Dom hat bei seiner Bewertung für das GRW folgende Kritik geäußert.
Es macht mir immer wieder sehr viel Spaß SM zu spielen und im nächsten Augenblick, ärgere ich mich über die Magieregeln auf eine Weise, dass ich es in die Ecke schmeißen könnte.
Da aber für mich, ein gleichberechtigtes Magiesystem zu einem guten Fantasy System dazugehört, stolpere ich eben immer wieder über dieses.
Denn dieses ist nicht gleichberechtigt.
Das fängt schon bei den Kritregeln an, wo der Magier der einzige ist, der sich selbst umbringen kann (Wie Wahrscheinlich das ist, ist dabei Nebensache).
In meinen Augen unmöglich.
Dazu kommen Zauber die so Verkrüppelt sind, dass sie bei näheren Hinsehen nur noch lächerlich sind.
Als nächstes ist es mir wichtig, dass wenn ich einen Magier spiele, dieser nie eine Waffe in die Hand nehmen muss, alles andere ist für mich nicht Akzeptabel.
Man muss erst einmal hier klarstellen, dass es um eine Frage von Geschmack und Vorlieben geht. Über manche Punkte hat man halt feste Ansichten und die muss niemand teilen oder zustimmen.
Jedoch, die Punkte von Dom haben mich dazu angeregt selbst darüber nachzudenken, was ich von Magie in einem Fantasy-Rollenspiel erwarte. Denn ich liebe das Magiesystem in Splittermond und finde, es ist eines der Besten überhaupt. Und ich denke, der Unterschied liegt darin, was Dom und ich als gleichberechtigt ansehen. Für Dom ist das Magiesystem in Splittermond in folgenden Punkten unfair:
1. Zauberpatzer können tödlich sein.2. Die Zauber sind verkrüppelt.3. Man kann mit Magie nicht effektiv Waffen ersetzen.Meiner Meinung nach ist Punkt 1 das stärkste Argument und Punkt 3 das schwächste Argument. Punkt 2 hängt von dem Verständnis der Welt ab.
Fangen wir mit Punkt 3 an: Ich halte dies für das schwächste Argument, weil ich hier die Logik nicht nachvollziehen kann. Warum soll ein Magier keine Waffen benötigen? Zugegeben, es hängt von dem Verständnis von Waffen ab und wahrscheinlich bezieht sich Dom damit auf die Problematik des knappen Fokus für Kampfzauber. In meinen Verständnis wäre ein Zauberstab aber auch ein Zauberstab und ein Angriffszauber eine Waffe.
Eine gewisse Schwierigkeit sehe ich hierbei die Rolle des Zauberers in einer Kampfsituation: Was ist die Rolle des Zauberers zwischen Nahkämpfern und mundanen Fernkämpfern, zwischen waffenlosen Ringkämpfern und eleganten Kettenschwingern. In den meisten Systemen nimmt der Vollmagier hier die Rolle des Jokers ein: Er kann taktische Vorteile für die Gruppe schaffen und Nachteile ausgleichen. Allerdings muss er dafür eine Ressource aufgeben und wenn diese weg ist, kann der Zauberer nur noch minimal zu Kampf beitragen. Das macht den Magier in den meisten Systemen zu einer Rolle, die einiges an Erfahrung erfordert. Der Spieler muss wissen, wann die Zeit gekommen ist, seine Sprüche rauszuhauen und wann er sich am besten zurückhält und die anderen Spieler machen lässt.
Insofern ist das Magiesystem von Splittermond recht einsteigerfreundlich: Die kanalisierten Buff-Zauber können einmal am Anfang des Tages aktiviert und sind dann einfach da. Die meisten einfachen Sprüche verbrauchen nur sehr wenig verzehrten Fokus, während erschöpfter Fokus zwischen Kämpfen recht schnell regeneriert werden kann. Es ist also nicht ganz so schlimm, wenn ein Zauberer am Anfang zu früh seine besten Zauber raushaut, solange er danach eine Verschnaufspause machen kann.
Die Frage ist nun, und damit kommen wir zu Punkt 2, sind die Zauber in Splittermond in ihrer Wirkung zu schwach, um als Joker zu dienen? Ich muss hierbei zugeben, dass es manche Zauber gibt, die in ihrer Wirkung eher schwach sind, während andere Zauber vom gleichen oder niedrigen Grad überaus nützlich sind.
Nehmen wir zum Beispiel den Naturzauber "Insektenschwarm": Dieser Zauber wirkt für kontinuierliche Aktionen (Zaubern, Fernkampfwaffen vorbereiten oder Laufen) wie Benommen 2 oder 3 für 5 Minuten. Er geht gegen eine feste Schwierigkeit, ist also unabhängig von der Stärke des Gegners und das heißt, für einen guten Naturmagier funktioniert der Zauber fast immer. Er verbaucht aber auch 12V3/15V5 Fokuspunkte, was je nach Charakter bis zu die Hälfte der Fokuspunkte sein kann. Und es kann davon nur ein Ziel betroffen sein...
