Dorfbewohner, dass gefährliche Leute in der Gegend unterwegs wären, bei denen es sich möglicherweise um Piraten oder Rebellen handelte. Vor ca. zehn Tagen war ein größerer Trupp unter Führung eines Sumpfbewohners gesehen worden. Die Fischer erzählten auch Geschichten von natürlichen Gefahren – Raubhechten, Donnerwelsen, manchmal sogar Haien. Die Abenteurer blieben eine Nacht in Sairan. Hao gewann die Herzen der Leute, indem sie eine Andacht abhielt, während Luo herumfragte, um die Fischvarge als potentielle Kundschafter für Timog oder für künftige Operationen der Kaiserlichen einschätzen zu können. Es war aber offenkundig, dass die Fischer sich aus der Politik heraushalten wollten.

Am folgenden Morgen setzte Rongs Boot die Fahrt fort. Je tiefer die Reisenden in das Schilfmeer eintauchten, desto fremdartiger wirkte die Landschaft. Die Luft wurde zunehmend stickiger, das Schilf immer dichter. Die Abenteurer blieben wachsam. Es waren Luo und Hao, die bemerkten, dass irgendwo vor ihnen etwas Großes durch das Schilf brach. Die Reisenden wichen zur Seite aus, und Luo begann durch das schlammige Wasser in Richtung der Geräusche zu schleichen. Bald erkannte er, dass es sich um einen jungen Varg in abgerissener Kleidung handelte. Die Schattenklinge brachte ihn zum Boot der Gruppe.
Ruo – so der Name des Vargs – war ein Flüchtling aus Geko, das offenbar von einer Bande Banditen übernommen worden war. Er war geflohen, hatte dabei aber einen Streifschuss am Arm erhalten, den Hao gekonnt verarztete.
Verfolger waren Ruo auf den Fersen, und die drei Abenteurer improvisierten einen Hinterhalt. Während sich Hao und Ren – unterstützt durch einen beschworenen „Höllenhund“ – dem Feind frontal stellten, schlug Luo einen Bogen, um sie in der Flanke zu fassen. Rong und Ruo blieben beim Boot zurück, was freilich auch bedeutete, dass die Abenteurer zu Fuß in halbhohem Wasser kämpfen mussten, was den Verfolgern in ihrem kleinen Fischerboot einen Vorteil verschaffte.
Es handelte sich um zwei Menschen und einen Rattling. Der Angriff traf sie überraschend und nach kurzem aber heftigem Kampf wurden sie überwunden und gefangengenommen. Nachdem ihre Wunden notdürftig verarztet worden waren, setzten die Abenteurer aus dem Bericht Ruos und dem Verhör der Gefangenen das Geschehen in Geko zusammen.

Offenkundig hatte etwa ein Dutzend Banditen die Siedlung besetzt, weil sie im Sumpf nach etwas suchten – offenbar nach dem Wurfspeer Myurikos… Sie hatten jeden Widerstand niedergeprügelt, plünderten die Dörfler aus und zwangen sie, ihnen bei der Suche im Schilfmeer zu helfen. Offenkundig hatten die Banditen noch nicht gehört, dass der Speer bereits gefunden worden war und sich in der (relativen) Sicherheit der Kintai-Botschaft in Timog befand. Gut möglich, dass die gezielt in die Welt gesetzten Gerüchte, der Speer sei im Schilfmeer niedergegangen, Anteil an der Besetzung Gekos hatte. Die Bande wurde von einem Fischvarg namens Tang angeführt. Dieser war wohl kein echter Räuberhauptmann, sondern hatte die anderen angeheuert. Offenbar führte er ein strenges Regiment. Allerdings war es wohl ihm zu verdanken, dass sich die Übergriffe der Banditen in einem gewissen Rahmen hielten. Ruo hatte für einen der Suchtrupps als Ortskundiger fungiert und die Gelegenheit zur Flucht genutzt. Unter den Gefangenen im Dorf waren auch Zhan und Wen. Tang hatte angelegentlich „den Bleichen“ als seinen Auftraggeber erwähnt, doch sagte der Spitzname weder den Fischern noch den Abenteurern etwas.
Nun war zu entscheiden, wie man mit den Banditen verfahren sollte. Sie als Gefangenen mitzuführen erschien gefahrvoll, denn die Abenteurer planten Geko zu helfen. Sie einfach zu töten wäre andererseits Anmaßung der fürstlichen Gerechtigkeit gewesen, und sie schienen auch bisher keine schweren Verbrechen begangen zu haben. So schüchterte Luo sie gehörig ein, während Hao ihnen ins Gewissen redete. Dann ließ man sie laufen – mit ihrem Proviant und ihren Dolchen, aber ohne das Boot und ihre anderen Waffen. Ihre Chancen im Schilfmeer waren nicht die allerbesten, aber das lag nun bei ihnen.
Im Anschluss setzten die Abenteurer ihre Reise fort. Das Boot der Banditen – offenbar ein Fischerboot aus Geko – nahmen sie in Schlepp. Rong hätte die Expedition am liebsten aufgegeben, ließ sich aber von Luo überreden. Am Abend wurde unter erhöhten Vorsichtsmaßnahmen ein Lager aufgeschlagen, und am nächsten Morgen ebenso vorsichtig die Reise fortgesetzt. Am frühen Abend näherte man sich dem Dorf.

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #22 am: 02 Mär 2024, 19:56:56 »
Luo schlich (nach einem unglücklichen Auftakt, bei der er sich durch einen Zauberpatzer leicht verletzte) nach Geko. Das Dorf bestand aus einem knappen Dutzend Pfahlhäuser.
An diesen vertäut lagen Boote, einschließlich des größeren Gefährts der Banditen. Zwei  Männer hielten Wache, während fünf weitere um ein Lagerfeuer saßen, unter ihnen ein gefährlich wirkender Varg – offensichtlich der Anführer. Die anderen Hütten wirkten leblos, aber ein oder zwei waren offenbar von außen verbarrikadiert worden. Die Schattenklinge schlussfolgerte, dass die Dorfbewohner in diesen Hütten eingesperrt worden waren. Kurzentschlossen pirschte er in einem Bogen um das Dorf herum und näherte sich in einer dieser Hütten. Es gelang ihm, sich mit den Männern im Inneren zu verständigen. Er instruierte sie, sich bereitzuhalten, um im Fall einer Befreiung gegen die Banditen zu kämpfen. Dann kehrte er zu den anderen Abenteurern zurück.
Die Helden überlegten ihr weiteres Vorgehen. Ein Angriff auf die Banditen schien riskant, aber Hilfe zu holen würde Tage dauern. Und die Gesetzlosen zu überzeugen, dass ihre gesuchte Beute bereits gefunden worden war, erschien wenig aussichtsreich. Mit Hilfe der Dörfler schien ein Sieg möglich, wenn auch gewagt. Es hieß rasch zu handeln, denn es war möglich, dass jene Banditen, die noch auf der Suche nach dem Speer waren, zurückkehrten und ihre Kameraden verstärkten – oder dass die Räuber, die die Helden laufengelassen hatten, nach Geko zurückkehrten. Ruo und Rong würden nicht mitkämpfen. Sie sollten Lärm schlagen, um den Eindruck zu erwecken, dass die Angreifer zahlenmäig den Banditen überlegen waren. Nachdem sich die Abenteurer auch magisch auf den Kampf vorbereitet hatten, schlugen sie im Morgengrauen zu.

Es gelang ihnen, sich ungesehen anzuschleichen. Die meisten der Banditen hatten sich in der Hütte des Dorfältesten schlafengelegt. Luo spielte mit dem Gedanken, die Tür zu verriegeln und die Hütte anzuzünden, doch Hao fürchte, dass dabei möglicherweise auch Unschuldige zu Schaden kommen könnten. So blieb man beim ursprünglichen Plan. Luo konnte lautlos die von den drei im Schilfmeer besiegten Banditen erbeuteten Waffen in die Hütte der Dorfbewohner schmuggeln. Der Ärger begann, als Ren ihren Höllenhund beschwor, was nicht lautlos abging. Die Wachen bei den Booten wurden aufmerksam. So wurde der Angriff überhastet begonnen. Luo brach die Tür der Gefangenenhütte auf und hetzte die Fischer auf die beiden Wachposten, um sich dann seinen Kameradinnen anzuschließen.
Die schlafenden Banditen wurden von dem Lärm geweckt, hatten aber natürlich weder ihre Waffen zur Hand noch ihre Panzer angelegt, als die Abenteurer über sie herfielen. Mit Ausnahme ihres Anführers schien es sich auch nicht um geübte Kämpfer zu handeln. Unterstützt durch den Höllenhund konnten die gut ausgerüsteten Abenteurer die Oberhand gewinnen und die fünf Banditen in der Hütte mit Magie und Stahl niederkämpfen. Während Hao die Gefangenen bewachte und sicherstellte, dass die zwei Schwerstverwundeten nicht starben, kamen Luo und Ren den befreiten Dörflern zu HilfeTrotz ihrer Überzahl waren etliche von ihnen schwer verwundet worden. Das Eingreifen der beiden Abenteurer wendete den Kampf. Ein weiterer Bandit wurde überwunden, der zweite floh. Die verwundeten Dorfbewohner wurden verarztet, dann die Banditen gefesselt und gründlich durchsucht. Damit waren Geko und seine Bewohner frei. Freilich waren mindestens noch zwei oder drei weitere Banditen mit einem Dorfbewohner auf der Suche nach dem Speer Myurikos unterwegs. Und es galt zu entscheiden, was aus den gefangenen Banditen werden sollte. Die Dorfbewohner hätten am liebsten zur Selbstjustiz gegriffen, aber Hao unterband dies. Freilich wollten ihre Gefährten die Banditen diesmal nicht einfach laufenlassen, sondern sie der Gerechtigkeit überantworten.
Unter den Befreiten waren auch Zhan und Wen, die überglücklich über ihre Rettung waren.

Abgesehen von etwa 20 Lunaren an Geld und Tangs Ausrüstung waren die Waffen und Panzer der Banditen von schlechter Qualität.
In Tangs Besitz fand sich zudem ein sehr interessantes Beutestück: ein aus einem Tierhorn geschnitztes Signalhorn. Es war außen mit Schriftzeichen in „Proto-Xienyan“ geschmückt, wobei die Sprache freilich keinem der Abenteurer etwas sagte. Eine Analyse von Ren erbrachte, dass das Horn magisch war. Hao mit ihrer guten Naturkunde mutmaßte, das Artefakt könne aus dem Horn eines Chi Hu gefertigt sein, einer magischen Bestie aus der Tigerprovinz. Eine gründliche Analyse musste erst einmal warten.
Die Abenteurer erlaubten den Einwohnern, einen Gutteil der Waffen für sich zu behalten. Vielleicht konnten sie sich so besser wehren, wenn sie das nächste Mal Probleme hatten. Die Magierin legte zugleich Wert darauf, dass die Dörfler erfuhren, wer sie befreit hatte, waren sie und ihr Cousin doch in die Kranichprovinz gekommen, um Ansehen und Respekt zu gewinnen und diesen hoffentlich irgendwann im Sinne der Kaiserlichen nutzen zu können. Sie sammelte zudem die Aussagen der Dörfler gegen die Banditen, um damit deren Bestrafung in Timog gewährleisten zu können. Zudem verschenkte sie einen Großteil ihres Anteils an dem erbeuteten Geld an jene, die besonders unter den Banditen gelitten hatten.

Ein potentielles Problem stellten die drei Banditen da, die noch mit einem Dörfler auf der Suche nach dem Speer waren. Sie würden wahrscheinlich in absehbarer Zeit zurückkommen, doch wann und aus welcher Richtung war unklar. Luo bemühte sich mit Hilfe der befreiten Dörfler das Dorf so „normal“ wie möglich herzurichten. Allerdings krankte die Scharade daran, dass nur eine Handvoll Nichtvarge als falsche Banditen zur Verfügung standen. Ob es nun an der mangelnden Verkleidungskunst lag oder an der Aufmerksamkeit der Banditen – als diese am späten Nachmittag tatsächlich eintrafen, rochen sie den Braten und traten die Flucht an. Zwar wurden zwei von ihnen durch Magie und Pfeile verwundet, eine Verfolgung per Boot scheiterte aber. Zumindest konnte der bei dem Suchtrupp befindliche Dörfler befreit werden, als die Banditen ihn einfach über Bord warfen. Luo sorgte sich, dass die versprengten Banditen sich zusammentun und Rache am Dorf nehmen könnten, doch Hao meinte, dass sie in verschiedene Richtungen geflohen und teilweise verwundet waren, was einen Vergeltungsangriff unwahrscheinlich machte. 

Die Abenteurer hatten nicht vergessen, was sie ursprünglich in den Sumpf geführt hatte: die Suche nach Zhan um Waraneier und einen Shunkou-Hecht für die Ji-Hochzeit zu besorgen. Und die Dörfler wie auch der Tierhändler waren gerne bereit, zu helfen. Zumindest Waraneier ließen sich vor Ort beschaffen – auch wenn man dazu in den Sumpf hinausfahren und den aggressiven Tieren ausweichen musste. Tatsächlich konnten Luo und Hao zwei Nester  plündern.
Nachdem dies erledigt war, beschlossen die Helden aufzubrechen. Sie hatten die Gastfreundschaft der Dörfler lange genug beansprucht, die zwar gerne die Helden mit Lebensmittel versorgt hatten, aber nur sehr ungern die Gefangenen. Inzwischen glich die Reisegruppe einem recht absonderlichen Konvoi: Rongs Fischerboot, Zhan und Wens Boot sowie das Boot der Banditen, auf dem diese gefesselt mitgeführt wurden. Man beschloss, die Boote aneinanderzubinden, und so setzte sich die Expedition langsam in Bewegung.
Luo, der die Gefangenen bewachte, versuchte Tang zu verhören, kam aber trotz einiger Drohungen nicht weit. Die anderen Banditen waren redseliger, hatten freilich außer Unschuldbeteuerungen nicht viel anzubieten. Sie wussten nicht viel über ihren Auftrag und waren von Tang als Muskeln angeheuert worden. Vor diesem hatten sie alle großen Respekt, ja sogar Angst. Angeblich war er gut vernetzt und galt zudem als ein gefährlicher Kämpfer, der für seine rücksichtslose Art bekannt war. Manche sagten, er diene General Wu oder einer Triade. Einige der Banditen sprachen ihm übernatürliche oder magische Fähigkeiten zu.
Ren achtete darauf, dass die Wunden der Banditen sich nicht infizierten, aber Hao und sie mühten sich nicht, deren Genesung voranzutreiben, und die Versorgung der Gefangenen war ärmlich. Zudem achtete Luo darauf, dem Varg zusätzlich die Augen zu verbinden und ihn zu knebeln.
Ren unterhielt sie während der Fahr etwas mit Zhan, der sich als eigenartiger aber über den Maishi-See wohl informierter Begleiter mit vielen Geschichten über die Tiere und Pflanzen der Gegend entpuppte.

Aufgrund der langsamen Fahrt brauchte man mehr als zwei Tage bis Sairan. Die Reise verlief weitgehend glatt. Zwar versuchte die gefesselten Banditen sich eines Nachts zu befreien, stellten sich aber zu ungeschickt an. In Sairann erregten die Abenteurer mit ihren Gefangenen natürlich Aufsehen. Zudem erwartete die Helden hier eine angenehme Überraschung: die Dörfler hatten in ihrer Abwesenheit einen kleinen Shunkou-Hecht gefangen. So konnten die Gefährten den gewünschten Beitrag zum Fest zu leisten. Freilich war es nur Hao zu verdanken, dass die Reise keine dramatische Wendung nahm: die Affenpriesterin, versiert im Überleben in der Wildnis, ahnte rechtzeitig einen näherkommenden Sturm voraus. So verbrachten die Abenteurer einen zusätzlichen Tag in Sairan – wo sie die hochgehenden Wellen und die heftigen Windböen, die eine der Hütten abdeckten, glimpflich überstanden. Glücklicherweise erwies sich der Sturm als eine nur kurze Unterbrechung, dann präsentierte sich das Wetter wieder freundlicher. Und so erreichte man nach zwei weiteren Tagen wieder Timog, wobei die Abenteurer nach anderthalb Wochen im Schilfmeer etwas verwahrlost waren…
Wenig überraschend erweckten die drei Boote mit einem guten halben Dutzend Gefangenen Aufsehen, und schnell waren einige Wachen zur Stelle. Gestützt auf Wen und Zhan’s Aussage gelang es Hao schnell, die Wachen von ihrer Version des Abenteuers zu überzeugen. Die Banditen wurden unter Mitnahme der von Ren aufgenommenen Aussagen der Dörfler inhaftiert. Auch das Boot der Banditen wurde als „Beweisstück“ beschlagnahmt. Luo versuchte vergeblich, Anspruch auf diese Beute zu erheben.

Die Ji waren froh, ihre Gäste wiederzusehen und die erwarteten Bestandteile der kulinarischen Festattraktionen zu erhalten. Sie waren von der Geschichte der Abenteurer angemessen beeindruckt. Die Abenteurer ihrerseits waren froh, sicher und unversehrt zurückgekehrt zu sein, sich waschen zu können und wieder in richtigen Betten zu schlafen…
Zhan war den Abenteurern sehr dankbar und zahlte ihnen eine ordentliche Belohnung. Er war zudem bereit, ihnen in Zukunft zu helfen, falls sie Materialien aus dem See und Umland suchten.

