Autor Thema: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe  (Gelesen 12545 mal)

Jeong Jeong

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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #30 am: 21 Jul 2017, 09:35:16 »
Ich finde zwar auch, dass so ein "kooperativ-wechselndhierarchischer Stil" sehr fruchtbar sein kann, aber ich denke nicht, dass das zwangsläufig der beste Spielstil ist. Ich habe beispielsweise mal in einer Sci-Fi-Runde ein leicht hyperaktive Mechanikerin gespielt und zu der hätte es nie im Leben gepasst, ab und an mal die Chefin zu sein. Ich meinte sogar zu meinen Mitspielern, dass sie ihr ingame auch gerne mal den Mund verbieten dürfen, wenn sie durch ihre Art die Mission gefährdet. In Fantasy-Gesellschaften kann das sogar noch extremer sein, wenn die Gruppenmitglieder Lust haben, die Ständegesellschaft in allen ihren Facetten auch innerhalb der Gruppe auszuspielen.

TrollsTime

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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #31 am: 21 Jul 2017, 12:21:56 »
Ich finde zwar auch, dass so ein "kooperativ-wechselndhierarchischer Stil" sehr fruchtbar sein kann, aber ich denke nicht, dass das zwangsläufig der beste Spielstil ist. Ich habe beispielsweise mal in einer Sci-Fi-Runde ein leicht hyperaktive Mechanikerin gespielt und zu der hätte es nie im Leben gepasst, ab und an mal die Chefin zu sein. Ich meinte sogar zu meinen Mitspielern, dass sie ihr ingame auch gerne mal den Mund verbieten dürfen, wenn sie durch ihre Art die Mission gefährdet. In Fantasy-Gesellschaften kann das sogar noch extremer sein, wenn die Gruppenmitglieder Lust haben, die Ständegesellschaft in allen ihren Facetten auch innerhalb der Gruppe auszuspielen.

Das ist doch wunderbar!
Jemand, der nur oder tendentiell eher "folgen" will, ist doch selten das Problem.
Das Problem ist eher, wenn viele "führen", aber keiner "folgen" will.

Über genannte Mechanikerin ist man eher dankbar...
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Mr.Renfield

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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #32 am: 21 Jul 2017, 12:29:35 »
ich denke, es ist weniger die frage, ob der char eher "folgsam" ist oder tonangebend, sondern ob der spieler von sich aus auch aktiv ist. ich hab auch schon runden erlebt, da waren zwar manche der charaktere laut datenblatt heißblütig, impulsiv, geborener anführer oder was auch immer...

aber alle spieler starrten mich als sl nur mit großen augen an, wenn ich denen nicht den kompletten plot vorkaute...

aber das ist eigentlich ein anderes thema.
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Nazir ibn Yussuf

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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #33 am: 21 Jul 2017, 13:11:12 »
@TT: Ja, das klingt alles gut. Du hast natürlich Recht, leider sind mir grade bei Priestern bisher zu 90% nervige Spieler begegnet. Auch und grade dann, wenn die Spielwelt dem Priester eine solche Autorität überhaupt nicht zugeschrieben hat...

Xandila

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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #34 am: 21 Jul 2017, 14:17:31 »
Beim Forentreffen hatten wir einen Priester und einen Adeligen in der Runde, die aber dank sehr ähnlicher Wertevorstellungen gut miteinander harmoniert haben. Das ging dann auch ganz ohne Diskussionen über die Führung.
Und bei DSA hat sich der Rest mittlerweile dran gewöhnt, daß meine Elfe zwar ab und zu mit den anderen gemeinsam Pläne schmiedet und durchführt, mittlerweile meist sogar ohne allzuviel Murren auf Bitten der anderen den Luftaufklärer gibt, aber ebenso oft ohne Erklärungen Dinge tut, die mindestens auf den ersten Blick rätselhaft scheinen, sie aber sinnvoll findet. Wenn man halt Erklärungen für die Rosenohren manchmal für zu kompliziert hält und Hierarchien sowieso nicht (aner-)kennt. Dafür ist vom Rest die Hälfte autoritätsgläubig und tut brav, was man ihnen sagt ;)

Richtig Stress mit dem Führungsanspruch hatte ich nur einmal, als eine Adelige und der Magier völlig unterschiedliche Vorstellungen hatten, wie es weitergeht. Daß alle anderen das Vorgehen des Schwarzmagiers für sinnvoller hielten, machte es nicht besser, und endete mit Charwechsel der Adeligenspielerin.

