Hallo!
Die Ressourcen sind weiterhin fixer Bestandteil der Abenteurer (da allerdings jeder die gleiche Menge kriegt, kann man sie natürlich auch weglassen, ohne, dass das allzu viele Probleme geben dürfte). Sie kosten auch weiterhin 7 Erfahrungspunkte pro Punkt.
Inwieweit sie in späteren Bänden mit anderen Regeltechniken verknüpft werden, steht noch nicht 100%ig fest. Ich tippe aber eher darauf, dass Ressourcen ein Weg sein werden, um an etwas heranzukommen, aber nicht immer der einzige. Als Beispiel nenne ich mal Türme im Eis: Hier kann man mit entsprechendem Stand, Status oder Ansehen an einigen Stellen leichter vorankommen, aber auch ohne das ist es möglich, das Abenteuer zu lösen.
Wie regional Kontakte sind, hängt davon ab, was dem Spieler lieber ist. Ein hoher Wert in Kontakte kann entweder bedeuten, so gut wie jeden in einer kleineren Region zu kennen - oder überall ein paar Leute. Als Beispiel für Kontakte 6 ist der Spionagemeister am selenischen Hof genannt. Wenn du Game of Thrones schaust oder die Bücher liest, denk an Varys mit seinen Vögelchen: Das ist ein perfektes Beispiel für jemanden mit hohen Kontakten. Er hat Informanten in allen Winkeln der Welt und dieses Netzwerk lange und geduldig aufgebaut.
Gerade Kontakte sind übrigens ein schönes Beispiel dafür, wieso wir hier auf Abstraktion setzen. In vielen Systemen sind Kontakte ja einzelne, genau benannte Personen oder stark regional eingeschränkt. Das ist in einem modernen Setting kein Problem: Hier gibt es moderne Kommunikationsmittel, und moderne Settings haben viel häufiger eine örtliche Bindung. In Fantasysystemen ist aber die reisende Abenteurergruppe Standard. Würde sich Kontakte hier nur auf einzelne Personen beziehen, hieße das, dass der Wert im Grunde verschwendet ist, da man nur alle Jubeljahre mal örtlich nah genug dran ist, um ihn wirklich zu nutzen.
Ansonsten haben sich eine Menge Details geändert ("Vermögen" wurde beispielsweise entschärft), das Grundprinzip blieb aber erhalten.
Uns war klar - und das ist durch den Beta-Test auch noch deutlich geworden - , dass die Ressourcen die Suspension of Disbelief vieler Spieler strapazieren werden, weil sie nicht sofort einen unmittelbar in die Welt umsetzbare Bedeutung haben, sondern stark interpretationsbedürftig sind und anders als andere Charakterwerte sehr stark von der Spielleiterentscheidung abhängen. Das ist auch ein Grund dafür, warum wir aus den Ressourcen nicht einfach andere Stärken gemacht haben, da sie einfach nicht wirklich vergleichbar sind. Was wir gemacht haben, um den Spielern das Konzept zu verdeutlichen, ist, dass wir im Spielleiterkapitel ziemlich intensiv auf Ressourcen eingehen. Das Spielleiterkapitel behandelt solche Themen wie die Allgemeingültigkeit von Ressourcen (knapp zusammengefasst: Ressourcen sind prinzipiell allgemeingültig und ein Abenteurer hat immer Zugriff darauf, je nach Situation hat der Spielleiter aber durchaus das Recht, das einzuschränken), die Anwendung von Ressourcen als Modifikator für Fertigkeitsproben und die Unterschiede zwischen "harten" Ressourcen wie Relikt und Kreatur und den anderen "weichen" Ressourcen. Dort erklären wir auch, dass wir uns bewusst für eine abstrakte Form der Ressourcen entschieden haben, anstatt z.B. Ansehen oder ähnliches auf regionalen Netzwerken aufzubauen. Generell haben wir an vielen Stellen gerade bei den Ressourcen quasi Designer's Notes angefügt, etwa über das Aufsparen von Ressourcenpunkten, den Verlust von Ressourcen, das Steigern von Ressourcen.
Eines ist aber nach wie vor klar: Ressourcen erfordern immer ein Zusammenspiel zwischen Spieler und Spielleiter. Anders als z.B. Fertigkeitspunkte oder eine Magieschule kommen Ressourcen erst dann wirklich zur Geltung, wenn Spieler und Spielleiter zusammenarbeiten und sie gemeinsam interpretieren. Anders als andere Werte können sich Ressourcen in der innerweltlichen Darstellung zwischen zwei Charakteren massiv unterscheiden, obwohl beides durch den gleichen Wert ausgedrückt wird.