In den nächsten Tagen halfen Hao und Ren erneut bei der Vorbereitung des Festes und auch Luo nutzte seine Kontakte. Die Abenteurer lernten zudem den Bräutigam kennen.
In anderer Hinsicht waren die Neuigkeiten weniger erfreulich. Während die einfachen Banditen samt und sondern in einer Strafarbeitskompanie landeten, in der sie die Kanäle Timogs säubern und ausbauen mussten, wurde ausgerechnet ihr Auftraggeber Tang auf „Kaution“ entlassen. Offenkundig war er wirklich gut vernetzt. Das beunruhigte Luo. Er fürchtete, dass der Varg auf Rache aus sein würde, oder zumindest danach gierte, sein magisches Artefakt zurückzuerhalten. Die Schattenklinge versuchte, mehr über den ominösen „Bleichen“ herauszubekommen, den Tang seinen Männern gegenüber erwähnt hatte. Allerdings brachten diese Nachforschungen nichts zutage.
Ren und Hao versuchten, das von Tang erbeutete Horn zu analysieren und zogen dafür einen örtlichen Magier namens Kang zurate. Doch selbst mit dessen Hilfe bekamen sie vorläufig nur heraus, dass es sich um einen relativ mächtigen Strukturgeber handelte Aufgrund dessen und des seltenen Materials, aus dem das Artefakt bestand, schätzte Hao, das der Wert einen Solar betragen mochte. Ren schlug halb im Scherz vor, das Artefakt der Fürstin zu schenken, denn so könne man deren Wohlwollen erringen und entferne eine Zielscheibe vom eigenen Rücken. Wozu etwas behalten, was einem vielleicht sowieso wieder abgenommen werden würde? Doch Hao wollte unbedingt herausbekommen, was das Artefakt bewirkte, und Ren ließ sich überzeugen.

Derweil war der Tag der Hochzeit herangekommen. Die Jis hatten ein wahrhaft opulentes Fest organisiert. Über 200 Gäste waren zugegen, oft in glückbringendes Rot gewandet. Die Zeremonie begann mit der traditionellen Ankunft des Bräutigams. Er erschien mit mehreren Freunden. Bevor er seine Zukünftige zu sehen bekam, musste er einige symbolische Aufgaben erfüllen, etwa Holz hacken und ein Gedicht über die Braut und ihre Familie rezitieren. Der nächste Punkt freilich, eine Laterne auf dem höchsten Giebel des Hauses zu entzünden, war ein wenig heikel, und da dies gestattet war, übernahm Luo diese Aufgabe. Dann erst durften sich Braut und Bräutigam offiziell sehen. Keiner von beiden schien außer sich vor Freude, aber unglücklich wirkten sie auch nicht. Beiden war es wohl etwas unangenehm, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen (von den suggestiven Bemerkungen und Geschenken der Gäste ganz zu schweigen). Anschließend wurde der Ehevertrag verlesen. Die Abenteurer lernten dabei auch die Angehörigen des Bräutigams kennen: die energische Matriarchin Zhafeng Zhi, Zhafeng Shara, die etwas zurückhaltende älteste Schwester der Bräutigams sowie Tran, den Bruder der beiden. Die Hochzeitsgeschenke waren teilweise von beträchtlichem Wert und beinhalteten unter anderen exzellenten Silberarbeiten. Hao erwies sich der Aufgabe, die Zeremonie der Eheschließung durchzuführen, als gewachsen und ihre Worte machten einen tiefen Eindruck.
Nachdem das junge Ehepaar vor dem Hausalter Räucherkerzen entzündet hatte, schloss sich das prunkvolle Festessen an, bei dem auch exotische Speisen nach Art des fernen Selenia serviert wurden. Die Gäste waren bunt gemischt. Zu Luos Freude hatte sich seine Mitschülerin (und nicht so heimliche Liebe) Sun Lin selbst eingeladen.
Weit weniger froh war Ren über einen Gast, den sie sehr gut kannte: Gardistenhauptmann Qui Ruan war unmittelbar vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs Rens erste (und bisher einzige) Liebe gewesen, die aber früh an ihren divergierenden politischen Ansichten gescheitert war. Beide junge Leuten hielten Abstand voneinander, peinlich berührt über das Zusammentreffen.
Ein allgemein bewunderter, vielleicht von einigen aber auch gefürchteter Ehrengast war Kanzler Sima Yu. Der Zwerg hatte schon mehreren Fürstinnen der Kranichprovinz gedient, und nicht wenige sahen in ihm den Drahtzieher von Liu Lulis Allianz mit den Triaden.

Die meisten Gäste amüsierten sich gut. Die Kinder spielten Fangen oder Ratespiele, die Erwachsenen improvisierten Gedichte oder übten sich in Geschicklichkeitsspielen vom Jonglieren bis zum Tanzen auf den Tischen. Hao und Ren hielten sich zurück, während Sun Lin und Luo sich bei den Geschicklichkeitsspielen beteiligten. Das Fest währte bis in die Dunkelheit. In einer Hinsicht war der Bräutigam freilich eine Enttäuschung, da er sich beim Zutrinken zurückhielt. Entweder er vertrug nicht viel oder wollte sich nicht lächerlich machen.
Nach Einbruch der Dunkelheit wurde ein Feuerwerk gezündet. Das Fest würde bei sicherlich im Gedächtnis bleiben, hatte allerdings auch ein großes Loch in die finanziellen Reserven der Jis gerissen. Der Prestigegewinn war natürlich beträchtlich. Ren begann zu überlegen, ob sie nicht in absehbarer Zeit ausziehen sollte, um ihren Verwandten nicht auf der Tasche zu liegen. Sie und Luo waren auf freie Kost und Logis nicht angewiesen.

Wenige Tage nach der Feier trafen Akira und Takur wieder in Timog ein, Sie hatten die Stadt während der Abwesenheit ihrer Kameraden verlassen, um, wie Akira mitteilte, ein „Paket“ abzuliefern. Gemeinsam begann man, die Abreise nach Palitan vorzubereiten, obwohl die Nachforschungen der Abenteurer in Timog Aufsehen erregt hatten…

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #23 am: 10 Mär 2024, 10:37:28 »
Eine Frage der Diplomatie (kleine Spoiler für Mondstahlsuche)
Timog, Kranichprovinz von Zhoujiang (Akira, Takur)

Während Ren, Hao und Luo auf der Suche nach dem verschwundenen Händler waren, erlebten Akira und Takur ein weniger dramatisches Abenteuer. Der Schwertalb hatte sich freiwillig verpflichtet, der Kintari-Botschaft bei der Bewachung des Wurfspeers Myurikos zu helfen, den die Helden kurz zuvor geborgen hatten. Wie Botschafterin Suguri Hanako befürchtete auch Akira erneute Versuche anderer Interessengruppen, den Speer an sich zu bringen. Für die Bewachung des Speers konnte er seinen Freund Takur rekrutieren, auch wenn dem Jaguarkrieger die Angelegenheit weniger wichtig war.
Die Botschafterin stand vor der Frage, wie mit dem Speer verfahren werden sollte. Er konnte auf keinen Fall in Timog bleiben, da dies zu riskant und politisch heikel gewesen wäre. Allerdings sollte der Speer nach Meinung der Botschafterin auch nicht zu weit von dem Ort entfernt werden, an dem er gefunden worden war. Vielleicht hatte die göttliche Myuriko einen speziellen Grund gehabt, den Wurfspeer Richtung Timog und Maishi-See zu schleudern. Damit fiel eine Verschickung des Speers in die inneren Provinzen Kintais (oder gar zurück in die Hauptstadt) weg. Andererseits sollte der Aufbewahrungsort nicht nur sicher und relativ nahe liegen, sondern auch der Bedeutung des Artefakts angemessen sein.
Ein Transport des Speers nach Atasato, der nächstgelegenen Kintari-Großstadt, erschien aus mehreren Gründen unpassend: Die Stadt lag fast 250 Kilometer das Jadeband abwärts und damit zu weit entfernt vom Einschlagsort des Wurgspeeres. Außerdem wurde Atasato de facto von dem „Ring aus Jade und Eisen“ regiert – einem Zusammenschluss der lokalen Händler. Die Botschafterin war nicht gewillt, diesen Emporkömmlingen ein göttliches Artefakt zukommen lassen und sie dadurch politisch aufwerten. Zudem gehörte die Umgebung von Atasato teilweise zum Einflussgebiet des mächtigen Daimyo Gankoda Saburo. Dieser hatte schon einmal versucht, den Speer für seine expansiven Pläne zu instrumentalisieren. Es war besser, ihn nicht erneut in Versuchung zu führen.
Akira schlug vor, den Speer in das auf der anderen Seite des Maishi-Sees gelegene Tsusaka zu schicken. Damit könnte der Speer nur wenige Tagesreisen von seinem Fundort entfernt aufbewahrt werden. Zwar war Tsusaka nur eine Kleinstadt, doch ihr berühmter „schwimmender“ Tempel war seit Generationen ein Aufbewahrungsort für kostbare Artefakte. Nachteilig war freilich, dass Tsusaka von Klan Momoku regiert wurde, der Klan Suguri (und besonders Klan Ranku, Akarias Lehensherren) nicht gerade positiv gegenüberstand. Andererseits galt der Fürst von Tsusaka als besonnen und moderat. Er bemühte sich, gute Beziehungen mit Zhoujiang zu halten und auch die Spannungen mit anderen Kintari-Klans nicht eskalieren zu lassen. Es stand zu hoffen, dass er den göttlichen Wurfspeer nicht missbrauchen würde.

Erst einmal musste freilich ein sicherer Transport organisiert werden. Die Botschafterin sandte einen Brief nach Tsusaka und bat um ein Schiff und den nötigen Begleitschutz.
In der Zwischenzeit halfen Akira und Takur, die Bewachung des Speers zu organisieren. Dass andere an dem Speer interessierte Gruppen noch nicht aufgegeben hatten, war daran zu erkennen, dass die Botschaft immer noch unter Beobachtung durch einige zwielichtig wirkende Gestalten stand. Auf Akiras Vorschlag hin versuchte die Botschafterin, die Stadtwache auf diese Späher anzusetzen, indem sie Furcht vor einem Einbruch oder vor einem Anschlag auf die Botschaft vorschützte (den Speer jedoch unerwähnt ließ). Das Engagement der Stadtwache würde freilich davon abhängen, wie gut vernetzt die Späher und ihre schattenhaften Hintermänner waren. Akira und Takur beteiligten sich zudem an den nächtlichen Wachschichten und Akira empfahl, Besuchende und niederrangige Angestellte der Botschaft regelmäßig zu überprüfen. Er vermutete, dass die Triaden – in denen er eine der an dem Speer interessierten Gruppen vermutete – Mittel hatten, um sich die „Mitarbeit“ auch eigentlich Unbescholtenen sichern zu können.

Neben dem Schutz des Artefakts beschäftigte Akira aber auch eine persönliche Angelegenheit: Durch Luos Informationsnetzwerk hatte Akira von einer mögliche Spur zu dem Schwert seines Vaters erfahren, das bei dessen Ermordung verschwunden war. Vielleicht würde diese Spur zu den Mördern von Akiras Vater führen…
Dem Hinweis Luos folgend traf sich Akira mit dem zu den „Feuerhornissen“ gehörenden Söldner Su Tsa im „Vollem Netz“, einem zwielichtigen Gasthaus. Mithilfe einiger Freigetränke und etlicher Lunare konnte Akira den Zwergen zum Reden bringen. Su Tsa hatte in der Tat eine Waffe gesehen, auf welche die Beschreibung des gesuchten Schwertes passte. Sie war ihm in Silangan von einer Albin namens Zhan Ke zum Kauf angeboten worden, allerdings hatte der Preis über den Möglichkeiten des Söldners gelegen. Su Tsa konnte eine knappe Beschreibung der Besitzerin des Schwertes liefern: sie war noch recht jung, wirkte aber kampferfahren mit ihrem Speer und hatte blonde Haare und graue Augen. Außerdem war dem Zwergen ihr Akzent aufgefallen. Nach Akiras Meinung deutete dies daraufhin, dass die Albin eventuell aus Sadu kam – von wo Akira die Hintermänner der Mörder seines Vaters vermutete. Vielleicht wusste sie also etwas oder hatte gar Verbindungen zu den Verbrechern. Su Tsa berichte zudem, dass Zhan Ke vermutlich beabsichtigte, in Palitan einen Käufer für das Schwert zu suchen. Das war eine gute Nachricht: die Helden hatten ohnehin vor, die kaiserlichen Archive in Palitan aufzusuchen. Allerdings machte sich Akira keine Illusionen. Es würde nicht einfach sein, in der Metropole am Jadeband jemanden Bestimmtes zu finden. Und wer mochte wissen, ob Zhan Ke beim Eintreffen der Helden nicht bereits das Schwert verkauft hatte und weitergezogen war? Diese Überlegungen und die Erinnerungen an den Tod seines Vaters trübten die Stimmung des jungen Schwertalben.

Ablenkung brachte der Entschluss der Botschafterin, die Herrin der Kranichprovinz Liu Luli über die Angelegenheit mit dem göttlichen Wurfspeer zu informieren. Botschafterin Suguri Hanako war der Meinung, dass inzwischen zu viele Personen und Interessensgruppen von dem Speer wussten. Auch wenn der Fürstenhof bisher so getan hatte, als ginge ihn das Ganze nichts an, wollte Hanako die Fürstin lieber in Kenntnis setzen, statt einen ihrer gefürchteten Wutausbrüche zu riskieren oder die Beziehungen der Kranichprovinz mit Kintai zu belasten. Auf Einladung der Botschafterin nahm Akira an der Audienz teil, während Takur zurückblieb, da seine höfischen Umgangsformen zu wünschen übrigließen.

Aufgrund des sumpfigen Untergrundes von Timog, der dazu führte, dass praktisch die ganze Stadt auf Stelzen stand, war der Fürstinnenpalast ein nicht hohes, aber sehr weitläufiges Gebäude. Mit seinen kunstvollen Holzschnitzereien, silbernen Schmuckelementen und Einlegearbeiten und den zahllosen Ziervögeln in silbernen Käfigen sowie den ebenso prunkvollen wie gut trainierten Wachen bot der Palast einen beeindruckenden Anblick. Dennoch beschlich Akira bald ein unangenehmes Gefühl. Ein-, zweimal glaubte er in einem leeren Gang Schritte zu hören, meinte aus dem Augenwinkel huschende Bewegungen wahrzunehmen oder sah, wie sich Vorhänge bewegten, obwohl kein Wind ging. Möglicherweise hatte der Palast nicht nur sterbliche Bewohner – beunruhigend, aber in Zhoujiang mit seinen zahllosen Geistergeschichten nicht ganz unerwartet…
Fürstin Lui Luli empfing die Delegation zum Glück in ausgeglichener Stimmung. Von Akira unterstützt setzte Botschafterin Hanako die Herrscherin der Kranichprovinz über die Geschehnisse um den Wurfspeer Myurikos in Kenntnis. Liu Luli war nicht glücklich, dass sie erst jetzt offiziell über den Fund des Speers informiert wurde. Und sie empfand es als ungerecht, dass Tsusaka ein weiteres wertvolles Artefakt erhalten sollte, hatten die Helden doch erst vor kurzem geholfen, den Spiegel des Molchkönigs Ginleizhu aus den Händen von Piraten zu befreien und ihn zum Tempel von Tsusaka zu bringen. Botschafterin Hanako und Akira versuchten, den Unmut der Fürstin zu beschwichtigen. Zum Glück blieb ihnen einer der Wutausbrüche Liu Lulis – oder gar eine Beschlagnahmung des Speers – erspart. Es war aber offenkundig, dass Liu Luli für ihre Provinz ebenfalls ein machtvolles Artefakt begehrte. Angesichts der wachsenden Bedrohung durch General Wu war es freilich verständlich, dass sie nach übernatürlichem Schutz strebte.

Die temperamentvolle Fürstin der Kranichprovinz blieb allerdings nicht das einzige Risiko. Nur wenige Tage später wurde Takur bei seiner Nachtwache auf eine verdächtige Person aufmerksam, die sich in der Nähe des Botschaftstors zu schaffen machte. Der Jaguarkrieger rief den Fremdling an und überwältigte ihn nach kurzem Kampf – freilich nicht, bevor dieser eine kleine Sprengkugel am Tor der Botschaft zünden konnte.
Der Knall weckte Akira, der zum Tor eilte. Dass das ein Fehler war, erkannte er, als vom hinteren Teil des Botschaftsgebäudes ein weiterer lauter Knall erschallte. Mit einer düsteren Vorahnung rannte Akira zur Schatzkammer der Botschaft: tatsächlich waren die beiden dort postierten Wachleute außer Gefecht gesetzt worden. In der Wand der Schatzkammer klaffte ein Loch. Und ein muskulöser, kahlköpfiger Mann, der Akira bereits aufgefallen war, als die Helden den Speer zur Botschaft gebracht hatten, war gerade dabei, sich mit dem (in einer Truhe aufbewahrten) Speer aus dem Staub zu machen. Offenbar hatten die Diebe eine magische Brücke zum Botschaftsgebäude errichtet, die Wand durchbrochen und mit einem Zauber die Wachen ausgeschaltet. Wütend verfolgte Akira den Dieb, der durch seine Beute verlangsamt wurde, auf die unsichtbare Brücke. Über dem Wasser des Kanals stellte der junge Schwertalb den Dieb und es kam zu einem blutigen Schlagabtausch. Akira erwies sich rasch als der bessere Kämpfer. Doch noch bevor er seinen Gegner überwältigen konnte, löste sich die unsichtbare Brücke plötzlich auf und beide Kontrahenten landeten im Kanal. Da Akira damit beschäftigt war, sich über Wasser zu halten und nach der Speertruhe zu fischen, konnte der verwundete Möchtegerndieb wie auch seine Verbündeten entkommen. Immerhin hatten die Helden den Diebstahl verhindern können.