TrollsTime

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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #35 am: 21 Jul 2017, 14:17:47 »
@TT: Ja, das klingt alles gut. Du hast natürlich Recht, leider sind mir grade bei Priestern bisher zu 90% nervige Spieler begegnet. Auch und grade dann, wenn die Spielwelt dem Priester eine solche Autorität überhaupt nicht zugeschrieben hat...

Das ist auch bei uns eine lange Entwicklung gewesen.
Aber wie ich bereits oben erwähnte: Irgendwer muss einfach mal anfangen. Nicht zwingend der Priester. Viele Spieler werden plötzlich viel zahmer und "folgen auch mal" trotz dem xten "Führungscharakter", wenn man ihnen als Mitspieler mal bewusst und freiwillig zuspielt.
Wenn der natürliche Anführer in der Runde nach kurzem Disput, weil der Priester das Plündern von toten Gegnern (warumauchimmer) verbieten will, plötzlich umschwenkt und sagt: "Wenn Hochwürden, sagen, das Plündern der Toten wäre vor den Göttern nicht zu rechtfertigen.... dann ist das so! Danke für die Ermahnung. Und jetzt Aufbruch!"
Und siehe da, plötzlich wird auch die Führungsrolle des Adligen mehr respektiert....
Und dem wiederum fällt es dann auch leichter mal treudoof dem Jäger hinterherzulatschen oder den Streuner nicht bei jeder Städtetour zu gängeln.
Denn er weiß "Es kommt wieder was zurück"
Funktioniert nicht immer und nicht bei jeder Gruppe, aber am Besten einfach mal ausprobieren...
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barbarossa rotbart

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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #36 am: 24 Jul 2017, 12:11:24 »
Absprachen, wer nun welche Position in der Gruppe besetzen soll, gab es bei uns eigentlich nie. Höchsten gab es Einschränkungen durch die Art der Kampagne (wie z.B. keinen Ritter in einer Piratenkampagne oder einen japanischen Ninja am Hof des Sonnenkönigs), aber jeder durfte spielen, was er will. Dies führte manchmal zu wirklich seltsamen Gruppen, wie ein Krieger und drei Zauberer bei Midgard oder fünf Standard-Krieger bei DSA3.
Anführer, die bestimmten, wo es lang ging, gab es bei uns eigentlich nie. Das war eigentlich immer eine gemeinsamme Entscheidung. Führte aber auch häufig dazu, dass sich die Grupe aufteilte.

ps: Dass alle Spieler am Tisch auch einer Gruppe bildeten war bei uns ebenfalls nicht immer der Fall. Ich kann mich an einen Fall (MERS) erinnern, wo unser Barde sich einer anderen (NSC-)Gruppe anschloss, die dann später bis auf ihn ausgelöscht wurde.

TrollsTime

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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #37 am: 24 Jul 2017, 16:51:06 »
"Hierarchie" in egal welcher Form funktioniert oft schlecht, wenn man sie als Zwang sieht oder "gutes Rollenspiel (tm)".
Aber sobald man es etwas harmonischer und empathischer angeht, entfaltet sie oft einen schönen Mehrwert.

@Barbarossa
In meiner DSA5-Runde haben wir 2 Magier, 3 Hexen und eine Diebin, funktioniert auch. Ich versteh das
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Mr.Renfield

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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #38 am: 24 Jul 2017, 17:45:30 »
in one-shots (besser unter leuten die sich kennen und vertrauen; auf cons nur wenn darauf explizit auf dem rundenaushang hingewiesen wurde und die spieler das auch lasen, verstanden und sich drauf einlassen wollten) kann man mit hierarchie auch sehr viel spaß haben. wenn z.b. ein teil der runde die "großkopferten" (egal ob adlig, einfach nur stinkereich oder senile sternenflottenadmiräle im ruhestand) spielt und ein anderer deren "personal" aber natürlich mit eigenen motivationen, plotlines und szenen statt als roboterhaften befehlsempfängern.

für eine "klassische" fantasy kampagne kann ich mir das aber auch nur sehr schwer vorstellen.