Auf demselben Grad haben wir "Weg durch die Natur", wodurch selbst eine Reise durch die Verheerten Lande ein Klacks wird, da er die Schwierigkeit für die Wildnisführung von 40 auf 20 senken kann! Und dazu gibt es noch einen +3 Bonus zum Reisen für jeden, der von diesem Aura-Zauber betroffen ist. Auch dieser Zauber verbraucht K12V3/K15V5 Fokuspunkte, doch er ist kanalisiert, man muss ihn nicht jedes mal neu wirken.
Der eine Zauber kann in einem Kampf unter Umständen nützlich sein, wenn die Seite des Gegners einen sehr guten Fernkämpfer oder Zauberer hat. Doch der anderen Zauber ist von seiner Wirkung unverhältnismäßig stärker!
Natürlich kann man sich darüber streiten, ob man diese beiden so miteinander vergleichen kann, aber ich möchte nur herausstellen: Zauber in Splittermond können durchaus sehr mächtig sein und ich verstehe Doms Kritik eher so, dass er speziell sich die Zauber für Kampfsituationen anschaut und dabei nichts findet, was für ihn richtig reinhaut. Aber Kampf ist halt nicht das Einzigste, für das Magie da ist.
Kommen wir zu dem stärksten Argument, die Folgen eines Patzers. Abgesehen davon, dass man hier noch einmal zwischen der Patzerliste für Priester und für profane Magier unterscheiden muss, muss man hier festhalten, dass die Patzerliste immer ins Spiel kommt, wenn man einen Patzer beim Zaubern wirft. Bei allgemeinen Fertigkeiten ist dies anders: Wenn man selbst mit einem Patzer nicht mehr als 5 negative EG erhält, kommt es auch nicht zu einer besonders verheerenden Wirkung.
Bei Kampffertigkeiten ist dies aber genauso und hier stellt sich die Frage: Sind die beiden Patzertabellen für Kampffertigkeiten und beim Zaubern gleichwertig?
Bei der Patzertabelle für Kampffertigkeiten würfelt man einen 2W10. Die schlechtesten Ergebnisse findet man bei dem tiefsten und bei dem höchsten Ergebnis: Entweder befindet sich der Kämpfer danach in einer denkbar schlechten Position (Liegend, massiver Tickverlust und Benommen) oder er kann durch Blutend 2 bis zu 24 LP verlieren. Auch nicht gut.
Bei einem Zauberpatzer hängt die Auswirkung von der Anzahl der negativen EG und dem Fokuspunkte des Zaubers ab, die miteinander multipliziert werden und darauf werden 2W10 addiert. Sowohl die negativen EG als auch die Fokuspunkte hängen in der Regel von dem Zaubergrad ab. Je höher (und somit theoretisch stärker) der Zauber desto heftiger die Auswirkungen. Anders als bei den Kampfpatzern kann man durch Stärken und Meisterschaften den Zauberpatzer aber ausgleichen, so dass er am Ende so gut wie keinen Effekt haben kann (abgesehen von erschöpften Fokuspunkten in Höhe der - EG).
Sogesehen hat also eine Zauberprobe gegenüber einer Kampffertigkeitsprobe den Vorteil, dass man sich durch entsprechende Spezialisierung vor einem Patzer schützen kann, bei einem Kampffertigkeitspatzer gibt es aber solche Meisterschaften (momentan) nicht. Insofern scheinen mir die Patzer für Magieschulen und Kampffertigkeiten durchaus gleichberechtigt.
Doch warum gibt es überhaupt solche spezielle Auswirkungen für Patzern beim Zaubern? Eine Erklärung liefert S. 317:
Nicht nur mangelnde Kenntnisse sind es, die die Einwohner von Lorakis davon abhalten, jegliches Problem in ihrem Leben mit Hilfe von Zauberei zu lösen. Das Hantieren mit Magie ist nie ganz gefahrlos, schließlich werden hier die Urkräfte der Welt manipuliert und durch den eigenen Körper geleitet.
Wer dabei einen Fehler macht, muss mit Konsequenzen für Leib und Leben rechnen. Hat man bei kleineren Zaubereien im schlimmsten Fall mit heftigen Kopfschmerzen zu rechnen, so können durch üble Fehlschläge bei mächtigen Zaubersprüchen schnell lebensbedrohliche Situationen eintreten – bis hin zur plötzlichen Selbsteinäscherung des Zaubernden (siehe auch S. 199).
Die Zauberpatzer sind also explizit ein Teil der Weltbeschreibung an sich. Eine Designentscheidung, in der auch ganz bewusst ein Standpunkt deutlich gemacht wird: Magie soll in Splittermond nicht die mundanen Fertigkeiten ersetzen können!
Die Frage ist nun, ob man dabei mit der Patzertabelle für das (profane) Zaubern über das Ziel hinausgeschossen ist.
PS: Bei den Einsteigerregeln werden die Auswirkungen von Zauberpatzern wie bei Patzern mit Kampffertigkeiten nur mit einem 2W10 ausgewürfelt. Das schlechteste Ergebnis ist 2W6 Schaden und Benommen und das beste Ergebnis ist, dass man nur den Zustand Erschöpft erhält. Ob das nun besser ist...