Der Mann, den Takur überwältigt hatte, erwies sich als ein als Ablenkung angeheuerter Handlanger, der wenig über seine Hintermänner wusste. Immerhin konnte er eine Beschreibung seines Auftraggebers liefern, die von der Botschafterin an die Stadtwache weitergegeben wurde. Akira machte sich angesichts der vermuteten Triadenbeziehungen der Diebe allerdings wenig Hoffnung auf einen Fahndungserfolg. Tatsächlich kam es zu keiner Verhaftung, aber auch nicht zu einem neuen Diebstahlversuch.
Einige Tage später traf das erwartete Kintari-Schiff ein, um den Speer abzuholen. Der Fürst von Tsusaka hatte eines seiner wenigen Kriegsschiffe geschickt: eine massive, kastenförmige Bune, mit dutzenden Schützen und Kämpferinnen an Bord. Die Überfahrt nach Tsusaka verlief unter diesem beeindruckenden Schutz ereignislos. Dort wurde der Speer in einem festlichen Umzug vom Fürsten persönlich zum Tempel gebracht. Irgendetwas schien freilich den Tempelvorsteher zu beunruhigen, der das Artefakt in Empfang nahm, damit es in auf einen würdigen Träger oder Trägerin warten sollte. Vielleicht hatte er Sicherheitsbedenken oder fragte sich, ob es wirklich der Willen der Göttlichen Myuriko war, den Speer nach Tsusaka zu bringen. Falls ihn die Sicherheit des Artefakts beunruhigte, waren seine Befürchtungen möglicherweise nicht unbegründet: In den nächsten Tagen wurden wiederholt große Vögel(?) am Himmel von Tsusaka gesichtet. Waren das vielleicht Späher der Harpyien, die nach dem Wurfspeer suchten, der ursprünglich auf ihrer Insel eingeschlagen war? Falls ja, dann hielten die Wesen vorerst Abstand. 

Akira und Takur verbrachten noch einige Tage in Tsusaka als ehrenvolle, wenn auch nicht prominente Gäste am Hof des Fürsten, bevor sie nach Timog zurückkehrten. Zu seiner großen Erleichterung erfuhr Akira, dass die jüngsten Spannungen zwischen Klan Momoku einerseits und Klan Ranku und Klan Suguri andererseits auch dank der Bemühungen des Fürsten von Tsusaka vorerst beigelegt worden waren. Damit war allerdings nicht jeder einverstanden. Gerade unter den jüngeren, kriegerischeren Adligen gab es offenbar etliche, die einen Schlagabtausch mit den Ranku befürwortet hätten. Dazu gehörte auch Momoku Eiko, die jüngere Halbschwester und Heerführerin des Fürsten von Tsusaka.  Vermutlich auch deswegen (und wegen Akiras Zugehörigkeit zu einem Vasallenhaus von Klan Ranku) verhielt sie sich ihm gegenüber recht abschätzig. Akira versuchte, die Fürstenschwester etwas milder zu stimmen, aber mit begrenztem Erfolg.
Persönlich hielt er wenig von den Kämpfen zwischen den Kintari-Klans. Akira wäre es viel lieber gewesen, wenn sie vereint eine aktivere Außenpolitik betrieben hätten – sei es bezüglich des Bürgerkrieges in Zhoujiang, gegenüber dem Kintai feindlichen Kungaitan und ganz besonders in dem zersplitterten Sadu. Da dergleichen allerdings der isolationistischen Politik des Kaiserreiches widersprochen hätte, behielt er seine Ansichten für sich.
Was Momoku Eiko anging, so bewunderte Akira sie zwar für ihre Heldentaten gegen Piraten und Untiere, hegte allerdings Zweifel, ob sie sich einer Generalin wie Ranku Kane gewachsen gezeigt hätte.
Akira ließ seine Bekanntschaft mit der Kriegerin und Suguri-Agentin Haruko Nakama wiederaufleben, mit der er bei seinem letzten Besuch in Tsusaka eine kurze Affäre gehabt hatte. Beide hielten das Ganze allerdings informell, da keiner an einer festeren Beziehung interessiert war. Takur hingegen nutzte die Zeit in Tsusaka, um sich von den Tempelhandwerkern eine exzellente Glefe fertigen zu lassen, was ihm einen Gutteil seiner Ersparnisse kostete.

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #24 am: 16 Mär 2024, 09:21:18 »
Papierkram
Kranichprovinz, Timog und Umgebung (Akira, Takur, Luo, Ren)

In den Tagen nach der Ji-Hochzeit war Hao recht stark mit ihren priesterlichen Verpflichtungen beschäftigt, sei es in spiritueller Hinsicht oder als Heilerin. Sie und Ihre Gefährten erfuhren nach Akira und Takurs Rückkehr von dem erneuten Versuch, denSpeer Myurikos zu stehlen und dass die Waffe eine neue Heimat im Tempel von Tsusaka gefunden hatte. Akira hatte ein gesteigertes Interesse daran, die Reise nach Palitan vorzubereiten, nachdem er Hinweise erhalten hatte, dass sich die Waffe seines Vaters und jemand, der möglicherweise mehr zu seinem Tod wusste, in der Stadt befinden konnte. Er erzählte seinen Gefährten mehr über die Ereignisse an der Südostgrenze Kintais, wo ein langjähriger Kleinkrieg zwischen Insurgenten aus Sadu und den Schwertalben tobte, was unter anderem das Leben von Akiras Vater gekostet hatte.

Luo verbrachte etwas Zeit mit Sun Lin, vernachlässigte aber nicht seine Recherchen. Er versuchte, mehr über den fischvargischen Söldner Tang herauszufinden, der so schnell aus der verdienten Haft entlassen worden war. Doch seine Kontakte konnten ihm nicht viel Neues verraten. Der Varg war wohl schon längere Zeit in Timog aktiv, doch wusste niemand, wer seine Hintermänner waren, und ob er nun ein Schmuggler oder Pirat war  - oder beides. Auf jeden Fall sollte er Kontakte zu den Triaden haben. Er hieß, er hielte sich weiterhin in der Stadt auf. Die Abenteurer beschlossen, wachsam zu bleiben.

Die Recherchen Luos zu den Gesetzlosen in den Sümpfen waren ebenfalls von begrenztem Erfolg. Die Präsenz bewaffneter Gruppen im Schilfmeer war zwar allgemein bekannt, weniger klar war allerdings ihre politische Zugehörigkeit. Dass einige Wu folgten (wie die Abenteurer vermuteten), ließ sich nicht mit absoluter Sicherheit bestätigen. Nachforschungen unter den Fischern und Vogeljägern ergaben, dass es schon immer bewaffnete Banden im Sumpf gegeben hatte. Früher hatten mehrere Militäreinheiten die Banditen und Piraten in Schach gehalten, doch waren die Truppen während des letzten Jogdarenkrieges abgezogen worden. Der Provinz-Jun war nicht in der Lage, die fehlende Mannschaftsstärke zu kompensieren und die Fürstin überließ die Kontrolle des Schilfmeeres den Söldnern der Triaden. Diese galten als wenig besser als die Banditen und waren auch äußerlich oft kaum von diesen zu unterscheiden. Angeblich kooperierten manche der Söldner mit den Banditen oder waren von ihnen bestochen worden. Deshalb hielten die einfachen Leute zu allen Bewaffneten Abstand. Die Sumpfadligen mit ihren Gefolgsleuten konnten ihre eigenen Burgen verteidigen, aber kaum als Ordnungsmacht in Erscheinung treten. Auch bei ihnen munkelte man, dass manche Abkommen mit den Banden getroffen hatten.

Luos Nachforschungen blieben allerdings nicht unbemerkt und weckten das Interesse von Shan Leng. Dieser Militärbeamte war vor nicht allzu langer Zeit aus der Reichshauptstadt Inani angereist, die gegenwärtig unter der Herrschaft von General Wu stand. Theoretisch war er für alle überregionalen Sicherheitsbelange zuständig - einschließlich der Banditenbekämpfung. Allerdings wurde er wegen seiner Herkunft in dem den Triaden zugehörigen Timog konsequent geschnitten und „residierte“ relativ zurückgezogen und ohne echte Befugnisse in einem Gasthaus.
Ren und Luo interessierten sich für diese Angelegenheit, weil sie mehr über das Machtgefüge in der Provinz erfahren wollten, und auf Möglichkeiten hofften, um Geld und Einfluss zu verdienen. Sie hatten freilich Mühe, Akira zu motivieren, der lieber nach Palitan aufbrechen wollte. Schließlich gab ihm Ren zumindest gewisse Einblicke in ihre Loyalitäten und Beweggründe, was den Schwertalben veranlasste, sie wiederwillig zu unterstützen.

Ren nutzte ihr Ansehen und ihren Stand, um mit einigen der lokalen Sumpfadligen in Kontakt zu treten. Sie und Luo zögerten, mit Shan Leng zu sprechen. Immerhin stand er im Bürgerkrieg auf der anderen Seite und ein Kontakt mit ihm mochte ihrem Ruf abträglich sein. Viel erfuhr sie bei ihren Nachforschungen in der High Society nicht, doch gab es Hinweise, dass der Abzug der regulären Truppen vor einigen Jahren mit irgendeinem – sorgfältig maskierten – Skandal einhergegangen war. Auf diese Weise erfuhr sie zudem von Zuan Lihua. Die Beamte war die Vorgängerin von Shan Leng und inzwischen im Ruhestand. Sie war bereit sich mit Ren zu treffen, die Akira zu dem Treffen mitnahm. Vordergründig lief das Gespräch harmonisch. Die Frau mittleren Alters schien ihren Ruhestand zu genießen. Sie hatte aber keine hohe Meinung von ihrem Nachfolger und besaß noch zahlreiche Kontakte in der Gegend. Ihre Auskünfte blieben jedoch recht vage. Zuan Lihua zufolge war beim Abzug der Truppen nichts Ungewöhnliches vorgefallen. Akira hatte das sichere Gefühl, dass sie da nicht die ganze Wahrheit sagte. Interessant war ihr Hinweis auf einen aktuellen Konflikt, der mit der Entsendung Shan Lengs zu tun hatte. Es ging dabei um eine nicht unerhebliche Menge an Geisterseide:

Seit alters her wurden die Gewänder der hochrangigsten Beamten aus der kostbaren Geisterseide gefertigt, die nur in der Spinnenprovinz zu haben war. Für die Lieferanten galten traditionell einige Zusagen und Privilegien. Mit Ausbruch des Bürgerkriegs beanspruchten sowohl die Kaiserlichen als auch General Wu die bereits bezahlten Seidenlieferungen für „ihre“ Ministerien. Sie versuchten zudem, sich Exklusivrechte für künftige Lieferungen zu sichern. Die traditionellen Handelsprivilegien und Sonderrechte wollten die Konfliktparteien freilich nur für die jeweils gegnerischen oder neutralen Gebiete einräumen, um Geld zu sparen. Naturgemäß hatten die Triaden und Händler kein Interesse an solch leeren Zusagen und unprofitablen Geschäften. So wurden die anstehenden Lieferungen weitestgehend zurückgehalten. Die bereits bezahlte Seide war zwar nach Timog geschafft worden, doch ehe eine Entscheidung über die Richtung des Weitertransportes fallen konnte, war die Seide von Räubern gestohlen worden. Verantwortlich waren angeblich die „Sumpfspatzen“, eine ansonsten verdächtig inaktive Bande. Mit angeblich drei Dutzend Angehörigen zählte die Bande zu den größeren Banditengruppen, doch schien sie nur sehr selten aktiv zu werden. Akira und Ren vermuteten, dass der „Überfall“ inszeniert worden war und die Sumpfspatzen eine Pseudobande waren, die entweder gar nicht existierte oder nur im Bedarfsfall eingesetzt wurde. Ziel der Aktion war es vermutlich gewesen, die Seide erst einmal zu behalten, sie insgeheim zu verkaufen oder aber insgeheim an eine der Konfliktparteien liefern, ohne den jeweils anderen potentiellen Empfänger offen zu brüskieren.

Da die Abenteurer Grund hatten, auch beim Abzug der Schilfmeer-Truppen falsches Spiel zu vermuten, suchte Luo mehr herauszufinden: Gerüchte über besondere Vorfälle, familiäre Kontakte zu den Angehörigen der Soldaten und dergleichen mehr. Er stieß aber nur auf einen Wust wilder Gerüchte. Manche behaupteten gar, eine ganze Einheit sei in einer verfluchten Sumpfburg verschollen. In dieser Situation entschloss sich Ren, sich an ihren Verwandten Ji Dao zu wenden, der als Beamter des Justizministeriums einiges über die Gesetzlosen im Sumpf wusste. Von ihm erfuhr sie recht viel zu der Geisterseide. Von den Vorfällen zur Zeit des Truppenabzugs wusste er allerdings wenig, doch konnte er sich erinnern, dass die Familie Guo – einflussreiche Sumpfadlige, die den Triaden nahestanden – damals in die Vorgänge involviert gewesen war und wohl irgendetwas unter den Teppich gekehrt hatte. Die Familie bestand aus der Matriarchin, drei Kindern und einigen angeheirateten oder in andere Familie ausgeheirateten Verwandten. Hauptrivale der Guo waren die Ka, welche kaiserliche Loyalisten waren und den Triaden ablehnend gegenüberstanden. Ji Dao machte klar, dass in seinen Augen all diese Seidenlieferungen und begrabenen Skandale ein heikles Pflaster waren. Sollte Ren sich weiter umhören wollen, müsse sie vorsichtig sein. Zudem bat er sie, auch die Interessen ihrer Familie nicht zu vergessen, bevor sie zu tief grub.

Luo holte weitere Informationen zu den Familen Guo und Ka ein. Die Guo waren bestens vernetzt und unterhielten gute Beziehungen zur Fürstin und zum Hof. Sie galten als überaus wohlhabend – eventuell dank ihrer Triadenkontakte? Die Ka wiederrum waren sogar mit der Fürstin verwandte: die gegenwärtige (noch nicht sehr alte) Ka-Matriarchin war mit Liu Lulis Bruder verheiratet. Allerdings hatten die Beziehungen zum Hof unter den politischen Veränderungen gelitten. Zweifelsfrei waren die Ka die prominenteste Sumpfadligenfamilie, die sich zu Prinzessin Yi bekannte.
Ren und Akira entschlossen sich, das Wagnis einzugehen mit Shan Leng zu sprechen. Dieser war sofort bereit, sich mit den Abenteurern zu treffen. Er nahm an, dass sie wie er nach verschollenen Unterlagen suchen würden, die ins Archiv in Palitan gehen sollten – offenbar hatte er Luo, Haos und Rens Recherchen zu den kaiserlichen Archiven missverstanden. Während diese in den kaiserlichen Archiven Recherchen zu einer anderen Angelegenheit durchführen lassen wollten, ging es dem Beamten um Militärdokumente, welche die vor wenigen Jahren zur Jogdarengrenze verlegten Truppenkontingente betrafen. Von den eangeforderten drei Einheiten waren nur zwei an der Westgrenze angekommen. Eine dritte Einheit – immerhin ca. 400 Soldaten und Tross – blieb unauffindbar. Die Dokumente zu den Truppen waren angeblich auf dem Transport nach Palitan verloren gegangen – wieder bei einem Überfall der „Sumpfspatzen“. Ren und Akira rätselten, ob man die Truppen heimlich abgeworben und irgendwo im Sumpf versteckt hatte, was aber bei so vielen Leuten kaum möglich erschien. Luo fand zudem keine Hinweise auf mögliche Nachschublieferungen in den Sumpf. Die Einheit schien wie vom Erdboden verschwunden.
Ren unterließ es, dem Beamten konkrete Zusagen bezüglich eines Informationsaustausches zu machen. Als Wu-Loyalist stand er für Ren auf der Gegnerseite des Bürgerkrieges.

Die Helden diskutierten die Möglichkeit, die Guos zu infiltrieren. Luo hielt es für denkbar, jemand aus ihrem Haushalt umzudrehen – doch würde man jemand finden, der wichtig aber auch illoyal genug sein könnte? Dies schien ein gewagtes und sehr zeitaufwendiges Unterfangen. Deshalb entschlossen sich Akira und Ren, erst einmal bei den Ka als potentiellen Verbündeten und Informanten vorzufühlen. Dank Rens Ansehen und Stand sollte es nicht zu schwer sein, eine Audienz zu erhalten.