ADDENDUM:
mein film-lieblingsbeispiel für soetwas (auch wenn die "wer war der mörder"frage definitiv eine eher untergeordnete storyline hat neben dingen die im rsp wohl unter "barbiegaming" fallen) ist der geniale https://de.wikipedia.org/wiki/Gosford_Park .
« Letzte Änderung: 24 Jul 2017, 17:54:25 von Mr.Renfield »
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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #39 am: 24 Jul 2017, 19:22:45 »
die im rsp wohl unter "barbiegaming" fallen

Okay, ich habe Tante Google gefragt und die hat mir Dinge gezeigt über die ich hier nicht sprechen möchte und (ich bin mir fast 100% Prozent sicher)die du auch nicht gemeint hast, deswegen meine Nachfrage:
Was ist barbiegaming?
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Mr.Renfield

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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #40 am: 24 Jul 2017, 19:33:23 »
ein von mir bewußt nur in anführungszeichen verwendeter despektierlicher begriff für das von mir durchaus geschätzte fokussetzen auf das alltagsleben "normaler leute" statt aufs klassische abenteuer erleben. wobei sich letzteres durchaus aus ersterem herauskristallisieren kann.

habe den begriff nicht selbst erfunden auch wenn ich nichtmehr weiß, wo ich ihn herhabe (vermutlich aus irgendeinem forum) und bin mir sicher, mit denjenigen die ihn ohne anführungszeichen verwenden nicht in eine runde zu passen.
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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #41 am: 24 Jul 2017, 19:35:34 »

Was ist barbiegaming?

So wie ich es kennengelernt habe:

Dabei liegt der Fokus mehr darauf, den Charakter schön auszugestalten. Eine Ehefrau da, ein eigenes Häuschen hier, eine Tätowierung da... meistens sind diese "Accessoire" nicht bedeutend, im Sinne, dass sie dem Spieler einen regeltechnischen Vorteil geben.


EDIT: Mr. Renfields Aussage ist aber nicht falsch. Es gibt halt unterschiedliche Verwendungen.
Patience is a virtue, possess it if you can
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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #42 am: 24 Jul 2017, 19:43:03 »
ergänzende anekdote:

wobei sich letzteres durchaus aus ersterem herauskristallisieren kann.

oder umgedreht: ich denke immer noch gerne an jene runde zurück, die vom sl geplant war als hardboiled jetztzeit chtulhu in NewYork und sich sehr schnell wandelte in eine Mischung aus typischer WoodyAllen-/Screwball-/RomCom plus dezent durch die kulissen schleichenden großen alten. was aber alle genossen.
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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #43 am: 24 Jul 2017, 20:09:03 »
Ich kenne das eher als Alltagssimulationismus. Ich war einmal in einer Gruppe, die mehr daran interessiert war, den Alltag ihrer Charaktere zu simulieren/Auszuspielen, als auf Abenteuer auszuziehen, inklusive Abbruch eines Abenteuer, weil die Charaktere keine Lust hatte, einen Dorf vor Räubern zu schützen, sondern wieder nach Hause wollte. Ich habe es nicht lange in dieser Gruppe ausgehalten...

Mr.Renfield

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Re: Das Casting - oder die Charakterzusammenstellung für eine Gruppe
« Antwort #44 am: 24 Jul 2017, 20:43:05 »
Ich kenne das eher als Alltagssimulationismus..

jupp, das ist der "politisch-korrekte" begriff für "barbiespiel"  ;D

und weil wir grad dabei sind, kopiere ich hier mal einen teil eines tanelorn-posts von mir rein:


1 egal ob ich spieler oder leiter bin: jenen leuten, die damit langweilen, daß sie kettenwürfelnde ewigkeiten auf dem bazaar damit verbringen, den generischen haushaltsartikel aus dem regelbuch mit 12% statt 9% rabatt zu suchen, kann ich idR auch nichts interessantes abgewinnen wenn sie "in party" unterwegs sind. wer aber die gelegenheit nutzt der spielleitung die möglichkeit schafft, über kurze an- und ggf. auch ausgespielte szenen den charakter besser kennenzulernen, lokalkolorit zu vermitteln, (neben?-)stories zu etablieren, einfach mal ne comic-relief szene zu liefern, .... der hat nicht nur meinen respekt sondern ist in vielen meiner one-shot szenarien sogar vorraussetzung, diese leiten zu können. wobei es da jetzt eher unwichtig ist, obs ums einkaufen, arztbesuch, elternsprechabend, wasauchimmer geht, solange es halt ein stück weit "normales leben" statt "wir gehen jetzt zu plothook 3 und würfeln auf plothook 4 erkennen ist" 
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