Was haben wir uns dabei gedacht?
In meinen alten Designer's Notes zum ersten Regelentwurf sind Ressourcen bereits von Stärken und Meisterschaften getrennt: Während letztere vor allem angeborene Gaben und erlernte Fähigkeiten sind, die sich direkt aus dem Können eines Abenteurers ergeben, sind Ressourcen niemals von seinem sozialen Umfeld zu trennen. Sie ergeben sich aus seiner Herkunft und aus seinen Taten. Es sind keine inhärenten Charakterfähigkeiten, auf die man immer Zugriff hat (einen Zauber verlernt man nie), sondern die sich immer aus dem Zusammenspiel mit seiner Umwelt ergeben (wird dem Ritter das Familienschwert gestohlen, ist es weg, bis er es wiederbeschafft). Das wollten wir daher auch regeltechnisch trennen.
Als es dann an die Umsetzung gingen, hatten wir zwei Möglichkeiten:
Entweder, wir versuchen, mit dem Ressourcensystem auch eine innerweltliche Realität möglichst detailgetreu abzubilden. Das hätte zum Beispiel bedeutet, dass man einen Ansehen-Wert je nach Region unterscheidet. Wer Ansehen (Wintholt) hat, kann damit in Kintai noch lange nichts anfangen. Bei der Vermögen-Ressource hätte das bedeutet, von Anfang an festzulegen, welche Form dieses Vermögen hat, und dann durch fixe Voraussetzungen den Zugriff darauf zu verwehren.
Oder wir erhöhen den Abstraktionsgrad der Ressourcen und lassen sie allgemeingültig und lorakisweit gelten. Dadurch lösen wir sie von einer festen Fixierung in der Spielwelt und machen sie sehr stark interpretationsbedürftig - und ja, wir unterwerfen sie damit auch zu einem Teil der gefürchteten "Spielleiterwillkür".
Es war lange nicht klar, welche von beiden Varianten wir letztlich bevorzugen (als Testsplitter stand bei Türme im Eis, glaube ich, tatsächlich noch etwas von "Ansehen (Wintholt)"). Wir haben uns aber für die zweite Möglichkeit, die hohe Abstraktion, entschieden, weil die erste Variante zuviele Probleme macht.
Welche Probleme sind das? Zum einen die Schwierigkeit, die Grenze zu ziehen. Angenommen, wir regeln "Ansehen" regional statt allgemeingültig. Es gibt also "Ansehen (Midstad)", "Ansehen (Dalmarien)" und so weiter. Klingt erstmal ganz logisch. Auf den zweiten Blick aber wird das schon wieder schwierig: Auch innerhalb von Regionen gibt es zu viele Fraktionen, so dass auch so ein Wert schon wieder viel zu abstrakt wäre. Also müsste man es weiter aufteilen. Am Beispiel Midstad: "Ansehen (Loyalisten von Finn von Harreburg)". "Ansehen (Rebellen gegen den König)". Aber auch innerhalb der Loyalisten gibt es Verstrickungen. Und das geht noch weiter! Wer bei den Loyalisten von Finn von Harreburg hoch angesehen ist, hat gleichzeitig vermutlich einen schwereren Stand in Zwingard, da die den Midstader König nicht so wirklich mögen...
Letzten Endes wäre dabei ein hochkomplexes Regelgeflecht herausgekommen, das auf hunderte Wechselwirkungen hätte eingehen müssen, dennoch aber nie vollständig gewesen wäre.
Zum anderen wäre da die Ungleichgewichtung zwischen Ressourcen, da einige von denen ja ganz offensichtlich allgemeingültig sind: Ein Gefolge kann man ebenso immer dabei haben wie ein Relikt. Es gäbe hier also eine Diskrepanz zwischen allgemeingültigen, omnipräsenten Ressourcen und solchen, die regional eingeschränkt sind.
Deshalb haben wir uns letztlich für die Abstraktion entschieden. Ja, damit müssen Spieler und Spielleiter deutlich stärker zusammenarbeiten als bei den anderen Werten, und ich kann nachvollziehen, dass das für viele Leute ungewohnt ist oder dass man nicht damit warm wird. Ich halte es dennoch für die richtige Entscheidung.