Akira hielt es angesichts der politischen Verwicklungen für ratsam, Suguri Hanako, die örtliche Botschafterin Kintais zu informieren und sie nach ihrer Meinung zu fragen. Die Botschafterin war an diesen brisanten Informationen sehr interessiert. Die Tochter der gegenwärtigen Ka-Matriarchin war aufgrund ihrer Verwandtschaft mit der Fürstin eine potentielle Erbin der bisher unverheirateten und kinderlosen Fürstin Liu Luli. Mehr über das Mädchen, die Ambitionen ihrer Eltern und den Einfluss der Familie zu erfahren, mochte sich noch als nützlich erweisen. Als Albin war die Suguri daran gewöhnt, langfristig zu planen und wollte anscheinend eine mögliche Alternative für die als recht launische und impulsiv geltende Liu Luli im Auge behalten.

Tatsächlich gelang es Ren, eine Audienz in der außerhalb von Timog gelegenen Sumpfburg der Ka zu arrangieren. Sie ging dabei das Risiko ein, ihre politischen Überzeugungen zu offenbaren und erwähnte auch ihre direkten Kontakte zu den Kaiserlichen. Glücklicherweise waren die Ka tatsächlich Loyalisten. Nachdem Ren für ihren kintaiischen Kameraden gebürgt hatte, kam rasch ein offenes Gespräch zustande. Ren schilderte die bisherigen Ergebnisse der Recherchen und deutete an, dass ihrer Meinung nach viele der recht mysteriösen Ereignisse zusammenhingen. Die Matriarchin Ka Yeiyan stimmte ihr zu. Sie glaubte, dass die ominöse „verschwundene“ dritte Einheit nicht mehr existierte. Die Truppe sei wahrscheinlich im Laufe der Zeit schrittweise immer mehr reduziert worden und hätte schließlich nur noch auf dem Papier bestanden, während das Geld für ihren Sold eingestrichen und die Lieferverträge manipuliert wurden. Sehr wahrscheinlich hatten die Guo eine Hand in der Sache gehabt. Als die Einheiten für den Krieg gegen die Jogdaren nach Westen verlegt wurden, hatten die Guo auf Zeit gespielt. Die Wirren des Bürgerkrieges hatten sie davor bewahrt, aufzufliegen. So hatten sie Zeit gewonnen, und als die inkriminierenden Papiere nach Palitan gehen sollten, hatten sie einen „Überfall“ arrangiert. Ob die Angreifer wirklich die „echten“ Sumpfspatzen waren oder einfach nur der Name benutzt wurde, ließ sich nicht sagen. Das Oberhaupt der Familie Ka glaubte, dass man eventuell die Diebe der Dokumente finden könne. Es habe damals unter den Banditen zweifelsfrei Verletzte gegeben, und der Zwischenfall lag nicht so lange zurück. Vielleicht hatten auch einige der Beteiligten über einen so absonderlichen Überfall geredet? Akira konnte bei dem Treffen ein wenig mehr über Ka Ji, die Nichte der Fürstin erfahren. Das Mädchen war gerade sieben Jahre alt und in den Augen ihrer Mutter weit weniger sprunghaft als die für ihr Temperament bekannte Fürstin. Die Ka planten, das Mädchen mit einem nachrangigen Sohn einer selenischen Grafenfamilie zu verheiraten. Der Schwertalb war ziemlich angewidert über die Korruption im zhoujiangischen Militär- und Beamtenapparat, die seine ohnehin vorhandenen Vorurteile verstärkte.

Indem Luo sein verzweigtes Netzwerk aus Kontakten nutzte, konnte er drei vermutliche Beteiligte an dem Überfall auf die Dokumentenkarawane  ermitteln: He, Kang und Fulong (zwei Menschen und ein Gnom). Während Kang verschollen und Fulong noch in Freiheit und aktiv war, verbüßte He eine Strafe – die er den Abenteurern verdankte, weil er zu der Banditen gehörte, die der Söldner Tang für die Suche nach dem Wurfspeer Myurikos rekrutiert hatte. Es fiel nicht allzu schwer, dank einer kleinen Bestechung ein Treffen mit dem Gefangenen zu arrangieren. He sprach recht offen über den Zwischenfall. Seine Truppe hatte in der Tat die Karawane überfallen. Allerdings war der Angriff ziemlich schlecht gelaufen. Sie hatten ernste Verluste erlitten. Auch ihr Anführer Bi sei getötet worden, der als einziger ihre Auftraggeber gekannt hatte. Deshalb hatten die etwas ratlosen Banditen die in ihren Augen wertlose Beute in einer verlassenen Sumpfburg versteckt und sich zerstreut. Wahrscheinlich waren die Unterlagen immer noch in ihrem Versteck. Wenn man seine Freilassung arrangieren würde, wäre er bereit den Ort zu beschreiben.
Luo malte dem Gefangenen aus, was mit ihm passieren würde, sollte er falsches Spiel treiben. Dann arrangierte er gegen eine Auslöse von 15 Lunaren die Freilassung von He. Nachdem der ehemalige Bandit das Versteck preisgegeben hatte, ließ man ihn ziehen.

Die Gruppe mietete ein Maultier, besorgte sich zusätzliche Ausrüstung für den Sumpfmarsch und brach auf. Fachkundig geführt durch Takur kamen sie relativ gut voran, auch wenn sie sich beim Lagern beinahe selber vergifteten, als sie das falsche Holz für das Lagerfeuer verwendeten. In der Nähe der Sumpfburg stießen sie dann allerdings auf beunruhigende Spuren, die auf einen, wenngleich kleinen, Drachen hindeuteten. Vorsichtig näherte sich die kleine Gruppe dem Ziel – einer verfallenden Palisade, hinter der mehrere verrottete Gebäude zu erkennen waren. Takur und Luo kundschaften voraus und überwanden lautlos die Hindernisse. Tatsächlich fanden sie die Unterlagen in einer etwas erhöht liegenden und deshalb trockeneren Hütte – die sich mit etwa zwei Karrenladungen als recht umfangreich entpuppten. Das Problem war, dass sich in einem anderen Gebäude tatsächlich ein kleinerer Flugdrache eingenistet hatte, der es zweifellos bemerken würde, wenn man versuchte, so viel Material unter seiner Nase herauszuschaffen.
Die Abenteuer beschlossen, dass Takur und Luo die verfallene Burg beobachten sollten, während die anderen und ihr Packtier in sicherer Entfernung warteten. Sollte das Raubtier nicht binnen der nächsten Tage ausfliegen, würden sie einen direkten Angriff vorbereiten. Tatsächlich flog der Drache am zweiten Tag der Wacht zu Jagd aus. Um ein Haar hätte er die Abenteurer entdeckt, doch mit einer guten Portion Glück konnten sie sich verbergen. Dann nutzten sie die Abwesenheit des „Burgherren“, um die Papiere zu bergen. Takur hätte zwar am liebsten dem Raubtier bei der Rückkehr aufgelauert, ließ sich aber überzeugen, dass der Ausgang des Kampfes zu ungewiss für die Abenteurer war.

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #25 am: 16 Mär 2024, 09:21:36 »
Schwer bepackt, aber von Takur gut geführt, bahnten sich die vier ihren Weg aus dem Sumpf, auch wenn Takur selber beinahe in einem Sumpfloch geendet hätte. Reisenden wichen sie aus und boten nach Tagen im Sumpf keinen sehr vertrauenserweckenden Anblick. Die Helden beschlossen, die Papiere zu sichten, ehe sie über das weitere Vorgehen entschieden. Sie kamen vorerst in einem kleinen Dorf unter, auch wenn die Bewohner sie misstrauisch beäugten und möglicherweise selbst etwas zu verbergen hatten. In einer gemieteten Hütte werteten Akira und Ren die Papiere aus, während Luo und Takur - des Lesens unkundig - wechselseitig Wache hielten.
Die Auswertung der Unterlagen gestaltete sich als langwierig. Die Helden sahen ihre Vermutungen bestätigt: Im Laufe der Zeit waren die Soldaten der „verschwundenen“ Wacheinheit versetzt oder im Todesfall nicht abgemeldet worden, um den Sold, die Ausrüstung und Verpflegung zu unterschlagen.
Zwei inzwischen nach Westen versetzte Offiziere schienen die eigentlichen Schuldigen zu sein. Die Familie Guo war offenbar der Hauptprofiteur gewesen. Sollte General Wu davon erfahren, würde dies vermutlich dramatische Konsequenzen für die Offiziere und eventuell auch ihre Familien haben. Die Informationen machten sie damit manipulier- und erpressbar. Zuan Lihua, die letzte zuständige Militärbeamtin, hatte anscheinend versucht, die Ungereimtheiten zu untersuchen, war dann aber gekauft oder durch Drohungen überzeugt worden, bei dem Betrug mitzumachen.
Zusätzlich zu den administrativen Informationen fanden sich auch einige militärische Planungen. Diese waren zwar veraltet, gaben aber einen Einblick in die defensiven Vorbereitungen Zhoujiangs in dieser Region und Überlegungen für die Verteidigung im Fall eines Konflikts mit Kintai.

Die Abenteurer entschieden sich, die Informationen zu den Unterschlagungen an die Familie Ka weiterzugeben. Wenig überraschend war die Aufnahme in der Ka-Sumpfburg diesmal sehr entgegenkommend. Ren und Akira legten die neuen Informationen offen. Sie plädierten dafür, die Informationen zu nutzen, um die Position der Ka zu verbessern und die Guo in Verruf zu bringen, anstatt Fürstin Lui Luli zu diskreditieren. Lady Ka schien das ähnlich zu sehen. Sie ersetzte der Gruppe nicht nur ihre Ausgaben, sondern zeigte sich auch auf andere Weise erkenntlich:
Zum einen stellten sie der Gruppe ein Empfehlungsschreiben für ihre Recherchen in Palitan aus. Wegen der seitens der Ka geknüpften Verbindung nach Selenia hatten sie Kontakte in der Portalstadt. Takur erhielt ein Empfehlungsschreiben der Ka, das ihn vom Stigma des exotischen Fremden befreien sollte. Akiras Appell, die Kooperation mit Kintai zu verbessern, stieß ebenfalls auf bereitwillige Annahme. Ren und Luo hatten mit den Ka potentiell wichtige Verbündete gewonnen, die für die Sache der Kaiserin wirken würden.
Allerdings zeigte sich einmal mehr, dass auch die Abenteurer teilweise unterschiedliche Loyalitäten hatten. Akira gab die in den Dokumenten gefundenen militärischen Informationen insgeheim an die Kintai-Botschafterin Suguri Hanako weiter. Er überließ es ihr, die Ehre dafür einzufahren und sicherte sich damit ihre Dankbarkeit.
Ren ihrerseits nutzte die gewonnene Vertrautheit mit den Ka, um diese als potentielle Verbündete für einen noch vagen Plan zu gewinnen. Sie trat für die Idee ein, dass die Prinzessin Yi positiv gegenüberstehenden Adligen der Region Ehebündnisse mit schwertalbischen Familien anbahnen sollten. Vielleicht könnten auch nachrangigen Kintari-Adlige einzelne Sumpfburgen als Sitz angeboten werden – gerne auf Kosten von Adligen, die mit den Triaden verbündet waren. So würde man hoffentlich wertvolle Verbündete gewinnen. Sowohl die Triaden als auch General Wu mochten es sich zweimal überlegen, einen Konflikt mit Untertanen des mächtigen Kintai zu riskieren. Die Ka waren grundsätzlich interessiert, doch musste so etwas natürlich langfristig vorbereitet werden. Es galt geeignete Partner zu finden, und es musste sichergestellt werden, dass die isolationistische Kaiserin von Kintai dem keinen Riegel vorschob.

Hao erfuhr in den folgenden Tagen mehr über die beunruhigenden Gerüchte zu den „verwehten Seelen“ Timogs. Da in letzter Zeit die Zahl der geistig Verwirrten zugenommen hatte und etliche der Unglücklichen spurlos verschwunden waren, meinten manche, dass sich etwas unter der Oberfläche des Sees rege und dass der aus Kintai geschleuderte Speer Myurikos vielleicht eine Warnung oder Weckruf gewesen sei.
Mindestens ebenso beschäftigte Haos Kollegen in der Unggoy-Kirche allerdings das „Lachende Dutzend“: eine Gruppe Affenpriester, die in der Spinnen- und Katzenprovinz korrupte Beamte, Adlige und Triadenangehörige beraubten und demütigten. Einige von Haos Kolleginnen und Kollegen bewunderten die Bande, andere lehnten ihre Methoden und Vorgehensweise ab oder sahen in ihnen Aufschneider und Betrüger. Hao zählte sich zu den Skeptikern.
Zudem erfuhr sie, dass aus der Affenprovinz ein „Fahndungsaufruf“ an die Priesterschaft des Unggoys gegangen war, der von weiteren Differenzen innerhalb der Kirche zeugte. Gesucht wurde eine rothaarige Albin namens Quinma alias Quiam alias Quiang alias Quiguan alias Quin alias Qiu, die möglicherweise Probleme mit den Behörden hatte. Sie war unbedingt beim nächsten Tempel, aber nicht bei der Obrigkeit zu melden.
Luo, der seine Nachforschungen nach den bewaffneten Gruppen im Sumpf fortgesetzt hatte, konnte abschließend ermitteln, dass es sich bei der Vargin, welche die Abenteurer als mögliche Kommandeurin des Waffenschmuggels identifiziert hatten, möglicherweise um die gefürchtete „Wasserdrachin“ General Wus oder zumindest eine ihrer Kapitänin handelte. Die Bande sollte aus 200 bis 600 Kämpfern auf etwa einem Dutzend leichter Schiffe bestehen.

Dramatischer entwickelten sich die Nachforschungen zu dem magischen Horn, dass die Gruppe kürzlich erbeutet hatte. Eine vertiefte magische Analyse war momentan schwer möglich (zumindest mit den Fähigkeiten und finanziellen Möglichkeiten der Helden), aber Ren konnte eine Expertin finden, die die Inschrift des Horns übersetzte. Die Inschrift war in (fehlerfreiem) Ur-Xienyan verfasst, war aber erst in jüngerer Vergangenheit abgeändert worden - abermals in fehlerfreier Syntax und Rechtschreibung. Dies ließ vermuten, dass entweder ein sehr gebildeter Magiewirker oder aber vielleicht ein Untoter aus Esmoda bzw. jemand mit direktem Kontakt nach Esmodea oder einem alten Geist das Horn geschaffen (und modifiziert?) hatte. Die Inschrift war sehr ominös, ging es doch darum „den Schleier zu zerreißen“ und die gerufenen Geister zu unterwerfen. Die Inschrift endete mit einem unheilverkündenden Spruch:

Geist unterwirft sich dem Willen
Macht unterwirft sich dem Willen
Wille ist Macht
Wille ist Geist
Wille ist Alles
Und der Tod nur der Anfang des Dienstes.

Meisterin Yao Kun vermutete, dass das Artefakt einen Nekromantiezauber beinhaltete, vielleicht auch Teil eines Rituals war. Dies weckte natürlich die Besorgnis von Ren. Mit Nekromantie kannte sie sich nicht aus.  Sie hatte zwar von einigen mächtigen Nekromanten gehört, hielt jedoch keinen von ihnen für vertrauenswürdig, um ihn zu befragen. Auch Hao war sehr beunruhigt. Im Fall der Priesterin wurde ihre Sorge dadurch gesteigert, dass ihr magischer Eichhörnchen-Begleiter dem Horn stets fernblieb und über ihre diffuse telepathische Verbindung deutliche Abneigung gegenüber dem Artefakt übermittelte.

Hao wollte unbedingt herausfinden, was das Horn bewirken konnte, während Ren sich Sorgen machte, Tang oder seine ominösen Hintermänner könnten versuchen, es zurückstehlen.
Allerdings schienen die ursprünglichen Besitzer zunächst eine Verhandlungslösung anzustreben. Ein dunkelhaariger Alb suchte Hao und Ren auf.  Seine Tätowierungen legten nahe, dass er zu den 13 Blättern gehörte, einer auf Piraterie spezialisierten Triade, die mehrheitlich aus Exilanten aus Kintai bestand. Er nannte sich selbst Dschiahn, zweifellos ein Tarnname. Im Namen Tangs forderte er das Horn zurück und bot dafür 40 Lunare als Auslöse. Ren und Hao vertrösteten ihn und beschlossen, Rens ursprünglichen Vorschlag aufzugreifen und das Horn der Fürstin von Timog zu übergeben. Sicherlich würde diese über die Möglichkeiten verfügen, das Horn vor dem Zugriff seiner bisherigen Besitzer zu bewahren.

Es gelang den Helden allerdings nicht, eine direkte Audienz bei der Fürstin zu erlangen, und so landeten Hao und Ren bei Sima Yu, dem zwergischen Kanzler. Dieser nahm das Horn entgegen und dankte den Helden, auch wenn er anmerkte, dass sich das Horn leicht als zweischneidiges Geschenk erweisen könnte. Es blieb zu hoffen, dass Sima Yu und Liu Luli mit dem Horn weise umzugehen verstanden. Der Kanzler deutete an, dass die Abenteurer einen Gefallen offen hatten und belohnte sie mit 30 Lunaren. Sie konnten sich zudem mit „großen“ Siegeln (sprich, von einem hochrangigen Beamten) abgestempelte Passierscheine für ihre Reise nach Palitan sichern und erhielten eine Eskorte, die sie und ihre Gefährten aus Timog hinausbegleiten würde.
Noch ehe Dschiahn zurückkehrte, um die Antwort der Helden einzuholen, brachen die Hao, Takur und Akira gen Palitan auf, um einem möglichen Gegenschlag zu entgehen. Auch Ren und Luo verließen die Stadt, wenngleich nicht direkt nach Osten. Sie würden ein Postschiff auf der Fahrt von Osten nach Westen über den Maishi-See begleiten. Da sie auch auf der Rückreise den Wasserweg nehmen wollten, sollte es möglich sein, zu ihren Kameraden aufzuschließen, mit denen sie sich in Baoshi verabredet hatten, an der Ostgrenze der Kranichprovinz. Vorgeblich wählten die beiden diesen Umweg, um etwas zusätzliches Geld zu verdienen und um Spuren für mögliche Verfolger zu verwischen, insgeheim aber auch um eine Nachricht an eine Agentin der Kaiserlichen in Tangtu zu überbringen. Der überhastete Aufbruch erfolgte sehr zu Luos Leidwesen, der einmal mehr sehr überstürzt von seiner Bekannten (und nicht-so-heimlichen Schwarm) Sun Lin Abschied nehmen musste.

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #26 am: 06 Apr 2024, 17:27:15 »
Begraben und besiegelt
Zhoujiang, Kranichprovinz (Hao, Akira, Takur)

Auch wenn die Helden eigentlich gemeinsam gen Palitan aufbrechen wollten, trennten sich ihre Wege mal wieder zeitweilig. Ren und Luo hatten noch eine persönliche Mission zu erledigen, über deren genaues Ziel sie sich jedoch nicht ausführlich äußerten. Akira vermutete, dass es etwas mit ihren Sympathien im zhoujiangischen Bürgerkrieg zu tun hatte. Vielleicht spielte aber auch eine Rolle, dass Qui Ruan, der junge Stadtgarde-Offizier, der die Helden aus Timog herausbegleitete, eine gemeinsame Geschichte mit Ren hatte, die beiden peinlich zu sein schien. Die Helden verabredeten, sich in Baoshi zu treffen und von dort die Reise nach Palitan fortzusetzen.

Baoshi sollte nicht nur Treffpunkt und Etappenziel für die Reise nach Palitan sein. In der Stadt lebte Ji Xai, eine weitere der zahlreichen Verwandten Rens, deren Ehemann Yuchi als erfahrener Historiker den Helden für ihre Recherchen in den Kaiserlichen Archiven wertvolle Hinweise und vielleicht auch ein weiteres Empfehlungsschreiben geben konnte. Allerdings warnte Ren, dass man bei der Familie ihren Cousin Luo besser nicht erwähnen sollte. Offenbar hatte er als Leibwächter der Tochter von Ji Xai und Yuchi dahingehend versagt, sie nicht am Umgang mit den „falschen Leuten“ gehindert zu haben. Möglicherweise wollten Ren und Luo auch deshalb erst einmal die anderen Helden „vorschicken“.
Bevor die Helden Timog verließen, verabschiedete sich Akira noch von der Kintari-Botschafterin Suguri Hanako, mit der er in den letzten Wochen ein gutes Einvernehmen entwickelt hatte. Sie gab den Helden ihre Glückwünsche auf den Weg und empfahl Akira, in Palitan Kontakt zur dortigen Botschaft Kintais aufzunehmen. Gleichzeitig warnte sie vor den Intrigen Palitans. Dort würde mit hohen Einsätzen und großem Risiko gespielt…
Als die Helden die Stadt verließen, konnte es sich Takur nicht verkneifen, Qui Ruan zu seinem früheren Verhältnis zu Ren auszufragen. Damit legte er freilich den Finger auf eine allzu frische Wunde. Der junge Offizier reagierte ungehalten auf die unsensiblen Fragen des Jaguarkriegers. Auch wenn Akira versuchte, die Lage zu entspannen, fanden sich die Helden bald alleine auf der Straße wieder.

Die nächsten Tage folgten die Helden der Dammstraße, die durch das Schilfmeer von Timog aus nach Osten führte. Der Bürgerkrieg und das Erstarken der Triaden belasteten den Handel: Überlandreisende, die die Provinzgrenzen passieren wollten, mussten Pässe mit sich führen. Reisende wurden an den Provinzgrenzen, an Wachstationen und durch Straßenpatrouillen kontrolliert. Der damit verbundene Aufwand und Zeitverlust wurde durch die wuchernde Korruption verschlimmert, die sich in „Sonder-“ und „Beschleunigungsgebühren“ für den Warentransport oder die Ausstellung von amtlichen Dokumenten niederschlug. Die Helden selber hatten damit allerdings kaum Probleme: dank ihrer Taten in Timog verfügten sie über gute Papiere und da sie mit leichtem Gepäck und wenig Prunk reisten, gab es bei ihnen nicht viel zu holen.
Allerdings war die Herrschaft der Triaden im Südosten Zhoujiangs offenbar nicht unangefochten: Es kursierten Gerüchte über maskierte Krieger in farbenfrohen Schuppenpanzern, die höherrangige Mitglieder der Triaden und Diener der Göttin Gagamba mit äußerster Brutalität angriffen. Da keiner der Helden den Triaden freundlich gegenüberstand und sie bezüglich der Gagamba-Kirche nach dem Zusammenstoß mit der Spinnenkultistin Kuraiko eine gewisse Skepsis hegten, beunruhigte dies die Abenteurer aber wenig.

Die Reise verzögerte sich für einen Tag, als sich die Helden entschlossen, einem in Not geratenen Händler zu helfen: sein Wagen war in den Sumpf geraten, Krokodile hatten den Zugochsen getötet und nun suchte er nach jemanden, der seine Waren bergen half.   
Die Helden folgten dem Mann zu der Unfallstelle. Tatsächlich fanden sie dort den havarierten Wagen und den Kadaver des Zugtiers. Hao beruhigte mithilfe ihrer Magie das an dem Kadaver fressende Krokodil, schnitt den toten Ochsen los und befestigte ein Seil an dem Wagen. Als ein weiteres Krokodil auftauchte, konnte Takur es mit einem gut gezielten Fackelwurf verscheuchen. Mit vereinten Kräften konnten die Helden den Wagen ein Stück aus dem Sumpf ziehen. Er war allerdings stark beschädigt. Die Helden fehlte das handwerkliche Können, um ihn wieder farbereit zu machen. Sie konnten nur die aufgeladenen Töpferwaren bergen und diese mithilfe von zwei ausgeliehenen Trageseln wegschaffen. Zur Belohnung erhielten sie jeder eine kunstvoll verzierte Teeschale.
Als die Helden an diesem Abend in einer Wegherberge rasteten, wären sie beinahe in eine Auseinandersetzung verwickelt worden: die auf die Triaden gemünzten Spottlieder einer vagierende Musikantin stießen bei einigen Gäste auf wenig Zustimmung. Aber Akira schaffte es mal wieder, die Situation zu entschärfen.

Nach einer Reise von etwa einer Woche erreichten die Helden ihr Etappenziel Baoshi. Die Stadt war etwa halb so groß wie Miari und lag an der Ausmündung des Jadebandes aus dem Maishi-See. Dies verlieh der Stadt wirtschaftliche und strategische Bedeutung. Die Triaden hofften offenbar, mithilfe der hiesigen Streitkräfte und Befestigungen zu verhindern, dass General Wu in das östliche Jadeband vorstoßen konnte. Deshalb hatten sie die Befestigungen Baoshis verstärkt und die Stadt zu einem Flottenstützpunkt ausgebaut. Als Zeichen der Macht – und vermutlich als Beobachtungsposten – schwebte über Baoshi weithin sichtbar ein Fesselballon.
Die Stimmung in der Stadt war lebhaft aber angespannt. Offenbar hatte es in letzter Zeit im Hafen Sabotageanschläge gegen, was die Stadtherrin Liu Xu erzürnt hatte. Die Bevölkerung war wegen des Bürgerkrieges, den zahlreichen Flüchtlingen und der starken Söldnerpräsenz beunruhigt. Aufgrund der Nähe zu Kintai war im Straßenbild zahlreiche Kintari zu sehen. Ungewöhnlicher waren die vielen Kungaitani. Wie die Helden später erfuhren, half Kungaitan den Triaden, die berüchtigten Schildkrötenschiffe zu kopieren. Kungaitanische Söldner verstärkten die Truppen der Triaden und Ausbilder schulten Matrosen in der Handhabung der gepanzerten Schiffe und im Einsatz als Seesoldaten. Alleine in Baoshi hielten sich bis zu 300 Kungaitani auf. Unter ihrer Aufsicht waren mindestens drei Schildkrötenschiffe in Bau. Ein viertes war kürzlich durch Sabotage vernichtet worden.
Viele der Fremdländer traten recht herrisch und arrogant auf, was zur Verärgerung der Einheimischen beitrug. Dazu kamen gelegentliche Spannungen zwischen den in Baoshi befindlichen Kintari und den Kungaitani, standen sich beide Länder doch misstrauisch gegenüber. Auch Akira war angesichts der Präsenz Kungaitans alarmiert. Er hegte wie viele seiner Landsleute mehr als nur leichte Vorurteile. Dass Kungaitan sich als Unterstützer der Triaden im östlichen Zhoujiang zu etablieren schien, war beunruhigend – zumal die Handelsnation auch in dem östlich von Kintai liegenden Sadu mithilfe von Söldnern und Agenten aktiv war. Schwebte den Kungaitani eine Einkreisung des Kaiserreiches Kintai vor? Seine Gefährten trieben solche Fragen weniger um, auch wenn Ren und Luo aufgrund ihrer Loyalitäten im Bürgerkrieg von dieser ausländischen Unterstützung für die Triaden sicher nicht begeistert gewesen wären.
Die Kungaitani betrieben zudem Werbung für das politische System ihrer Händlerrepublik. Die Stadtherrin hatte dies freilich bald unterbunden.

Vorerst kümmerten sich die Helden erst einmal um ihr eigentliches Anliegen: Sie suchten Ji Xai und ihren Ehemann Yuchi auf, um ihnen Grüße von Ren zu übermitteln und um Hilfe für die Recherchen in Palitan zu bitten. Zu letzterem war der Historiker Yuchi gerne bereit. Seine Ehefrau bremste den Enthusiasmus und hatte ihrerseits eine Bitte an die Helden: Ihre Tochter Tian arbeitete als Sekretärin im Bauministerium und stand vor der nur alle drei Jahre stattfindenden Auswahlprüfung für eine der begehrten Stellen als Inspektorin. Natürlich halfen die meisten Kandidaten mit dem ein oder anderen „Geschenk“ nach. Aber das Abschneiden bei den Prüfungen spielte dennoch eine Rolle. Die Helden sollten Tian bei den Prüfungen helfen. Derartige Unterstützung zu suchen was durchaus üblich, da man sich als Beamter auch dabei zu bewähren hatte, Helfer zu rekrutieren (ein Vorrecht des Bauministeriums). Der jungen Beamtin war das Ganze peinlich, aber die Helden willigten gerne ein – auch wenn Akira angesichts der in Zhoujiang wuchernden Korruption einmal mehr Mühe hatte, seine Verachtung zu verbergen. Yuchi sah das offenbar ähnlich, Tians Mutter hingegen hatte eine pragmatische Einstellung.
Die Helden konnten sich in dem geräumigen und gut eingerichteten Familienanwesen einquartieren. Sie waren nicht die einzigen Gäste: offenbar hatten etliche entfernte Verwandte der familie vor den Wirren des Bürgerkrieges in Baoshi Schutz gesucht.

Von Tian erfuhren die Helden mehr über die anstehenden Prüfungen: Diese beinhalteten einen theoretischen und einen praktischen Teil, wobei bei letzterem Baumaßnahmen überwacht oder die Sicherheit eines Gebäude abgenommen werden würde. Zwar hatten die Helden keine Bauerfahrung, aber sie würden Tian bei ihren Vorbereitungen und im Umgang mit renitenten Bauleuten oder Hausbesitzern helfen können – und ein Auge auf die Intrigen möglicher Konkurrenten haben. Die Prüfungen würden unter der Aufsicht der Magistratin Yuwen Lai stattfinden, einer Beamtin, die unter der Triadenherrschaft Karriere gemacht hatte und die – wie bei den Beamtenprüfungen üblich – dem Ritus-Ministerium angehörte. 

In den Tagen bis zum Beginn der Prüfung machten sich die Helden mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut: Sie versuchten einen Überblick von den Baumaßnahmen in der Stadt zu gewinnen. So hofften sie abschätzen zu können, was für eine praktische Aufgabe Tian gestellt werden könnte. Allerdings erregte ihr Herumgefrage wenig Zuneigung bei den Bauleuten.
Auch ein Besuch der Bibliothek verlief nicht ohne Zwischenfall: sie begegneten dort Guo Nan, einer der Hauptkonkurrentinnen von Tian sowie Guo Nans Onkel Guo Dan. Da dieser einen höheren Posten bei der Stadtwache hatte, verfügte er wahrscheinlich über Möglichkeiten und Kontakte, um den Wettbewerb im Sinne seiner Nichte zu beeinflussen…
Angenehmer war die Begegnung mit Tians Freund Rong Lu, einem jungen, gutaussehenden Musikanten – auch wenn Tians Eltern wohl wenig begeistert von dem Umgang ihrer Tochter waren.
Dass die angehende Bau-Inspektorin eine Gerichtsverhandlung gegen eine Architektin besuchte, erwies sich als schlechte Entscheidung: die Angeklagte wurde wegen Pfusch beim Bau von Befestigungsanlagen verbannt, ihr Gehilfe umgehend hingerichtet. Dieses Schauspiel war nicht dazu angetan, Tians Zuversicht zu stärken. Akira gab sein Bestes, um ihr Mut zuzusprechen und mit ihr das Zeremoniell für den folgenden Tag durchzugehen.

Am nächsten Tag wurden die Prüfungen im Palastbereich von Baoshi eröffnet. Neben den Prüflingen auf die verschiedenen offenen Stellen und deren Helfern waren auch zahlreiche Familienangehörige anwesend. Wie in Zhoujiang üblich, waren ein Großteil derer, die sich für die höheren Ämter bewarben, Frauen der Ober- oder Mittelschicht. Die Eröffnungszeremonie fand in Anwesenheit der Stadtherrin statt. Besonders beeindruckend waren die Priesterin Tanglangs, der göttlichen Gottesanbeterin, unter deren Schutz alle überlieferten Riten standen und die die Prüfung mit einem Segen eröffneten. Ihre fremdartigen Masken und Bewegungen faszinierten Akira. Sein Gefährte Takur – der aus seiner Dschungelheimat sehr viel blutigere Riten kannte – ließ sich weniger aus der Ruhe bringen.
Der erhabene Eindruck der Zeremonie wurde im Nachhinein beeinträchtigt, als Guo Dan, der Onkel einer von Tians Konkurrentinnen, versuchte, die Helden mit unverhohlenen Drohungen einzuschüchtern. Tian war wegen ihrer guten Leistungen und vor allem wegen der Vernetzung ihrer Familie offenbar eine der Favoritinnen für den Inspektorinnenposten und Gao Dan wollte diesem Risiko für die Kariere seiner Nichte vorbeugen.
Hao und Tian wurden etwas nervös, aber an Akira und Takur prallten die Drohungen ab. Die Vorurteile des Schwertalben bezüglich der in Zhoujiang (und besonders im Einflussbereich der Triaden) wuchernden Korruption erhielten freilich neue Nahrung – und sollten in den nächsten Tagen noch wachsen.

Die erste Aufgabe Tians war es, in der Bibliothek Material für ihre theoretische Prüfung zu sichten. Auf Vorschlag Akiras begleitete Hao die junge Bausekretärin. Die vermeintliche Routineaufgabe erwies sich schwerer als gedacht: jemand hatte „zufällig“ Teile der Berichte und Vorschriftentexte verlegt, mit denen sich die Prüflinge vorbereiten sollten. Hao half bei der Suche nach den fehlenden Schriftrollen, obwohl ihre eigene Schriftbildung nur durchschnittlich war. Dementsprechend dauerte es deutlich länger als erwartet. Auf dem Rückweg zum Familienanwesen wurden die beiden zudem von ein paar Straßenkindern belästigt und mit faulem Obst beworfen. Hao schaffte es, durch ein paar bissige Bemerkungen die Kinder von Tian abzulenken und dann den meisten der fauligen Wurfgeschosse auszuweichen. Hao und Akira halfen Tian bei dem Sichten der Dokumente. Akira vermutete, dass weitere Sabotageversuche folgen könnten. Während er aus seiner Frustration keinen Hehl machte, nahm Hao das Ganze gelassener. Immerhin handelte es sich nur um lästige Nadelstiche.

Am dritten Tag der Prüfung war die Zeit für die erste praktische Übung gekommen: Tian sollte eine Gerbergasse kontrollieren (einschließlich der dazugehörigen öffentlichen Latrine), die Einhaltung der Bau-, Hygiene- und Brandschutzvorschriften überprüfen und arbeitsfähige Bewohner für einen Einsatz des Bauministeriums rekrutieren. Offenbar wurden angehende Bau-Inspektorinnen nicht gerade auf Rosen gebettet. Die Prüfung sollte sowohl das korrekte Anwenden von Vorschriften als auch die Durchsetzungskraft testen, waren doch weder die Kontrollen noch die schlecht bezahlten staatlichen Arbeitseinsätze beliebt. Tian tat sich etwas schwer damit, bestimmend aufzutreten. Die Helden halfen bei dem Feststellen potentieller Mängel und beim Umgang mit renitenten Anwohnern. Sie machten sich dabei nicht beliebt, zumal Tian und ihre Helfer bei Regelverstößen nicht gegen eine „Aufwandsentschädigung“ durch die Finger sahen. Außerdem mussten sie erfahren, dass der Stadtgardeoffizier Guo Dan die Runde gemacht und die Stimmung gegen die Inspektion geschürt hatte. Langsam wurden seine Sabotageversuche lästig. Hao fand besonders bedenklich, dass Guo Dan so gut über die Aufgaben der Prüflinge informiert war. Besaß er Insiderinformationen aus der Prüfungsleitung?

Der nächste Tag beinhaltete den zweiten Teil der praktischen Übung: mithilfe der am Vortrag rekrutierten Arbeitskräfte sollte die Umfassungsmauer eines aufgegeben Tempels abgerissen werden. Sehr schnell stießen Tian und die Helden auf Schwierigkeiten. Etliche der am Vortag rekrutierten Helfer waren auf einmal „erkrankt“. Eine Untersuchung durch Hao enthüllte, dass die meisten nur simulierten. Leider konnte ausgerechnet der stärkste der Rekrutierten Hao austricksen, was die Leistung des kleinen Abbruchtrupps reduzierte. Beim Abholen der Werkzeuge und Wagen gab es das nächste Problem: einer der Fahrer hatte am Vorabend auf Einladung eines gewissen Stadtgardeoffiziers zu tief ins Glas geschaut und war kaum ansprechbar. Zum Glück sprang Hao als Wagenlenkerin ein, da sie gut mit Tieren umgehen konnte.

Der alte Tempel – eine frühere Kultstätte des kaum noch verehrten Drachenfisches – lag außerhalb der Stadt. Der halb überwucherte Weg zum Tempel wurde von dicken Spinnenweben eingerahmt, die einen etwas bedrohlichen Anblick boten. Die Anlage zeigte deutliche Anzeichen von Verfall. Ein gesigeltes Schreiben am Eingang des ummauerten Areals verkündete, dass der Tempel vom Ritenministerium kontrolliert und seine Umwallung für die Demontage freigegeben worden sei. Den Tempel selber sollte der Bautrupp in Ruhe lassen. Der neben dem Gebäude gelegene Friedhof wurde offenbar noch genutzt, vermutlich für Armenbegräbnisse, Hingerichtete und ähnlich Unerwünschte. Zur Beunruhigung aller hatte jemand – oder etwas? – einige Grabsteine umgestoßen oder zerkratzt. Die Leistung der Arbeiter wurde dadurch nicht gerade gesteigert und auch die Helden sahen sich immer wieder sichernd um. Akira half Tian bei der Koordination der Arbeiter, während Takur beim Abriss der Mauer mit Hand anlegte. Mit vereinten Kräften kamen die Arbeiten dann doch recht gut voran. Hao behielt derweil die Umgebung im Auge.

Es war Takur, dem der goldfarbige Vogel auffiel, der den Tempel von einem nahegelegenen Baum beobachtete. Hao identifizierte das Tier als einen Sonnenvogel. Den Legenden nach tauchten diese Tiere an Orten auf, an denen Unheil drohte, weshalb sie teilweise als Unglücksboten verschrien waren. Das war freilich ungerecht, weil sie das Unrecht nicht herbeiriefen, sondern im Gegenteil es meist zu verhindern suchten. Auf jeden Fall aber verhieß der Vogel eine nahe Gefahr…
Alle waren erleichtert, dass die Abbrucharbeiten an der alten Tempelmauer bereits am Nachmittag beendet werden konnten. Allerdings entschlossen sich die Helden, noch etwas vor Ort zu bleiben, um mehr über das anscheinend drohende Unheil zu erfahren und es vielleicht sogar zu verhindern. Hao musste freilich erst einmal mit dem Bautrupp nach Baoshi zurück, da sie ja einen der Wagen des Bautrupps übernommen hatte. Sie versprach, so bald wie möglich auf ihrem kürzlich erworbenen Zhu-Schreiter zurückzukehren. Tian wollte beim Ritenministerium über das Erscheinen des Sonnenvogels Bescheid geben. Ihren Kameraden war es nicht Recht, dass Hao den Weg zurück zum Tempel würde alleine zurücklegen müssen. Zum Glück gelangte der Bautrupp aber ohne Probleme nach Baoshi, und auch Haos Ritt zurück zum Tempel verlief ohne Probleme. Sie brachte die Rüstungen und Waffen mit, die die Helden in Baoshi zurückgelassen hatten.

Wieder vereint und besser ausgerüstet durchsuchten die Helden die Umgebung des Tempels und die Tempelruine. Sie fanden jedoch nichts Auffälliges. Die Helden beschlossen, am nächsten Morgen noch einmal eine gründlichere Suche vorzunehmen und schlugen ihr Nachtlager unter freiem Himmel auf. Allerdings kamen sie kaum zum Schlafen: der Sonnenvogel wurde nach Einbruch der Dunkelheit immer unruhiger. Und der Wind, der zwischen den Friedhofsteinen und durch das löchrige Dach des Tempels pfiff, erinnerte unangenehm an das Klagen verlorener Seelen. Endgültig war es um den Schlaf geschehen, als Akira und Takur auf dem Friedhof schattenhafte Bewegungen auszumachen meinten. Sie unternahmen allerdings erst einmal nichts, sondern warteten lieber bis zum Morgen.

Sobald es hell wurde, untersuchten die Helden noch einmal den Friedhof. Erst jetzt fiel ihnen auf, dass bei einem der Mehrfachgräber – vermutlich für Hingerichtete oder im Gefängnis verstobene Strafgefangene – die Erde nicht wie eigentlich zu erwarten eingesunken war, sondern aufgeworfen wirkte. Hao kehrte noch einmal auf ihrem Zhu-Schreiter nach Baoshi zurück, um Werkzeuge für eine Untersuchung der Gräber zu organisieren. Dort erfuhr sie von Ji Tian, dass diese wie versprochen beim Ritenministerium Meldung gemacht hatte. Sie war jedoch abgebügelt worden: Das Erscheinen irgendeines mythischen Vogels sei kein Grund zur Sorge. Der Tempel sei erst kürzlich ordnungsgemäß untersucht worden. Es gäbe von Seiten der Behörden keinen Grund für Untersuchungen oder weitere Maßnahmen. Die Helden waren also auf sich alleine gestellt.
Mit den von Hao organisierten Werkzeugen machten sich Akira und Takur ans Graben. Der Sonnenvogel flog näher und wirkte mit jedem Spatenstich wachsamer, was auch die Helden alarmierte. Der zuerst nur schwache Verwesungsgeruch wurde von Minute zu Minute stärker. Akira versicherte sich, dass sein Schwert locker in der Scheide saß, während Takur seine Glefe neben seinem Arbeitsplatz in den Boden rammte. Bald legten die beiden die erste Leiche frei: den kopflosen Körper des vor wenigen Tagen hingerichteten Baugehilfen. Seltsamerweise war sein Leib bereits extrem stark verwest. Wenige Augenblicke später bemerkte Akira, dass sich der Erdboden wellenartig bewegte, als ob sich darin etwas regte. Er schrie eine Warnung und die Helden griffen zu ihren Waffen – gerade rechtzeitig, bevor vier stark verweste Untote aus dem Erdboden brachen. Der abscheuliche Anblick brachte Hao aus der Fassung und auch die beiden Krieger waren verunsichert und verpatzten ihre ersten Angriffe. Binnen Sekunden musste der ungerüstete Akira einen hässlichen Biss kassieren, während Takur von einem anderen Untoten gepackt wurde. Die verängstigte Hao zögerte, direkt in den Kampf einzugreifen und half ihren in Not geratenen Kameraden mit einem Segensspruch. Nur mit knapper Not entging Takur einer Verwundung, während Akira einen weiteren heftigen Treffer kassierte. Ebenso hilfreich wie Haos Segen war das Eingreifen des Sonnenvogels, der einen der Untoten mit einem magischen Angriff fällen konnte.
Dadurch bekamen die Helden etwas Luft: die nächsten Hiebe Akiras waren zielsicherer und Takur konnte sich befreien. Zusammen mit Haos Eingreifen in den Kampf wendete sich das Blatt und die Angreifer konnten einer nach dem anderen niedergestreckt werden. Hao kümmerte sich um die hässlichen Wunden ihres schwertalbischen Kameraden. Sie befürchtete eine Infektion, gegen die ihre Heilzauber nicht viel ausrichten würden. Nachdem die gefällten Untoten zur Sicherheit alle geköpft und wieder verscharrt worden waren, machte sich die etwas erschütterte Gruppe auf den Weg nach Baoshi. Der Sonnenvogel begleitete sie in einigem Abstand. Offenbar sah er seine Aufgabe als erfüllt an.

In Baoshi machten die Helden bei den Behörden Meldung. Akira sollte sich im Ji-Anwesen isolieren und ein örtlicher Arzt die Wunden begutachten. Bald bestätigte dieser Haos Befürchtung: Akira hatte sich mit Blutfluss infiziert, einer ebenso gefährlichen wie langwierigen Krankheit. Mit Unterstützung eines hinzugezogenen Amtsarztes, Haos und später der in Baoshi eingetroffenen Ren konnte Akira die Krankheit besiegen, die ihn freilich mehrere Wochen niederstrecken sollte.
Damit fiel er auch als Unterstützung für Tian aus, deren Prüfungen inzwischen weitergingen. Hao tat ihr Bestes, die junge Frau zu unterstützten und moralisch aufzubauen.

Noch bevor die Prüfungsergebnisse bekannt wurden, erhielt die Familie Ji Besuch durch die Magistratin und Prüfungsleiterin Yuwen Lai. Diese befand sich in einer etwas unangenehmen Situation: Ihr Ministerium hatte nicht nur die Meldung Tians bezüglich des Sonnenvogels und der drohenden Gefahr ignoriert, sondern zuvor auch den Tempel kontrolliert. Das Erscheinen der Untoten drohte die Beamtin in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen.
Wenig überraschend hatte sie bereits eine Lösung für dieses Dilemma: Wenn die Helden die Situation in ihrem Sinne darstellen und ihren Bericht unterstützten, würden sie nicht nur eine Belohnung erhalten – ihre Kooperation und Tians Rolle dabei würden bei der Prüfungsbewertung „wohlwollend berücksichtigt“ werden. Yuwen Lai brauchte nicht auszuführen, was die Alternative für Tians Karrierehoffnungen wäre, falls die Helden sich als renitent erwiesen.
Wohl oder Übel – im Fall Akiras mit einem deutlichen Zähneknirschen – stimmten die Helden zu. Auch wenn ihnen diese Entscheidung eine Audienz bei der Stadtherrin, eine Belohnung und die Dankbarkeit der Ji-Familie einbrachten, hinterließ die Geschichte zumindest bei Akira einen bitteren Nachgeschmack. Seine gegenüber den anderen Helden unverhohlen geäußerte Verachtung für die Intrigen und Korruption in Zhoujiang verärgerten wiederum Ren. Auch wenn sie die Triaden ebenfalls verachtete, sah sie sich in ihrem Nationalstolz gekränkt und hielt Akiras Glaube an die moralische Überlegenheit Kintais und dessen schwertalbischer Oberschicht für ungerechtfertigt. Natürlich kümmerte sie sich trotzdem um ihren erkrankten Kameraden, aber es gab den einen oder anderen energischen Wortwechsel.

Hao interessierte sich vor allem auch dafür, WARUM die Untoten überhaupt aufgetaucht waren, doch erhielt sie darauf keine befriedigende Antwort. Magistratin Yuwen Lai merkte an, dass der Tempel schon vor einiger Zeit entweiht worden sei – ohne näher darauf einzugehen – und dies vielleicht böse Geister angezogen hätte. So blieb die Angelegenheit ein wenig rätselhaft…

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #27 am: 20 Apr 2024, 07:25:59 »
Botschaften und Nebenwege
Maishi-See, Jadeband und Tangtou (Ren und Luo)

Die Aufgabe, ein Postschiff auf der Fahrt über den Maishi-See zu begleiten und zugleich Post für die kaiserlichen Agenten im Grenzbereich von General Wus Einflusssphäre zu schmuggeln, entpuppte sich für Ren Ji und Luo Xi als gefährlicher als vermutet. Die „Schwalbe“ unter Kapitän Hu wurde südlich von Jangmian von einem Piratenschiff angegriffen. Obwohl Luo, Ren und ihre drei Söldnerkollegen erbitterten Widerstand leisteten, wurde das Schiff einzig durch das Eingreifen der „Strahlenden Morgenröte“ gerettet. Dabei handelte es sich um eines der wenigen schweren Schaufelradkriegsschiffe der Kranichprovinz unter dem Kommando von Kapitän Fong. Die arg gerupften Piraten entkamen mit knapper Not. Die beschädigte „Schwalbe“ musste zunächst die eigenen Schäden ausbessern, ehe sie an eine Weiterfahrt denken konnte. Obwohl verwundet, packten die beiden Abenteurer mit an: Luo bei den Reparaturen und Ren, indem sie zwei Schwerverwundete stabilisierte. Nach einem kurzen Verhör der Augenzeugen drehte die „Strahlende Morgenröte“ ab und nahm einige Verwundete mit nach Jangmian, während die „Schwalbe“ ihre Fahrt fortsetzte. Kapitän Hu hatte es nicht nur wegen der Verspätung eilig. Er fürchtete auch, die Piraten könnten zurückkehren. So segelte er auch in der Dunkelheit weiter, bis er Einmündung des Jadebandes in den Maishi-See erreichte. Der hier bereits recht breite Strom war am Süd- wie am Nordufer durch ein Fort gesichert, das von Soldaten Kintais respektive Zhoujiangs (Fraktion Wu) besetzt war. Leuchtfeuer auf beiden Flussufern wiesen jenen den Weg, die töricht genug waren nachts zu segeln.

Die „Schwalbe“ wurde von einem Wachboot der Truppen Wus kontrolliert. Das schmale, flachgehende Segel-/Ruderboot mit ca. 30 Ruderern und Soldaten verfügte über einzelne Flammenlanzen als Bewaffnung. Der kommandierende albische Offizier, Leutnant Lang, überprüfte die Ladung und die Passagiere, ohne dabei – wie in den Triadengebieten üblich - zusätzliche „Gebühren“ oder Gefälligkeiten zu verlangen. Offenbar gab es allerdings eine längere Liste zu besteuernder oder gesperrter Güter. Der Offizier stellte die junge Fähnrich Kin Di mit fünf Soldaten als Begleitschutz bis Tangtou ab, gegen die Widerworte von Kapitän Hu und wohl auch zum Missfallen der Fähnrich. Die beiden Abenteurer überstanden das Verhör ohne Aufsehen zu erregen und wurden mit dem einzigen noch kampffähigen Söldner in den Wachdienst eingebunden. Am nächsten Tag setzte das Schiff die Reise fort. Bei Tage war zu erkennen, dass das Wachfort Platz für mehrere hundert Soldaten bot und mehrere Wachboote sowie eine Kriegsdschunke beherbergte. Zudem verfügte die Festung über mehrere Steinschleudern und ein oder zwei Kanonen.
Luo plauderte mit den beiden Soldaten seiner Wachschicht und erfuhr, dass es sich um frisch rekrutierte Kräfte handelte. Sie beschrieben ihren Kommandeur als kompetent, Kin als etwas pedantisch, und beneideten die Kaperer auf dem Maishi-See um ihren weniger eintönigen und aufgrund von Beuteanteilen auch lukrativeren Dienst.

Die Fahrt das Jadeband hinauf ging aufgrund der Gegenströmung und nur mäßigem Wind nur langsam vonstatten. Der Verkehr auf dem Fluss war rege: Fischerboote, Handelsschiffe und einige Kriegsschiffe passierten die „Schwalbe“. Während Luo in seiner Freiwache mit den Soldaten plauderte, die allerdings von Fähnrich Kin zu ständiger Bereitschaft ermahnt wurden, befragte Kin Ren zu Neuigkeiten aus dem Osten. Ren blieb vage und vermied brisante Themen. Ihrerseits erfuhr sie von der Offizierin einiges zu den Piratenaktivitäten auf dem Jadeband.
Ursprünglich hatte man darauf gehofft, bis zum Abend Tangtou zu erreichen, doch das Schiff lief auf ein Hindernis. Glücklicherweise schlug die „Schwalbe“ nicht leck, lag aber erst einmal fest. Luo nahm es auf sich, tauchend das Hindernis zu erkunden. Offenkundig war hier ein Boot versenkt worden. Da es mit Steinen beladen war, handelte es sich eventuell um eine gezielte Sabotage oder eine improvisierte Sperre. Es gab einige Verletzte an Bord, die Ren mit gemischtem Erfolg behandelte.

Während man erfolglos versuchte, andere Schiffe auf die Notlage aufmerksam zu machen, entschied Fähnrich Kin, einen Läufer um Hilfe loszuschicken. Luos Angebot, diese Aufgabe zu übernehmen, ging nach hinten los, weil er ungewollt die Unteroffizierin beleidigte. So wurde an seiner Stelle ein Matrose gesandt und er zu einer Doppelwache verdonnert. Er schluckte die Kränkung herunter und versah klaglos seinen Dienst, während Ren die Zeit nutzte, sich etwas mit dem Kapitän anzufreunden.
Luo erhielt die Chance, die Scharte auszuwetzen, als er in der Nacht die Schemen näherschleichender Bewaffneter gewahrte. Er alarmierte Fähnrich Kin und die Wachen, doch als die Soldaten sich kampfbereit machten, traten die potentiellen Angreifer sofort den Rückzug an. Luo schoss ihnen hinterher und traf. Eine Nachsuche am nächsten Morgen erbrachte keine eindeutigen Spuren. Luo war aber wieder im Ansehen gestiegen. Gegen Mittag traf ein Patrouillenschiff unter Kapitän Koda ein, welches der Läufer alarmiert hatte. In einem gekonnten Manöver wurde die „Schwalbe“ aus ihrer Notlage befreit. So erreichte das Postschiff endlich (wenn auch mit deutlicher Verspätung) Tangtou. An eine schnelle Rückreise war wegen der Verwundeten und Schäden erst einmal nicht zu denken. Luo und Ren erhielten ihre Bezahlung und machten sich auf, ihre Botschaft zu überbringen.

Tangtou war mit fast 40.000 Einwohnern nach Inani die zweitgrößte Stadt der Provinz der Geflügelten Schlange, die das Herz des Machtbereiches von General Wu darstellte. Wegen der überall verwendeten blauen Dachziegel nannte man sie die „blaue Stadt“. Sie war einerseits ein Wirtschaftszentrum, da sich hier große Schleusenanlagen befanden, um die Wasserfälle des Jadebandes zu überwinden. Zudem war die Stadt als ein künstlerisches Zentrum bekannt. Die kaiserliche Ausstellung und die durch Kreativität und Magie geformten lebenden Bilder wurden weithin gerühmt.
Kontaktfrau der Abenteurer war Liao Duan, eine Albin mit silbernem Haar und mädchenhaften Auftreten. Die Dichterin mit guten Beziehungen zur örtlichen Oberschicht- und Künstlerszene war anfangs etwas misstrauisch, ließ sich aber vom Losungswort und Rens Beredtheit überzeugen und bot den Helden Quartier an. Man tauschte Informationen aus der Kranichprovinz und dem Maishi-See (Ren und Luo) respektive der Provinz der Geflügelten Schlange aus. Wiewohl Loyalistin, konnte Liao nicht umhin, einige Erfolge General Wus anzuerkennen. In der Provinz herrschte Ordnung und die Versorgung war geregelt. Freilich konnten sich „unproduktive Elemente“ schnell im (Zwangs-)Arbeitseinsatz finden, und die verbesserte Schulbildung diente auch der Indoktrination. Detaillierte militärische Informationen besaß die Albin nicht. Die Werften Tangtous waren gut bewacht und so mancher Möchtegern-Spion oder Saboteur hatte angeblich ein schlimmes Ende gefunden. Die Gerüchte über die künftigen Pläne Wus waren widersprüchlich. Diplomatisch hatte Wu keinen Erfolg gegenüber Esmodas gehabt, auch Kintai blieb zurückhaltend – und die Jogdaren waren sein eingefleischter Feind. Zweifellos wurde viel Geld in den Ausbau der Flotte wie der Terrakottakrieger gesteckt, nur was Wu genau damit plante blieb offen. Manche meinten, er wolle gestützt auf moderne Waffen erneut gegen die Jogdaren losschlagen. Angeblich suchte er weiter nach ausländischer Hilfe, unter anderem angeblich in Jagodien, Dalmarien und dem Shahirat Shahandir. Andere mutmaßten, er wolle Druck auf die Fangschreckenprovinz ausüben, um die Grenze zu den Jogdaren zu sichern. Und manche vermuteten, er wolle gen Osten entlang des Jadebandes expandieren. Zwar war er auf dieser Achse bei einem früheren Vorstoß in der Schlacht am Blauen Felsen zurückgeschlagen worden, doch mit einer stärkeren Flotte mochte es diesmal anders laufen. Dafür sprach auch, dass die Oberschicht und das Militär keine hohe Meinung von den Triaden hatten. Behindert wurde Wus Aufrüstung allerdings durch ein Ausfuhrverbot von Feuerwaffen aus Kintai.

Die beiden Kuriere lebten im Haus der Künstlerin, und diese ging mehrfach mit Ren aus, um ihr die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu zeigen. Die beiden Frauen freundeten sich ein wenig an. Luo trieb sich eher im Hafen und den einfacheren Vierteln herum. Mit Hilfe Liaos fand Luo eine günstige Transportmöglichkeit gen Osten.
Doch ehe sie diese Möglichkeit ergriffen, gab es beunruhigende Nachrichten:
Ein Agent der Kaiserlichen, ein Schreiber namens Rong Kao war verhaftet worden, als er unter falscher Identität im Umland unterwegs gewesen war. Unter Folter und Magie würde er sicherlich bald zu Reden anfangen. Deshalb galt es, seine Wohnung nach brisantem Material zu durchsuchen, dieses zu sichern oder, falls die Wohnung bereits unter Beobachtung stand, den Unterschlupf zu zerstören.

Liao Duan kannte Rong Kao nicht persönlich und wusste nur die ungefähre Adresse von Rongs Wohnung. Mit ihrer Unterstützung gelang es Luo aber, das Ziel auszumachen. Der Schreiber-Spion lebte nahe dem Hafen. Hier waren die Gassen kaum breit genug für einen Karren, die Häuserblocks vier Stockwerke oder höher und meist um einen Innenhof gebaut. Es wimmelte von kleinen Garküchen und Arbeiterquartieren.
Die Abenteurer verkleideten sich und observierten zunächst den Block, für den Fall, dass er bereit von Wus Geheimpolizei überwacht wurde. Es fand sich jedoch kein Anzeichen dafür. Natürlich mochte sich das schnell ändern und so schritten sie zur Tat. Luo übernahm den Einbruch. Angesichts des schlechten Wetters entschied er sich gegen einen Einstieg über das Dach, sondern schwindelte sich in das Gebäude hinein. Es kostete ihn einige Mühe (und beschädigte seine Dietriche), das Schloss an der Wohnungstür zu knacken. Die Zweiraum-Wohnung war nur kärglich eingerichtet und enthielt auf den ersten Blick nur Kleidung, Schreibutensilien, etwas Geld und ein paar Schriftrollen, darunter einige erotische Gedichte und Zeichnungen. Bei genauerer Nachsuche entdeckte Luo ein Geheimfach unter einer Diele. Bei der vorsichtigen Untersuchung stellte sich heraus, dass es mit einem Alarmdraht gesichert war. Luo entschärfte die installierte Brandkugel und barg den Inhalt: einige Lunare, ein Pass für einen Kao Feng (vermutlich ein Deckname) mit echt wirkendem Siegel, einige verschlüsselte Dokumente sowie die Signalements einiger Beamter und Offiziere. Luo nahm das Gefundene mit sich und entwich unbemerkt aus dem Gebäude.

Seine Funde übergaben die Abenteurer Liao Duan. Luo wollte sich nicht am Unglück eines Mitstreiters bereichern, so dass er nur die Brandkugel behielt. Kurz darauf traten Ren und Luo die Reise nach Osten an. Ein Schiff würde sie nach Baoshi bringen. Die beiden waren froh, Wus Einsatzgebiet unbehelligt verlassen zu können.

Takur

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Re: [Spielbericht] Abenteuerkampagne in Takasadu (Enthält Spoiler)
« Antwort #28 am: 05 Mai 2024, 09:38:02 »
Begegnung am Wegesrand
Zhoujiang, Kranichprovinz (Hao, Luo, Ren)

Akiras Krankheit hielt die Abenteurer für mehrere Wochen in Baoshi fest. Der junge Schwertalb litt nicht nur unter der Krankheit selber, der Blutfluss war auch eine recht würdelos Krankheit. Zumindest verlief seine Heilung gut, sodass er bald in keiner unmittelbaren Gefahr mehr war.
Hao besichtigte die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Als sie sich zu langweilen begann, entschloss sich die Affenpriesterin, mehr Zeit beim Training ihres Zhu-Schreiter zu verbringen. Sie sammelte Heilkräuter und half bei der Betreuung von Flüchtlingen. Ren unterhielt sich mit Yuchi, an dessen Forschungen zum Krieg der Zwillingskaiserinnen sie auch aus persönlichen Gründen Interesse hatte, führte ihr Cousin Luo doch eine Klinge, die damals gefertigt worden war. Luo selber schaute wohlweißlich nicht vorbei, da er sich bei seinem letzten Aufenthalt in Baoshi nicht im Einvernehmen von der hiesigen Ji-Familie verabschiedet hatte. Er stellte ähnlich wie zuvor Akira Nachforschungen zu den Kungaitanis in Baoshi an, um mehr über diese neuen Verbündeten der Triaden zu erfahren. Es war offenkundig, dass es sich nicht nur um Söldner handelte, sondern vielmehr um eine Art halbverdeckte Militärhilfe. Die Anwesenheit so vieler Auswärtiger (Söldner wie Flüchtlinge) stellte eine große Belastung für die Stadt dar. Die Preise waren auch aufgrund der Kriegsvorbereitungen deutlich gestiegen. Dinge wie Eisen und Textilien ließen sich kaum noch beschaffen. Zudem wurden die Quartiere knapp, und die Einwohner beklagten eine gestiegene Kriminalität. Die von staatlicher Seite sporadisch angeordneten Arbeitseinsätze der Bevölkerung, die neben öffentlichen Aufgaben auch für die Instandsetzung der Befestigungsanlagen herangezogen wurden, waren ebenfalls unbeliebt. Die Kungaitani traten arrogant auf und gerieten gelegentlich mit Besuchern aus dem nahen Kintai aneinander. Dazu kam die unterschwellige Angst vor Saboteuren und Spionen, ob diese nun aus Kintai oder von einer der feindlichen Bürgerkriegsfraktionen stammen mochten.

Im Laufe der nächsten Tage bekamen die Abenteurer das Gefühl, dass sie die Gastfreundschaft der örtlichen Ji-Familie langsam überstrapazierten. Sie waren länger geblieben als geplant, konnten sich aber auch nicht einfach andere Quartiere suchen. Zum einen, weil das in der überfüllten Stadt schwierig war, zum anderen wäre ein Auszug unhöflich gewesen. So nahmen Hao, Ren (und Luo, auch wenn der nicht bei den Jis wohnte) gerne das Angebot an, die inzwischen zur Inspektorin beförderte Ji Tian auf ihrer ersten Mission zu begleiten. Takur wollte Akira Gesellschaft leisten und rechnete auch nicht damit, dass auf der Reise seiner Kameraden irgendetwas Aufregendes passieren würde. Tian sollte ein halbes Dutzend Wagen und ein halbes hundert Arbeitskräfte – teils Flüchtlinge, teils Strafgefangene – zum „Turm des Silbernen Falken“ eskortieren. Diese Festung lag nordwestlich von Baoshi und bewachte die Einmündung des Lianxuhe in das Weihei-Schilfmeer. Da die Helden ohnehin nicht gen Palitan aufbrechen konnten, ehe Akira marschfähig war, würde der Abstecher keinen Zeitverlust bedeuten. Die Helden konnten sich bei den Gastgebern erkenntlich zeigen und ein wenig Geld verdienen. Die Reise würde etwa eine Woche dauern.

Während Hao mit mäßigem Erfolg versuchte, in ihrer Rolle als Priesterin die Teilnehmenden der Expedition zu ermutigen, half Luo bei der Organisation der Karawane. Weder die in Fesseln marschierenden Sträflinge, noch die rekrutierten Flüchtlinge wirkten enthusiastisch. Da nur ein halbes Dutzend Wachen zum Schutz der Kolonne abkommandiert worden war, kam die Verstärkung durch die Helden gerade Recht. Ren sorgte angelegentlich für einen dramatischen Auftritt ihres „Höllenhundes“, um fluchtwillige oder renitente Strafgefangene zu entmutigen. Hao führte die Karawane kompetent, und da das Wetter gut war, kam man gut voran. Reisende Bauern ließen sich gelegentlich frische Nahrungsmittel abhandeln, um die karge Reisekost aufzubessern. Luo und Ren halfen beim Wachestehen, und die Reisegesellschaft erreichte ihr Ziel planmäßig und ohne Zwischenfälle.
Der Turm des Silbernen Falken hatte definitiv schon bessere Tage gesehen. Die Festung war unterbemannt, die namensgebende weiße Bemalung der Mauern blätterte ab. Mit einem massiven Bergfried, Maueranlagen und Vorwerken (die freilich in einem schlechten Zustand waren) war die Anlage theoretisch recht wehrhaft, aber die zusätzlichen Arbeitskräfte wurden offenkundig dringend gebraucht. Luo, der sich ein wenig umsah, hatte den Eindruck, dass es auch mit der Moral der Besatzung nicht zum Besten stand. Es handelte sich nicht gerade um Elitetruppen. Tian verabschiedete sich freundlich von den Abenteurern und wünschte ihnen alles Gute. Angesichts des Zustandes der Verteidigungsanlagen würde sie eine Weile zu tun haben, und bei ihrer Rückkehr nach Baoshi würden die Abenteurer wahrscheinlich bereits abgereist sein. Dann machten sich die drei Abenteurer mit ein paar Lunaren Lohn auf den Weg zurück nach Baoshi.
Wie schon auf dem Hinweg erwies sich die Landstraße als relativ spärlich frequentiert. Selten waren Soldaten zu sehen, häufiger Bauern auf dem Weg zum Markt oder reisende Händler. Die auf der Kaiserstraße allgegenwärtige Korruption im Umgang mit Reisedokumenten, Zöllen und Kontrollen war hier nicht so dominant. Da die Abenteurer gute Pässe hatten und mit leichtem Gepäck reisten, kamen sie gut voran.

Eine ungewöhnliche Begegnung auf halber Stecke nach Baoshi stellte ein wandernder Priester Unggoys dar, der sich – erkenntlich an der braun-weißen Kleidung seiner Kirche – im Schatten eines Baumes niedergelassen hatte und eine Schar Affen fütterte. Xiao Houzi („Kleiner Affe“) war ein wahrer Hüne von Mann, mit langem, braun-blond gesträhntem Haar. Er plauderte ein wenig über seine Erlebnisse, zeigte aber vor allem großes Interesse an den Erlebnissen der Helden. Er lud die Abenteurer zu einem Rätselspiel ein, wobei er jeden Erfolg mit einer alten Silbermünze belohnte:

Was brennt ohne Feuer, Hitze und Nahrung?
Was beißt ohne Zähne, sticht ohne Nadel und Klinge,
und kann doch ewigen Schlaf schenken?
Die Antwort war „Frost“ oder „Kälte“

Dieser körperlose Geist antwortet in allen Sprachen der Welt.
Er lernt nie eine davon, er spricht sie ebenso gut wie ihr, doch nur zögernd antwortet er auf alles, was ihr sagt.
Die Antwort war „Echo“

Die Zeit zieht daran achtlos vorbei,
Holz bricht an ihm splitternd entzwei,
selbst Stahl vermag ihn kaum zu verwunden,
hab ihn gestern erst am Wegesrand gefunden.
Die Antwort war „Stein“

Was lässt dich die Welt erkunden, ohne einen Schritt zu tun?
Wo findest du Wälder ohne Bäume, Städte ohne Häuser, Straßen ohne Wagen?
Die Antwort war „Landkarte“.

Die Abenteurer schlugen sich gut, besonders Hao, die zwei der vier Rätsel beantwortete, während Luo und Ren je eines der Rätsel lösten. Auch bei einer Partie Weiqui zeigte sich, dass Xiao Houzi seine Kontrahentinnen Ren und Hao unterschätzt hatte. Allerdings war er mit dem Stab deutlich überlegen, wie ein kurzer Probekampf mit Hao bewies. Er warnte die Abenteurer auf der Straße wachsam zu bleiben und gab ihnen noch den ominösen Ratschlag „Wenn die Sonne sich aus dem Bett erhebt, grabt im Herzen der Stube“.
Während Hao trotz ihrer Niederlage im Stockkampf das Treffen mit einem Glaubensbruder zu schätzen wusste, war Luo misstrauisch. Er fragte sich, ob der wehrhafte Priester vielleicht Kontakte mit solchen fragwürdigen Elementen der Unggoy-Kirche wie dem lachenden Dutzend hatte. Und Ren war ob der alten Münzen des Priesters ein wenig verwundert.

Die Begegnung hatte die drei Abenteurer aufgehalten, und so setzten sie ihre Reise mit größerer Eile fort, um vor Nacheinbruch ein festes Quartier zu finden. Infolge der unsicheren Zeit waren so manche Weggaststätte und manches Dorf verlassen worden. Die Dunkelheit brach schnell herein. Immerhin ging es jetzt im späten Katzenmond, im Gnomenkalender Fruchtmond, deutlich auf den Herbst zu. Der aufkommende Nebel machte die Sache nicht besser.
Als in dieser Situation in der Ferne ein langgezogenes Heulen zu vernehmen war, fuhr allen der Schreck in die Glieder. Hao und Ren konnten sich zusammenreißen, Luo aber war ernsthaft verunsichert. Während Ren ihren „Höllenhund“ beschwor, bat Hao ihren magischen Eichhörnchenbegleiter Hozhou um Schutz. Die Helden setzten ihren fort. Sie waren aber noch nicht weit gekommen, als sie am Wegesrand etwas liegen sahen und ein schmerzerfülltes Stöhnen hörten. Zögernd wagten sie sich näher.
Auch wenn von ihrem Fund keine Gefahr ausging, der Anblick war beunruhigend: ein leichtes Reitpferd war zu Boden gegangen und hatte seinen Reiter, einen jungen Gnom, eingeklemmt. Er trug Kleidungsstücke, die auf eine Zugehörigkeit zur kaiserlichen Post hinwiesen. Sowohl der Gnom, der sich als Gu vorstellte, als auch das tote Pferd wiesen Pfeilwunden auf. Gus Bein war zudem beim Sturz lädiert worden. Hao erschien seine Behauptung, er sei von Banditen angegriffen worden, glaubhaft. Luo und Ren hatten gewisse Vorbehalte. Es erschien ihnen ungewöhnlich, dass Banditen einen Botenreiter angriffen, da die potentielle Strafe die Beute weit überstieg. Natürlich halfen sie Gu dennoch. Den Weg konnte man nur langsam fortsetzen, da der Verwundete sich nur mühsam auf den Zhu-Schreiter Haos setzen ließ. Der Vogel schien außergewöhnlich nervös – freilich waren die Tiere für ihr heikles Naturell bekannt.

Der mit der Dunkelheit aufgezogene Nebel nahm immer mehr zu. In dieser Situation wies der Verwundete auf ein Licht abseits des Weges. Die Abenteurer waren nicht sicher, ob sie dort Zuflucht finden würden. Bei diesem Wetter kamen ihnen all die unheimlichen Geschichten über verfluchte, von Geistern oder Schlimmeren bewohnte Weggaststätten in den Sinn. Aber mit einem Verwundeten und einer unbekannten Zahl von Feinden irgendwo im Dunkeln, sahen sie kaum Alternativen. Nur sehr zögernd öffnete sich die Tür, und ein hünenhafter Mensch ließ die Schutzsuchenden ein. Im Innern des zweistöckigen Hauses fanden sie eine einfache aber saubere Gaststube. Die zwergische Wirtin Xing hatte offenbar nur wenige Gäste oder Gesinde. Abgesehen von dem Hünen an der Tür war da nur ein hochgewachsener Varg mit einer Keule und eine zierliche Gnomin namens Chen Li, die neugierig mit den Neuankömmlingen plauderte. Die Abenteurer beschlossen, sich erst einmal auszuruhen. Besonders für Luo war die Ruhepause eine Erleichterung, denn so konnte er sich von dem Schrecken durch das geisterhafte Heulen erholen. Dennoch blieben er und Ren misstrauisch. Sie argwöhnten, dass etwas nicht stimmte. Es gelang Ren zudem nicht, die Beinwunde des Boten angemessen zu verarzten.

Die Ruhe sollte nicht lange währen. Schon bald war erneut Heulen zu hören, und dazu sich nähernde Stimmen. Die Abenteurer erwogen sich abzusetzen, aber dazu war es zu spät. Sie waren sich inzwischen sicher, dass die Verfolger kaum normale Banditen sein konnten. Tatsächlich gab der Bote jetzt zu, dass er von „Verrätern an der Krone“ verfolgt wurde. Es war aber nicht herauszufinden, zu welcher Bürgerkriegsfraktion er oder seine Feinde gehörten. Gleich darauf hämmerte es an die Tür.
Als Ren versuchte, die Identität der Verfolger Gus herauszufinden, wiesen sie sich als Männer der Silberschwerter aus. Das war entweder eine schlechte Lüge oder etwas wesentlich Schlimmeres – denn diese Einheit war vor mindestens drei Jahrhunderten aufgelöst worden. In den Abenteurern keimte der Verdacht auf, möglicherweise in eine Geistergeschichte geraten zu sein, in der der Bote, seine Verfolger und vielleicht auch die Insassen des Gasthauses ewige Protagonisten waren. Doch änderte dies nichts an der akuten Bedrohung, denn die Verfolger ließen sich nicht lange hinhalten. Sie versuchten die Tür aufzubrechen. Die Helden bereiten sich vor, in den ersten Stock zurückzuweichen, denn dort würden die Angreifer nur paarweise über die Treppe angreifen können.

Die Abenteurer rekapitulierten gedanklich, was sie über Geister wussten – was gerade bei Hao recht viel war, leider aber auch eine Menge widersprüchliche Dinge.
Geister waren in Zhoujiang allgegenwärtig. Manche klammerten sich an ihr früheres Leben und interagierten teils segensreich (etwa als Lehrer, Beamte und Handwerker), teils schadenbringend mit den Sterblichen. Andere steckten in endlosen Wiederholungen fest, die sie immer wieder durchlebten. Manche knüpften mit Sterblichen zarte Bande an, andere gierten nach dem Leben und dem Glück der Lebenden, oder stahlen ihre Körper.
Ebenso vielfältig waren die Dinge, die mit denen man Geister fernhalten konnte. Sie verabscheuten den Hahnenschrei als Zeichen des Morgens, und viele mieden Weiß (die klassische Begräbnisfarbe) – wenngleich andere davon angezogen wurden. Nicht ganz so logisch war ihre Angst vor Hundeblut, weshalb manchmal Hunde bluten oder gar sterben mussten, um Neugeborene und Türschwellen zu segnen. Zudem fürchteten Geister „wurzelloses Wasser“, wie etwa Regentropfen. Manche sagten auch, dass Bohnen sie zumindest verlangsamten. Pfirsichholz und Weidenzweige galten ebenfalls als wirksam, wie auch Spiegel, Gongs und besonders Feuerwerk. Die Barbaren im fernen Westen glaubten, dass Salz und kaltes Eisen sie abhielten. Leider waren die meisten potentiellen Gegenmittel nicht verfügbar. Die Abenteurer wagten es, sich schnell noch einmal umzuschauen – doch die Säcke in der Küche, die Bohnen enthalten sollten, waren leer. Regenwasser und Hahnenschrei ließen sich nicht magisch simulieren und die gesuchten Hölzer oder ein Spiegel waren ebenfalls nicht zu finden. So bewaffneten sich die Helden mit Töpfen und begannen Lärm zu schlagen. Das zeigte etwas Wirkung – die Versuche, die Tür aufzubrechen, stoppten für einen Moment. Freilich reagierten auch die Leidensgefährten im Gasthaus mit Abscheu. Es schien so, als ob es sich auch bei ihnen um Geister handelte…

Luo spähte aus einem der Fenster im ersten Stock. Im Schein der Fackeln der Verfolger sah er, dass es sich bei den Belagerern um etwa ein Dutzend Bewaffneter handelte. Dazu kamen einige Hunde, die von zwei Tierbändigern nur mühsam an der Leine gehalten wurden. Ein jung aussehender Alb in einem soliden Schuppenpanzer befehligte die Truppe. Die Schattenkling sandte einen Pfeil auf einen der Hundeführer, in der Hoffnung, dass die Tiere sich losreißen und Chaos anrichten würden. Doch trotz eines Treffers hielt der Mann die Leine fest. Luo tauchte vor einigen Pfeilen ab.
Auf Haos Vorschlag forderte Luo den Hauptmann zum Zweikampf um die Herausgabe des Boten heraus. Er präsentierte dabei seine Klinge (von der er wusste, dass sie sich aus der Zeit der Zwillingskaiserinnen stammte). Tatsächlich rief das eine heftige Reaktion hervor: wie sich herausstellte, trug der Hauptmann eine ähnliche Waffe und beschimpfte Luo wütend als Verräter.
Der Alb ging auf die Forderung ein, und Luo trat hinaus ins das Rund der Soldaten. Bald trafen die Klingen aufeinander, und für einen Moment sah es so aus, als würde Luo sich durchsetzen. Doch als der Hauptmann schwer verletzt zurücktaumelte, befahl der Alb seinen Untergebenen nicht etwa den Rückzug, sondern den Angriff. Nur dank seiner schnellen Reflexe konnte Luo sich in das Gasthaus retten. Mühsam wurde die Tür verbarrikadiert, doch bald schon brach sie entzwei…

Vor den in die Gaststube hereindrängenden Angreifern wichen die Abenteurer auf die Treppe zurück. Die anderen Insassen des Gasthauses waren keine Hilfe. Die junge Gnomin und das Wirtspaar hatten sich verkrochen. Gu und der Varg hielten Abstand, da Ren wieder begonnen hatte, auf ihrem improvisierten „Gong“ zu hämmern, was sie während des folgenden Gefechts auch durchhielt, und damit die Angreifer zumindest etwas ablenkte. Luo und Rens „Höllenhund“ verteidigten ihre vorteilhafte Stellung auf der Treppe mit Geschick und einer ordentlichen Portion Glück – unterstützt von der Magie von Haos magischem Eichhörnchen. Wohl kassierte Luo einen ordentlichen Treffer, doch schließlich zogen sich die Soldaten zurück, nachdem mehrere schwer verwundet und einer von dem Feuerhund getötet worden war.
Für eine Weile herrschte Ruhe. Als Luo erneut vorsichtig durch ein Fenster spähte, sah er, wie der verwundete Kommandant seine Leute für einen neuen Angriff instruierte. Mit einem zielsicheren Pfeil streckte er den Offizier nieder. Dies war keine ehrenhafte Handlung, aber nach dem Wortbruch während des Duells hatte Luo keine Hemmungen. Der heimtückische Schlag verzögerte den nächsten Angriff, doch die Soldaten knobelten eine neue Strategie aus. Es war Ren, die bemerkte, dass die Angreifer nun Feuer legen wollten. In fliegender Hast eilten die Abenteurer ins Erdgeschoss, wo sie Eimer mit Wasser und dünnen Bier füllten. Dann war es an Luo, das Nass aus einer Dachluke zu schütten, als geschleuderte Fackeln das Dach in Brand zu setzen drohten. Beständig mit neuer „Munition“ versorgt und trotz eines heftigen Pfeiltreffers gelang es ihm, die Brandherde zu löschen.
Die Abenteurer waren erschöpft, aber immer noch ungeschlagen, und den Soldaten fehlte offenbar die Entschlossenheit, einen neuerlichen Ansturm zu unternehmen. Und so sah Luo, wie sie eine in einen Mantel gehüllte Gestalt auf eines ihrer Pferde banden – vermutlich den gefallenen Anführer – und abzogen, als die ersten Sonnenstrahlen am Horizont zu sehen waren.
Und während die Abenteurer inbrünstig den Göttern dankten, wurde das Licht immer heller und heller, drang in strahlender Pracht durch die Fenster und bald auch durch die Wände, blendete die Helden und nahm ihnen für einen Moment die Sinne…

Die drei kamen in der Ruine eines Weggasthauses zu sich, das vor allermindestens 100 Jahren verlassen worden war. Der Grundriss war freilich nur zu vertraut. Dem Ratschlag des Mönches eingedenk, suchten sie in der ehemaligen Feuerstelle im Herzen der Gaststube und fanden eine kleine Schatulle. Hao sprach ein Gebet für die Geister der Toten, auch wenn eine gründliche Nachsuche keine sterblichen Überreste zu Tage förderte. Dann machten sie sich auf den Weg nach Baoshi, das sie ohne weitere Zwischenfälle erreichten.
Dort öffneten die Helden das Kästchen, das billigen Schmuck und alte Silbermünzen enthielt, die aus der Li-Dynastie stammten (die jüngsten aus den frühen Jahren der Zwillingskaiserinnen Li Sao und Li Sui). Reichtümer hatten sie also nicht gewonnen, wohl aber wertvolle Erfahrungen. Die drei teilten die Beute gerechnet, wobei Ren ihren Anteil an Yuchi verschenkte, der dankbar für diese antiken Stücke war. Die Abenteurer bemerkten, dass die Münzen dieselben Prägungen hatten wie jene, die der wandernde Mönch ihnen geschenkt hatte (nur waren seine wesentlich abgewetzter gewesen). Sie fragten sich, ob er auch ein Geist gewesen war.

Hao erstatte den örtlichen Vertretern des Ministeriums der Riten Meldung. Deren Begeisterung hielt sich in Grenzen, schienen die Abenteurer doch Schwierigkeiten geradezu anzuziehen. Man räumte aber ein, dass in der Vergangenheit mehrmals Reisende in der Gegend verschwunden waren – was natürlich auch Folge von Banditenangriffen gewesen sein mochte...
Das hinzugezogene Geisterministerium in Gestalt eines Inspektors Hung bestätigte dies. Laut einigen alten Geschichten war während des Krieges der Zwillingskaiser in einem Gasthaus ein Bote von den Wirtsleuten ermordet oder seinen Häschern übergeben worden, in der vergeblichen Hoffnung, diese gnädig zu stimmen. Die Geisterscheinungen waren angeblich besonders bei dichtem Nebel oder wie jetzt im Spätsommer/Herbst aufgetreten. Hung glaubte, dass der Bote die Schlüsselfigur war. Vielleicht mochte ja der Umstand, dass diesmal die Geschichte anders ausgegangen war, den Geistern Ruhe gebracht haben. In jedem Fall würde das Ministerium das Gasthaus und Umgebung noch einmal prüfen.

Da Akira inzwischen ausgeheilt war, konnte man nun an den Aufbruch denken. Die Abenteurer verabschiedeten sich von ihren Gastgebern, die ihnen zu einem Platz auf einem Flussschiff verhalfen. Flussabwärts und gestützt durch ein Segel ging die Fahrt zügig voran. Abends wurde stets geankert, wobei zu erfahren war, dass man plante, in regelmäßigen Abständen Schiffsstationen anzulegen, um die Transportroute nach Silangan auszubauen - und um die Händler davon abzuhalten, auf der anderen Flussseite ihr Geld in Kintai auszugeben.
Am dritten Tag erreichte man die Flussfeste Alter Mandarin, die den Übergang zum kintaiischen Atasato bewachte. Dies war eine gute Gelegenheit sich nach Gerüchten umzutun. Angriffe auf Triadenangehörige und Beamte gab es offenbar auch in der Spinnenprovinz, teils die harmloseren weil eher demütigend statt tödlichen des „Lachenden Dutzend“ (die in der einfachen Bevölkerung durchaus Bewunderer fanden), teils die extrem gewalttätigen und blutigen der unbekannten Magierkrieger in ihren bunten Schuppenpanzern.
Zur Nervosität trug auch die Unsicherheit über das weitere Verhalten Kintais bei. Es war ein offenes Geheimnis, dass mancher Daimyo Ambitionen nördlich des Jadebandes hegte.
Auch die zunehmende Stärke der 13 Blätter, einer besonders auch im Piratenwesen und Schmuggel tätigen Triade, die mehrheitlich aus Exilanten aus dem Kranichreich bestand, war beunruhigend. Manche hielten sie für eine verdeckte fünfte Kolonne Kintais, andere fürchteten, ihre Missachtung, ja teilweiseoffene  Feindschaft gegenüber ihrer alten Heimat könnte einen Konflikt heraufbeschwören.
Der Bürgerkrieg in Zhoujiang selber war für die meisten Menschen hier weit weg. Wie Hao und Luo erfuhren, war die Haltung der Bevölkerung zu denTriaden-Machthabern gemischt. Mancher litt unter der allgegenwärtigen Korruption. Insbesondere die Praxis, das Eintreiben der Steuern gegen eine Festsumme an Steuerpächter zu vergeben, führte unweigerlich zu Missbrauch. Generell waren die Preise und Abgaben gestiegen. Natürlich gab es auch Gewinner, namentlich unter den Händlern, die den schwindenden Einfluss des Adels und die…entgegenkommendere…Art der Beamten begrüßten. Handelshindernisse und Standesbeschränkungen waren zurückgefahren worden, was einige Traditionalisten verärgerte. Interessanterweise waren die Beziehungen zu Atasato (wo ebenfalls Händlerorganisationen einen Großteil der Tagesgeschäfte regelten) und zu Kungaitan deutlich besser als früher. Die freien Künste hatten an Ansehen gewonnen, auch wenn sie teilweise neue Gönnerinnen und Gönner suchen mussten. Zudem hatten die auf den Künstlern liegenden Reglementierungen stark nachgelassen. Die Triadenherrschaft hatte also sowohl Vor- als auch Nachteile.
Wenige Tage später kam das Delta der Rauschenden Seide in Sicht. Am Zusammenfluss dieses Stroms mit dem Jadeband erhob sich die Inselstadt Palitan, die zweitgrößte Metropole in ganz Lorakis.